Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 19.11.2013


BPatG 19.11.2013 - 27 W (pat) 11/12

Markenbeschwerdeverfahren – „Bildmarke (Hosentasche mit Schleife)/Bildmarke (Schleife)“ – teilweise Dienstleistungsidentität, teilweise Dienstleistungsähnlichkeit – keine klangliche, bildliche und begriffliche Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
19.11.2013
Aktenzeichen:
27 W (pat) 11/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die eingetragene Wortmarke Nr. 306 30 076

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richter k.A. Schmid aufgrund mündlicher Verhandlung am 19. November 2013

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die eingetragene Bildmarke Nr. 306 30 076

Abbildung

2

ist aus der prioritätsälteren Bildmarke Nr. 303 03 672

Abbildung

3

Widerspruch erhoben worden.

4

Das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke lautet:

5

Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.

6

Die Widerspruchsmarke genießt nach der Registerlage Schutz für:

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Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Seifen; Parfümeriewaren, Duftwässer aller Art, insbesondere Parfum, Eau de Parfum, Eau de Toilette, Deodorants; ätherische Öle; Haarwässer, Haarwaschmittel und Haarpflegemittel, Kosmetika; Hautcremes (soweit in Klasse 3 enthalten); Lotionen für kosmetische Zwecke, Rasiermittel und Rasierpflegemittel; Zahnputzmittel; kosmetische Badezusätze; Lippenstifte; Wattestäbchen für kosmetische Zwecke; Nagellack; Schuhcreme, Make-up; wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; elektrische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte; Brillen und deren Teile, insbesondere Sonnenbrillen, Sportbrillen, Schutzbrillen; Brillengestelle; Brillengläser, Brillenetuis; Ferngläser; Motorrad- und Fahrradschutzhelme; Alarmanlagen; Fahrradtachometer; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten), insbesondere Toilettenpapier, Küchentücher, Taschentücher, Servietten, Kosmetik- und Pflegetücher; Druckereierzeugnisse; Druckwaren, Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften; Kalender, Landkarten; Buchbinderartikel; Photographien; Glückwunschkarten; Schreibwaren; Schreib- und Malstifte, Schreib- und Zeichengeräte, Schulbedarf (soweit in Klasse 16 enthalten); Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff (soweit in Klasse 16 enthalten), insbesondere Tragetaschen, Tragebeutel, Tüten; Schaufensterschilder und Schaufensterbänder aus Kunststoff-Folie oder Papier; Drucklettern; Druckstöcke; Babywindeln aus Papier, Zellulose oder Zellstoff; Malstaffeleien; Farbdrucke; Briefmarken; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 18 enthalten); Häute und Felle; Reise-, Akten- und Handkoffer; Taschen, Handtaschen, Schulranzen, Rucksäcke; Reisenecessaires (Lederwaren); Kleinlederwaren; Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen; Gürtel- und Hüfttaschen; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Webstoff und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Herren- und Damenoberbekleidung, Kinderbekleidung, Babybekleidung; Unterwäsche; Dessous; Miederwaren; Strumpfwaren; Gürtel, Hosenträger, Halstücher, Handschuhe, Krawatten, Stirnbänder; Herren- und Damenbademoden; Wander-, Trekking-, Outdoor- und Kletterbekleidung; Herren- und Damen-/Stadt- und Freizeitschuhe, Kinderschuhe; Wander-, Trekking-, Outdoor- und Kletterschuhwaren; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für den Fußball-, Basket-, Handball- und Volleyball-Sport; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für das Jogging, das Fitnesstraining sowie für die Gymnastik; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für den Tennis-, Squash- sowie Badmintonsport; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für das Inlineskaten, Skateboardfahren, Rollschuhlaufen sowie für den Hockeysport (soweit in Klasse 25 enthalten), Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für den Footballsport und den Baseballsport (soweit in Klasse 25 enthalten); Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für den Radsport (soweit in Klasse 25 enthalten); Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für den Reitsport (soweit in Klasse 25 enthalten); Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für den Golfsport; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für den Wassersport (soweit in Klasse 25 enthalten), insbesondere für das Surfen, Segeln, Rudern, Kanufahren und Tauchen; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für den Ski-alpin-, den Ski-Langlauf-Sport und das Snowboardfahren; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für das Schlittschuhlaufen und den Eishockeysport (soweit in Klasse 25 enthalten); Babywindeln aus textilem Material; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten); Sportartikel für den Trekking-, Kletter-, Fußball-, Basketball-, Handball-, Volleyball-, Tennis-, Squash-, Badminton-, Hockey-, Football-, Baseball-, Rad-, Reit-, Golf-, Surf-, Segel-, Ruder-, Kanu-, Tauch-, Ski-alpin- und Ski-Langlauf-Sport sowie für das Snowboardfahren, das Schlittschuhlaufen und den Eishockeysport, für das Fitnesstraining, das Inlineskaten, Rollschuhlaufen und das Skateboardfahren; Christbaumschmuck; Kopfbedeckungen für das Boxen; Spielkarten.

