Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 28.04.2010


BPatG 28.04.2010 - 26 W (pat) 81/09

Markenbeschwerdeverfahren – "Paramedic-Ambulanz" – Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
28.04.2010
Aktenzeichen:
26 W (pat) 81/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 305 34 121.9

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 28. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker sowie des Richters am OLG Lehner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Für die Dienstleistungen

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„Kranken-Transporte und -Rückholung; Rettungsdienst-Ausbildung“

3

ist die Wortmarke 305 34 121

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Paramedic-Ambulanz

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angemeldet worden. In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, das Prüfzeichen setze sich aus den Bestandteilen „Paramedic“ und „Ambulanz“ zusammen. Der ursprünglich englische Begriff „Paramedic“ werde in der Bedeutung „Sanitäter“ oder „Rettungsassistent“ im deutschen Sprachgebrauch verwendet. Der angesprochene Verkehr verbinde mit „ Parademic -Ambulanz“ einen beschreibenden, in schlagwortartiger Form gehaltenen Hinweis darauf, dass unter dieser Bezeichnung Dienstleistungen eines Sanitäters oder Rettungsassistenten in oder von einer Ambulanz aus erbracht würden bzw. eine solche Ambulanz zum Gegenstand hätten. Eine hinreichende Unterscheidungskraft verleihe dem Prüfzeichen auch nicht die Kombination eines deutschen Wortes („Ambulanz“) mit einem fremdsprachigen Begriff („ Parademic “), da der Verkehr an mehrsprachige Wortkombinationen mit lediglich beschreibendem Aussagegehalt gewöhnt sei.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach sei die Erinnerungsentscheidung bereits in formeller Hinsicht fehlerhaft, da die Markenstelle für Klasse 44 über ihre Erinnerung entschieden habe. In sachlich rechtlicher Hinsicht habe die Markenstelle außer Acht gelassen, dass Krankentransporte nicht nur durch ausgebildete Sanitäter oder Rettungsassistenten, sondern bisweilen auch durch Taxifahrer durchgeführt würden und die angemeldeten Ausbildungsdienstleistungen nicht in einer Ambulanz, sondern in Schulungsräumen erfolgten. Aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs sei der Begriff „ Parademic -Ambulanz“ demgemäß nicht ohne weiteres verständlich und unmittelbar beschreibender Natur, sondern mehrdeutig und interpretationsbedürftig. Die Existenz mehrerer Voreintragungen mit dem Wortbestandteil „ Parademic “ indiziere zudem die Eintragungsfähigkeit der Prüfmarke.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Dezember 2008 und vom 20. Juni 2006 aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke in beantragtem Umfang anzuordnen.

II

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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet.

10

Ohne Erfolg rügt die Anmelderin, dass mit der Markenstelle für Klasse 44 - nach Beschränkung ihres Dienstleistungsverzeichnisses - eine funktionell unzuständige Stelle über ihre Erinnerung entschieden habe. Insoweit ist auf den Berichtigungsbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Januar 2009 zu verweisen, wonach die Markenstelle für Klasse 39 entschieden hat.

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In sachlich-rechtlicher Hinsicht steht einer Eintragung der angemeldeten Marke „Paramedic-Ambulanz“ das Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

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Nach der genannten Vorschrift ist eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Angaben besteht, die zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. So liegt der Fall hier.

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Im Ausgangspunkt zutreffend hat die Markenstelle ausgeführt, dass sich die verfahrensgegenständliche Markenanmeldung aus den Bestandteilen „Paramedic“ und „Ambulanz“ zusammensetze, wobei der englische Begriff „Paramedic“ zu übersetzen sei mit „Sanitäter“ oder „medizinisch-technischer Assistent“ (vgl. Collins , Globalwörterbuch Englisch, Band 1, S. 928) und „Ambulanz“ für „ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsstation; Kranken-, Rettungswagen; Sanitäts-, Behandlungsraum für erste Hilfe“ stehe ( Duden , Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 130). In seiner Zusammensetzung ist der Begriff „Paramedic-Ambulanz“ im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG objektiv geeignet, zur Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen zu dienen. Der Verkehr wird in der entsprechenden Bezeichnung von Dienstleistungen einen Hinweis auf die Durchführung von Krankentransporten durch hierfür ausgebildete Rettungskräfte und das hierauf gerichtete Ausbildungsangebot in eigens hierfür vorgesehenen Schulungsräumen erkennen. Dass Krankentransporte auch durch Taxifahrer durchgeführt werden können, ist demgegenüber für die Eignung des Prüfzeichens zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften der gekennzeichneten Dienstleistungen ebenso ohne Belang wie die Örtlichkeit der mit „Paramedic-Ambulanz“ gekennzeichneten Schulungsräume.

