Entscheidungsdatum: 21.06.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 303 36 867
hier: Löschungsverfahren S 156/08 Lö
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa
beschlossen:
1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Mai 2009 wird insoweit aufgehoben, als damit die Marke 303 36 867 gelöscht wurde. Der Löschungsantrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.
2. Die Anträge beider Beteiligten, dem jeweiligen Gegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, werden jeweils zurückgewiesen.
I.
Der Antragsteller hat am 16. Mai 2008 die Löschung der am 13. Januar 2004 für die Antragsgegnerin für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen eingetragenen Wortmarke 303 36 867
Miss Tuning
nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG mit der Begründung beantragt, die Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG eingetragen worden. Dem ihr am 9. Juni 2008 zugestellten Löschungsantrag hat die Inhaberin des angegriffenen Zeichens am 25. Juni 2008 widersprochen.
Mit Beschluss vom 15. Mai 2009 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Löschung des angegriffenen Zeichens für die Waren und Dienstleistungen
Druckereierzeugnisse, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher; Briefmarken, Kalender, Alben, Sammelbücher, Fähnchen, Wimpel, Spielen, Spielkarten, Fotografien, Poster; Post- und Grußkarten, Tauschkarten, Bücher- und Lesezeichen; Abziehbilder (auch zum Aufbügeln und als vorübergehende Tätowierung), Rubbelbilder, Papier- und PVC-Aufkleber; Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung; Marketing, Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Werbung für Aussteller und Werbemittlung; Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet ( Bannerexchange ); Vermietung von Werbematerial; Vermietung von Werbezeit in Kommunikations-Medien; Vermittlung von Adressen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch im Internet; Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Dritte; Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Verträgen über die Inanspruchnahme von Dienstverträgen; Versendung von Werbemitteln; Verteilung von Werbemitteln; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren und Dienstleistungspräsentationen; Anzeigenvermittlung; Marktkommunikation (Pressearbeit, Public Relation, Produktwerbung, Imagekampagnen) für andere; Geschäftsführung, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere; Unternehmens-, Personal- und Wirtschaftsberatung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Sekretariatsdienstleistungen; Dekoration von Messeständen und Bühnen; Veranstaltung von Messen zu Werbe- und Gewerbezwecken; Vermietung von Ausstellungs- und Kongressräumen; Errichten, Bau von Messeständen, Bühnen und -läden; Elektroinstallation, Installation von Anlagen für die Produktion und Reproduktion von Ton und Bild; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Ausstrahlung von Hörfunksendungen, Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen, Ausstrahlung von Rundfunksendungen; Übermittlung von Nachrichten; Satellitenübertragung; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; E-mail-Dienste; interaktive Onlinedienste, nämlich Betreiben eines Teleshopping-Kanals; Leitungs-, Routing- und Verbindungsdienstleistungen für die Telekommunikation; Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen zu einem weltweiten Computernetzwerk; Bereitstellen von Internetzugängen; Bereitstellen von Informationen im Internet; Bereitstellen von Portalen im Internet; Bereitstellen von Plattformen im Internet; Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren; Durchführung von Videokonferenzen; Konferenzschaltungen; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten und Pressemeldungen; Vermietung von Geräten zur Nachrichtenübertragung; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Webmessaging); Unterhaltung; Produktion, Reproduktion, Vorführung und Vermietung von Filmen, Produktion und Reproduktion von Ton- und Bildaufnahmen auf anderen Bild- und/oder Tonträgern, Vorführung und Vermietung dieser Bild und/oder Tonträger; Betrieb und Vermietung von Studios einschließlich von Einrichtungen, Apparaten und Geräten für die Produktion von Ton- und Bildaufnahmen; Vermietung von Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie von Geräten für die Aufnahme, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Theateraufführung, Musikdarbietung; Organisation und Veranstaltung von Konzerten, Tourneen, Theateraufführungen, Tanz- und/oder Musikdarbietungen sowie Unterhaltungsshows; Vermietung von Bühnendekorationen, Musikinstrumente, Ton-Verstärkeranlagen sowie von elektronischen und elektrotechnischen Anlagen zur Erzeugung von Spezialeffekten; Organisation und Veranstaltung kultureller Aktivitäten und Wettbewerbe; Herausgabe und Veröffentlichung von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Katalogen und Broschüren; Verwaltung, Verwertung und Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten; Lizenzierung von Software; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen
