Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.05.2014


BPatG 27.05.2014 - 27 W (pat) 32/11

Markenbeschwerdeverfahren – "Licht-Focus/FOCUS/FOCUS/FOCUS (Gemeinschaftsmarke)" – zur Kennzeichnungskraft – teilweise Dienstleistungsidentität – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
27.05.2014
Aktenzeichen:
27 W (pat) 32/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die eingetragene Marke Nr. 30 2008 054 836

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Mai 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht sowie des Richters Hermann und des Richters k.A. Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 13. Februar 2008 für die Dienstleistungen

2

Kl. 41: Coaching; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Fernkurse; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Organisation und Veranstaltung von Kongressen; Organisation und Veranstaltung von Symposien; Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung); Veranstaltung und Leitung von Kolloquien; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke

3

eingetragene Wortmarke Nr. 30 2008 054 836

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Licht-Focus

5

ist in vollem Umfang aus den prioritätsälteren Wortmarken Nr. 2 057 734, Nr. 394 07 564 und EM Nr. 000 453 720

6

FOCUS

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Widerspruch erhoben worden.

8

Die Widerspruchsmarke Nr. 2 057 734 – im Folgenden Widerspruchsmarke 1 genannt – ist eingetragen für

9

Kl. 16: Druckereierzeugnisse und Verlagserzeugnisse, insbesondere Magazine; Zeitschriften, Zeitungen und Broschüren, Bücher; Lichtbilderzeugnisse, Fotografien (soweit in Klasse 16 enthalten)

10

Kl. 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Magazinen, Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren und Büchern, sowie von Lehr- und Informationsmaterial einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformation; Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger.

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Die Widerspruch aus der Marke Nr. 394 07 564 – im Folgenden Widerspruchsmarke 2 genannt – ist auf die eingetragenen Dienstleistungen

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Kl. 41: Organisation von Veranstaltungen kultureller, wissenschaftlicher, sportlicher und politischer Art gestützt.

13

Die Widerspruchsmarke EM Nr. 000 453 720 – im Folgenden Widerspruchsmarke 3 genannt – hat Schutz für folgende Waren und Dienstleistungen:

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Kl. 3 Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Seifen, Schminken, Kosmetika, Haarwässer, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Rasierwässer und -cremes, Deodorants; Toilettenartikel; Zahnputzmittel

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Kl. 6: Waren aus unedlen Metallen; Schilder aus Metall

16

Kl. 7:  motorgetriebene Werkzeugmaschinen, insbesondere motorgetriebene Werkzeuge für Handwerker- und Hobbyzwecke

17

Kl. 9: Ton-, Bild- und Videodatenträger, insbesondere zur Präsentation von Informationen, einschließlich Kultur-, Sport-, wissenschaftliche, industrielle oder technische Informationen; Chipkarten; wissenschaftliche Apparate und Instrumente für die Forschung in Laboratorien, Schifffahrts- und Vermessungsapparate, ausgenommen solche in Bezug auf Optik; Apparate und Instrumente für die Schwachstromtechnik, nämlich für Nachrichten, Hochfrequenz und Regelungstechnik; fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und

-instrumente, ausgenommen solche in Bezug auf Optik; Waren für Aufzeichnungs- und Wiedergabezwecke; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Lautsprecher, elektronische Verstärker; alle vorstehend genannten Waren, soweit sie in Klasse 9 enthalten sind, ausgenommen im Bereich Fotogrammetrie

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Kl. 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren; Juwelierwaren, Schmuckwaren; Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Modeschmuck, insbesondere Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, Armbänder, Broschen, Anstecknadeln und Ohrringe; Aschenbecher

19

Kl. 16: Schreibwaren, Klebstoffe (für Papier- und Schreibwaren)

20

Kl. 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall); Bürsten; Glaswaren, Porzellan und Tonwaren

21

Kl. 25: Bekleidungsstücke, einschließlich Stiefel und Schuhe; Kopfbedeckungen, Mützenschirme als Bekleidungszubehör, Stirn- und Körperbänder; Strickwaren, T-Shirts, Bademäntel, Jeans, Strümpfe, Sportbekleidung, Sportschuhe; Ledergürtel und Riemen

