Entscheidungsdatum: 15.02.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 044 443.6
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 15. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin am Landgericht Werner
beschlossen:
Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 2009 und vom 20. Oktober 2010 werden aufgehoben.
I
Die schwarz/weiß angemeldete Wort-/Bildmarke
hat die Markenstelle mit den im Tenor genannten Beschlüssen für
„Brillen, Brillenfassungen und -gestelle, Brillengläser, Sonnenbrillen, Brillenetuis; Asbestbekleidungsstücke zum Schutz gegen Feuer, Asbesthandschuhe zum Schutz gegen Unfälle, Atemschutzgeräte mit Luftfilter, Blendschutzbrillen, Blendschutzschirme, Feuerschutzbekleidung, Gesichtsschutzschirme für Arbeiter, Knieschützer für Arbeiter, Mundschutz, Reflexscheiben für Kleidung, zum Schutz vor Verkehrsunfällen, Schutzanzüge für Flieger, Schutzhandschuhe gegen Röntgenstrahlen für gewerbliche Zwecke, Schutzhelme für den Sport, Schutzhelme, Schutzmasken, Schutzvorrichtungen gegen Röntgenstrahlen, nicht für medizinische Zwecke, Sprinkleranlagen (Brandschutz), Unfall-, Strahlen- und Feuerschutzbekleidungsstücke, Unfall-, Strahlen-, Feuerschutzschuhe, Sicherheitsschuhe, Schutzschuhe; Unfallschutzhandschuhe; Bekleidungsstücke; Schuhwaren, insbesondere Berufsschuhe; Kopfbedeckungen“
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das ist damit begründet, bei „Nova“ handle es sich in erster Linie um zwei Formen des lateinischen Adjektivs „novus“ - zu deutsch: neu. „Nova“ sei sowohl die Form des weiblichen Singulars als auch die des unpersönlichen Plurals. Aus dem Lateinischen sei „nova“ in die portugiesische Sprache eingegangen. Es bedeute dort als Substantiv „Nachricht, Neuigkeit“ und als weibliches Adjektiv „neu“.
Für den deutschen Durchschnittsverbraucher und den Fachhandel sei der Sinngehalt „Neuheiten“ ohne weiteres verständlich. „Novum“ habe mit der Bedeutung „Neuheit, etwas Neues, etwas noch nie Dagewesenes“ Eingang in die deutsche Sprache gefunden. Im Buchhandel würden mit dem Plural „Nova“ traditionell Neuerscheinungen bezeichnet und angekündigt.
In der Astronomie bezeichne „Nova“ einen Fixstern, dessen Helligkeit plötzlich stark ansteige. Eine Eignung von „Nova“ zur beschreibenden Verwendung entfalle dadurch aber nicht, da die Verbraucher in Verbindung mit den beanspruchten Waren nicht an das astronomische Fachwort dächten. Es reiche für die Schutzversagung aus, dass „Nova“ in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der Waren beschreibe.
Für die angesprochenen Kreise stehe damit bei dem angemeldeten Zeichen eindeutig ein anpreisender Sachhinweis im Vordergrund, nicht hingegen die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises.
Die Graphik sei nicht geeignet, dem Zeichen Unterscheidungskraft zu verleihen. Das Motiv eines Sterns sei ein Werbehinweis bzw. ein dekoratives Hervorhebungsmittel. Der Stern sei nicht ungewöhnlich gestaltet.
Der Erinnerungsbeschluss wurde der Anmelderin am 25. Oktober 2010 zugestellt.
Sie hat am 24. November 2010 Beschwerde eingelegt und beantragt,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Unter Hinweis auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertritt die Anmelderin die Auffassung, die Marke sei auch wegen ihrer graphischen Gestaltung unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig.
II
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der Schutzgewährung für die konkret beanspruchte Marke in ihrer Gesamtheit steht auf Grund der Graphik weder fehlende Unterscheidungskraft noch ein Freihaltungsbedürfnis entgegen (§ 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG), so dass die angegriffenen Beschlüsse auf die Beschwerde hin aufzuheben waren.
Mit dem in Bewegung dargestellten Stern wirkt das Zeichen hinreichend eigentümlich, um als betriebliches Unterscheidungsmittel gesehen zu werden.
Die konkrete graphische Gestaltung ist auch nicht freihaltungsbedürftig, so dass die angemeldete Marke schutzfähig ist.
Für diese Beurteilung spricht vorliegend, dass die beanspruchten Waren keinen Bezug zu Weihnachten haben und in der Regel nicht einmal als Weihnachtsgeschenk in Betracht kommen. Damit fehlt vorliegend ein Kriterium, das Sterne sonst in besonderem Maße als Verzierung erscheinen lässt.
Dass im streitgegenständlichen Zeichen nur 1 Stern abgebildet ist, spricht dagegen, den Stern als Qualitätshervorhebung anzusehen. Eine solche Verwendung ist zwar nicht (mehr) auf den Hotel- und Gastronomiebereich beschränkt. Sterne werden aber nur, wenn 2 bis 5 davon in typischer Weise in einer Linie aneinandergereiht sind, ohne weiteres als Qualitätshinweis verstanden (vgl. BPatG, Beschluss vom 28. Januar 2002, Az: 30 W (pat) 28/01).
Außerdem legt der Stern im Kontext mit dem Wort „Nova“ dessen astronomische Bedeutung doch näher als die Markenstelle angenommen hat. Je weniger aber eine warenbeschreibende Bedeutung im Vordergrund steht, umso leichter kann eine graphische Gestaltung zur Unterscheidungskraft führen bzw. ein Freihaltungsbedürfnis überwinden. Für die astronomische Bedeutung hat schon die Markenstelle zutreffend eine warenbeschreibende Funktion verneint.
Dass „novo“ in der italienischen Sprache „dichterisch“ und „umgangssprachlich“ anstelle von „nuovo“ verwendet wird, erscheint demgegenüber nicht entscheidungserheblich. Ferner ist zu berücksichtigen, dass vorliegend anders als bei „Galeria Nova“ (BPatG, Beschluss vom 17. Dezember 1996, Az: 27 W (pat) 41/95) ein als „neu“ bezeichnetes Substantiv in der Marke selbst fehlt. Dass das Wort „nova“ dem deutschen Publikum durch eine Vielzahl damit zusammengesetzter Begriffe bekannt ist (Terra nova, Palma Nova, Iduna Nova, Musica Nova etc.), lässt für eine Verwendung in Alleinstellung eher Unterscheidungskraft vermuten, zumal damit der Bezug zu einem weiblichen Substantiv fehlt, der „nova“ als weibliches Pendant von „novo“ erscheinen ließe. Als Plural von „Novum“ ist „Nova“ auf den hier maßgeblichen Warengebieten nicht gebräuchlich. Eine Übertragung aus dem Buchhandel auf andere Bereiche, wie sie bei XL u. ä. aus dem Modebereich erfolgt ist, kann hier nicht festgestellt werden.
Anders als bei dem der Entscheidung vom 17. Juni 1998 (Az. 28 W (pat) 79/97 - Drei Sterne) zu Grunde liegenden Fall, wird die graphische Besonderheit vorliegend eher wahrgenommen, weil es sich bei den beanspruchten Waren nicht um Waren des täglichen Bedarfs handelt. Schutzbrillen und -kleidung werden sehr aufmerksam erworben.
Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr besteht kein Anlass.