Entscheidungsdatum: 17.06.2014
In der Beschwerdesache
…
b e t r e f f en d d i e eingetragene M a r k e Nr. 30 2010 074 094
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Juni 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht, des Richters Hermann und des Richters k.A. Schmid
beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenstelle erhält folgende Fassung:
Die bezogen auf die vorgelegten Abbildungen "Solitude Revival – Rennkurs" und "Solitude Revival" erhobenen Widersprüche aus den geltend gemachten Kennzeichen-, Urheberrechten und dem Namensrecht werden verworfen.
2. Der Widersprechende trägt die Kosten der Verfahren.
I.
Gegen die am 13. Mai 2011 veröffentlichte Eintragung der am 16. Dezember 2010 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 41 und 43 angemeldeten Wort-/Bildmarke Nr. 30 2010 074 094
hat der Widersprechende am 9. August 2011 unter Entrichtung von zwei Widerspruchsgebühren Widerspruch erhoben. Im hierzu verwendeten amtlichen Formblatt, das durch Begleitschreiben vom 9. August 2011 nebst weiteren Unterlagen ergänzt war, hat der Widersprechende zur Zeichenwiedergabe auf "Anlagen" verwiesen, nämlich die Abbildungen:
(rot-weiß-schwarz)
(im Folgenden Abb. 1 genannt)
(rot-weiß-schwarz)
(Abb. 2)
Betreffend die Art der geltend gemachten Rechte hat der Widersprechende ohne Zuordnung zu den beiden Zeichendarstellungen folgende auf dem Formblatt angebotene Optionen angegeben: "Benutzungsmarke (§§ 4 Nr. 2, 12 MarkenG)" sowie "geschäftliche Bezeichnung (§§ 5, 12 MarkenG)" mit den beiden Unterkategorien "Unternehmenskennzeichen" und "Werktitel". Zu "Zeiträngen" enthält das hierfür vorgesehene Feld des Formblatts keinen Eintrag. In der Rubrik "Waren/Dienstleistungen/Geschäftsbereich, für die das Recht benutzt wird …" ist angegeben: "Briefkopf und Veranstaltungsdokumente".
In dem genannten Begleitschreiben führt der Widersprechende aus, ein Vereinsmitglied habe die "Bildmarke" (Abb. 1) für die von der Widersprechenden als Programmbestandteil des "Automobilsommers 2011 Baden-Württemberg – 125 Jahre Automobil" organisierte Veranstaltung "Solitude Revival 2011" konzipiert. Der hierin enthaltene Schriftzug "Solitude Revival" (Abb. 2), den ein anderes Mitglied im Jahr 2006 entwickelt habe, sei regelmäßig im Zusammenhang der Veranstaltungen des Widersprechenden verwendet worden.
Der Anmelder der angegriffenen Marke sei der Geschäftsführer eines im Marketingbereich tätigen Unternehmens, mit dem der Widersprechende aus Anlass der Veranstaltung "Solitude Revival 2011" kooperiert habe. Er bestehe keine vertragliche Vereinbarung über die Benutzung der Darstellungen durch die Markeninhaberin. Die Markeneintragung verletze auch das Namensrecht des Widersprechenden.
Die Markenstelle für Klasse 25 hat die "Widersprüche aus der Benutzungsmarke und der geltend gemachten geschäftlichen Bezeichnung" durch Beschluss vom 14. Dezember 2012 als unzulässig verworfen. Der Widersprechende habe versäumt, die Widerspruchsmarke nach Maßgabe der nach § 30 Abs. 1 Satz 2 MarkenV erforderlichen Angaben zu identifizieren. Die Widerspruchserklärung enthalte keine Angaben zum Zeitrang und zum Gegenstand der beiden geltend gemachten Widerspruchskennzeichen; ferner fehlten konkrete Tatsachen zur Wiedergabe der Marke.
Zur Kostenauferlegung habe kein Anlass bestanden. Der Widersprechende habe die prozessuale Sorgfalt nicht verletzt, da er nicht anwaltlich gewesen vertreten sei.
Der Widersprechende hat in der Begründung der hiergegen gerichteten Beschwerde seinen Vortrag zur Urheberschaft an dem Bild "Solitude Revival – Rennstrecke" vertieft.
Er beantragt sinngemäß,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die angegriffene Marke sei durch Mitarbeiter ihres Rechtsvorgängers entwickelt worden.
