Entscheidungsdatum: 24.03.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 307 34 140.2
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse 32: Biere, insbesondere Weißbier, alkoholfreies Bier, alkoholvermindertes Bier, Bier-Mischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Getränke und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;
Klasse 33: alkoholische Getränke, soweit in Klasse 33 enthalten;
Klasse 43: Dienstleistungen zur Beherbergung und Verpflegung von Gästen“
bestimmten Wortmarke 307 34 140
OKTOBERFEST HAMBURG
in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Das Prüfzeichen setze sich aus der geläufigen geografischen Herkunftsangabe „ HAMBURG “ und der sachbeschreibenden Bezeichnung „ OKTOBERFEST “ als Hinweis auf ein im Monat Oktober stattfindendes Fest zusammen. Es liege nahe, das „ OKTOBERFEST HAMBURG “ mit dem weltberühmten „Münchner Oktoberfest“, nach dem zahlreiche andere Oktoberfeste in Deutschland und anderen Ländern benannt seien, in Verbindung zu bringen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher die angemeldete Wortfolge als Hinweis auf ein im Herbst in Hamburg veranstaltetes Fest nach Art des Münchner Oktoberfestes verstehen. Da auf solchen Festen regelmäßig alkoholische und alkoholfreie Getränke und zudem Verpflegung jeglicher Art angeboten würden, weise die angemeldete Kennzeichnung im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen einen beschreibenden Begriffsgehalt ohne Herkunftshinweisfunktion auf.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft nach der Rechtsprechung von einem großzügigen Maßstab auszugehen sei. Den für das „ OKTOBERFEST HAMBURG “ angemeldeten Waren und Dienstleistungen könne ein beschreibender Gehalt nicht zugeordnet werden. Niemand werde mit dem Begriff „ OKTOBERFEST HAMBURG “ Produkte wie etwa Fruchtsäfte, Mineralwasser oder eine Dienstleistung wie die Beherbergung von Gästen in Verbindung bringen. Allenfalls in Zusammenhang mit „Bieren“ könne mit Blick auf das weltberühmte Münchner Volksfest ein loser Bezug zum Begriff „ OKTOBERFEST “ hergestellt werden. Eine Reduktion des Anmeldezeichens auf seinen Bestandteil „ OKTOBERFEST “ sei allerdings unzulässig und widerspreche dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr keine analysierende Betrachtungsweise einer zusammengesetzten Kennzeichnung vornehme. „ OKTOBERFEST HAMBURG “ sei als Begriffskombination neuartig und ungewöhnlich, rege zu weiteren Denkschritten an und ordne der Marke eine herkunftshinweisende Funktion zu.
Es bestehe auch kein Freihaltebedürfnis an dem angemeldeten Zeichen. Dies möge für Dienstleistungen der Klasse 41 der Fall sein, nicht jedoch für mit der verfahrensgegenständlichen Marke gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen. Ein lediglich mittelbarer Bezug der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu einem freihaltebedürftigen Begriff wie „ OKTOBERFEST “ rechtfertige nicht die Zurückweisung der Anmeldung, da eine beschreibende Aussage nur angedeutet werde und allenfalls aufgrund gedanklicher Schlussfolgerung für den angesprochenen Verkehr als solche erkennbar sei.
Die Anmelderin beantragt,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Dezember 2008 und vom 7. September 2007 aufzuheben und die Eintragung der Marke im Umfang ihrer Anmeldung anzuordnen.