wegen fehlender Unterscheidungskraft angeordnet und im Übrigen den Löschungs- sowie den Kostenantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Löschungsantrag habe teilweise Erfolg, weil anhand der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und des vom Patentamt ermittelten Sachverhalts festzustellen sei, dass der Wortmarke für die genannten Waren und Dienstleistungen im Zeitpunkt der Eintragung am 13. Januar 2004 sowie im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gefehlt habe und noch fehle. Der aus dem Wort „Miss“, welches (häufig in Verbindung mit einem Ländernamen) für eine Schönheitskönigin stehe, und dem Bestandteil „Tuning“, unter dem „das Frisieren“, also die technische Aufrüstung eines Kraftfahrzeuges verstanden werde, zusammengesetzten angegriffenen Marke komme die Bedeutung eines Schönheitswettbewerbs im Bereich des Kfz-Tunings zu. Die Durchführung von Miss-Wahlen stelle nämlich eine bereits im Eintragungszeitpunkt gängige Form der Unterhaltung dar, die auch zu dem Zweck durchgeführt werde, auf ein Thema aufmerksam zu machen oder als verkaufsfördernde Maßnahme Produkte und Dienstleistungen zu präsentieren; so gebe es Miss-Wahlen in den unterschiedlichsten Bereichen, wobei die gekürte Schönheitskönigin den Titel „Miss“ mit einem entsprechenden auf die Branche oder den Bereich bzw. das Thema hinweisenden Zusatz trage und auch die Veranstaltung so betitelt werde; gerade in der Kfz-Branche spielten Models zur Präsentation und Bewerbung von Produkten und Dienstleistungen eine große Rolle. In Bezug auf die zu löschenden Waren und Dienstleistungen weise das angegriffene Zeichen damit lediglich darauf hin, dass die angebotenen Waren sich inhaltlich mit dem Thema einer Misswahl in Zusammenhang mit getunten Kraftfahrzeugen beschäftigten oder aber die angebotenen Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer derartigen Miss-Wahl erbracht würden. Das angesprochene Publikum werde der Bezeichnung damit keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Antragsgegnerin die Aufhebung des ihr am 28. Mai 2009 zugestellten Beschlusses und die Zurückweisung des Löschungsantrages. Ihrer Ansicht nach zeigten bereits die Entscheidungen des Bundespatentgerichts in Sachen „Miss Cognac“ und „Miss Germany“ (26 W (pat) 139/04 und 33 W (pat) 172/03), dass Kombinationen wie die angegriffene Marke jedenfalls für die Waren und Dienstleistungen, die keinen unmittelbaren Bezug zu Schönheitswettbewerben hätten, Unterscheidungskraft besäßen. Aber auch für solche Waren und Dienstleistungen, für welche ein solcher Bezug bestünde, sei dies der Fall, wie Gerichtsentscheidungen insbesondere von Verletzungsgerichten bestätigt hätten.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
den Löschungsantrag zurückzuweisen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Wie bereits der Umstand, dass es - insbesondere auch in Österreich und der Schweiz - zahlreiche „Miss Tuning“-Wahlen gebe, zeige, werde der inländische Verbraucher unter der angegriffenen Bezeichnung nur die Durchführung eines Schönheitswettbewerbs für getunte Fahrzeuge verstehen. Soweit es Eintragungen von Marken, die das Wort „Miss“ und einen weiteren, insbesondere geografischen Begriff enthielten, gebe, handele es sich ausschließlich um Wortbildmarken, die allein wegen ihrer grafischen Gestaltung eingetragen worden seien. Der Verbraucher habe keinen Anlass, die angegriffene Marke als Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen aufzufassen. Daher habe die Markenabteilung zutreffend die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
II.
A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Unrecht auf den Antrag des Beschwerdegegners die Löschung der angegriffenen Marke für einen Teil der eingetragenen Waren und Dienstleistungen angeordnet. Zwar war der Löschungsantrag zulässig, insbesondere innerhalb der 10-Jahresfrist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt, ein Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 MarkenG lag aber entgegen der Auffassung der Markenabteilung nicht vor.
1. Nach §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG kann eine Marke auf Antrag nur gelöscht werden, wenn sie u. a. entgegen § 8 MarkenG eingetragen wurde, wenn also zum Zeitpunkt der Eintragung ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 MarkenG bestand. Wie sich aus § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG ergibt, muss dieses Schutzhindernis dabei sowohl im Eintragungszeitpunkt bestanden haben als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch fortbestehen.