II.
Da die Beteiligten davon abgesehen haben, eine mündliche Verhandlung zu beantragen, kann über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren entschieden werden, s. § 69 MarkenG. Die Beteiligten hatten ausreichend Gelegenheit, zur Sache vorzutragen.
Die zulässige Beschwerde des Widersprechenden hat keinen Erfolg.
Sie setzt sich inhaltlich nicht mit der Begründung des angegriffenen Beschlusses der Markenstelle vom 14. Dezember 2012 auseinander. Daher ist nicht erkennbar ist, aus welchem Grund er die Entscheidung für unzutreffend erachtet.
Aus Sicht des Senats ist die angegriffene Entscheidung im Ansatz zutreffend. In der Frage, auf welcher Grundlage vorliegend Widerspruch erhoben wurde und entsprechend in Zusammenhang der Tenorierung der Entscheidung greift sie zu kurz. Sämtliche erhobenen Widersprüche sind allerdings unzulässig.
Nach dem Gesamtzusammenhang der Widerspruchserklärung, für deren Auslegung insbesondere das ausgefüllte amtliche Formblatt vom 9. Augst 2011 und das Begleitschreiben vom 9. August 2011 mit Anlagen heranzuziehen sind, war dem Widersprechendem daran gelegen, der eingetragenen Marke die beiden in Anlage zum genannten Formblatt dargestellten Bildgestaltungen "Solitude Revival – Rennkurs" (Abb. 1) und "Solitude Revival" (Abb. 2) entgegenzuhalten. Allerdings weisen die für die Bestimmung des Gegenstands eines Widerspruchs entscheidenden Angaben über die nach § 42 Abs. 2 MarkenG geltend gemachten Kennzeichenarten bzw. Löschungsgründe (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 42 Rn. 32) wie weitere nach § 30 Abs. 1 Satz 2 MarkenV notwendige Angaben beträchtliche Unklarheiten auf, die zur Unzulässigkeit der Widersprüche führen.
1. a) Bezogen auf die Abbildung 1 ist zunächst angesichts des übereinstimmenden Erklärungsgehalts des Formblatts und des Begleitschreibens eine Benutzungsmarke ("Bildmarke … für diese Veranstaltung konzipiert") geltend gemacht.
Ferner ist nach dem Inhalt des Formblatts einzubeziehen, dass der Widersprechende als geltend gemachte Kennzeichenarten "Unternehmenskennzeichen" und "Werktitel" angegeben hat, was ohne nähere Zuordnung als auf beide von der Widersprechenden eingeführten Abbildungen bezogen zu verstehen ist.
Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 MarkenV (§ 65 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 MarkenG i.V.m. § 1 Abs. 2 DPMAV) muss ein gemäß § 42 Abs. 1 MarkenG fristgebundener Widerspruch, der auf ein weder angemeldetes noch eingetragenes Widerspruchskennzeichen gestützt wird (§ 42 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG), die Art, die Wiedergabe, die Form, den Zeitrang, den Gegenstand sowie den Inhaber des geltend gemachten Kennzeichenrechts angeben. Unterbleibt einer dieser widerspruchskonstitutiven Angaben innerhalb der dreimonatigen Widerspruchsfrist, ist der Widerspruch unzulässig (vgl. BPatG, Beschl. v. 26. April 2013 – 27 W (pat) 105/12; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 42 Rn. 42).
Abgesehen von der Frage, ob hier – gestützt auf eine Benutzungsmarke, Unternehmenskennzeichen und Werktitel – nur ein oder ggf. mehrere Widersprüche eingelegt sind, fehlt insoweit jedenfalls die notwendige Angabe des Zeitrangs. Das Formblatt enthält hierzu keinen Eintrag. Der in anderem Zusammenhang enthaltene Hinweis des Widersprechenden auf die Konzeption der Darstellung für eine Veranstaltung im Jahr 2011 ist abgesehen von der Ungenauigkeit der Angabe (vgl. § 6 Abs. 3 MarkenG) nicht ausreichend, weil der – zudem gegenüber der Anmeldung der angegriffenen Marke vom 16. Dezember 2010 spätere – Zeitpunkt der Veranstaltung nicht ohne Weiteres mit dem Zeitrang des Zeichenrechts gleichzusetzen ist.