II
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Das angemeldete Zeichen „ OKTOBERFEST HAMBURG “ ist freihaltebedürftig, da es ausschließlich aus Angaben besteht, die zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Einer Eintragung der angemeldeten Marke steht mithin das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Das verfahrensgegenständliche Kombinationszeichen setzt sich aus der geografischen Herkunftsangabe „ HAMBURG “ und der aus sich heraus verständlichen Bezeichnung „ OKTOBERFEST “ als sachbeschreibendem Hinweis auf eine im Monat Oktober stattfindende Festivität zusammen. Im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen stellt sich das „ OKTOBERFEST HAMBURG “ - losgelöst von einer sich am Münchner Oktoberfest orientierenden Assoziation - aus der Sicht des Verkehrs in ausschließlich beschreibender Weise als ein in Hamburg - zumindest auch - im Monat Oktober stattfindendes oder an dem Münchner Oktoberfest orientierendes Fest dar, auf dem die beanspruchten Getränke einschließlich damit in Zusammenhang stehend die Beherbergung und Verpflegung von Gästen angeboten werden (vgl. hierzu auch PAVIS PROMA 26 W (pat) 158/05 - MUNICH BEER FESTIVAL ). Im so verstandenen wörtlichen Sinne besteht ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der Anmelderin, ihre eigenen Produkte in derselben Weise als „ OKTOBERFEST HAMBURG “ benennen zu können und nicht auf anderweitige Bezeichnungen ausweichen zu müssen.
Ohne Erfolg hält dem die Anmelderin unter Bezugnahme auf die Entscheidung BGH GRUR 1999, 988 - HOUSE OF BLUES entgegen, die Markenstelle habe verkannt, dass ein möglicherweise vorhandenes Bedürfnis, die Marke „ OKTOBERFEST HAMBURG “ für Dienstleistungen der Klasse 41 freizuhalten, keine Grundlage für die Versagung einer Eintragung dieses Zeichens für die im Zusammenhang mit einer solchen Festivität dem Publikum angebotenen verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen bilde. Zwar hat sich die Feststellung, dass die angemeldete Marke zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen könne, auf das angemeldete Waren- und Dienstleistungsverzeichnis zu beziehen (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517 - Linde, Winward u. Rado ; EuGH GRUR 2003, 604, 609 - Libertel ; EuGH GRUR 2004, 674, 675 - Postkantoor ; BGH a. a. O. - HOUSE OF BLUES , S. 989; BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS ). Die Zurückweisung einer Markenanmeldung kann nicht mit der Begründung erfolgen, die Marke stelle zwar nicht für die angemeldeten, wohl aber für andere - ähnliche - Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe dar (vgl. BGH GRUR 1997, 634, 636 - TURBO II ; BGH a. a. O. - HOUSE OF BLUES , S. 989). Allerdings gilt es hierbei zu berücksichtigen, dass das Merkmal des (engen) beschreibenden Bezugs im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht absolut und generalisierend zu ermitteln ist, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhängt, nämlich vom Bedeutungsgehalt der konkret als Marke beanspruchten Bezeichnung und den konkreten Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 856 f. - FUSSBALL WM 2006 ).
Abweichend von dem Sachverhalt, über den der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „ HOUSE OF BLUES “ zu entscheiden hatte, entspricht es hier den üblichen Gepflogenheiten auf dem Getränkesektor, mit Hilfe der auf den Getränken angebrachten Etikettierung auf besondere Veranstaltungen hinzuweisen. So verbindet etwa der angesprochene Verkehr mit der weithin verbreiteten Etikettierung „Festbier“ die Vorstellung, eine eigens für diese Veranstaltung hergestellte Biersorte zu erhalten. Solche branchenüblichen Bezeichnungen sind auch auf alkoholfreien Getränken vorzufinden.
Abweichend von der Auffassung der Anmelderin steht einer Eintragung von „ OKTOBERFEST HAMBURG “ auch für die beanspruchten Waren „Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Diese Waren können nämlich als Bestimmungsangabe für das „ OKTOBERFEST HAMBURG “ insoweit angesehen werden, als Getränke hiermit gemischt werden. Die verfahrensgegenständliche Kennzeichnung ist ferner für die beanspruchten „Dienstleistungen zur Beherbergung und Verpflegung von Gästen“ freizuhalten. Zunehmend wenden sich Veranstalter größerer Festivitäten mit einem Komplettangebot, zu dem - insbesondere für auswärtige Gäste - auch Übernachtungsmöglichkeiten zählen, an ihre Interessenten.