Der Eintragung der angegriffenen Marke steht und stand aber weder das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegen noch bestand und besteht ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es kann nämlich nicht festgestellt werden, dass das Zeichen die von der Löschungsanordnung betroffenen Waren und Dienstleistungen beschreibt, also zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz 32] – DOUBLEMINT ; MarkenR 2008, 160, 162 [Rz. 35] - HAIRTRANSFER ) ausschließlich aus Angaben bestand und besteht, die zur Bezeichnung von Merkmalen dieser Waren oder Dienstleistungen dienen können und für den Markt wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände bezeichnen (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 – FÜNFER ), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 – Berlin Card). Darüber hinaus fehlte und fehlt ihr auch nicht die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft, also in der nach Art. 101 GG, Art. 234 EGV allein maßgeblichen und alle Gerichte bindenden Auslegung des Europäischen Gerichtshofs die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID); nur dann wäre es aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allein gerechtfertigt, das Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten, einzuschränken (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2).
2. Das englische Wort "Miss" bezeichnet eine "unverheiratete Frau". Darüber hinaus wird es - häufig in Verbindung mit einem Orts- oder Ländernamen oder einem sonstigen Zusatz mit geografischem oder sachlichem Bezug - auch als Angabe einer "Schönheitskönigin" für den durch den Zusatz näher umschriebenen Bereich ("Miss-World"; "Miss-Europa") oder für eine weibliche Person, die für eine bestimmte Ware oder Sache als „Botschafterin“ auftreten soll, verwendet. Schließlich kann "Miss" auch der (scherzhafte) Titel für eine Frau sein, die die Verkörperung von etwas darstellt, wie das Beispiel "Miss Tagesschau" zeigt (vgl. zum Vorstehenden insgesamt Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM], Stichwort „Miss“). Der in der angegriffenen Marke weiter enthaltene Begriff "Tuning" steht in der englischen Sprache für das Stimmen von Musikinstrumenten sowie das Einstellen des Radios oder eines Motors (vgl. Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch. 3. Aufl. Mannheim 2005 [CD-ROM] Stichwort „tuning“). In letztgenannter Bedeutung ist dieses Wort mittlerweile auch in die deutsche Sprache eingegangen (vgl. Duden, a. a. O., Stichworte „Tuning“ und „tunen“).
3. In diesen Bedeutungen beschreibt die angegriffene Marke aber nicht Merkmale der von der Löschungsanordnung der Markenabteilung betroffenen Waren und Dienstleistungen. Dabei kann dahinstehen, ob - wie die Inhaberin der angegriffenen Marke geltend macht - alle diese Waren und Dienstleistungen tatsächlich in Zusammenhang mit Schönheitswettbewerben stehen, da selbst für die Dienstleistungen, die - wie die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis enthaltene Dienstleistung „Organisation und Veranstaltung kultureller Aktivitäten und Wettbewerbe“ - unmittelbar eine solche Veranstaltung bezeichnen, ein Schutzhindernis nicht besteht.
Bei der Beurteilung ist zu beachten, dass die beiden Wörter „Miss“ und „Tuning“ in der angegriffenen Marke zu einem Gesamtbegriff verschmelzen, also sprachlich aufeinander bezogen sind. Damit käme eine beschreibende Bedeutung für einen Schönheitswettbewerb zum einen in Betracht, wenn damit ein mit dem Gesamtbegriff erschöpfend wiedergegebenes Merkmal (irgend-)eines Schönheitswettbewerbs - insbesondere sein Gegenstand - allgemein bezeichnet würde. Darüber hinaus wäre eine beschreibende Bedeutung nach der BIOMILD-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH GRUR 2004, 680, 681 [Rz. 39 f.]) auch zu bejahen, wenn das Publikum die Marke als Sachhinweis auf zwei verschiedene Merkmale der betreffenden Dienstleistung unmittelbar - d. h. ohne analysierende Betrachtung - verstehen würde. Beides ist indessen nicht der Fall.
