Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.11.2018


BPatG 26.11.2018 - 26 W (pat) 63/16

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
26.11.2018
Aktenzeichen:
26 W (pat) 63/16
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:261118B26Wpat63.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 062 823 – S 296/14 Lösch

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. November 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Jacobi und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Die Wort-/Bildmarke (schwarz/weiß)

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Abbildung Abbildung

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ist am 23. Oktober 2010 unter der Nummer 30 2010 062 823 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet und am 12. Januar 2011 eingetragen worden für Waren der

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Klasse 33: Wein.

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Am 17. November 2014 hat die Beschwerdeführerin die Löschung der Marke wegen Nichtigkeit aufgrund absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 10 MarkenG beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die für die angegriffene Marke geschützte Ware „Wein“ richte sich überwiegend an ein regionales Publikum mit einer Vorliebe für Wein, aber auch an allgemeine Durchschnittsverbraucher. Der Begriff „Forchtenberger Flatterich“ leite sich ab von der Lage Flatterberg, die zum Bereich Kocher-Jagst-Tauber und dort zur Großlage Kocherberg gehöre, was sich aus dem Standortkundlichen Weinbauatlas Baden-Württemberg 2013 ergebe (Anlage 2, Bl. S31 VA). Der „Flatterberg“ sei bereits in Flurkarten aus dem Jahr 1833 aufgeführt gewesen. „Flatterich“ sei nur der Teil des Berges, der sich oberhalb der Muthofer Straße befinde. Dabei sei nicht eindeutig geklärt, wie diese Bezeichnung entstanden sei. Zum einen könne sie daher rühren, dass dieser Teil des Berges in früheren Zeiten sehr stark von Staren aus dem nahegelegen Wald frequentiert gewesen sei, die sich gerne von Weintrauben ernährt hätten, weshalb es an diesem oberen Teil immer „flatterte“. Zum anderen könne es sein, dass in der luftigen Höhe die Röcke der Weingärtnerinnen im Winde geweht hätten; denn eine alte Bezeichnung für Röcke sei „Flatterich“. „Flatterich“ sei somit keine Fantasiebezeichnung, sondern leite sich konkret aus den örtlichen Gegebenheiten ab, auch wenn dieser Begriff seit geraumer Zeit keine Bewandtnis mehr als Lage oder Lagebezeichnung habe. Vielmehr werde er in der Forchtenberger Umgebung umgangssprachlich für „Rotwein/Rotwein-Cuvée“ verwendet. Es sei regional üblich, einen „Flatterich“ zu bestellen, wenn man ein entsprechendes Glas Rotwein wünsche. „Flatterich“ diene zur Bezeichnung eines Cuvées aus kräftigen Rotweinen. Im Amtsblatt der Großen Kreisstadt Herrenberg vom 15. Juni 2001 lade der Liederkranz der Gemeinde Kayh für den 23. Juni 2001 zu einem Ausflug mit der Überschrift „Vom Unterland ins Kochertal“ ein, in dessen Programm ausgeführt werde: „... Dann nach Forchtenberg, wo wir den „Flatterich“ probieren ...“ (Anlage 3, Bl. S32 f. VA). Auf der im Jahre 2001 veröffentlichten CD „'s isch Zeit“ der regionalen Mundartmusiker „Annaweech“ heiße es in dem Lied „Weifescht“ (Weinfest) „Hasch du an Flatterich, an Dischtlfink, an Kasimir, noa brauchsch ko Bier“ (Anlage 4, Bl. S34 VA). Die Bezeichnung „Flatterich“ stehe hier für den Forchtenberger Wein, „Distelfink“ meine regionale Weine aus der Nachbargemeinde Niedernhall und mit „Kasimir“ würden Weine aus Ingelfingen bezeichnet. Die Markeninhaberin selbst habe in ihrem anwaltlichen Abmahnschreiben vom 18. Juni 2014 (Anlage 5) vorgetragen, dass „Flatterich“ einen Wein aus Forchtenberg bezeichne. Folglich diene der als Marke geschützte Begriff im Verkehr zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit sowie der geografischen Herkunft der eingetragenen Ware „Wein“ und sei daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltebedürftig. Da sich die angegriffene Marke in einer beschreibenden Sachangabe erschöpfe, fehle auch die erforderliche Unterscheidungskraft. Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG liege vor, weil „Flatterich“ schon lange vor der Markeneintragung im allgemeinen Sprachgebrauch zur Bezeichnung eines Cuvées aus kräftigen Rotweinen der Region Forchtenberg üblich geworden sei. Ferner täusche die Streitmarke über die geografische Herkunft der beanspruchten Ware, weil die Antragsgegnerin über keine Weinanbaufläche in der Lage Flatterberg verfüge. Daher fehle ein ernsthafter Benutzungswille, so dass zugleich der Tatbestand der bösgläubigen Markenanmeldung erfüllt sei (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG). Tatsächlich nutze sie die angegriffene Marke, um Mitbewerber, die den Namen „Flatterich“ verwendeten, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen. Die missbräuchliche Ausübung ihres formal bestehenden Markenrechts belege das von ihr vor dem Landgericht Stuttgart – 41 O 44/14 KfH – gegen das Weingut F… in Forchtenberg eingeleitete Markenverletzungsverfahren.

