Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.12.2012


BPatG 13.12.2012 - 27 W (pat) 37/11

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
13.12.2012
Aktenzeichen:
27 W (pat) 37/11
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 016 450

(hier: Löschungsverfahren S 195/10

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Werner

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Februar 2011 aufgehoben, soweit hierin der Löschungsantrag für die Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Werbetexten, Verteilen von Werbemitteln“ zurückgewiesen worden ist. Die Marke 30 2009 016 450 ist auch für diese Dienstleistungen zu löschen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 18. März 2009 angemeldete und am 8. April 2010 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38 und 41, in der Klasse 35 für die Dienstleistungen

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„Veröffentlichung und Herausgabe von Werbetexten, Verteilen von Werbemitteln“,

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eingetragene farbige (rot) Wort/Bildmarke 30 2009 016 450

Abbildung

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hat die Antragstellerin am 28. Juli 2010 Löschungsantrag gestellt, weil die Marke nicht unterscheidungskräftig und freihaltungsbedürftig sei.

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Der Markeninhaber hat dem ihm am 17. August 2010 zugestellten Löschungsantrag am Montag, dem 18. Oktober 2010, widersprochen.

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Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 17. Februar 2011 die teilweise Löschung des angegriffenen Zeichens für sämtliche Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der vorgenannten Dienstleistungen der Klasse 35 angeordnet. Bezüglich der Dienstleistungen der Klasse 35 hat sie den Löschungsantrag zurückgewiesen.

7

Zur Begründung ist ausgeführt, bezüglich der Produkte, für deren Erscheinungsform „style“ eine besondere Rolle spielen könne oder die thematisch rund um das Thema „style“ angesiedelt seien bzw. Fragen des „style“ zum Gegenstand haben könnten, entbehre die angegriffene Marke jeglicher Unterscheidungskraft. Die Schriftgestaltung verleihe der Marke keine Unterscheidungskraft.

8

Für die werbebezogenen Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Werbetexten, Verteilen von Werbemitteln“ lasse sich der Angabe „style“ keine hinreichend eng auf den Inhalt oder den Charakter solcher Dienstleistungen bezogene Sachaussage entnehmen, aus der sich das Vorliegen von Schutzhindernissen gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG ergebe. Auch die Antragstellerin habe keine konkreten Gründe für eine insoweit bestehende Löschungsreife der angegriffenen Marke genannt. Der Löschungsantrag sei daher im Umfang dieser Dienstleistungen zurückzuweisen.

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Gegen diesen der Antragstellerin am 7. März 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 6. April 2011 von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde. Sie hält die angegriffene Marke auch in Bezug auf die Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Werbetexten, Verteilen von Werbemitteln“ für nicht unterscheidungskräftig und freihaltungsbedürftig. Das Wort „style“ werde auch im Bereich der Werbung, d. h. bei Werbedienstleistungen, Werbemitteln und Werbeagenturen verwendet, um Kreativität, Stil oder Einzigartigkeit der angebotenen Dienstleistungen zu beschreiben. Zum Nachweis hierfür hat die Antragstellerin mehrere Internetausdrucke vorgelegt, die eine entsprechende Verwendung durch Dritte belegen.

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Der Begriff „style“ werde vom Publikum auch in Bezug auf die Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Werbetexten, Verteilen von Werbemitteln“ lediglich als eine glatte Beschreibung verstanden. Die Angabe werde lediglich dahin verstanden, dass Werbetexte und Werbemittel veröffentlicht, herausgegeben und verteilt würden, die besonders stilvoll seien. Die angegriffene Marke sei nur ein Hinweis auf die mittels dieser Dienstleistung zu schaffenden Waren, wie z. B. Werbetexte und Werbemittel. Da die betroffenen Dienstleistungen in der Klasse 35 speziell zur Erreichung von stilvoll und „stylischen“ Werbetexten und Werbematerialien bestimmt und geeignet seien, würden sie somit durch die angegriffene Marke lediglich beschrieben.

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Hinzu komme, dass die angegriffene Marke „style“ auch in Bezug auf die Modalitäten der Veröffentlichung, Herausgabe und des Verteilens von Werbetexten und Werbemitteln lediglich rein beschreibend verstanden werde. Die angegriffene Marke weise insoweit lediglich darauf hin, dass die Werbetexte und Werbemittel in einem besonders stilvollen Umfeld, z. B. in einem besonders hochwertigen Hochglanzmagazin, veröffentlicht und herausgegeben würden oder aber in stilvollen und dekorativen Ambiente wie z. B. in exklusiven Kaufhäusern oder Boutiquen verteilt würden. Daneben könne die Marke auch so verstanden werden, dass die Art des Verteilens der Werbemittel besonders stilvoll sei, z. B., weil sie von stilvoll bekleideten, modisch attraktiven Personen verteilt würden. Alle diese Deutungsvarianten seien für die beanspruchten Dienstleistungen rein beschreibend.

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Die Antragstellerin beantragt,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Februar 2011 aufzuheben, soweit der Löschungsantrag zurückgewiesen wurde und die angegriffene Marke auch insoweit zu löschen.