22

Kl. 28: Turn- und Sportartikel, ausgenommen Bekleidungsstücke, Spielwaren, nämlich Spielzeugautos, Modellautos; Spiele, Computer-Spiele

23

Kl. 29: Getränke aus der Basis von Milch

24

Kl. 32: Biere; Fruchtgetränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke

25

Kl. 33: Spirituosen

26

Kl. 35: Vermittlung von Karten für Veranstaltungen

27

Kl. 38: Telekommunikation und Dienstleistungen einer Informationsbank, Bereitstellung von Informationen für Dritte, Ausstrahlung von Informationen über drahtlose oder Kabelnetze, Organisation und Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehsendungen; Online-Dienste und -Ausstrahlung

28

Kl. 39: Vermittlung von Reisen, Vermittlung von Mietwagen

29

Kl. 41: Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger; Bereitstellung von Turnhallen, Fitnesszentren, Freizeitzentren und Kasinos; Fanklubdienste; Durchführung von Veranstaltungen

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Kl. 42: Beherbergung, Verpflegung und Bewirtung von Gästen; Vermittlung von Unterkünften, einschließlich Hotels.

31

Die Markenstelle für Klasse 41 hat die Widersprüche durch Beschluss vom 23. Februar 2011 zurückgewiesen. Die angegriffene Marke halte selbst den im Bereich identischer Dienstleistungen, insbesondere der „Durchführung von Veranstaltungen“, gebotenen deutlichen Zeichenabstand gegenüber den Widerspruchsmarken „FOCUS“, für die im Bereich „Druckereierzeugnisse“ erhöhte Kennzeichnungskraft angenommen werden könne, ein. Das Profil der angesprochenen Verkehrskreise, die die betroffenen spezifischen Dienstleistungen in der Regel sorgfältiger Auswahl unterzögen, reduziere die Gefahr von Verwechslungen.

32

Die jüngere Marke ,,Licht-Focus“ unterscheide sich als Ganzes durch den am Wortanfang exponierten Bestandteil „Licht-“ ausreichend von den Widerspruchsmarken. Das Element „Licht-„ der jüngeren Marke trete nicht im Gesamteindruck zurück. Eine zergliedernde Betrachtung sei dem Markenrecht fremd. Selbst kennzeichnungsschwache Bestandteile seien nicht ohne Weiteres außer Betracht zu lassen. Die Wortbestandteile der angegriffenen Marke, zumal sie im Sinn von „Licht, das im Blickpunkt steht“ begrifflich und überdies äußerlich durch einen Bindestrich verbunden seien, verfügten über gleichwertigen Einfluss auf den Gesamteindruck des Zeichens.

33

Die angesprochenen Verkehrskreise hätten außerdem keinen Anlass, die jüngere Marke für ein weiteres Zeichen der Widersprechenden zu halten. Die Zeichenbildung weiche durch die Nachstellung des Bestandteils „Focus“ der jüngeren Marke vom Aufbau der von der Widersprechenden benutzten Zeichen mit dem Bestandteil „FOCUS“ ab. Da auch andere Firmen den Bestandteil „Focus" in ihren Marken verwenden würden, weise dieser auch nicht zwingend auf die Widersprechende hin.

34

In ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde bezieht die Widersprechende sich im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren. Hiernach bestehe auch unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zum Zeichen „Focus“ Verwechslungsgefahr, weil in der angegriffenen Marke vorrangig auf den Bestandteil „Focus“ abzuheben sei, der zumal aufgrund ausgeprägter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken den Gesamteindruck der jüngeren Marke präge oder jedenfalls selbständig kennzeichnende Funktion einnehme. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens macht sie ferner geltend, die Markenstelle berücksichtige die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken nicht hinreichend und lasse die nach ihrer Auffassung untergeordnete Bedeutung des Bestandteils “Licht“ außer Betracht.

35

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

36

die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die jüngere Marke zu löschen,

37

ferner regt sie die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV oder die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

38

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

39

die Beschwerde zurückzuweisen.

40

Im Beschwerdeverfahren hat sie nicht erneut zur Sache Stellung genommen.

II.