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Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 8. Dezember 2014 zugestellten Löschungsantrag mit am 11. Dezember 2014 beim DPMA eingegangenem Schriftsatz widersprochen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, „Flatterich“ beschreibe nicht die Ware „Wein“, sondern sei selbst nach dem Vortrag der Antragstellerin nur zur Bezeichnung flatternder Stare oder flatternder Röcke lokal benutzt worden. „Flatterich“ bezeichne auch nicht einen Cuvée aus kräftigen Rotweinen aus der Region Forchtenberg. Die Antragstellerin habe auch nicht belegt, dass ein anderer die Bezeichnung „Flatterich“ im Zeitpunkt der Markenanmeldung verwendet habe. Die in dem von der Antragstellerin vorgelegten Liedtext als Weinbezeichnung verwendeten Begriffe „Flatterich“, „Dischtlfink“ und „Kasimir“ beruhten auf eingetragenen Marken der Antragsgegnerin. Eine Täuschungsgefahr gehe von der Streitmarke schon deshalb nicht aus, weil Anmelderin die ehemalige K…

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in Ingelfingen, also eine ortsansässige Weinkellerei, gewesen sei. Auch nach deren Verschmelzung mit der Antragsgegnerin werde die Marke zur Kennzeichnung für Weine aus lokalem Anbau einschließlich des Bereichs um die Stadt Forchenberg verwendet. Auch den Löschungsantrag wegen Bösgläubigkeit habe die Antragstellerin nicht schlüssig dargelegt. Einen schutzwürdigen Besitzstand Dritter zum Anmeldezeitpunkt habe sie nicht einmal behauptet.

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Mit Beschluss vom 2. Februar 2016 hat die Markenabteilung 3.4 des DPMA den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke mit dem Wortbestandteil „Flatterich“ sei weder eine beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, noch fehle ihr die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, noch sei sie geeignet, das Publikum über Eigenschaften der Waren zu täuschen (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG). Auch gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine bösgläubige Markenanmeldung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG. Die Behauptung, „Flatterich“ werde in der Region rund um die baden-württembergische Stadt Forchtenberg als Synonym für lokalen Rotwein gebraucht, werde weder von der Antragstellerin selbst überzeugend belegt, noch hätten hierzu im Wege der Amtsrecherche entsprechende Feststellungen getroffen werden können. Im Amtsblatt der Großen Kreisstadt Herrenberg vom 15. Juni 2001 sei der Begriff „Flatterich“ in Anführungszeichen und damit nicht als Gattungsangabe, sondern als Name eines bestimmten Weins verwendet worden. Aus dem Liedtext ergebe sich ebenfalls eine markenmäßige Benutzung, weil es sich auch bei den Bezeichnungen „Distelfink“ und „Kasimir“ um eingetragene Marken der Antragsgegnerin handele. In der Weinliste der K… (Anlage 1 zum angefochtenen Beschluss) sei ein Rotwein mit der Lagenbezeichnung „Forchtenberger Kocherberg“, der Jahrgangsangabe „2009“ und weiteren Hinweisen zu Qualitätsstufe, Säuregehalt und Abfüllmenge gelistet. Der zwischen diesen rein beschreibenden Produktangaben platzierte Begriff „Flatterich“ erscheine eher kennzeichenmäßig. Insbesondere der Umstand, dass „Flatterich“ zusätzlich zum Begriff „Rotwein“ aufgeführt sei, spreche gegen die Annahme, „Flatterich“ sei ein Synonym für „Rotwein“. Soweit sich in einem Rezept des Restaurants „K1…“ der Hinweis auf eine Zubereitung

