Entscheidungsdatum: 01.10.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 307 18 741
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht und der Richterinnen Kopacek und Hartlieb
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. November 2011 wird aufgehoben.
I.
Die am 19. März 2007 angemeldete Wortmarke
Thule
ist am 10. Juli 2007 unter der Nummer 307 18 741 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden und nach Teillöschung noch eingetragen für:
„Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“.
Die Veröffentlichung erfolgte am 10. August 2007.
Gegen die Eintragung ist am 8. November 2007 Widerspruch erhoben worden aus der international registrierten Marke 800 296
THULE
die seit dem 8. Mai 2003 eingetragen ist für
„Leather and imitations of leather, and goods made of these materials and not included in other classes; animal skins, hides; trunks and travelling bags; umbrellas, parasols and walking sticks; whips, harness and saddlery; Ropes, string, nets, tents, awnings, tarpaulins, sails, sacks and bags (not included in other classes); padding and stuffing materials (except of rubber or plastics); raw fibrous textile materials; Games and playthings; gymnastic and sporting articles not included in other classes; decorations for Christmas trees“.
Die Widersprechende hat unter Vorlage von Unterlagen erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke geltend gemacht.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Erstbeschluss vom 25. Februar 2009 die angegriffene Marke wegen Verwechslungsgefahr teilweise gelöscht für die Waren „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ und im Übrigen den Widerspruch zurückgewiesen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat gegen die Löschung Erinnerung eingelegt und die Einrede der Nichtbenutzung erhoben.
Auf die Erinnerung wurde der Erstbeschluss der Markenstelle mit Beschluss vom 17. November 2011, soweit er eine Löschung ausgesprochen hat, aufgehoben und der Widerspruch aus der Marke IR 800 296 mangels glaubhaft gemachter Benutzung der Widerspruchsmarke für die eingetragenen Waren nach §§ 43 Abs. 1, Satz 3, Abs. 2, Satz 2 MarkenG insgesamt zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Inhaberin der angegriffenen Marke habe mit Schriftsatz vom 17. September 2009 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Auf die zulässige Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG habe die Widersprechende nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Widerspruchsmarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch gemäß § 26 MarkenG benutzt worden sei. Für den maßgeblichen Benutzungszeitraum - November 2006 bis November 2011 - seien die hierzu im Erinnerungsverfahren eingereichten Unterlagen nicht ausreichend, um eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die eingetragenen Waren, insbesondere hinsichtlich Art und Umfang, glaubhaft zu machen.
Zur Frage der Ähnlichkeit der zu vergleichenden Waren hat die Erinnerungsprüferin ausgeführt, dass allenfalls eine entfernte Ähnlichkeit zwischen den Waren der Klasse 25 und Waren der Klasse 18 anzuerkennen wäre, wenn die Widerspruchsmarke für Bekleidung benutzt würde und die angegriffene Marke Modetaschen als diese ergänzende Accessoires beanspruchen würde.
Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, für den Zeitraum 2007 – 2008 habe sie Produktkataloge für Taschen vorgelegt, die unter die Klassen 18 und 28 fielen. Aus der im Amtsverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 7. Dezember 2009 ergebe sich, dass mit den Waren Taschen und Taschen für Sportequipment unter der Marke Thule ein Jahresumsatz von … Euro (2007) und … Euro (2008) erzielt wor den sei.
Für den Zeitraum 2009 bis 2011 ergebe sich aus den mit Schriftsatz vom 18. April 2012 vorgelegten neuen Glaubhaftmachungsunterlagen, dass die Widersprechende Waren vertreibe, die unter die Begriffe „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus; Reise- und Handkoffer, Säcke und Taschen“ fielen. Dabei bestehe hochgradige Ähnlichkeit zu den Waren der angegriffenen Marke. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Widersprechende trete auch als Sponsor auf, so dass die hohe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auf die von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen, insbesondere auf die Dienstleistung Werbung, ausstrahle. Bei identischen Vergleichsmarken und einem erhöhten Schutzumfang der Widerspruchsmarke reiche bereits eine entfernte Warenähnlichkeit aus, um die Verwechslungsgefahr zu begründen.