a) Es ist für einen Schönheitswettbewerb kennzeichnend, dass aus einer Vielzahl von Bewerbern oder Bewerberinnen der- oder diejenige ausgesucht wird, der oder die nach Ansicht der jeweiligen Jury der oder die „Schönste“ der Bewerber oder Bewerberinnen sein soll. Die hierbei ausgewählte Person wird dabei in der Regel mit einem Titel benannt, wobei sich bei Schönheitswettbewerben unter weiblichen Teilnehmerinnen ein aus dem Begriff „Miss“ und einer weiteren Angabe gebildeter Titel eingebürgert hat. Soweit es damit den auch in der angegriffenen Marke enthaltenen Begriff „Miss“ betrifft, bezeichnet dieser mithin unmittelbar ein wesentliches (allgemeines) Merkmal solcher Schönheitswettbewerbe, bei welchen die Auswahl unter weiblichen Kandidatinnen - bzw., soweit es sich um Wettbewerbe im Transvestiten- oder Transsexuellen-Bereich handelt, unter als Frauen verkleideten oder sich wie Frauen empfindenden Männern - getroffen werden soll.
Eine solche allgemeine Benennung eines möglichen unmittelbaren Merkmals (irgend-) eines Schönheitswettbewerbs kann demgegenüber dem weiteren Bestandteil „Tuning“ nicht entnommen werden. Anders als etwa geografische Angaben, die etwa in dem Titel „Miss Germany“ (vgl. BPatG 29 W (pat) 220/93 - Miss Germany) als Hinweis darauf verstanden werden können, dass die weiblichen Kandidatinnen aus Deutschland stammen müssen, also deutsche Staatsbürgerinnen sind oder jedenfalls dort ihren Wohnsitz haben, und, weil ein solches Verständnis der geografischen Angabe naheliegt, damit - auch dann, wenn eine solche Teilnahmebedingung tatsächlich (ähnlich wie bei den bekannten Fernsehshows „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Germany´s Next Topmodel“, bei denen auch andere Personen teilnehmen können) nicht besteht - den Inhalt des Schönheitswettbewerbs bezeichnen können, lässt sich eine solche, den Gegenstand (irgend-)eines Schönheitswettbewerbs unmittelbar bezeichnende Angabe mit dem Begriff „Tuning“ ebenso wenig verbinden wie im Fall der Marke „Miss Cognac“ (vgl. BPatG 26 W (pat) 139/04). Dass die Kandidatinnen selbst „getunt“ sein sollen, wird das Publikum kaum annehmen, zumal wegen des oben genannten Begriffsinhalts sich selbst bei - immer zu berücksichtigendem - analogem Verständnis eine bestimmte Bedeutung dieses Begriffs in Bezug auf Menschen nicht zwingend herstellen lässt; selbst soweit der Schönheitswettbewerb etwa zwischen Frauen aus dem Sport- oder Bodybuilding-Bereich stattfinden sollte, wäre der Begriff „tuning“ nicht unmittelbar beschreibend, da er bislang als Angabe körperlicher Merkmale der Kandidatinnen soweit ersichtlich weder gebräuchlich noch nahegelegt ist.
b) Eine unmittelbar beschreibende Angabe für Schönheitswettbewerbe wird das Publikum mit dem Bestandteil „Tuning“ aber auch dann nicht verbinden können, wenn es diesen Bestandteil in Zusammenhang mit der Kfz-Branche bringt, welche sich mit der Leistungssteigerung von Kraftfahrzeugen durch Feinabstimmung des Motors, der Aerodynamik einer Karosserie oder des Fahrwerks befasst. Eine beschreibende Bedeutung in Bezug auf den Kreis der Kandidatinnen - und damit auf Inhalt und Gegenstand eines Schönheitswettbewerbs - wird es damit nicht verbinden. Allerdings käme ein solches Verständnis bei Branchen, die über einen nicht unerheblichen Anteil an weiblichen Beschäftigten verfügen, durchaus in Betracht; so läge es etwa nahe, mit der Angabe „Miss Sparkasse“ einen Sachhinweis auf die Durchführung eines Schönheitswettbewerbs unter weiblichen Sparkassen-Angestellten zu verstehen. Davon kann aber in der hier relevanten Branche keine Rede sein. So ist der Frauenanteil im (gesamten) Kfz-Handwerk traditionell äußerst gering und lag etwa 2008 bei 2 % (vgl. http://www.autosieger.de/ article14581.html). Auch wenn der Frauenanteil „auf niedrigem Niveau“ (vgl. den vorgenannten Artikel) zunimmt, wird es auf absehbare Zeit kaum als naheliegend erscheinen, den Begriff „Miss Tuning“ als bloßen Sachhinweis auf den Kreis der Kandidatinnen zu verstehen. Vielmehr ist der Verbraucher daran gewöhnt, dass Frauen in diesem Bereich Gegenstand der (häufig über Gebühr sexuell aggressiven) Werbung sind und somit als bloßes Werbemittel missbraucht werden. Damit wird er den Begriff „Tuning“ allenfalls als Hinweis auf den Ausrichter des Schönheitswettbewerbs ansehen; bei einem solchen Verständnis verbindet er aber mit der angegriffenen Marke keine Sachaussage, die unmittelbare Merkmale (irgend-) eines Schönheitswettbewerbs benennt, sondern einen Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Dienstleistung „Veranstaltung eines Schönheitswettbewerbs“ aus einem bestimmten Unternehmen der Tuning-Branche.