Sämtliche der beanspruchten Waren und Dienstleistungen stehen daher in einem engen Sachzusammenhang zu einer als „ OKTOBERFEST HAMBURG “ bezeichneten Festivität. Vor diesem Hintergrund kann ein Bedürfnis von Mitbewerbern der Anmelderin, ihr im Zusammenhang mit einer entsprechenden Festivität bestehendes Waren- und Dienstleistungsangebot mit „ OKTOBERFEST HAMBURG “ zu kennzeichnen, nicht verneint werden. Nicht zuletzt belegt auch der Umstand, dass mit Radio Hamburg ein Mitbewerber der Anmelderin seit Jahren ein als „Das HAMBURGER OKTOBERFEST “ bezeichnetes Volksfest auf dem Hamburger Fischmarkt veranstaltet (vgl. Nachweise unter www.google.de), ein Freihaltebedürfnis an der verfahrensgegenständlichen Kennzeichnung, woran nichts zu ändern vermag, dass die Anmelderin nach ihrem Vorbringen Mitveranstalter gewesen sein soll.
Der Anmelderin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass der Verkehr in der Bezeichnung „ OKTOBERFEST HAMBURG “ nur mittelbar die Vorstellung verbinde, solchermaßen gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen lehnten sich an nach Art des weltberühmten Münchner Oktoberfests bekannte Kennzeichnungsgewohnheiten an. Zwar unterliegen dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nur unmittelbar beschreibende Zeichen und Angaben. Wird eine beschreibende Angabe nur angedeutet und ist diese allenfalls aufgrund gedanklicher Schlussfolgerungen erkennbar, steht der Eintragung ein Freihaltebedürfnis regelmäßig nicht entgegen (vgl. Ströbele /Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 8 Rn. 251). Dass sich - wie die Markenstelle nachgewiesen hat und überdies gerichtsbekannt ist - innerhalb und außerhalb Deutschlands zahlreiche (Bier-)Feste in der Kennzeichnung ihrer Waren und Dienstleistungen an das weltberühmte Münchner Oktoberfest anlehnen, zeigt vielmehr, dass der Verkehr in „ OKTOBERFEST HAMBURG “ nicht nur eine mittelbare Andeutung an das Münchner Oktoberfest sieht, sondern hiermit konkret die Vorstellung verbindet, in „ OKTOBERFEST HAMBURG “ eine Veranstaltung nach der Art und dem Vorbild des Münchner Oktoberfestes vorzufinden, wobei die bei diesem bayerischen Fest üblichen Kennzeichnungsgewohnheiten zugrunde liegen (vgl. Senat a. a. O. - MUNICH BEER FESTIVAL ; BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 149/99 - THE FABULOUS OKTOBERFEST ). In diesem Sinne ist die Bezeichnung „ OKTOBERFEST HAMBURG “ geeignet, die Eigenschaften der solchermaßen gekennzeichneten verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Auch die weiteren von der Anmelderin erhobenen Einwände verhelfen ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg. Da die Kombination der für sich genommen schutzunfähigen Elemente „ OKTOBERFEST “ und „ HAMBURG “ sich in ihrer Summenwirkung erschöpft und der durch ihre Verbindung bewirkte Gesamteindruck nicht über die Zusammenfügung ihrer beschreibenden Elemente hinausgeht (vgl. Ströbele / Hacker a. a. O., § 8 Rn. 324), kann den angegriffenen Entscheidungen nicht entgegengehalten werden, die Markenstelle habe ihrer Beurteilung eine unzulässige zergliedernde Betrachtungsweise zugrunde gelegt und missachtet, dass der Verkehr das Zeichen so verstehe, wie es ihm in seiner Gesamtheit begegne und keine analysierende Betrachtungsweise anstelle. Die Anmelderin kann auch nicht damit gehört werden, die Wortkombination „ OKTOBERFEST HAMBURG “ sei neuartig und mehrdeutig. Dass ein Wortzeichen neuartig, sprachlich ungewohnt oder lexikalisch nicht nachweisbar ist, begründet für sich genommen nicht dessen Eintragungsfähigkeit (vgl. Ströbele /Hacker, § 8 Rn. 252). Eine auf einen Herkunftshinweis schließen lassende Mehrdeutigkeit des angemeldeten Zeichens erschließt sich dem Senat überdies nicht angesichts des vorstehend erläuterten Verkehrsverständnisses von „ OKTOBERFEST HAMBURG “.
Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob der Markenanmeldung, wie von der Markenstelle angenommen, auch das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.