41

1. Nachdem die Beteiligten zuletzt davon abgesehen haben, eine mündliche Verhandlung zu beantragen, und der Senat eine solche nicht für erforderlich erachtet, kann über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§ 69 MarkenG). Die Beteiligten hatten ausreichend Zeit, sich zur Sache und den Argumenten der Gegenseite zu äußern.

42

2. Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (bezogen auf die Widerspruchsmarke 3 vgl. § 125b Nr. 1 MarkenG) ist gegenüber keiner der drei Widerspruchsmarken festzustellen.

43

Dem Begriff der Verwechslungsgefahr liegt eine Wechselwirkung zwischen allen im Einzelfall erheblichen Faktoren zugrunde, insbesondere dem Grad der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den Streitmarken und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 – Sabèl/Puma; BGH GRUR 2006, 859, 860 – Malteserkreuz).

44

a) Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen zählen hier insbesondere Endverbraucher, die den berührten Dienstleistungen regelmäßig mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit begegnen. Angesichts der allgemeinen Formulierung des Dienstleistungsverzeichnisses der angegriffenen Marke bestehen keine klaren Anzeichen für eine ausgeprägt bedachte Wahrnehmung zugehöriger Kennzeichen.

45

b) Der Kennzeichnungsgrad einer Marke richtet sich nach ihrer Eignung, in den beteiligten Verkehrskreisen als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens zu wirken.

46

aa) Die originäre Kennzeichnungseignung der Widerspruchsmarken ist auch bezogen auf „Druckereierzeugnisse“ und andere auf Vermittlung von redaktionellen Inhalten gerichtete Waren und Dienstleistungen nicht eingeschränkt (vgl. auch LG München I, Beschl. v. 26. August 2004, 17 HK 8070/04, S. 8).

47

Der Ausdruck „Fokus“ bzw. engl. „Focus“, der übertragen „Blickpunkt, Schwerpunkt, Mittelpunkt des Interesses“ (s. Duden Online) bedeutet, wird im allgemeinen Sprachgebrauch vielfach verbunden mit einer thematischen Angabe verwendet, die den Gegenstand der Betrachtung anzeigt. In einem derartigen Kontext hat der Begriff „Focus“ erkennbar sachbezogenen Inhalt. Anders verhält es sich demgegenüber bezogen auf den Ausdruck „Fokus“ bzw. „Focus“ als solchen. Er mag bildhaft die Thematisierung eines Stoffs zum Ausdruck bringen und damit den Zweck der betroffenen Waren andeuten. Eine klare Sachaussage vermittelt der Begriff insofern aber nicht (vgl. BGH GRUR 2008, 254 Rn. 31 – THE HOME STORE). Insbesondere ist der Ausdruck nicht derart belegt, dass er als Hinweis auf die Thematisierung spezifisch aktueller Themen oder auf eine vertiefte Behandlung irgendeines singulären oder Schwerpunktthemas (etwa als Themenheft) verstanden wird.

48

Auch ist nicht substantiiert dargelegt oder ersichtlich, dass der Ausdruck aufgrund einer signifikanten Anzahl von benutzten Drittmarken nur über eingeschränkte Eignung, als Kennzeichen zu wirken, verfügt.

49

bb) Zudem kann zugunsten der Widerspruchsmarken von starker Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken aufgrund umfangreicher Benutzung im Bereich folgender Waren und Dienstleistungen ausgegangen werden:

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Widerspruchsmarke 1

51

Kl. 16: Druckereierzeugnisse und Verlagserzeugnisse, insbesondere Magazine; Zeitschriften, Zeitungen

52

Kl. 41:  Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Magazinen, Zeitungen, Zeitschriften sowie von Lehr- und Informationsmaterial einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformation

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Widerspruchsmarke 3

54

Kl. 38: Telekommunikation und Dienstleistungen einer Informationsbank, Bereitstellung von Informationen für Dritte, Ausstrahlung von Informationen über drahtlose oder Kabelnetze, Online-Dienste und -Ausstrahlung.

