Entscheidungsdatum: 02.06.2010
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke …
hier: Kostenauferlegung und Gegenstandswertfestsetzung
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 2. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann, den Richter Reker sowie den Richter am OLG Lehner
beschlossen:
1. Der Beschwerdeführerin werden die der Markeninhaberin im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten auferlegt.
Der weitergehende Antrag auf Auferlegung der Kosten des gesamten Verfahrens wird zurückgewiesen.
2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
I
Gegen die Eintragung der Marke …
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ist Widerspruch erhoben worden aus der älteren Marke 396 12 596
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Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Dagegen hat sich die Widersprechende mit der Beschwerde gewandt, die sie mit ihrem Schriftsatz vom 17.03.2010 zurückgenommen hat.
Die Markeninhaberin beantragt nunmehr,
1. der Beschwerdeführerin sowohl die Kosten des Verfahrens als auch die Kosten der Beteiligten aufzuerlegen,
2. den Gegenstandswert festzusetzen.
Ihren Kostenantrag begründet sie damit, dass die Widersprechende ohne jegliche Begründung Beschwerde eingelegt und diese nach einer Vielzahl von Fristverlängerungsanträgen aus nicht ersichtlichem Anlass zurückgenommen habe. Dies seien besondere Umstände, die eine Kostenauferlegung rechtfertigten. Unter Berücksichtigung der „Werthaltigkeit“ der streitgegenständlichen Marken hält sie einen Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR für angemessen.
Die Widersprechende/Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, sie habe die Beschwerde zurückgenommen, nachdem sie trotz einer intensiven Recherche keine Benutzungsunterlagen für die letzten fünf Jahre habe ermitteln können. Auf Grund des seit 2006 andauernden Widerspruchsverfahrens liege die letzte Benutzungshandlung nunmehr mehr als fünf Jahre zurück. Besondere Umstände für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen lägen nicht vor. Insbesondere stellten weder die beantragten und gewährten Fristverlängerungen zur Begründung der Beschwerde noch die Nichtbegründung der Rücknahme der Beschwerde solche besonderen Umstände dar. Es liege auch kein missbräuchlicher Widerspruch oder eine missbräuchliche Beschwerde vor, da die Beschwerde zum Erfolg habe führen können, wenn der Nachweis Benutzung der Widerspruchsmarke hätte geführt werden können.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
den Kostenantrag der Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
II
1. Der Antrag der Markeninhaberin, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, ist zulässig und auch begründet.
Für eine Kostenauferlegung bedarf es stets besonderer Umstände, die insbesondere dann gegeben sind, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur; GRUR 1996, 399, 401 – Schutzverkleidung). Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (st. Rspr.; vgl. z. B. BPatG Mitt. 1977, 73, 74).
Das Verhalten eines Widersprechenden gibt u. a. dann Anlass für eine Kostenauferlegung, wenn auf eine zulässige Einrede der Nichtbenutzung hin der Widerspruch ohne ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftmachung weiterverfolgt wird (BPatG GRUR 1996, 981, 982 – ESTAVITAL). Nur wenn nach der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede der Widerspruch unverzüglich zurückgenommen wird, ist eine Kostenauferlegung nicht veranlasst.
Im vorliegenden Fall hat die Markeninhaberin bereits im Verfahren vor der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts die zulässige Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die Widersprechende hat bereits dort im Erinnerungsverfahren keine hinreichenden Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt, so dass die Erinnerung und damit auch der Widerspruch deswegen schon seinerzeit keinen Erfolg haben konnte. Damit hat die Widersprechende ihre Beschwerde in Kenntnis der zulässigen Nichtbenutzungseinrede und der nicht hinreichenden Glaubhaftmachung der Benutzung erhoben, ohne zuvor zu prüfen, ob sie ihre Marke in den maßgeblichen Zeiträumen des § 43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 MarkenG für die eingetragene Ware „Sekt“ rechtserhaltend benutzt hat. Dieses Verhalten stellt einen ein Verstoß gegen die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten dar, der die Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens rechtfertigt.
Die von der Widersprechenden geltend gemachte Dauer des Widerspruchsverfahrens seit dem Jahre 2006 entlastet die Widersprechende nicht, da sie die Benutzung der Widerspruchsmarke für die allein eingetragene Ware „Sekt“ auch nicht für den – sich nicht verändernden - Zeitraum von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke glaubhaft gemacht hat (und offenbar auch nicht glaubhaft machen kann, da sie auch zu Dauer und Umfang der Benutzung der Widerspruchsmarke für diese Ware nichts vorgetragen hat).
Der Verstoß gegen die der Widersprechenden obliegenden Sorgfaltspflicht betrifft indes nur das Beschwerdeverfahren, so dass für eine Auferlegung der Kosten des gesamten Verfahrens kein Grund besteht.
2. Da der Regelgegenstandswert für das Widerspruchs-Beschwerdeverfahren nunmehr 20.000 EUR beträgt (vgl. BPatG BlPMZ 2007, 45 - Gegenstandswert für Widerspruchsbeschwerdeverfahren; PAVIS PROMA 26 W (pat) 74/05, Beschluss vom 14.11.2007), ist auch der Gegenstandswert des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, trotz des niedrigeren Vorschlags der Antragstellerin, unter Berücksichtigung ihres Vortrags zur „Werthaltigkeit“ der Marken auch auf 20.000 EUR festzusetzen.