8

Die Markenstelle für Klasse 25 des DPMA hat diesen Widerspruch durch Beschlüsse vom 5. Dezember 2008 und – im Erinnerungsverfahren – vom 21. November 2011 zurückgewiesen.

9

Nach Auffassung der Markenstelle wahrt die angegriffene Marke die gehobenen Anforderungen an den Zeichenabstand, die sich bei Warenidentität und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ergeben. Insbesondere könne weder in klanglicher noch in bildlicher Hinsicht angenommen werden, dass die Bestandteile der angegriffenen Marke, die eine Bekleidungstasche mit abgesteppten Nähten zeigen, im Gesamteindruck gegenüber dem mittig angeordneten Element, das ggf. als Buchstabe "e" oder als Schleifenform erkannt werde, zu vernachlässigen sind.

10

Die Beschwerdeführerin nimmt demgegenüber an, die zentral angeordnete Bild-komponente der angegriffenen Marke präge den Gesamteindruck der angegriffenen Marke, die im Übrigen lediglich eine insbesondere für Hosen übliche Taschenaußennaht erkennen lasse. Das im Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägende Element werde entweder als "e" oder als "c" aufgefasst und halte damit – wie auch auf Gemeinschaftsebene entschieden worden ist – den nach Sachlage gebotenen Zeichenabstand zur Widerspruchsmarke, die auch als "e" oder "c" wahrgenommen werde, nicht ein.

11

Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 12. September 2012 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten hat, hat die Widersprechende verschiedene Unterlagen zur Glaubhaftmachung, insbesondere die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers vom 30. November 2012, vorgelegt.

12

Die Widersprechende hat in der mündlichen Verhandlung am 19. November 2013 beantragt,

13

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

14

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat beantragt,

15

die Beschwerde zurückzuweisen.

16

Die Inhaberin der angegriffenen Marke sieht in der Umrandungsnaht in Form einer Tasche der angegriffenen Marke wie auch in der horizontal verlaufenden Wellenlinie über Kennzeichnungskraft verfügende Bestandteile, die im Rahmen des Wahrnehmung der Marke nach dem Gesamteindruck nicht vernachlässigt werden. Im Übrigen bilde eine klangliche Ähnlichkeit zwischen Einzelbuchstaben ohnehin keine tragfähige Grundlage für Verwechslungsgefahr. Die bildlichen Gestaltungsunterschiede, denen insoweit größeres Gewicht beigemessen werde, seien hinreichend ausgeprägt.

II.

17

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht das Vorliegen von Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verneint.

18

Der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach § 9 I Nr. 2 MarkenG sind relevanten Umstände des Einzelfalls zugrunde zu legen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) – Sabèl/Puma; BGH GRUR 2006, 859, 860 – Malteserkreuz).

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1. Die Markeninhaberin hat zulässig die Nichtbenutzungseinrede nach § 43 I 2 MarkenG erhoben.