c) Allerdings schiede auch mit diesem Verständnis eine Schutzfähigkeit aus, falls sich der Begriff „Miss Tuning“ bereits bei Eintragung der angegriffenen Marke im Jahr 2004 als allgemeiner Hinweis auf die Durchführung eines Schönheitswettbewerbs durch eine Vielzahl von Unternehmen aus der Tuning-Branche entwickelt hätte. Der Antragsteller hat aber nichts vorgetragen, was einen solchen Schluss nahelegen würde. Die von ihm eingereichten Unterlagen stammen zum einen überwiegend erst aus jüngster Zeit und sind somit als Nachweis für eine fehlende Schutzfähigkeit zum Eintragungszeitpunkt - was für eine Löschung der eingetragenen Marke aber zwingend wäre - nicht geeignet. Zum anderen geben seine Verwendungsbeispiele aus Österreich und der Schweiz für das Verständnis des inländischen Publikums, das der Beurteilung allein zugrunde gelegt werden kann, nichts erhebliches her. Da sonstige Anhaltspunkte für eine Verwendung des Begriffs „Miss Tuning“ als allgemeiner Hinweis auf eine Vielzahl von Schönheitswettbewerben durch Unternehmen der Tuning-Branche weder vorgetragen noch seitens der Markenabteilung oder des Senats feststellbar sind, kann sich auch aus diesem Gesichtspunkt eine Schutzunfähigkeit der angegriffenen Marke nicht ergeben.
d) Schließlich lässt sich eine Schutzunfähigkeit auch nicht, wie der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 17. März 2010 vorgetragen hat, aus der Überlegung herleiten, das Publikum verstehe die Angabe „Miss Tuning“ im Sinne eines Schönheitswettbewerbs für getunte Fahrzeuge. Zwar mag es Schönheitswettbewerbe geben, bei denen insbesondere unter ästhetischen Gesichtspunkten das „schönste Fahrzeug“ ausgewählt wird. Insoweit könnte dann zwar dem Bestandteil „Tuning“ eine beschreibende Bedeutung beigemessen werden, nicht aber dem weiteren Bestandteil „Miss“, weil die am Wettbewerb teilnehmenden Fahrzeuge hiermit weder unmittelbar noch in analogem Sinne bezeichnet zu werden pflegen.
3. Da somit eine Schutzunfähigkeit der angegriffenen Marke schon zum Eintragungszeitpunkt nicht feststellbar ist, war auf die Beschwerde der ihre teilweise Löschung anordnende Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und der Löschungsantrag zurückzuweisen.
B. Die Anträge beider Beteiligten, dem jeweiligen Gegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, waren zurückzuweisen, da Gründe für eine Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, die nach ständiger Rechtsprechung nur unter engen Voraussetzungen aus Billigkeit in Frage kommt, weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Die für eine Billigkeitsentscheidung erforderlichen Umstände liegen dabei - anders als in Zivilverfahren gem. § 91 ZPO - nicht schon dann vor, wenn einer der Beteiligten mit seinem Verfahrensziel nicht durchzudringen vermag (vgl. BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur). Eine Kostenauferlegung kommt vielmehr nur in Betracht, sofern ein Beteiligter gegen seine prozessualen Sorgfaltspflichten verstößt; dies kann selbst bei einer nach bisherigen Rechtsgrundsätzen aussichtslosen Beschwerde oder Verteidigung der angegriffenen Marke nur bejaht werden, wenn Anhaltspunkte dafür festgestellt werden können, welche den Schluss nahelegen, dass ein Beteiligter mit seinem Verhalten vorrangig verfahrensfremde Ziele wie Verzögerung einer Entscheidung oder Behinderung der Gegenseite verfolgt (zutr. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 71 Rn. 16). Anhaltspunkte dafür sind vorliegend aber weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.