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mit Rotwein finde und empfohlen werde, hierfür am besten „Forchtenberger Flatterich“ zu wählen (Anlage 2 zum angefochtenen Beschluss), werde in der Zutatenliste zunächst allgemein „1/2 l Rotwein“ angegeben und der dann erwähnte „Forchtenberger Flatterich“ eindeutig als Bezeichnung eines bestimmten Rotweins eines einzelnen Herstellers benutzt, hier der offensichtlich hinter dem Restaurant stehenden K…. Mangels weiterer Belege könne weder davon ausgegangen werden, dass der Begriff „Flatterich“ in der Forchtenberger Umgebung umgangssprachlich allgemein für Rotwein aus dieser Gegend verwendet werde, noch dass es regional üblich sei, einen „Flatterich" zu bestellen, wenn man ein entsprechendes Glas regionalen Rotweins wünsche. Unabhängig von der Frage, ob der Verkehr tatsächlich davon ausgehe, ein mit „Flatterich“ gekennzeichneter Wein stamme tatsächlich aus einer Lage dieses Namens, komme eine Täuschungsgefahr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG schon deshalb nicht in Betracht, weil die vorliegend beanspruchte Ware „Wein“ aus dieser Lage stammen könne. Auch wenn die Inhaberin der angegriffenen Marke derzeit über keine eigenen Rebflächen verfüge, sei nicht ausgeschlossen, dass sie nicht von dort stammende Weine vertreiben, entsprechende Flächen noch erwerben oder die Marke an einen ortsansässigen Produzenten lizenzieren oder übertragen könne. Mithin sei eine nicht irreführende Verwendung der Marke möglich. Es gebe auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffene Marke bösgläubig angemeldet worden sei. Weder könne festgestellt werden, dass in einen prioritätsälteren Besitzstand eines Dritten eingegriffen worden sei, noch dass wesentliches Motiv im Anmeldezeitpunkt der zweckfremde Einsatz der Marke als Mittel des Wettbewerbskampfes gewesen sei. Mangels Beschreibungseignung habe sich die Antragsgegnerin mit der Anmeldung ihrer Marke auch nicht bewusst ein ungerechtfertigtes Monopol an einer allgemein üblichen Gattungsbezeichnung für Rotwein aus der Region Forchtenberg gesichert. Vielmehr sei „Flatterich“ eine individuelle Kennzeichnung, deren markenrechtliche Absicherung legitim sei. Auch das anschließende Vorgehen aus der eingetragenen Marke in Form von Abmahnungen sei als angemessene Rechtsverteidigung von der gesetzlich geschützten Rechtsposition gedeckt. Wie die Fundstellen des Amtes belegten, sei die Streitmarke von

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der Anmelderin, der K… e.G., zumindest für einen gewissen Zeitraum

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als Kennzeichnung für einen Rotwein benutzt worden, so dass der Anmeldung der

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Wille zugrunde gelegen habe, die Marke zur Kennzeichnung eigener Produkte einzusetzen. Der erforderliche Benutzungswille setze zudem nicht zwingend eine Verwendung der Marke durch den Anmelder selbst voraus, sondern umfasse auch die Absicht, die Marke einer Benutzung durch Dritte zuzuführen.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie wiederholt ihr Vorbringen vor dem Amt und trägt ergänzend vor, der Begriff „Flatterich“ leite sich von der Lage Flatterberg und dort der Teilgemarkung mit dem Namen Flatterich ab, was sich aus dem Standortkundlichen Weinbauatlas Baden-Württemberg 2013 ergebe (Anlage B 1, Bl. 39 GA). Der Flatterberg sei einer von vier Forchtenberger Weinlagen, zu denen noch Thürle, Kocherberg und Wachsberg gehörten. Jeder Forchtenberger nenne den Flatterberg umgangssprachlich „Flatterich“, wie die Vernehmung von fünf namentlich benannten Zeugen ergeben werde. In den 1980er Jahren habe W… die Idee gehabt, damit einen Cuvée Rotwein

