Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.07.2012


BPatG 16.07.2012 - 27 W (pat) 19/11

Markenbeschwerdeverfahren – "hitec" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
16.07.2012
Aktenzeichen:
27 W (pat) 19/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 067 558.9

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 16. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. November 2010 und 24. Januar 2011 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit den im Tenor genannten Beschlüssen die Anmeldung der Wortmarke

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hitec

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teilweise, nämlich für Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 9, 16, 41 und 42, darunter in Klasse 16 Druckereierzeugnisse, nämlich Programmhefte, wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Erinnerungsbeschluss ausgeführt, das angesprochene Publikum werde „hitec“ mit der klanglich identischen Bezeichnung „hi tech“ im Sinne von Hochtechnologie gleichsetzen. Dem Markenwort „hitec“ fehle gegenüber dem Sachbegriff „hi tech“ nur ein Buchstabe, so dass erhebliche Teile des angesprochenen Publikums einen Schreibfehler vermuten würden.

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Vor diesem Hintergrund erschließe sich der im Vordergrund stehende Aussagegehalt des angemeldeten Zeichens im Sinne von „Hochtechnologie“ auch in Verbindung mit den versagten Waren und Dienstleistungen.

5

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie (sinngemäß) beantragt,

6

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. November 2010 und 24. Januar 2011 insoweit aufzuheben, als dem angemeldeten Zeichen darin der Schutz verwehrt wurde.

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Sie hält die angemeldete Marke für unterscheidungskräftig. Begegne die Bezeichnung „hitec“ dem Verbraucher, habe dieser keine Veranlassung, an die Bezeichnung „high tech“ oder „high technology“ zu denken. Es liege nicht nahe, den Begriff englisch auszusprechen, da er nicht mit einem anderen englischsprachigen Begriff kombiniert worden sei, wie dies etwa bei den von der Markenstelle zitierten Entscheidungen „HitecHome“, „POWERTEC“, „NAVYTEC“ und „High Tech Star“ der Fall gewesen sei. Die beanspruchten Waren seien nicht technologischer Natur.

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Schließlich gebe es keine Veranlassung, die angemeldete Marke in die Bestandteile „hi“ und „tec“ aufzuspalten. Genauso gut könnte man in der Bezeichnung die Bestandteile „hit“ und „ec“ vermuten und argumentieren, der Begriff sei beschreibend für einen in der Europäischen Gemeinschaft (European Community = EC) erfolgreichen Musiktitel (= Hit).

9

Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die Anmelderin mit Schriftsätzen vom 12. Juni 2012 und 28. Juni 2012 das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis dahingehend eingeschränkt, dass sie von den versagten Waren der Klasse 16 nur noch „Druckereierzeugnisse, nämlich Programmhefte“ beansprucht und auf die übrigen verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 41 und 42 verzichtet.

II.

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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses Erfolg. Insoweit steht einer Eintragung weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, noch das einer Merkmalsbezeichnung im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

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Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen (EuGH GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel, BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort bzw. eine Wortfolge der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das (die) vom Publikum, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches (solche) und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006).

12

Für die von den versagten Waren und Dienstleistungen jetzt nur noch beanspruchten Waren „Druckereierzeugnisse, nämlich Programmhefte“ ist „hitec“ keine im Vordergrund des Verständnisses stehende Sachangabe. Mit der Markenstelle geht der Senat zwar davon aus, dass erhebliche Teile des inländischen Publikums die angemeldete Bezeichnung „hitec“ wegen ihrer klanglichen Ähnlichkeit mit dem in Deutschland geläufigen englischsprachigen Begriff „high-tech“ ohne weiteres im Sinne von „hochtechnisiert“ verstehen werden. Daran ändert der fehlende Buchstabe „h“ am Wortende und das Fehlen der Buchstaben „gh“ in der Wortmitte der angemeldeten Marke nichts, da dies dem Publikum entweder gar nicht auffallen oder es für einen Schreibfehler halten wird.

13

In Bezug auf „Druckereierzeugnisse, nämlich Programmhefte“ bleibt der Bedeutungsinhalt der Bezeichnung „hitec“ jedoch vage und unscharf. Es ist nicht ersichtlich, dass „hitec“ im Zusammenhang mit diesen Waren Verwendung findet. Belege für eine beschreibende Verwendung des Begriffs in Bezug auf die jetzt noch verfahrensgegenständlichen Waren hat die Markenstelle nicht ermittelt. Auch der Senat konnte hierzu keine Belege ermitteln.

14

Für ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sieht der Senat mangels eines inhaltsbeschreibenden Gehalts der Marke für die jetzt noch verfahrensgegenständlichen Waren keine Anhaltspunkte.