Entscheidungsdatum: 22.03.2011
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2009 008 297.9
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. März 2011 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner
beschlossen:
Der Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 2009 und vom 30. Dezember 2010 werden aufgehoben.
I.
Die Zurückweisung der zur Eintragung für die Dienstleistungen
„Werbung, Unternehmensverwaltung, temporäre Vermietung von Räumlichkeiten für private Zwecke, Marketing, Standortmarketing, Werbung und Durchführung von Werbeveranstaltungen zum Standort und für die im Territorium ansässigen Betriebe und Vereine sowohl in Medien als auch auf Plakaten, Handzetteln, Prospekten und Druckschriften; Werbung, Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Marketingdienstleistungen, Sponsoring in Form von Werbung; Durchführung von Sponsoringveranstaltungen (Werbeveranstaltungen) für kulturelle, sportliche, soziale und ökologische Zwecke; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften für Werbezwecke; Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet, für Werbezwecke; Organisation und Durchführung von kulturellen, politischen und sportlichen Veranstaltungen; Veranstaltung von Tagungen, Kongressen, Veranstaltungen im Gesundheits- und Fitnessbereich (soweit in Klasse41 enthalten); Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften (ausgenommen für Werbezwecke), Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet (ausgenommen für Werbezwecke); Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Sponsoring-Veranstaltungen für kulturelle, sportliche, soziale und ökologische Zwecke (unterhaltende Zwecke); Dienstleistungen eines Fremdenverkehrsamtes/-vereines, nämlich Veranstaltung von Standort- sowie vereinsbezogenen Festen; Beherbergung und Verpflegung von Gästen, Zimmerreservierung, Catering; Vermietung von Gästezimmern, Ferienwohnungen und Ferienhäusern"
angemeldeten Wortmarke
Nordhessenhalle
mit den Beschlüssen vom 27. Oktober2009 und vom 30. Dezember2010 erfolgte mit der Begründung, dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft. Es setze sich zusammen aus der geographischen Angabe „Nordhessen" und dem Wort „Halle", das für größere Gebäude oder Veranstaltungsräume stehe, in denen eine große Anzahl von Menschen Platz finde und die für sportliche, unterhaltende, kulturelle oder werbliche Aktivitäten (Ausstellungen, Messen) genutzt würden. Die bereits verwendeten Bezeichnungen Deutschlandhalle (Berlin), Weser-Ems-Halle (Oldenburg), Thüringenhalle (Erfurt), Weimarhalle, Schwarzwaldhalle (Karlsruhe) und Westfalenhalle (Dortmund) belegten eine Bezeichnungsgewohnheit. Die angemeldete Bezeichnung reihe sich da zwanglos ein.
Zwar sei es in einzelnen Branchen - so auch im Bereich von Veranstaltungsorten - üblich geworden, Unternehmens- bzw. Betriebsbezeichnungen zu verwenden, die sich aus dem Namen einer Region oder Gemeinde und einem weiteren, am Unternehmensgegenstand orientierten Begriff zusammensetzten. Vorliegend verhindere aber die konkrete Zeichenbildung die Annahme, dass es sich bei „Nordhessenhalle" um einen betrieblichen Herkunftshinweis handle, denn „Nordhessen" werde mühelos als geographischer Begriff und damit die angemeldete Kombination in ihrer Gesamtheit als Sachangabe erkannt. Die angemeldete Marke gehe nicht über die Zusammenfügung der beschreibenden Elemente hinaus, sondern erschöpfe sich in deren Summenwirkung. Die angesprochenen breiten Kreise werteten die angemeldete Marke daher lediglich als beschreibenden Hinweis darauf, dass die so gekennzeichneten Dienstleistungen in einer in Nordhessen gelegenen Halle angeboten und erbracht würden, eine solche Räumlichkeit zum Gegenstand hätten oder sonst in einem engen Zusammenhang damit stünden.
Auch Angaben, die sich auf Umstände bezögen, die Waren oder Dienstleistungen nicht unmittelbar beträfen, fehle eine (hinreichende) Unterscheidungskraft, wenn sie einen engen beschreibenden Bezug dazu herstellten.