Im Übrigen fehlen im Hinblick auf die Begründetheit der Widersprüche verwertbare tatsächliche Aussagen zur Entstehung der geltend gemachten Rechte und zum Vorliegen eines bundesweiten Unterlassungsanspruchs nach § 12 MarkenG.
b) Des Weiteren ist die Erklärung des Widersprechenden Abb. 1 betreffend, im Hinblick auf die vorrangig und ausdrücklich hierauf bezogenen Ausführungen im Begleitschreiben vom 9. August 2011 – unter Erweiterung der Aussagen im Formblatt – auch als Widerspruch aus dem Urheberrecht an dieser Darstellung zu verstehen. Zwar ist im Rahmen der Auslegung einer Widerspruchserklärung zugunsten des Erklärenden anzunehmen, dass im Zweifel ein Rechtsbehelf ergriffen werden soll, der nach Sachlage Aussicht auf Erfolg verspricht. Derartige Überlegungen können aber den Inhalt einer inhaltlich eindeutigen Äußerung, von der hier auszugehen ist, nicht berühren. Urheberrechte können jedoch nicht im Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden, abgesehen davon, dass insgesamt nur zwei Widerspruchsgebühren entrichtet worden sind (vgl. § 42 Abs. 2 MarkenG; § 13 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Auf die weiteren Ausführungen des Widersprechenden zur Urheberschaft an dem Bild kam es daher nicht.
Der Entscheidungstenor des Beschlusses der Markenstelle bezieht diese nicht ein und bedurfte daher der Abänderung.
c) Ein Widerspruch unter dem Gesichtspunkt einer Agentenmarke nach § 11 MarkenG i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist zu verneinen. Da der Widersprechende diesen Widerspruchsgrund im Formblatt nicht aufgegriffen und den entsprechenden Sachvortrag im Begleitschreiben unter dem Gesichtspunkt eines Urheberrechts erörtert hat, besteht für diese Auslegung kein Raum, zumal auch Anzeichen für das Vorliegen eines älteren Markenrechts fehlen (s. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 11 Rn. 12 f.).
2. a) Bezogen auf die Abbildung 2 hat der Widersprechende die eindeutige Einordnung der geltend gemachten Kennzeichenart unterlassen, vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 MarkenV. Der Widersprechende hat im ausgefüllten Formblatt die Kennzeichenarten "Benutzungsmarke", "Unternehmenskennzeichen" und "Werktitel" benannt, wobei kein Anhaltspunkt besteht, dass diese Angaben sich lediglich auf die andere Abbildung beziehen könnten, für die sich ein Unternehmenskennzeichen wegen des laut Begleitschreiben veranstaltungsbezogenen Charakters dieses Bildes gar nicht ohne Weiteres eignet. Nachdem diese Angaben in Feld (2) des Formblatts auch nicht in anderer Weise abbedungen sind oder sonst die Geltendmachung lediglich einer konkreten Kennzeichnungsart zum Ausdruck kommt, ist nach dem objektiven Aussagegehalt der Widerspruchserklärung unklar, welches der angegebenen wesensverschiedenen Kennzeichenrechte der Widersprechende geltend gemacht hat.
Die nach Sachlage auch in Betracht zu ziehende Auslegung, dass insoweit nicht nur ein Widerspruch, sondern für jede der drei genannten Kennzeichenarten selbständig Widerspruch erhoben werden sollte, tritt hier zurück. Die Entrichtung von lediglich zwei Widerspruchsgebühren spricht nach den erkennbaren Intentionen des Widersprechenden für die Geltendmachung eines Widerspruchs je eingereichter Abbildung. Der Widersprechende ist dieser bereits von der Markenstelle vertretenen Auffassung nicht entgegengetreten, etwa durch noch nach Ablauf der Widerspruchsfrist mögliche Zuweisung der Widerspruchsgebühr zu einem von mehreren eingelegten Widersprüchen (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 42 Rn. 32). Da die Widerspruchserklärung im Übrigen gravierende Unklarheiten aufweist und differenzierte Angaben zu einzelnen Kennzeichenrechten gänzlich fehlen, wirkt die Benennung verschiedener Kennzeichnungsrechte im Übrigen vorrangig als Ausdruck des Versuchs, insofern eine Festlegung zu vermeiden. § 30 Abs. 1 Satz 2 MarkenV fordert in diesem Punkt demgegenüber eine klare Aussage, damit der Markeninhaberin mit Ablauf der Widerspruchsfrist übersehen kann, welchen konkreten Angriffen seine Marke ausgesetzt ist.
