Entscheidungsdatum: 09.10.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 306 31 229
(hier: Kostenantrag des Markeninhabers)
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Werner
beschlossen:
1. Der Kostenantrag des Markeninhabers wird zurückgewiesen.
2. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Juni 2010 ist wirkungslos, soweit darin die teilweise Löschung der Marke 306 31 229 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 305 64 850 angeordnet worden ist.
I.
Gegen die am 16. Mai 2006 angemeldete Wortmarke 306 31 229 „Blaustoff“ hat der Widersprechende aus seiner am 18. Oktober 2005 angemeldeten Wort-/Bildmarke 305 64 850, die u. a. den Wortbestandteil Blaustoff enthält und teilweise für identische Waren geschützt ist, Widerspruch eingelegt. Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Erstbeschluss vom 29. Mai 2008 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.
Auf die Erinnerung des Widersprechenden hat die Markenstelle den Erstbeschluss mit Beschluss vom 25. Juni 2010 teilweise aufgehoben und die angegriffene Marke teilweise wegen Verwechslungsgefahr für die Waren „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen und Reise- und Handkoffer“ gelöscht. Im Übrigen wurde die Erinnerung zurückgewiesen.
Der Markeninhaber hat dagegen Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die Marken seien nicht verwechselbar. Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2011 hat er die Nichtbenutzungseinrede gegen die Widerspruchsmarke erhoben.
Der Widersprechende hat daraufhin mit Schriftsatz vom 3. April 2012 zunächst diverse Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegt.
Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat der Widersprechende mit am 15. Juni 2012 per Telefax beim Bundespatentgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag mitgeteilt, dass er beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Widerspruchsmarke beantragt habe, da diese für ihn nicht weiter von Interesse sei.
Der Markeninhaber hat daraufhin mit Schriftsatz vom 26. Juni 2012 beantragt,
dem Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Bei der Widerspruchsmarke habe es sich um ein reines Defensivzeichen gehandelt, dessen Löschung der Widersprechende nach der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede beantragt habe.
Der Widersprechende beantragt (sinngemäß),
den Kostenantrag zurückzuweisen.
Er verweist auf die im Beschwerdeverfahren zunächst vorgelegten Benutzungsunterlagen. Die Zurücknahme der Widerspruchsmarke beruhe auf wirtschaftlichen Erwägungen.
II.
1.
Der Antrag des Inhabers des angegriffenen Zeichens auf Kostenauferlegung, über den nach Rücknahme des Widerspruchs gemäß § 71 Abs. 1 und 3 MarkenG zu befinden ist, ist unbegründet.
Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, der auch im Falle einer Widerspruchs- oder Beschwerderücknahme anzuwenden ist (§ 71 Abs. 4 MarkenG), können einem Beteiligten die Verfahrenskosten nur auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Ein Billigkeitsgrund besteht dabei nur, wenn besondere Umstände ein Abweichen von der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, demzufolge die Beteiligten die ihnen erwachsenen Kosten selbst tragen, rechtfertigen. Solche besonderen Umstände bestehen vorliegend nicht.
Eine Kostenauferlegung kommt dann in Betracht, wenn ein Beteiligter gegen seine prozessualen Sorgfaltspflichten verstößt, etwa, indem er versucht, in einer nach allgemein anerkannten Beurteilungsgrundsätzen aussichtslosen Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen (vgl. BPatGE 12, 238, 240 - Valsette/Garsette). Die gesetzliche Grundregel beansprucht auch für Verfahren mit unsicherem Verfahrensausgang Geltung und darf nicht durch eine rückblickende Aussichtenprüfung zu weit relativiert werden (so zutreffend Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 71 Rn. 16), zumal es dem grundgesetzlich verbürgten Recht jedes Beteiligten auf gerichtliche Kontrolle (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) entspricht, auch bislang anerkannte Rechtsprechungsgrundsätze zur erneuten gerichtlichen Überprüfung zu stellen. Ein Verstoß gegen prozessuale Sorgfaltspflichten liegt also nur vor, wenn der Schluss naheliegt, dass ein Beteiligter mit seinem Verhalten verfahrensfremde Ziele, wie Verzögerung einer Entscheidung oder Behinderung der Gegenseite, verfolgt.
Dass der Widersprechende mit seiner Rechtsverfolgung verfahrensfremde Ziele verfolgt hat, ist nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Markeninhabers rechtfertigt die von dem Widersprechenden nach der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede beantragte Löschung der Widerspruchsmarke keine Kostenauferlegung.
Die Rücknahme des Widerspruchs nach Erhebung einer Nichtbenutzungseinrede ist kein Grund für eine Kostenauferlegung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 71 Rn. 16). Im vorliegenden Verfahren kommt hinzu, dass der Widersprechende vor der Rücknahme des Widerspruchs diverse Benutzungsunterlagen vorgelegt und insoweit die Auffassung vertreten hatte, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht zu haben.
Dass er sich im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens entschlossen hat, die Widerspruchsmarke aus wirtschaftlichen Gründen zu löschen, stellt keinen Grund für eine Kostenauferlegung dar. Es war das selbstverständliche Recht des Widersprechenden, seine Marke vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Bundespatentgericht zu verteidigen. Dass er sich aus wirtschaftlichen Gründen im Verlauf des Beschwerdeverfahrens entschieden hat, seine Marke nicht mehr zu verwenden, rechtfertigt keine Kostenauferlegung.
2.
Nachdem sich das Widerspruchsverfahren aufgrund der Löschung der Widerspruchsmarke erledigt hat, war gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 ZPO auszusprechen, dass der angefochtene Erinnerungsbeschluss vom 25. Juni 2010 hinsichtlich der teilweisen Löschung der angegriffenen Marke wirkungslos ist (vgl. BGH Mitt. 1998, 264 - Puma). Dieser Ausspruch erfolgt aus Gründen der Rechtssicherheit und unter Berücksichtigung des Amtsvermittlungsgrundsatzes von Amts wegen (BPatGE 43, 96).