Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 23.06.2014


BPatG 23.06.2014 - 27 W (pat) 25/13

Markenbeschwerdeverfahren – "Über Hürden zum Erfolg" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
23.06.2014
Aktenzeichen:
27 W (pat) 25/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 017 792.1

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Juni 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie den Richter Hermann und den Richters k.A. Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet ist das Zeichen

2

Über Hürden zum Erfolg

3

als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen

4

Klasse 9: CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger

5

Klasse 16: Druckerzeugnisse

6

Klasse 41: Ausbildung.

7

Nach Beanstandung mit Bescheid vom 14. Mai 2012 wies die Markenstelle für Klasse 41 mit Beschluss vom 14. Februar 2013 die Anmeldung vollumfänglich zurück. Zur Begründung ist ausgeführt worden, die angemeldete Marke sei nicht unterscheidungskräftig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

8

Unter Unterscheidungskraft verstehe man die Eignung einer Marke, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die angemeldete Marke eigne sich dazu nicht, da sie allein eine sachbezogene und beschreibende Angabe darstelle, die vom Verkehr auch als solche verstanden und daher nicht einem bestimmten Unternehmen zugeordnet werde. Der sprachüblich gebildete Begriff „Über Hürden zum Erfolg" werde unmittelbar dahingehend verstanden, dass es sich bei den Waren und Dienstleistungen um solche handelt, die dazu beitragen, trotz Hindernissen zum Erfolg zu gelangen. Der angemeldete Markenbegriff sei kein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern weise direkt, in glatt beschreibender Form auf Art, Thema und Zweck der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hin, nämlich solche, die dabei helfen, trotz Hürden zum Erfolg zu gelangen. Eine Analyse des Begriffes, zu der der Verkehr erfahrungsgemäß nicht neige, sei dazu nicht notwendig.

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der in der Beschwerdebegründung vom 31. Mai 2013 die Auffassung vertritt, die angemeldete Marke sei kurz, originell und jedenfalls interpretationsbedürftig. Die Aussage der Wortfolge, dass man mit Hilfe der jeweiligen Waren und Dienstleistungen Hürden überwinden und erfolgreich sein könne, gehe nämlich über den Hinweis auf Merkmale der Waren und Dienstleistungen hinaus. Weiter weist er auf seiner Ansicht nach vergleichbare Voreintragungen hin. Er beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Februar 2013 aufzuheben.

II.

11

Die zulässige Beschwerde ist ohne Erfolg, da die angemeldete Marke „Über Hürden zum Erfolg“ wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist und die Markenstelle die Anmeldung gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG daher zu Recht vollumfänglich zurückgewiesen hat.

12

Schlagwortartige Wortfolgen (Slogans), wie die hier vorliegende Markenanmeldung „Über Hürden zum Erfolg“, unterliegen weder strengeren noch geringeren, sondern den gleichen Schutzvoraussetzungen wie andere Wortmarken. Einerseits reicht allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Es ist auch nicht erforderlich, dass schlagwortartige Wortfolgen einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Ferner kann selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird, deren Schutzfähigkeit in Betracht kommen, sofern sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 45 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK).

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Andererseits ist aber bei schlagwortartigen Wortfolgen die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn - wie bei anderen Markenkategorien auch - ein zumindest enger beschreibender Bezug im eingangs dargelegten Sinn zu den jeweils konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorliegt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Slogans oder schlagwortartige Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis geben, wenn sie eine bloße Werbefunktion ausüben - z.B. in Form einer Anpreisung der Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen - es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Tz. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).

14

Diese Grundsätze werden durch die Entscheidung des EuGH zu „VORSPRUNG DURCH TECHNIK“ nicht entscheidend modifiziert. Auch danach setzt die Bejahung der Unterscheidungskraft unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Letzteres kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die jeweilige Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität und Prägnanz aufweist, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 57 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK; s. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 177).

15

Ausgehend hiervon hat die Markenstelle der angemeldeten Wortfolge „Über Hürden zum Erfolg“ in zutreffender Weise die Unterscheidungskraft für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen abgesprochen.

16

Bei der Wortfolge handelt es sich um einen für die angesprochenen Verkehrskreisen ohne Weiteres verständlichen, sprachüblichen Satz mit dem Aussagegehalt, dass man mit Hilfe des Angebots des Anmelders Hürden überwinden und erfolgreich sein kann. Die Aussage der Wortfolge geht über diesen Hinweis auf das Thema und den Inhalt der Waren und Dienstleistungen in keiner erkennbaren Weise hinaus.

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Dabei ergibt sich entgegen der Ansicht in der Beschwerdebegründung kein Interpretationsbedarf. Das Publikum versteht „Über Hürden zum Erfolg" grundsätzlich dahin, dass Erfolg das Ziel ist und dass es womöglich Hürden zu überwinden gilt, um den Erfolg zu erreichen. Bei dieser Lesart handelt es sich auch angesichts der Waren und Dienstleistungen um die sich aufdrängende Verständnismöglichkeit, die damit beschreibend im Vordergrund steht, auch wenn es daneben weitere mögliche Interpretationen geben mag.

18

Ergänzend kann auf die überzeugenden Ausführungen der Markenstelle Bezug genommen werden.

19

Da der Eintragung der Wortfolge „Über Hürden zum Erfolg“ mithin für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, entgegensteht, kommt es auf die Frage, ob für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Interesse von Mitbewerbern zusätzlich von einem Freihaltebedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auszugehen ist, nicht mehr an.

20

Soweit sich der Anmelder auf die Eintragung seiner Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die hier zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167, Rn. 39 - Terranus; BPatG GRUR 2010, 425 - Volksflat).

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Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.