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Diesen Widerspruchsmarken ist dadurch insoweit überdurchschnittlicher Schutzumfang einzuräumen. Grundlage hierfür ist neben der gerichtsbekannten Tatsachen in erster Linie die vorgelegte Verkehrsbefragung (siehe Anlagen 2 ff. zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 7. Januar 2010).

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Bezogen auf die genannten Dienstleistungen der Klasse 41 (Widerspruchsmarke 1) und der Klasse 38 (Widerspruchsmarke 3) kann zugunsten der Widersprechenden unterstellt werden, dass die genannten Dienstleistungen auch die On-line-Publikation einer Zeitung enthalten und dem Zeichen aufgrund intensiver Gewöhnung des Publikums an digitale Angebote renommierter Zeitungsverlage in-soweit auch durch Ausstrahlung der Bekanntheit für Druckereierzeugnisse starke Kennzeichnungskraft zukommt (vgl. auch BPatG, Beschl. v. 1.3.2012, 33 W (pat) 21/10, Rn. 26 – Fotoprinz/PRINZ). Inwieweit die Bekanntheit des Zeichens „FOCUS“  für Druckereierzeugnisse auch auf andere Mediendienstleistungen der Klasse 41 ausstrahlt, kann dahingestellt bleiben, da insofern jedenfalls keine engere Ähnlichkeit als im Verhältnis der o.g. Dienstleistungen besteht.

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c) Hinsichtlich der für die streitbefangenen Marken geschützten Dienst-leistungen und Waren kann teilweise Identität bestehen, auch bei solchen Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarken 1 und 3 erhöhte Kennzeichnungskraft genießen. Die betrifft insbesondere die Dienstleistung „Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form“ der angegriffenen Marke. Die Bestimmung des Verhältnisses der weiteren Dienstleistungen im Einzelnen erübrigt sich, weil bereits in Bezug auf die genannten identischen Dienstleistungen trotz hier gegebenem gesteigerten Schutzumfang keine Verwechslungsgefahr besteht.

58

d) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind die einander gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen (BGH GRUR-RR 2010, 205 Rn. 37 – Haus & Grund IV, m.w.N; GRUR 2012, 635 Rn. 23 – METRO/ROLLER's Metro).

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aa) Als Ganzes hält die angegriffene Marke den zur zuverlässigen Vermeidung von Zeichenverwechslungen erforderlichen Abstand auch unter Berücksichtigung identischer Dienstleistungen und insoweit gesteigertem Schutzumfang der Widerspruchsmarke 1 und 3 ein.

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In klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht unterscheidet sich die jüngere Marke auffällig von den Widerspruchszeichen. Sie verfügt über eine zweigliedrige Wortstruktur, innerhalb derer die in der Wortlänge fast gleichwertige Komponente „Licht“ aufgrund der Exponierung am Wortanfang und im Hinblick auf seinen geläufigen Sinngehalt unschwer erfassbare Bestandteil „Licht-“ klar hervortritt. In klanglicher Hinsicht hebt sich insbesondere der helle Vokal „i“ klar von den dunklen Vokalen der weiteren Komponente „Focus“ ab.

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Auch in begrifflicher Hinsicht ist keine unmittelbare Zeichenähnlichkeit gegeben. Zwar steht die originäre (moderne) Verwendung des aus dem Lateinischen hervorgegangenen Worts „Fokus“ bzw. „Focus“ in engem Zusammenhang zur optischen Technik und bezieht sich damit immanent auf Strahlen und insbesondere Lichtstrahlen. Allerdings hat der allgemeine Sprachgebrauch den Begriff aufgegriffen und verwendet ihn in unspezifischen Zusammenhängen regelmäßig im o.g. übertragenen Sinn „Schwerpunkt, Mittelpunkt des Interesses“. Da die hier in Rede stehenden Dienstleistungen der Widerspruchsmarken keinen Zusammenhang zur optischen Technik aufweisen, nimmt das angesprochene Publikum die Widerspruchszeichen mithin nicht in der Bedeutung der angegriffenen Zeichens als „Licht-Focus“ wahr. Unter diesen Umständen liegt bei analysefreier Aufnahme der Zeichen die Möglichkeit begrifflicher Gleichsetzung fern.