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Bestreitet der Markeninhaber die Benutzung, ohne zwischen den Tatbeständen nach § 43 I 1 und 2 MarkenG zu differenzieren, ist jede der beiden Einreden geltend gemacht (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 43 Rn. 22). Hier sind ausschließlich die Voraussetzungen der Einrede nach § 43 I 2 MarkenG erfüllt. Die Widerspruchsmarke ist nämlich, ohne anschließend einem Widerspruch ausgesetzt zu sein, am 25. Februar 2003 eingetragen worden. Die angegriffene Marke wurde anschließend innerhalb der sog. "Benutzungsschonfrist" am 8. September 2006 veröffentlicht.

21

Die Widersprechende konnte die Benutzung der Widerspruchsmarke im danach erheblichen Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung für die Waren Strickjacken, Mäntel, Pullover, Kleider, Pullunder, Blusen, Westen, Parkas, Blazer, Hemden, Schals, Mützen und Schuhe glaubhaft machen. Auch die Markeninhaberin hat die Markenbenutzung insoweit zuletzt nicht beanstandet.

22

2. Ausgehend von diesen Waren besteht im Verhältnis zu den Waren Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, Warenidentität. Ansonsten ist nur geringe oder keine Ähnlichkeit der Waren festzustellen.

23

3. Die originäre Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich ausgeprägt. Dem grafisch stilisierten Widerspruchszeichen ist nicht warenbezogener Symbolgehalt, insbesondere keine Aussage zur Konfektionsgröße zuzuordnen (vgl. BGH GRUR 2012, 930 (27) – Bogner B/Barbie B).

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Für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Drittzeichen fehlen Anhaltspunkte. Zur Benutzung von Zeichen, die der Widerspruchsmarke ähnlich sind, fehlt konkreter Vortrag durch die Antragsgegnerin und sind auch dem Senat keine belastbaren Tatsachen bekannt. Auch lässt die Registerlage als solche nicht erkennen, dass das Publikum dem Widerspruchszeichen aufgrund des tatsächlichen Zeichenumfeldes nur geringe Originalität zuschrieben wird. Der pauschale Verweis der Markeninhaberin auf ein angebliches Rechercheergebnis von 493 (in der Datenbank des DPMA) bzw. 366 (HABM) Treffern genügt hierfür nicht.

25

Erhöhte Kennzeichnungskraft aufgrund umfangreicher Benutzung hat auch die Widersprechende zuletzt nicht mehr beansprucht. Die Angaben zur Benutzung bieten hierfür auch keine Grundlage.

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4. Unter diesen Bedingungen hat die angegriffene Marke zur Vermeidung von Verwechslungen einen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke einzuhalten, soweit identische Waren der Klassen 25 betroffen sind. Dieser Anforderung genügt die angegriffene Marke insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der bildlichen Wirkung noch. Eine verwechslungsbegründende Zeichenähnlichkeit ist erst recht nicht bezogen auf Waren mit geringerem Ähnlichkeitsgrad gegeben.

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aa) Dabei kann hinsichtlich klanglicher und begrifflicher Ähnlichkeit dahinstehen, ob die Widerspruchsmarke nur im Hinblick auf ihre grafische Gestaltung eingetragen worden ist (so BGH GRUR 2012, 930 (29) – Bogner B/Barbie B).

28

Klangliche Ähnlichkeit von Bildmarken käme jedenfalls nur in Betracht, wenn mit einer verwechslungsfähigen Benennung der Zeichen zu rechnen wäre. Eine konsensfähige Artikulation der Zeichen ist deswegen von vornherein ausgeschlossen, soweit das Publikum die Zeichen nicht als Einzelbuchstaben versteht. Andere plausible Benennungen scheiden aus, da die Zeichen nicht ausschließlich auf bekannte Formen zurückgeführt werden können und sich insofern auch begrifflicher Kategorisierung entziehen.