Ein Zeichen stelle nicht deshalb einen Herkunftshinweis dar, weil es auf den Ort, an dem Dienstleistungen erbracht würden, hinweise. Es müsse vielmehr dazu geeignet sein, die Dienstleistungen als aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb stammend zu kennzeichnen und im Wettbewerb mit den konkurrierenden Dienstleistungen anderer Unternehmen zu individualisieren. Gerade diese Eignung fehle dem angemeldeten Zeichen, weil das Publikum das Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen eben nur als Angebots- oder Erbringungsort wahrnehme. Es wisse nicht, wer die beanspruchten Dienstleistungen anbiete, sobald es konkurrierende Nordhessenhallen gäbe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde.
II.
1. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch das einer beschreibenden Angabe i. S. v. (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegen.
a) Unterscheidungskraft ist die der angemeldeten Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die Dienstleistungen eines Anbieters gegenüber solchen anderer. Dies ist im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist. Dieser wird „Nordhessenhalle“ im Kontext mit den beanspruchten Dienstleistungen als Herkunftshinweis verstehen.
Es kann nämlich nicht festgestellt werden, dass der Ausdruck „Nordhessenhalle“ jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt. Das Publikum ist daran gewöhnt, dass Hallen-Namen örtliche Bezüge aufweisen, wie auch die von der Markenstelle aufgezählten Beispiele zeigen. Diese benennen jeweils bestimmte Hallen. Ihre Namen sind nicht vergleichbar mit Bezeichnungen wie „Stadthalle“, „Tennishalle“, „Mehrzweckhalle“ o.ä. Die Markenstelle hat keine Beispiele dafür aufgezeigt, dass es außerhalb Berlins weitere „Deutschlandhallen“, in Thüringen mehrere „Thüringenhallen“ oder außerhalb Dortmunds weitere „Westfalenhallen“ gibt. Auch der Senat hat dafür keine Nachweise ermittelt. Lediglich mehrere „Schwarzwaldhallen“ (neben Karlsruhe noch in Bühl, Appenweier, Gärtringen, Baiersbronn, Schellbronn und Birkenfeld) lassen sich nachweisen. Dies erscheint dem Senat jedoch als vereinzeltes Beispiel nicht geeignet, „Nordhessenhalle“ als beschreibend anzusehen, zumal der Schwarzwald ein geographisch klar begrenzbares Gebiet benennt, während Nordhessen wohl dem Regierungsbezirk Kassel entsprechen soll. Der somit unbestimmte Begriff „Nordhessen“ lässt sich daher nicht mit der Bezeichnung „Schwarzwald“ gleichsetzen. Letztere benennt ein weltbekanntes Urlaubsgebiet, ein Mittelgebirge Europas, einen Kultur- und Naturraum; da überrascht es nicht, dass viele Einrichtungen danach benannt sind.
„Nordhessenhalle“ ist dagegen wie ein üblicher und oft als Kennzeichen verstandener Etablissementname, aber nicht allgemein sprachüblich gebildet; umgangssprachlich spräche man nämlich von einer „Halle in Nordhessen“ oder „nordhessischen Halle“, wenn man die geographische Lage beschreiben wollte.
Es hat sich in einzelnen Branchen - so auch im Bereich von Veranstaltungsstätten - die Übung herausgebildet, Kennzeichen zu verwenden, die sich aus dem Namen einer Region oder Kommune und einer Einrichtungsbezeichnung, wie Stadion, Arena o. ä., zusammensetzen. Das Publikum ist deshalb daran gewöhnt, einen betrieblichen Herkunftshinweis in dieser Form vermittelt zu bekommen (vgl. BPatG, Beschluss vom 30. Mai 2001, Az: 32 W (pat) 11/01 - Bodensee-Arena) und ihn von nicht markenmäßig benutzten Bezeichnungen, wie etwa „Halle in Nordhessen“ oder „nordhessische Halle“, zu unterscheiden.
