Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.05.2015


BPatG 26.05.2015 - 27 W (pat) 4/15

Markenbeschwerdeverfahren – "braun Markenschuhe (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
26.05.2015
Aktenzeichen:
27 W (pat) 4/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 066 625.3

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Hermann und die Richterin Werner am 26. Mai 2015

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. November 2012 und vom 24. Oktober 2014 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Beanstandungsbescheid vom 14. März 2012 mit Beschlüssen vom 11. November 2012 und vom 24. Oktober 2014, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Registrierung der mit Antrag vom 28. Februar 2014 angemeldeten Wort- / Bildmarke

Abbildung

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teilweise für die im Beschwerdeverfahren noch streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 25: Schuhwaren

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Klasse 35: Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen - auch über das Internet - in Bezug auf Schuhe und / oder Fuß- und Beinbekleidung und / oder Bekleidungsartikel, Lederartikel sowie für mit Schuhen verbundenes Zubehör, nämlich Furnituren, Schuhbedarfs- und Pflegeartikel sowie Accessoires; Online- oder Katalogversandhandelsdienstleistungen in den vorstehenden Bereichen; Beschaffungsdienstleistung für Dritte (Erwerb von Waren für andere Unternehmen)

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zurückgewiesen, da § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG der Eintragung insoweit entgegenstehe. Bei den Wortbestandteilen des Anmeldezeichens („braun“ und „Markenschuhe“) handele es sich um eine Farbangabe und um einen üblichen Hinweis auf qualitativ hochwertige Schuhe. Für Schuhwaren und auch bei einer Verwendung des Anmeldzeichens in Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 seien beide Begriffe in Alleinstellung unmittelbar beschreibend. Auch der Zusammenstellung sei unschwer die Bedeutung „braune Markenschuhe“ zu entnehmen. Die kleine grammatikalische Unkorrektheit mit dem fehlenden Buchstaben „e“ reiche für sich genommen nicht aus, einen von einer bloßen Zusammenfügung der Bestandteile abweichenden Gesamteindruck entstehen zu lassen, der dem glatt beschreibenden Wortbestandteil des angemeldeten Zeichens Unterscheidungskraft verleihen könnte.

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Ach die grafische Ausgestaltung sei dazu nicht in der Lage. Jedes Gestaltungselement sei für sich genommen werbeüblich. Auch die Gesamtheit gebe dem Publikum keinen Anlass, das angemeldete Zeichen über die bloße Sachbedeutung hinaus als Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen.

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Gegen den ihr am 30. Oktober 2014 zugestellten Erinnerungsbeschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 27. November 2014, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 28. November 2014, Beschwerde eingelegt.

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Dazu hat sie ausgeführt, es handele sich nicht um eine ohne weiteres als beschreibend aufzufassende Wortkombination. Die konkrete Kombination „braun Markenschuhe“ existiere grammatikalisch nicht und wirke daher auch nicht als beschreibend. Vielmehr weise der unterscheidungskräftige Eigennamen „Braun“ auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hin. Die Ausgestaltung der Marke als Wort-/Bildmarke verstärke dies noch - ungeachtet der Frage, ob die grafische Ausgestaltung werbeüblich oder simpel sei.

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Die Anmelderin beantragt,

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die angegriffenen Beschlüsse aufzuheben.

II.

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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache Erfolg.

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Einer Registrierung des angemeldeten Zeichens stehen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen.

13

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, die in Rede stehenden Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so von denjenigen anderer zu unterscheiden. Besteht eine Marke aus mehreren Elementen, ist für die Beurteilung der Unterscheidungskraft die Gesamtheit der Marke ausschlaggebend (BGH, Beschluss v. 10. Juni 2010 – I ZB 39/09, GRUR 2011, 65 Rn. 10 - Buchstabe T mit Strich; Beschluss v. 10. Juli 2014 – I ZB 18/13, GRUR 2014, 872 Rn. 13 - Gute Laune Drops).

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Die Markenstelle hat im Kern zutreffend dargestellt, dass der Bedeutungsgehalt der Wortkomponenten „braun“ und „Markenschuhe“ im Zusammenhang mit Schuhwaren und den damit verbundenen und beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 unmittelbar im Sinn von „braune Markenschuhe“ verstanden wird und dadurch lediglich auf qualitativ hochwertige Schuhe in einer bestimmten Farbe und nicht auf eine betriebliche Herkunft hinweist. Einem unmittelbar sachbezogenen Begriffsverständnis steht dabei nicht entgegen, dass die Wortkombination orthographisch nicht korrekt ist. Sie stellt jedenfalls einen engen beschreibenden Bezug zu den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen her und weist als solche nicht auf einen bestimmten Anbieter hin (vgl. BPatG, Beschluss v. 16. Juni 2011 – 25 W (pat) 69/10 – TEA LOUNGE).

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Den sachbezogenen Bedeutungsgehalt der Wortbestandteile überlagert allerdings die grafische Darstellung des Zeichens hinreichend. Sie verleiht dem Zeichen einen geringen Grad an Unterscheidungskraft, der jedenfalls zur Überwindung des Schutzhindernisses ausreicht (BGH, Beschluss v. 4. April 2012 – I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143 - Starsat; a. a. O. Rn. 12 - Gute Laune Drops). Ein Zeichen braucht insofern nicht einen Phantasieüberschuss oder sonstige Auffälligkeiten aufzuweisen, sofern es der Eignung zur Produktidentifikation nicht von vornherein entbehrt (vgl. BGH, Beschluss v. 4. Dezember 2008 – I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Rn. 12 - Willkommen im Leben).

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Ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der grafischen Gestaltung diese Eignung abzusprechen ist, sind nicht gegeben. Die Markenstelle ist im angegriffenen Beschluss von einer lediglich einfachen werbeüblichen Gestaltung ausgegangen (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Beschluss v. 17. Oktober 2013 - I ZB 11/13, GRUR 2014, 376 Rn. 18 - grillmeister; Beschluss v. 14. Januar 2010 - I ZB 32/09, GRUR 2010, 640 Rn. 17 - hey!).

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Dem kann nicht gefolgt werden. Die konkrete Gestaltung der mehrfarbigen Wort-/ Bildmarke weist vielmehr eine den Schutz begründende Komplexität auf.

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Durch die unterschiedlich großen, untereinander und mittig über die gesamte Breite angeordneten, in weiß gehaltenen Wortbestandteile wächst der roten Fläche im Quadrat selbständiger gestalterischer Gehalt zu, der der Einordnung als lediglich grafisch gefällig eingekleidete Sachaussage entgegensteht. Die konkrete Ausgestaltung mit unterschiedlich großer Schrift vermittelt einen gegenüber der vermeintlichen Sachaussage „braune Markenschuhe“ einen eigenständigen bildsprachlichen Eindruck (vgl. auch BPatG, Beschluss v. 25. November 2014, 27 W (pat) 534/14 – the italian; Beschluss v. 12. Dezember 2012, 28 W (pat) 535/11 - Cuisine Noblesse), in dem „braun“ als Name wirkt, zumal es grammatikalisch nicht als Adjektiv auf „Markenschuhe“ bezogen sein kann.

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Damit fehlt der Marke jedenfalls genau in der graphischen und farblichen Merkmalskombination, in der sie beansprucht wird, nicht jegliches Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

20

Im Hinblick auf die hinreichend eigentümliche Gesamtgestaltung unterliegt das angemeldete Zeichen ungeachtet seiner nicht unterscheidungskräftigen Wortelemente auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

21

Der Beschwerde ist daher stattzugeben.