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Selbst wenn die Zeichen bzw. der mittige Zeichenbestandteil der angegriffenen Marke als stilisierte Einzelbuchstaben wahrgenommen werden, kann nicht von einer mündlichen Artikulation nach ihrem Lautwert ausgegangen werden. Insofern kann im Bereich der Modebranche als anerkannt gelten, dass stilisierte Einzelbuchstaben nur nach dem vollen Kennzeichen wiedergegeben werden (vgl. BGH, a.a.O. (47) – Bogner B/Barbie B; ähnlich Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 233). Ausgehend von einer Benennung der Marken unter Rückgriff auch oder allein auf die durch die Buchstaben repräsentierten Bezeichnungen Esprit und Campus oder ggf. Marc O‘Polo besteht in klanglicher Hinsicht keine relevante Zeichenähnlichkeit.

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Auch begriffliche Ähnlichkeit der Zeichen ist nicht gegeben. Stilisierte Einzelbuchstaben verfügen grundsätzlich nicht über Bedeutungsgehalt (BGH a.a.O. (46) – Bogner B/Barbie B). Soweit die Buchstaben hier als Verweisung auf dadurch abgekürzte Begriffe oder Namen zu verstehen sind, weichen die zugrunde liegenden Bedeutungen (esprit/campus) erkennbar ab.

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bb) Der zwischen den Vergleichsmarken gegebene bildliche Ähnlichkeitsgrad begründet nicht Verwechslungsgefahr.

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1) Die Bildwirkung von Marken lässt im Unterschied zum gesprochenen Wort, das unklar wahrgenommen werden kann und schnell verklingt, in der Regel eine genauere und sogar wiederholte Zeichenaufnahme zu (vgl. BPatG GRUR 2004, 950, 954 GRUR 2004, 950, 954 – ACELAT/Acesal).

33

2) GRUR 2004, 950, 954 – ACELAT/Acesal).

34

3) Je kürzer oder übersichtlicher ein Zeichen ist, desto differenzierter vermag das Publikum einzelne bildliche Gestaltungsmerkmale wahrzunehmen und in Erinnerung zu behalten (vgl. BGH GRUR 2002, 1067, 1070 – DKV/OKV; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 178). Da Verbraucher im Bereich der Modebranche ferner an Einzelbuchstaben als Kennzeichnungsmittel gewöhnt sind, ggf. weil sie diskret, aber sichtbar an Kleidung angebracht werden können, wird das Publikum den Unterschieden in der graphischen Gestaltung qualifizierte Aufmerksamkeit zuwenden (BGH, a.a.O. (54) – Bogner ).

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4) Irrtümlichen Verwechslungen wirkt ferner das ganz überwiegend zu erwartende Verständnis der Widerspruchsmarke und des in der Bildmitte der angegriffenen Marke angeordneten Elements als unterschiedliche Buchstaben, nämlich als "e" und als "C", entgegen. Die darin liegende gedankliche Stütze befähigt Verbraucher, die Zeichengestaltung genauer zu erfassen, zu erinnern und zu unterscheiden. Verbraucher pflegen Zeichen intuitiv zu erfassen, ohne sie analysierender Betrachtung zu unterwerfen. Deswegen wird das Publikum regelmäßig nicht das zunächst bei spontaner Aufnahme gewonnene Ergebnis in Frage stellen und möglichen weiteren Bedeutungen nachgehen.

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Die Widerspruchsmarke wirkt als stilisierte Ausführung des Buchstabens "C". Sie verfügt über die charakteristische, hier unterhalb und an der horizontalen Mitte verstärkte Bogenstruktur, an dessen unteres Ende ein zur Mitte gerichteter, geschwungener Auslauf anschließt. Die Ausführung des oberen Auslaufs in Gestalt einer Schleife steht dem nicht entgegen. Dieses Element des Buchstabens "C" kann unterschiedlich ausgebildet sein und muss insbesondere nicht symmetrisch dem unteren Auslauf entsprechen. Insofern ist das Publikum durchaus auch mit Gegenbewegungen, sogar in Form einer Schleife vertraut, vgl. z.B. die Schriftarten C   Curlz MT     C  Forte     (s. auch EDWARDIAN SCRIPT oder Eckman Cn).