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zu bezeichnen. Umgangssprachlich werde „Flatterich“ in der Umgebung der Stadt Forchtenberg, die rund 5.000 Einwohner habe, für Rotwein bzw. Rotwein-Cuvées aus kräftigen Rotweinen verwendet. Im Liedtext würden auch die Begriffe „Dischtlfink“ und „Kasimir“ nicht markenmäßig benutzt. „Distelfinken“ nenne der Volksmund die Bürger der Stadt Niedernhall. „Kasimirle“ gehe zurück auf einen Adeligen aus dem Haus Hohenlohe und sei der umgangssprachliche Spitzname der Bürger der Stadt Ingelfingen. Zwar lasse sich der Begriff „Flatterich“ lexikalisch nicht nachweisen und nur unzureichend im Internet recherchieren. Damit lasse sich jedoch nicht widerlegen, dass „Flatterich“ als umgangssprachlicher Begriff für ein Rotwein-Cuvée aus kräftigen Rotweinen verwendet werde. Der Begriff entstamme dem hohenlohischen Dialekt, der fränkischen Mundart im nordöstlichen Baden-Württemberg, mit der Bedeutung „Wein“. Zum hohenlohischen Sprachgebiet gehöre der Hohenlohekreis, insbesondere das Kochertal, in welchem sich die Stadt Forchenberg und der Flatterberg befänden. Den mit dem Dialekt Vertrauten biete das Wort „Flatterich“ einen unmittelbaren Hinweis auf die Herkunft. Das Alter des von der Markenabteilung vorgelegten Rezepts sei nicht bekannt und es sei unklar, in welchem Zusammenhang das Logo der K… dazu stehe.

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Das Fehlen eines „Flatterichs“ auf der Speisekarte von „W1…“ bestätige, dass die Antragsgegnerin keinen Benutzungswillen habe. Die angegriffene Marke sei seit ihrer Eintragung nicht benutzt worden. Deshalb lägen auch die Voraussetzungen für einen Verfall vor.

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Die Antragstellerin beantragt,

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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 2. Februar 2016 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die angegriffene Marke zu löschen.

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Die Markeninhaberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und bestreitet, dass es eine Teilgemarkung oder eine Weinlage mit dem Namen „Flatterich“ gebe. Die eingereichten Unterlagen belegten das Gegenteil. Sie vertritt die Auffassung, Weinlagenbezeichnungen seien gesetzlich als geografische Bezeichnungen für Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete geregelt. Danach gebe es im Anbaugebiet Württemberg nur eine Lage „Flatterberg“. Bestritten werde auch, dass „jeder“ Forchtenberger den Flatterberg „Flatterich“ nenne. Eine etwaige umgangssprachliche Benennung eines Bergs durch ein paar Forchtenberger sei noch keine Weinbezeichnung und die Frage, ob es sich um eine Sachbezeichnung handele, sei im Hinblick auf das bundesweite Publikum zu beurteilen. Die Antragstellerin trage nicht einmal vor, um was für eine Art Rotweinverschnitt es sich handele. Nach der Getränkekarte des Gasthofs „Z…“ in Ernsbach werde unter der Lagenbezeichnung

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„Forchtenberger Flatterberg“ zum einen ein halbtrockener Riesling (Weißwein), ein Schwarzriesling (sortenreiner Rotwein) und schließlich ein Schillerwein, ein aus einem Gemisch weißer und roter Trauben gekelterter Wein, angeboten. Von der damals noch selbstständigen K… sei ein „2000er Forchtenberger Flatterberg Grauburgunder Kabinett“ verkauft worden. Der von der Antragstellerin als Zeuge angebotene W… biete in seiner Weinstube nicht weniger als neunzehn verschiedene Rotweine an, darunter sechs Cuvées, darunter aber kein „Flatterich“. „Distelfink“ (2027770) und „Kasimirle“ (2035487) seien bereits eingetragene Weinmarken der Antragsgegnerin. „Flatterich“ sei zum Zeitpunkt der Anmeldung ausschließlich von der damaligen Anmelderin, ihrer Rechtsvorgängerin, benutzt worden. Ausweislich des Handels- und Genossenschaftsregisters des Amtsgerichts Schwäbisch Hall sei die Weingärtnergenossenschaft F… e.G. im Jahr 2000 mit der K… e.G. verschmolzen. Diese sei wiederum im Jahr 2012 durch Verschmelzung in der jetzigen Markeninhaberin aufgegangen. Da außer dem in Forchtenberg ansässigen Rebenhof F1… kein weiterer Winzerbetrieb feststellbar sei, sei die Anmeldung nicht bösgläubig erfolgt.

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Mit gerichtlichem Schreiben vom 20. Juni 2018 sind die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen worden, dass der angefochtene Beschluss rechtmäßig sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

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Die Markenabteilung 3.4 des DPMA hat den Antrag auf Löschung der angegriffenen Marke Abbildung zu Recht zurückgewiesen.