Damit ist „Nordhessenhalle“ auch für Verpflegung und Beherbergung von Gästen und Catering unterscheidungskräftig. Etablissementbezeichnungen, die für das Etablissement selbst unterscheidungskräftig sind, sind dies auch für damit direkt zusammenhängende typische Dienstleistungen, solange die Dienstleistung keine Besonderheit aufweist, für die gerade das angemeldete Zeichen speziell beschreibend oder üblich ist.
Zwar würde für Waren, die einen mit „Nordhessenhalle“ bezeichnungsfähigen Inhalt aufweisen die markenrechtliche Unterscheidungskraft fehlen, weil „Nordhessenhalle“ geeignet wäre, diesen Inhalt zu beschreiben. Dies betrifft aber nicht Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Herausgabe solcher Waren, wie z. B. Druckwerke. Eine Inhaltsbeschreibung ist bei verlegerischen Tätigkeiten (Herausgabe von …) nicht gegeben. Auch der Bundesgerichtshof differenziert zwischen Büchern und Verlagstätigkeit (siehe GRUR2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; anders BPatG, Beschluss vom 20. Dezember 2005, Az: 32 W (pat) 199/03 - GourmetTräume; Beschluss vom 15. März 2006, Az: 32 W (pat) 59/04 - Gesichter der Erde; Beschluss vom 23. Oktober 2007, Az: 32 W (pat) 28/05 - Karl May). Verleger, Herausgeber und Anbieter dieser im weiteren Sinn produzierenden Dienstleistungen widmen sich weder nur einem bestimmten Bauwerk noch benennen sie sich danach.
Ebenso werden Werbung, Marketing und Sponsoringvermittlung nicht nach der konkret betroffenen Einrichtung beschreibend benannt.
Unterscheidungskraft ist auch gegeben für Dienstleistungen, die sich auf Angebote beziehen, die in einer Halle stattfinden können. Etablissementbezeichnungen, die für das Etablissement selbst unterscheidungskräftig sind, sind auch für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Betreiber und Markeninhaber stattfinden können, unterscheidungskräftig.
b) Einer Registrierung der als Marke angemeldeten Wortfolge steht für die beanspruchten Dienstleistungen auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen.
Diese Vorschrift verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Bei „Nordhessenhalle“ handelt es sich aber für die strittigen Dienstleistungen um keine solche Angabe.
Aus dem geographischen Bezug auf Nordhessen ergibt sich kein Freihaltungsbedürfnis, weil er nur eine Region umfasst (vgl. BPatG, Beschluss vom 30. Mai 2001, Az: 32 W (pat) 11/01 - Bodenseearena, Beschluss vom 15. November 2010, Az: 27 W (pat) 218/09 - Ruhrstadion; BPatG BlPMZ 2009, 406 - Halle Münsterland), die nicht genau begrenzbar ist.
Eine beschreibende Aussage liegt auch nicht bei Dienstleistungen vor, die sich auf Angebote beziehen, die in einem Stadion stattfinden können. Zwar beschreibt „Nordhessenhalle“ hier den Ort, an dem die Veranstaltung stattfindet. Etablissementbezeichnungen, die für das Etablissement selbst nicht beschreibend sind, sind jedoch auch für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Betreiber und Markeninhaber stattfinden können, nicht freihaltungsbedürftig.
Verpflegung und Beherbergung von Gästen sowie Catering sind ebenso zu beurteilen.
2. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass. Dass die Markenstelle die vom Senat in den Beschlüssen zu „Ruhrstadion“ (vom 15. November2010, Az: 27 W(pat) 218/09) vertretene Auffassung im vorliegenden Fall nicht für durchschlagend erachtet hat, beruht darauf, dass diese Beschlüsse im Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen noch keine gängige Rechtsprechung darstellten. Erst mit Beschluss vom 18. Januar 2011, Az: 27W(pat) 158/10 hat der Senat „Stadion An der alten Försterei“ entsprechend beschieden.
3. Die von der Markenstelle zurückgestellte Klärung des Dienstleistungsverzeichnisses wird durch diesen Beschluss nicht verhindert.