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bb) Da im Zusammenhang der Zeichenähnlichkeit auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den ein Zeichen hervorruft, kann im Einzelfall einem Zeichenbestandteil eine besondere, den Gesamteindruck des gesamten Zeichens prägende Kennzeichnungskraft zukommen (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 60 Rn. 19 – coccodrillo). Weiter ist möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH a.a.O., Rn. 30 – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2004, 865, 866 – Mustang). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH a.a.O. Rn. 31 – THOMSON LIFE; BGHZ 167, 322 Rn. 18 – Malteserkreuz I).

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Eine derartige Prägung des Zeichens oder eine selbständig kennzeichnende Stellung des Elements „Focus“ der angegriffenen Marke sind hier allerdings nicht festzustellen. Die angegriffene Marke wird nämlich als ein einheitliches Zeichen wahrgenommen, das sich einer zergliedernden Betrachtung entzieht.

64

Schon der in der jüngeren Marke enthaltene Bindestrich ist Anzeichen für eine Zusammengehörigkeit als Gesamtzeichen (BGH GRUR 2008, 258, 260 f. – INTERCONNECT/T-InterConnect). Da das Publikum ein als Marke verwendetes Zeichen so aufzunehmen pflegt, wie es ihm entgegentritt (BGH GRUR 2013, 833 Rn. 50 – Culinaria/Villa Culinaria), wird es eine  äußerliche Bindung allenfalls bei klaren Anhaltspunkten auflösen.

65

Eine zusätzliche Verklammerung bewirkt der im Verhältnis der Elemente „Licht“ und der Komponente „Focus“, als romanische und englische Schreibweise des inländischen Worts „Fokus“, bestehende begriffliche Zusammenhang. Dabei kann es entgegen der Markeninhaberin nicht vorrangig auf den Gehalt und die Funktion des Ausdrucks „Licht“ im Schamanismus ankommen, da die Dienstleistungen des angegriffenen Marke nicht spezifisch auf diesen Kontext bezogen sind. Allerdings ergibt sich eine ohne Weiteres deutliche Sinneinheit aus dem sachlichen Zusammenhang zwischen „Licht“ und dem Element „Focus“ in seinem originären Wortsinn einer optischen Funktionalität. Dadurch und durch die Nachstellung des Elements „Focus“, die von einer übertragenen Verwendung im Sinn eines thematischen Ausrichtung wegführt („Fokus/Focus auf …“; „Fokus/Focus Bildung“), nimmt das Zeichen auf der Grundlage einfacher physikalischer Begrifflichkeiten wie etwa „Fokussierung von Licht“ das sachliche Phänomen sich punktuell schneidender Lichtstrahlen auf. Bei Vernachlässigung oder Zurücktreten des Elements „Licht“ wäre der Bedeutungsgehalt der Marke substantiell verkürzt, zumal auch die Sinnrichtung des Bestandteils „Focus“ hiervon abhängt (s. BGH GRUR 2004, 589, 599 – Kleiner Feigling). Auch der Bestandteil „Licht“ würde aus dem Zusammenhang gelöst seine attributive und inhaltliche Zuordnung einbüßen und sich als solches aufgrund seines abstrakten Gehalts unmittelbar verständlicher Einordnung entziehen. Eine selbständige Wahrnehmung des Bestandteils “Focus“ ist danach auch angesichts deutlicher begrifflicher Integration der Elemente nicht zu erwarten.

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Das intuitive Verständnis des Zeichens als zusammengehörige Einheit wird im Bereich publizistischer Dienstleistungen auch nicht aufgrund der hier angenommenen Bekanntheit der Widerspruchsmarken aufgehoben (vgl. BGH GRUR 2003, 880, 881 – City Plus; GRUR 2009, 484 Rn. 34 u. 80 – Metrobus; GRUR 2009, 672 Rn. 36 – Ostsee-Post; BPatG GRUR 1996, 128, 130 – Plak Guard/Gard). Je bekannter die Widerspruchsmarke ist, desto eher kann sich zwar ein entsprechendes Verständnis ergeben. Für ein hierdurch begründetes Verständnis des Bestandteils „-Focus“ des angegriffenen Zeichens als selbständiges Zeichenelement fehlen hier aber trotz der übereinstimmenden Schreibweise („Focus“) im Hinblick auf die ausgeprägte Integration der Elemente der angegriffenen Marke, die auf äußerlicher und – auch durch die Wortstellung nahe gelegte – begriffliche Verklammerung beruht, ausreichende Anhaltspunkte.