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Die Abgrenzung gegenüber einem kleinen "e" beruht auf der Ausgestaltung der Schleife, deren Rücklauf im Widerspruchszeichen sehr hoch angesetzt ist und somit lediglich eine ungewöhnlich kleine Schlinge ausbildet. Dadurch wirkt die Schleife hier vorrangig als grafisches Mittel und nicht als notwendige Gestaltung. Diese Wertung entspricht ausweislich der Benutzungsunterlagen auch dem beabsichtigten Verständnis als Kürzel von Campus.

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Das Buchstabenelement der angegriffenen Marke wird demgegenüber als "e" wahrgenommen. Die Schleife kreuzt den Bogen etwa in dessen Mitte und bildet eine hinreichend große und harmonisch geformte Schlinge. Die Rezeption als "c" kommt nur in Betracht, sofern der Buchstabe anhand der verdickten Linienführung bestimmt wird. Diese Auslegung beruht jedoch auf einer analytischen Überprüfung des ersten Eindrucks, die Verbraucher in der Regel nicht vornehmen.

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5) Auch wenn dem Publikum die Vergleichsmarken in der Regel nicht zeitgleich nebeneinander vorliegen, werden ihm die bestehenden deutlichen Unterschiede in den Bildbestandteilen der Vergleichsmarken nicht verborgen bleiben.

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Dabei kann zugunsten der Widersprechenden unterstellt werden, dass die äußeren Doppelnähte der angegriffenen Marke im maßgebenden Gesamteindruck (als bloße Taschennähte) an Hosen, Hemden und Jacken und damit bezogen auf die eingetragene Ware "Bekleidungsstücke" zurücktreten.

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Der wichtigste bildliche Unterschied der Marken liegt in der Gestaltung der Schleifen, die Grundlage für ein abweichendes Buchstabenverständnis ist. Das Vorhandensein von Schleifen in beiden Zeichen führt zwar tatsächlich zu verschiedenen Parallelen zwischen den Buchstaben. Diese stehen aber auch sonst der Unterscheidung dieser Buchstaben nicht entgegenstehen.

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Weitere gewichtige Unterschiede bestehen in der räumlichen Wirkung der Zeichen. Der Buchstabe "e" der angegriffenen Marke verfügt durch weite seitliche Ausläufe über eine charakteristische horizontale Ausdehnung. Diese wird auch durch die als Teil der Buchstabengestaltung wahrgenommene feine Wellenlinie, die ein der oben beschriebenen Schlinge ("e") entsprechendes Auge entstehen lässt, verstärkt. Das Zusammenwirken der horizontalen Wellenlinien verleiht der angegriffenen Marke  überdies eine im Ansatz plastische Wirkung. Demgegenüber ist der Widerspruchsmarke eher eine vertikale Ausrichtung zu eigen. Durch den unteren Auslauf der Widerspruchsmarke, der die (gedachte) Mittellinie erreicht und dem oberen Auslauf zustrebt, kommt ihr ovale Bildwirkung zu.

43

Mangels ausreichender Zeichenähnlichkeit besteht daher keine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Erst recht ist assoziative Verwechslungsgefahr mangels hinreichender Annäherung der Zeichen bzw. im Fall der angegriffenen Marke des mittig angeordneten Elements zu verneinen.

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Die Beurteilung des Streitfalls auf Gemeinschaftsebene, die insbesondere in der tatsächlichen Bewertung der Bildwirkung der Zeichen und in der rechtlichen Bewertung der klanglichen Ähnlichkeit abweicht, hat der Senat berücksichtigt. Sie entbindet aber nicht von der eigenen Bewertung der Sach- und Rechtslage.