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Der Markeninhaber beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Er hält die Marke für unterscheidungskräftig, da ihr ein unmittelbarer oder konkret beschreibender Produktbezug fehle und der Begriff „style“ darüber hinaus mehrdeutig sei. Eine Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle hat der Markeninhaber nicht eingelegt.

II.

17

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Unrecht den Löschungsantrag bezüglich der Dienstleistungen der Klasse 35 zurückgewiesen. Auch insoweit stand der Eintragung der Marke das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, das auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG) besteht.

1.

18

Über die Beschwerde kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden, da nur die Antragstellerin hilfsweise für den Fall, dass ihrer Beschwerde nicht stattgegeben wird, einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und der Senat, der über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich im schriftlichen Verfahren entscheidet (§ 69 MarkenG), eine mündliche Verhandlung für entbehrlich hält.

2.

19

Nachdem der Markeninhaber gegen den Beschluss der Markenabteilung keine Beschwerde eingelegt hat, sind Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur die von der Markenstelle nicht gelöschten Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Werbetexten, Verteilen von Werbemitteln“. Abweichend von der Auffassung der Markenstelle hält der Senat das angegriffene Zeichen auch für diese Dienstleistungen für nicht unterscheidungskräftig und gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wieder zu löschen, da ihr zum Eintragungszeitpunkt die erforderliche Unterscheidungskraft fehlte und dieses Schutzhindernis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht. Die von der Markenabteilung nicht näher begründete Differenzierung vermag der Senat nicht nachzuvollziehen.

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Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr. EuGH GRUR Int. 2005, 1012, - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die Eintragung ist einer Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft zu versagen, wenn sie einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verbraucher sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2005, 417 - BerlinCard).

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Bei Marken, die aus Wort- und Bildbestandteilen kombiniert sind, hat sich die Prüfung der Schutzfähigkeit darauf zu erstrecken, ob die Marke in ihrer Gesamtheit den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (BGH BlPMZ 2001, 397 - antiKALK).

22

Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt der angegriffenen Marke in ihrer Gesamtheit für sämtliche beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Dienstleistungen einen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angegriffene Zeichen nicht als Marke verstanden wird. Die graphische Ausgestaltung überwindet dies nicht.

23

Das in den deutschen Sprachgebrauch eingegangene und aus dem Englischen stammende Wort „style“ bedeutet „Stil“ (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim 2006) und aus dem Englischen übersetzt „Stil, Art, Typ, Lebensgefühl oder auch Mode“ (Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., Mannheim 2005). Das Wort „style“ wird in Deutschland vielfach verwendet (z. B. Styling-Tipps, Star-Styles, Out of Style u. v. m.).

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Der Verbraucher wird das Wort „style“ als Qualitätshinweis bzw. als eine allgemein anpreisende Werbeaussage verstehen, nämlich dass die so bezeichneten Dienstleistungen einen bestimmten Stil verkörpern. Eine entsprechend beschreibende Bedeutung hat das Wort auch für die hier relevanten Dienstleistungen der Klasse 35. Dafür sprechen insbesondere die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren eingereichten Internetausdrucke, die eine entsprechende Verwendung des Wortes „style“ im Werbebereich durch Dritte belegen. So heißt es beispielsweise in dem als Anl. AST3 vorgelegten Internetausdruck www.prostyle-media.com „WERBEN SIE MIT STIL“. Werbedienstleistungen können ebenso wie andere Dienstleistungen oder Produkte mit Stil, d. h. mit einer gewissen Qualität angeboten werden. Auch die aus den Dienstleistungen resultierenden Produkte (Werbetexte und Werbemittel) können ein Stil aufweisen.

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Die graphische Gestaltung der Marke vermag dieser keine Unterscheidungskraft zu verleihen. Einer nicht unterscheidungskräftige Wortelemente enthaltenden Bildmarke kann als Gesamtheit nur dann Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die graphischen Elemente charakteristische Merkmale aufweisen, in denen die angesprochenen einen Herkunftshinweis sehen (BGH GRUR 1991, 136 - New Man). Graphischen Mitteln, die in bloß dekorativer oder ornamentaler Form verwendet werden, ist die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen (BGH GRUR 2000, 502 - St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734 - Jeanshosentasche).

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Die graphische Gestaltung des streitgegenständlichen Zeichens ist weder besonders eigentümlich noch außerordentlich phantasievoll noch überraschend kreativ und daher weder eigenartig noch prägnant. Schriftform und –farbe weisen für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen keine über eine dekorative Art hinausgehenden charakteristischen Merkmale auf, in denen der Verbraucher einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen könnte. Die farbliche wie die graphische Gestaltung sind werbeüblich. Die Schriftart und die Schreibweise sind nicht ungewöhnlich.

3.

27

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

4.

28

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Der Senat hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil der Senat nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abgewichen ist, sondern eine Einzelfallentscheidung anhand von tatsächlichen Gegebenheiten hinsichtlich der angegriffenen Marke getroffen hat.