Entscheidungsdatum: 31.05.2011
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 305 07 066.5
(hier: Löschungsverfahren S 216/09 Lösch)
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin am Landgericht Werner am 31. Mai 2011
beschlossen:
Der Antrag des Beschwerdegegners, die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
I.
Hinsichtlich der am 8. Februar2005 angemeldeten und am 16. November2005 für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen41, 6, 9, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 26, 28, 30, 33, 34 und 39 eingetragenen Marke 30710264 hat der Beschwerdegegner die Löschung gemäß §50 MarkenG beantragt, da sie entgegen §§3, 8 MarkenG eingetragen worden sei. Die Markenabteilung3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 27. September2010 antragsgemäß die Löschung der Marke angeordnet.
Hiergegen hat sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde vom 15. November2010 gewendet. Mit Schriftsatz vom 21. Dezember2010 hat er vorsorglich beantragt, ihm Wiedereinsetzung in die Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren. Am 14. Januar 2011 hat die Rechtspflegerin den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die tarifmäßige Beschwerdegebühr nicht vollständig innerhalb der gesetzlichen Frist entrichtet worden sei. Mit Schriftsatz vom 2. März 2011 hat er den Verzicht auf die angegriffene Marke erklärt sowie die Beschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. September 2010 zurückgenommen.
Der Beschwerdegegner ist der Auffassung, es entspräche der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 S. 1. i. V. m. § 71 Abs. 4 MarkenG, dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da seine Verfahrensführung nicht mit der prozessualen Sorgfalt zu vereinbaren sei.
Der Beschwerdeführer habe den Verzicht auf die Marke damit begründet, der Streit über die Marke erscheine "müßig" angesichts des zu seinen Gunsten ohnehin bestehenden Schutzrechts aus § 71 UrhG.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Kostenantrag zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, auch im Löschungsverfahren gelte der Grundsatz des § 71 Abs. 1 MarkenG, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen habe. Die Verteidigung gegen den Löschungsantrag sei keineswegs von vornherein vollkommen aussichtslos gewesen, zumal das Deutsche Patent- und Markenamt die angegriffene Marke ursprünglich eingetragen hätte. Auch nach der erstinstanzlichen Löschung spräche noch eine Vielzahl guter Argumente dafür, die die ursprünglich beabsichtigte Verteidigung der Markeneintragung im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht rechtfertigten. Er habe das Verfahren keinesfalls "offenbar nur aus einer Laune heraus" geführt.
II.
Der zulässige Antrag des Beschwerdegegners, die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, hat keinen Erfolg.
1. Über den Kostenantrag kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Der Beschwerdeführer hat den Antrag auf mündliche Verhandlung nicht auch für den Kostenantrag gestellt, der Beschwerdegegner hat ebenfalls keine mündliche Verhandlung beantragt, und der Senat hält diese nicht für erforderlich.
2. Es sind vorliegend keine durchschlagenden Gründe ersichtlich, die eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Lasten des Beschwerdeführers nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gerechtfertigt erscheinen lassen.
Vielmehr bleibt es bei dem Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst zu tragen hat (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände, die etwa dann anzunehmen sind, wenn ein Verfahrensbeteiligter das Verfahren in einer Weise betreibt, die mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinen ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtlosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 RdNr. 11 m. w. N.). Solche Umstände lassen sich im vorliegenden Fall nicht feststellen.
Nach § 71 Abs. 4 MarkenG lösen weder die Rücknahme einer Beschwerde noch der Verzicht auf die streitbefangene Marke eine Pflicht, die Kosten zu tragen, aus.
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Billigkeitsgrundes hat auch die Löschungsabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts nicht gesehen, als sie von einer Kostenauferlegung im angefochtenen Beschluss abgesehen hat.
Auch die Beschwerde steht nicht im Widerspruch zur prozessualen Sorgfalt, sondern entspricht der Wahrung berechtigter Interessen.
Dies gilt umso mehr, als die Marke nach ihrer ursprünglichen Eintragung keinesfalls offensichtlich schutzunfähig war, so dass sich die Rechtsverfolgung durch den Beschwerdeführer nicht als von vornherein aussichtslos darstellt. Vor diesem Hintergrund kann es dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er seine Rechte aus der Marke nicht weiter verfolgt.
Sein Verhalten kann nach den Gesamtumständen im vorliegenden Fall keine Kostenauferlegung nach sich ziehen. Im Rahmen prozessualer Sorgfalt muss es jedem Beschwerdeführer, der als Inhaber mehrerer unterschiedlicher gewerblicher Schutzrechte die Wahl hat, aus welchem er gegen einen Dritten vorgeht, unbenommen bleiben, seine Strategie im laufenden Beschwerdeverfahren auch kurzfristig zu überdenken. Dabei können die Kosten der Weiterführung des Löschungsverfahrens ebenso eine Rolle spielen wie andere prozessökonomische Überlegungen.
Welche Erfolgsaussichten für das Beschwerdeverfahren zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Marke bzw. bei Beschwerderücknahme bestanden, sind hingegen insoweit nicht Gegenstand der Prüfung. Sie können auch nicht zur Beurteilung der Frage, ob besondere Umstände eine Kostenauferlegung rechtfertigen, herangezogen werden, solange das Beschwerdeverfahren nicht von vorn herein mutwillig betrieben wurde. Dies ist hier nicht der Fall.