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Ohne Erfolg hält die Anmelderin dem entgegen, dass sich „Paramedic-Ambulanz“ aus einer Kombination mehrsprachiger Bestandteile zusammensetze, deren Bedeutung dem Verehr nicht ohne weiteres verständlich sei.

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Hat - wie hier - die fragliche Angabe in der entsprechenden Fremdsprache eine beschreibende Bedeutung, so ist ein Freihaltungsbedürfnis grundsätzlich zwar nur gegeben, wenn diese Bedeutung in inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkennbar ist (EuGH MarkenR 2006, 157, 159 - Matratzen Concord ). Nur dann ist nämlich die Bezeichnung in der Regel geeignet, im Inland als Sachbeschreibung dienen zu können. Dies kann - nachdem von einer häufigen Verwendung des Begriffs „Paramedic“ im allgemeinen Sprachgebrauch in der Bevölkerung nicht auszugehen ist und die von der Markenstelle vorgelegten und allgemein zugänglichen Nachweise diese Annahme auch nicht rechtfertigen - trotz allgemein zu beobachtender Zunahme von Fremdsprachenkenntnissen der englischen Sprache jedenfalls nicht für den Durchschnittsverbraucher gelten.

16

Allerdings ist die Feststellung eines Freihaltebedürfnisses nicht allein davon abhängig zu machen, dass das Wort in seiner beschreibenden Bedeutung vom inländischen Endabnehmer verstanden wird. Für das Verständnis des angesprochenen Verkehrs eines in der Sprache eines EU-Staates gehaltenen Markenwortes ist nämlich nicht nur auf die Kenntnis des normalen Durchschnittsverbrauchers abzustellen, sondern auch - gegebenenfalls allein - der am Handel beteiligten Fachkreise (vgl. EuGH a. a. O. - Matratzen Concord , S. 158/159; BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 110/05 - BAGNO ; HK-MarkenR, § 8 Rn. 37; Ströbele MarkenR 2006, 433, 435). Diese vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze zum Verkehrsverständnis einer in einer EU-Sprache erfolgten Markenanmeldung finden auch auf den hiesigen Fall Anwendung. Da kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass das Fachpublikum „Paramedic-Ambulanz“ in seiner vorstehend aufgeführten beschreibenden Bedeutung erkennt, steht einer Eintragung der Prüfmarke das Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Es muss den - auch ausländischen - Mitbewerbern der Anmelderin frei stehen, für das Prüfzeichen angemeldete Dienstleistungen unter der Bezeichnung „Paramedic Ambulanz“ als Hinweis auf Dienste von Sanitätern oder Rettungsassistenten im Rahmen ambulanter Maßnahmen unter Einbeziehung hierfür erforderlicher Schulungsmaßnahmen im Inland anbieten zu können.

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Der von der Anmelderin angeführte Hinweis auf Voreintragungen mit dem Wortbestandteil „Paramedic“ vermag nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201, 203 - Schwabenpost; so auch PAVIS PROMA BPatG 24 W (pat) 142/05; BPatG 25 W (pat) 65/08; BPatG 27 W (pat) 220/09) eine anderweitige Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Die Entscheidung über die Eintragungsfähigkeit einer angemeldeten Marke hat anhand der harmonisierten Normen des Markenrechts ohne Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zu erfolgen. Aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG kann daher im markenrechtlichen Verfahren im Hinblick auf vorhergehende Eintragungen oder Zurückweisungen kein Anspruch auf Eintragung oder auf Löschung abgeleitet werden (vgl. EuGH a. a. O. - Schwabenpost ).

18

Ob mit der Markenstelle auch von mangelnder Unterscheidungskraft des Zeichens „Paramedic-Ambulanz“ auszugehen wäre (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), bedarf bei dieser Sachlage keiner Entscheidung mehr.