Ergänzend legt die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung vom 20. April 2012 vor über in Deutschland erzielte Umsätze in den Jahren 2009 bis 2012 für verschiedene Taschen der Marke Thule.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. November 2011 aufzuheben, dem Widerspruch stattzugeben, sowie die angegriffene Marke zu löschen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hält die Einrede der Nichtbenutzung weiter aufrecht und führt aus, die in den Glaubhaftmachungsunterlagen aufgeführten Waren fielen nicht sämtlich in die Klasse 18, sondern seien anderen Klassen zuzuordnen. Nach Abzug dieser Waren ergäben sich aus den beigefügten Rechnungen lediglich geringe Verkaufszahlen für die verbleibenden Taschen. Zudem bezögen sich die Nutzungsbelege sämtlich auf die unter EM 8667735 eingetragene Wortbildmarke Thule. Die aufgeführten Waren der Klasse 18 seien Accessoires zu Dachgepäckträgern und Anhängern, nicht aber zu Waren der Klasse 25. Die Widerspruchsmarke werde auch nicht für Bekleidung benutzt. Die Vergleichswaren seien daher hinsichtlich Verwendungszweck, Nutzung und Eigenart in hohem Maße unähnlich.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Erinnerungsbeschlusses der Markenstelle und zur Anordnung der teilweisen Löschung der jüngeren Marke gemäß Erstbeschluss der Markenstelle, denn zwischen den Vergleichsmarken besteht in dem im Erstbeschluss der Markenstelle genannten Umfang für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Eine darüber hinaus gehende Gefahr von Verwechslungen hinsichtlich der von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen besteht nicht.
1.
Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, ist die Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG unzulässig, weil die Widerspruchsmarke im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 10. August 2007 noch nicht 5 Jahre im Register eingetragen war (vgl. §§ 124, 116, 115 Abs. 2 MarkenG i.V.m. Art 5 Abs. 2 MMA).
Die Einrede nach § 43 Abs. 1 S. 2 ist dagegen zulässig, so dass die Benutzung der Widerspruchsmarke für den Zeitraum Juli 2008 bis Juli 2013 glaubhaft zu machen ist.
Die Widersprechende hat auf diese Einrede hin die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für Taschen, Sport- und Reisetaschen für den in der genannten Bestimmung aufgeführten Zeitraum (Oktober 2008 bis Oktober 2013) durch die im Amtsverfahren und im Beschwerdeverfahren – zuletzt mit Schriftsätzen vom 18. April 2012 und vom 4. Mai 2012 - vorgelegten Unterlagen, in denen Umsatzzahlen für die Jahre 2007 bis 2008 von zwischen … Euro und … Euro jährlich für sämtliche Taschen sowie für die Jahre 2009 von rund … Euro, 2010 von rund … Euro sowie für 2011 von rund … Euro für die Taschen „Thule Go Pack Set“ sowie „Thule Crossover Bags“ ausgewiesen und eidesstattlich versichert sind, glaubhaft gemacht. Aus den vorgelegten Produktkatalogen ist ersichtlich, dass es sich bei den genannten Taschen um Reisetaschen zur allgemeinen Verwendung und nicht um Spezialtaschen wie etwa zum Transport von Sportgerät handelt. Ausweislich der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 20. April 2012 in Verbindung mit den Warenkatalogen und den Rechnungskopien ist daher von einer ernsthaften Benutzung auszugehen.
Die vorgelegten Unterlagen in Form von Katalogen zeigen auch die Verwendung der eingetragenen Wortmarke. Der Einwand der Beschwerdegegnerin, die Widerspruchsmarke sei in einer Weise abgewandelt worden, die nicht mehr dem Charakter der eingetragenen Marke entspreche, geht fehl. Nach § 26 Abs. 3 MarkenG gilt als Benutzung einer Marke auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Eine solche Benutzung liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn das angesprochene Publikum unter Berücksichtigung der branchenüblichen Form der Verwendung von Marken die eingetragene und die benutzte Form trotz und gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach als dieselbe Marke ansieht (BGH GRUR 2005, 515 – FERROSIL; GRUR 2009, 766 – Stofffähnchen; GRUR 2010, 270 - ATOZ III).