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1. Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 8. Dezember 2014 zugestellten Löschungsantrag fristgerecht innerhalb der Zweimonatsfrist mit einem am 11. Dezember 2014 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz widersprochen (§ 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

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2. Nach § 50 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist.

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Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 MarkenG gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Schutzhindernissen zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 MarkenG verstoßen, kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das Eintragungshindernis sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 483 Rdnr. 22 – test; GRUR 2014, 565 Rdnr. 10 – smartbook) bestanden hat als auch – soweit es um die Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG geht – im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Ist eine solche Feststellung, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen nicht möglich, muss es – gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen – bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (BGH GRUR 2014, 483 Rdnr. 38 – test m. w. N.; 2014, 565 Rdnr. 18 – smartbook; GRUR 2010, 138 Rdnr. 48 – ROCHER-Kugel).

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Ferner kann bei einem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 MarkenG eine Löschung nur erfolgen, wenn der Löschungsantrag, der von jedermann gestellt werden kann (§ 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG), innerhalb von zehn Jahren seit dem Tag der Eintragung gestellt worden ist (§ 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG). Der am 17. November 2014 beim DPMA eingegangene Löschungsantrag ist innerhalb der seit der Eintragung der angegriffenen Marke am 12. Januar 2011 laufenden Zehnjahresfrist gestellt worden (§ 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

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3. Der Eintragung der angegriffenen Marke stand weder zum Anmelde- noch zum Entscheidungszeitpunkt für die registrierte Ware der Klasse 33 „Wein“ ein absolutes Schutzhindernis entgegen.

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Weder fehlt ihr die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, noch ist sie freihaltebedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es handelt sich nicht um eine „übliche Bezeichnung“ gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG und sie ist auch nicht zur Täuschung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG geeignet. Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass sie bösgläubig angemeldet worden ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG).

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a) Der Streitmarke kann für die von ihr beanspruchte Ware „Wein“ nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

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aa) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas?; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11

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– Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne Weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT).

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bb  Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die angegriffene Wort-/Bildmarke Abbildung.

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aaa) Von der beanspruchten Ware „Wein“ wird sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Getränke- und Weinfachhandel angesprochen.

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bbb) Das Wortelement „Flatterich“ hat im Zusammenhang mit der für sie geschützten Ware keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt. Dies gilt sowohl für den Zeitpunkt der Anmeldung der Marke am 23. Oktober 2010 als auch für den Entscheidungszeitpunkt.

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(1) Im Pfälzischen Wörterbuch (Band 2, Spalten 1431 bis 1432) wird „Flatterich“ mit der Bedeutung „großer Federpinsel zum Staubwischen“ aufgeführt (http://woerterbuchnetz.de/PfWB/call_wbgui_py_from_form?sigle=PfWB&lemid=PF03654&hitlist=&patternlist=&mode=Volltextsuche). Im Übrigen ist dieses Wort nicht lexikalisch nachweisbar.

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(2) Die Antragstellerin scheint sich selbst nicht im Klaren darüber zu sein, welcher Sinngehalt dem Wortelement „Flatterich“ zukommen soll. Sie führt im Beschwerdeverfahren allein acht verschiedene Bedeutungen an,

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- Teilgemarkung der Lage Flatterberg,

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- Teil des Flatterberges oberhalb der Muthofer Straße,

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- umgangssprachlicher Name des (ganzen) Flatterberges,

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- umgangssprachliche Bezeichnung für Rotwein,

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- umgangssprachliche Bezeichnung für ein Cuvée aus kräftigen Rotweinen,

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- Bezeichnung für (Rot-)Wein aus Forchtenberg,

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- Bezeichnung für Cuvée aus kräftigen Rotweinen aus Forchtenberg und

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- hohenlohisches Dialektwort für Wein.

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Dabei sollen die ersten drei Bedeutungen sich auf eine Weinlage beziehen, die daran anschließenden vier einen bestimmten Wein angeben und die letzte Bedeutung eine mundartliche Weinbezeichnung darstellen. Insoweit ist schon ihr Vortrag unsubstantiiert und widersprüchlich, zumal sie noch im amtlichen Löschungsverfahren vorgetragen hat, dass „Flatterich“ seit geraumer Zeit keine Bewandtnis mehr als Lage oder Lagebezeichnung habe.

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(3) Der Senat hat auch nicht feststellen können, dass es sich bei dem Wort „Flatterich“ um die Bezeichnung einer Weinlage, eines bestimmten Weins oder einen mundartlichen Begriff handelt.