67

Weiter ist keine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben. Diese Art der Verwechslungsgefahr, greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den das Publikum als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet (vgl. BGH GRUR 2009, 484 Rn. 38 – METROBUS). Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt die Benutzung mehrerer Marken nach einem gemeinsamen Bildungsprinzip und mit einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus (vgl. EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 64 – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH GRUR 2013, 1239 Rn. 40 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion). Selbst wenn zugunsten der Widersprechenden im Hinblick auf die Zeichen „FOCUS MONEY“ und „FOCUS SCHULE“ von einer benutzten Zeichenserie auszugehen ist, fügt sich die jüngere Marke schon durch nachgestellte Anordnung des Elements nicht in die hierin zum Ausdruck kommende Zeichenstruktur ein. Auch die über die Berücksichtigung der Widerspruchsmarke als solcher hinausgehende Einbeziehung der Zeichenfamilie der Widersprechenden bietet daher keinen Anlass, den Bestandteil „Focus“ als Stammzeichen der Widersprechenden und nicht – wie oben ausgeführt – in der Bedeutung eines auf die Komponente „Licht“ bezogenen Begriffs zu verstehen.

68

Auch Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn ist nicht festzustellen. Diese kann unter dem Aspekt des gedanklichen Inverbindungbringens gegeben sein, wenn das Publikum zwar die Unterschiede zwischen den Zeichen erkennt, wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung aber von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen den Zeicheninhabern ausgeht. Auch in diesem Zusammenhang kann die Bekanntheit der Widerspruchsmarke die Wahrnehmung entscheidungserheblich beeinflussen (vgl. BGH a.a.O. Rn. 47 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion).

69

Eine solche Verwechslungsgefahr kann jedoch nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (BGH GRUR 2004, 779, 783 - Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2008, 903 Rn. 31 - SIERRA ANTIGUO). Zumal es allgemein wenig üblich ist, durch ähnlich gebildete Marken auf wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen zwei Unternehmen hinzuweisen, müssten beide Zeichen erkennbar aufeinander abgestimmt sein (vgl. BGH GRUR 1978, 170, 171 f. – FAN). Dass ein Zeichen geeignet ist, bloße Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen hervorzurufen, reicht hierzu nicht (vgl. BGH GRUR 2010,729 Rn. 43 – MIXI). Wie oben ausgeführt, rechtfertigt die Bekanntheit der Widerspruchsmarken vorliegend für sich nicht die Annahme, dass das Element „-Focus“ der jüngeren Marke als gesonderten Herkunftshinweis wahrgenommen wird. Da das Publikum die Streitzeichen daher auseinanderzuhalten vermag, könnte eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn sich erst aufgrund weiterer besonderer Umstände ergeben, die die Annahme von wirtschaftlichen oder organisatorischen Beziehungen nahelegen. Derartige besondere Umstände sind hier weder dargelegt  noch erkennbar.

70

3. Zur Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

71

4. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht geboten. Weder war über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 82 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich zu erachten (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Der Senat hat bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr die hierfür von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien insbesondere zur Berücksichtigung aller relevanten Fallumstände und zur Wechselwirkung der einzelnen Kriterien angewendet.

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Aus diesen Gründen war auch eine Vorlage an den EuGH gem. Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht geboten. Der EuGH hat den hier zugrunde gelegten Maßstab im Zusammenhang der übereinstimmenden Regelung nach Art. 5 Abs. 1 lit. b MarkenRL bestätigt bzw. – in der Frage selbständig kennzeichnender Stellung –  entwickelt (EuGH a.a.O. Rn. 27 ff. – Thomson Life). Die Beschwerdeführerin hat auch nicht substantiiert geltend gemacht, inwiefern sie im Streitfall die Auslegung europäischer Verträge, namentlich von Art. 4 Abs. 1 lit. b MarkenRL, berührt sieht.