Im vorliegenden Fall stellt die Verwendung der Wortmarke in graphischer Aufmachung unter Verwendung einer Sachangabe wie „SWEDEN“ in verkleinerter Form in der Graphik eine Benutzung dar, die der eingetragenen Form entspricht. Denn die eingetragene Form findet sich unverändert wieder und die zusätzliche Angabe bezieht sich für den Abnehmerkreis erkennbar beschreibend auf das Herkunftsland der Ware, so dass dies nicht als Hinzufügung betrachtet werden kann, die das Wesen der Marke verändert. Die Graphik an sich ist nur eine Ausstattung der eingetragenen Marke, welche die Kennzeichnungskraft nicht verändert.
Mit den vorgelegten Unterlagen hat die Widersprechende die Nutzung nicht nur für Spezialtaschen als Autozubehör, sondern für die eingetragenen Oberbegriffe „trunks and travelling bags“ in Klasse 18 belegt. Zum einen handelt es sich bei den angebotenen Taschen um Reisegepäck, zum anderen ist es nach der in ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts angewendeten sogenannten erweiterten Minimallösung gerechtfertigt, den Kreis der zu berücksichtigenden Waren über das konkrete Produkt hinaus auch auf solche Waren auszudehnen, die das Publikum gemeinhin als zum gleichen Warenbereich gehörend ansieht (BPatG GRUR 2004, 954 ff. - CYNARETTEN/Circanetten).
Von einer Scheinnutzung, also einer bloß symbolischen Scheinhandlung ohne wirtschaftliche Relevanz, ist angesichts der glaubhaft gemachten Umsatzzahlen und des sich aus den hochwertig gestalteten Katalogen ergebenden Gesamtbildes sowie den Beispielrechnungen nicht auszugehen. Benutzungshandlungen müssen innerhalb der maßgeblichen Benutzungszeiträume nicht über den gesamten Zeitraum der fünf Jahre erfolgen, sondern die Widerspruchsmarke muss in Abgrenzung zur Scheinbenutzung tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent sein (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, 346 (Nr. 74) - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM), so dass die ernsthafte Verwendung der Marke belegt ist.
Die glaubhaft gemachte Benutzung für die Waren „Koffer“ und „Reisetaschen“ ist nach Umfang, Dauer, Art und Verwendungsform ausreichend und somit rechtserhaltend i.S.v. § 26 MarkenG.
2.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke THULE ist für die als benutzt anzusehenden Waren von Haus aus als durchschnittlich einzustufen, Anhaltspunkte für eine beschreibende Bedeutung lassen sich nicht feststellen.
Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft kann ihr insoweit entgegen der Ansicht der Widersprechenden nicht beigemessen werden. Dafür bedürfte es konkreter Angaben zum Marktanteil, zur Intensität, geografischen Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unternehmens inklusive Investitionsumfang, zur Förderung der Marke sowie zu demoskopischen Befragungen zwecks Ermittlung des Anteils der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 904 – SIERRA ANTIGUO).
Die Widersprechende kann sich auch nicht auf eine Ausstrahlungswirkung der für Dachträger bekannten Widerspruchsmarke berufen. Eine mögliche erhöhte Kennzeichnungskraft für die eingetragenen Waren der Widerspruchsmarke kann zwar im Einzelfall noch auf eng verwandte Waren oder Dienstleistungen ausstrahlen (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rdn. 150), hierfür gibt es vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte.
3.
Ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren oder Dienstleistungen und der bei der Auswahl bzw. Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit der beteiligten Verbraucher umfassend zu beurteilen (st. Rspr. vgl. EuGH GRUR 2008, 343, Nr. 48 - BAINBRIDGE; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO). Soweit allgemeine Verkehrskreise zu berücksichtigen sind, ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware oder den Dienstleistungen befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH MarkenR 2000, 140 - ATTACHÉ/TISSERAND; EuGH MarkenR 1999, 236, 239, Nr. 24 - Lloyd/Loint’s) und im Bereich Taschen und Reisegepäck nicht gering ist.