Weitere nach § 30 Abs. 1 Satz 2 MarkenV zwingende Angaben zum Zeitrang wie zum Gegenstand, für den das geltend gemachte Kennzeichen benutzt worden ist, lassen sich allenfalls dem als Anlage zur Widerspruchserklärung übermittelten Beiblatt mit dem Titel "Veranstaltungsdokumente" insofern entnehmen, als eines der darauf abgebildeten Programmhefte sowohl das Veranstaltungsdatum (11. – 13. August 2006) und den Inhalt einer Veranstaltung angibt ("Rallye + Bergsprint"). Allerdings genügen diese Hinweise dem Identifizierungserfordernis nach § 30 Abs. 1 Satz 2 MarkenV schon deshalb nicht, weil die insoweit erforderlichen Angaben nicht durch den Widersprechenden selbst verbindlich mitgeteilt wurden. Er ist der erforderlichen Erklärung ausgewichen, indem er eine Abbildung von Verwendungsbeispielen vorgelegt hat, aus denen der Empfänger eigene Schlussfolgerungen zu den nach § 30 Abs. 1 MarkenV erforderlichen Informationen ziehen musste, insbesondere durch tatsächliche und rechtliche Bewertung der abgebildeten Gegenstände.
Die im Begleitschreiben weiter enthaltene Erwähnung von "Durchführung von Veranstaltungen" ist selbst bei Berücksichtigung eines angedeuteten, aber nicht näher bestimmten Bezugs zu Automobilen nicht ausreichend bestimmt. Der Briefkopf des Begleitschreibens, auf den das Formblatt Bezug nimmt, enthält insoweit auch keine aussagekräftigen Informationen.
In Zusammenhang der Abbildung 2 fehlen bezogen auf die geltend gemachten Kennzeichenrechte ferner weitere Aussagen, die die Begründetheit des Widerspruchs tragen könnten, namentlich zu den Entstehungsvoraussetzungen der Rechte und im Hinblick auf das Erfordernis eines bundesweiten Verbietungsanspruchs § 12 MarkenG.
b) Darüber hinaus ist dem Begleitschreiben des Widersprechenden zu entnehmen, dass auch bezogen auf die Abbildung 2 objektiv weitere Widersprüche gestützt auf das Urheberrecht an dieser Abbildung und auf das behauptete Namensrecht an diesem Schriftzug erhoben worden sind. Diese Widersprüche sind allerdings unzulässig, da beide Rechte – abgesehen von der Entrichtung unzureichender Widerspruchsgebühren – nicht im Rahmen des Widerspruchsverfahrens durchgesetzt werden können (vgl. § 42 Abs. 2 MarkenG; andererseits § 13 Abs. 2 Nr. 1 u. 3 MarkenG).
c) Für die Auslegung der Erklärung als Geltendmachung einer Agentenmarke (§ 42 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG i.V.m. 11 MarkenG) fehlen mangels ausreichend klarer Äußerung eines derartigen Willens Anhaltspunkte (s.o. 1.c)). Ein derartiger Widerspruch, für den eine Gebührenzahlung fehlt, wäre auch mangels Angabe von Zeitrang und Gegenstand des nach § 11 MarkenG entgegen gehaltenen Markenrechts unzulässig (s. 2. a)).
Der Tenor war insofern zu korrigieren.
Die Beschwerde blieb daher ohne Erfolg.
Es entspricht vorliegend der Billigkeit (§ 71 Abs. 1 MarkenG), dem Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Ein Abweichen vom Grundsatz der Tragung der eigenen Kosten ist vor dem Hintergrund des unbestimmten Rechtsbegriffes der Billigkeit geboten, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten die Kosten ganz oder teilweise verursacht hat, das mit der bei der Wahrnehmung von Rechten zu fordernden Sorgfalt nicht in Einklang steht. Dies ist hier der Fall, weil der Beschwerdeführer für den Markeninhaber mit nicht unerheblichen Belastungen verbundene Widerspruchsverfahren angestrengt hat, ohne für eine im Ansatz aussichtsreiche Erhebung eines Widerspruchs Sorge getragen zu haben.