Nach diesen Grundsätzen kann eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen nicht verneint werden.
a)
Es stehen sich die beiden Vergleichsmarken THULE und Thule gegenüber, die klanglich und begrifflich identisch sind.
Im Bereich weitgehend identischer Marken hat die angegriffene Marke hinsichtlich der von ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen deutlichen Abstand einzuhalten, um der Gefahr von Verwechslungen zu begegnen, da bereits ein mittlerer Grad von Ähnlichkeit zur Verwechslungsgefahr führen kann. Dieser Anforderung wird sie nicht gerecht.
Nachdem die Widersprechende ihren Widerspruch nicht beschränkt hat, stehen die von der Widerspruchsmarke als benutzt nachgewiesenen Waren „Koffer“ und „Reisetaschen“ und die von der Inhaberin des angegriffenen Zeichens beanspruchten „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ sowie die Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ der jüngeren Marke zum Vergleich.
b)
Hinsichtlich der von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren ist von einer relevanten Ähnlichkeit auszugehen.
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie - was für diese Beurteilung zu unterstellen ist - mit identischen Marken gekennzeichnet sind, wobei vom größtmöglichen Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 582 ff., Nr. 85 - VITAFRUIT; BGH GRUR 2006, 941 ff., Nr. 13 - TOSCA BLU; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rdn. 57, 58 m.w.N.).
Ausgehend von den benutzten Waren „Koffer“ und „Reisetaschen“ besteht hinsichtlich der angegriffenen Waren „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ zumindest mittlere Warenähnlichkeit. Wie aus dem Ergebnis der Internetrecherche des Senats zu verschiedenen bekannten Modeherstellern ersichtlich, ist es in der Modebranche üblich, sowohl bei Businessbekleidung als auch bei Freizeitkleidung passende Taschen sowie Reisetaschen und so genannte „Weekender“ anzubieten. Auch Schuhhersteller bieten passende Taschen und Reisegepäck an (vgl. auch 27 W (pat) 246/00 – BLUE BROTHERS/BLUES BROTHERS). Unter dem Gesichtspunkt eines gemeinsamen Vertriebs ergeben sich hinreichend enge Berührungspunkte, so dass Verwechslungsgefahr anzunehmen ist (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Aufl., S. 33, 34). Die Beschwerde war insoweit von Erfolg.
4.
Hinsichtlich der angegriffenen Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ besteht zu den Widerspruchswaren keine Ähnlichkeit, wie die Markenstelle bereits im Erstbeschluss zutreffend angenommen hat.
Zwar können besondere Umstände keine Ähnlichkeit auch zwischen Waren und Dienstleistungen nahe legen. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommen kann, Ware und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, dass das Dienstleistungsunternehmen sich selbständig auch mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Ware befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch auf dem entsprechenden Dienstleistungsbereich selbständig gewerblich betätigt. Nur wenn der Verkehr zu der Auffassung gelangt, die miteinander in Berührung kommenden Waren und Dienstleistungen könnten auf einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit desselben oder eines wirtschaftlich verbundenen Unternehmens beruhen, kann er einer unzutreffenden Vorstellung über deren betriebliche Zuordnung unterliegen (vgl. BGH GRUR Canon II; Ströbele/Hacker a.a.O. § 9 Rdn. 112 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Entgegen der Ansicht der Anmelderin kann aus ihrer Werbetätigkeit im Bereich des Sponsoring unter Berücksichtigung der von ihr benutzten Waren keine Ähnlichkeit zu den angegriffenen Dienstleistungen hergeleitet werden.
5.
In der Gesamtabwägung führt dies vorliegend zu dem Ergebnis, dass die angegriffene Marke wegen ihrer nahezu identischen Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke im Bereich der hier maßgeblichen durchschnittlich ähnlichen Waren den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht mehr einhält und insoweit Verwechslungsgefahr besteht.
Die Beschwerde ist nach alledem teilweise von Erfolg.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).