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(3.1) Eine „Weinlage“ ist ein „für den Weinbau geeignetes Areal“ (www.duden.de). Nach § 2 Nr. 22 Weingesetz (WeinG) wird eine Lage definiert als „eine bestimmte Rebfläche (Einzellage) oder die Zusammenfassung solcher Flächen (Großlage), aus deren Erträgen gleichwertige Weine gleichartiger Geschmacksrichtungen hergestellt zu werden pflegen und die in einer Gemeinde oder in mehreren Gemeinden desselben bestimmten Anbaugebietes belegen sind“.

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(3.1.1) In dem von der Antragstellerin vorgelegten Auszug aus dem Standortkundlichen Weinbauatlas Baden-Württemberg 2013 (Anlage 2, Bl. S31 VA; Anlage B 1, Bl. 39 GA) findet sich nur die Eintragung der Einzellage „Flatterberg“ mit den Bezeichnungen „Ernsbacher Flatterberg“ und „Forchtenberger Flatterberg“ im Gebiet „Württemberg“, Bereich „Kocher-Jagst-Tauber“ und Großlage „Kocherberg“. Eine Teilgemarkung der Lage Flatterberg mit dem Namen „Flatterich“ lässt sich nicht ermitteln.

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(3.1.2) Auch die unter Bezugnahme auf eine Lageskizze (Anlage B 2, Bl. 40 f. GA) aufgestellte Behauptung der Antragstellerin, „Flatterich“ bezeichne den Teil des Flatterberges, der sich oberhalb der Muthofer Straße befinde, konnte nicht verifiziert werden. Auf dieser Lageskizze ist ein Gebiet mit „Flatterberg“ bezeichnet: Abbildung, nicht aber mit dem Begriff „Flatterich“.

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(3.1.3) Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der „Flatterberg“ in der Umgangssprache „Flatterich“ genannt wird.

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(3.2) Der von der Antragstellerin behauptete Bedeutungsgehalt von „Flatterich“ als umgangssprachliche Bezeichnung für einen Rotwein oder ein Cuvée aus kräftigen Rotweinen lässt sich weder für den Anmeldezeitpunkt noch aktuell feststellen. Dies gilt auch hinsichtlich der behaupteten Bezeichnung für (Rot-)Wein aus Forchtenberg oder ein Cuvée aus kräftigen Rotweinen aus Forchtenberg. Dabei ist ein „Cuvée“ in der Sprache der Winzer eine „Mischung“ oder ein „Verschnitt“ verschiedener Weine (www.duden.de). Auch für die Behauptung, es sei regional üblich, einen „Flatterich“ zu bestellen, wenn man ein entsprechendes Glas Rotwein wünsche, liegen keine Nachweise vor. Bei den von der Antragstellerin vorgelegten Belegen ist von einem kennzeichenmäßigen Gebrauch auszugehen:

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(3.2.1) Wenn es in der Einladung des Liederkranzes der Gemeinde Kayh zu einem Ausflug mit Weinprobe für den 23. Juni 2001 im Amtsblatt der Großen Kreisstadt Herrenberg vom 15. Juni 2001 (Anlage 3, Bl. S32 f. VA) heißt: „Dann nach Forchtenberg, wo wir den „Flatterich“ probieren“, kann daraus nicht entnommen werden, welcher Wein mit „Flatterich“ gemeint ist.

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(3.2.2) Auch aus der Liedzeile „Hasch du an Flatterich, an Dischtlfink, an Kasimir, noa brauchsch ko Bier.“ der regionalen Mundartmusiker „Annaweech“ in ihrem Lied „Weifescht“ (Weinfest, Anlage 4, Bl. S34 VA) auf der im Jahre 2001 veröffentlichten CD „'s isch Zeit“ kann keine Schlussfolgerung gezogen werden, um welchen konkreten Wein es sich bei „Flatterich“ handeln soll. Hinzu kommt, dass neben der Streitmarke auch „Distelfink“ (2027770) und Abbildung (2035487) u. a. für Wein eingetragene Marken der Antragsgegnerin sind, so dass auch hier ein kennzeichenmäßiger Gebrauch des Wortes „Flatterich“ naheliegt. Mit der Begründung, dass der Volksmund die Bürger der Stadt Niedernhall „Distelfinken“ nenne und „Kasimirle“ der umgangssprachliche Spitzname der Bürger der Stadt Ingelfingen sei, kann sie eine beschreibende Verwendung des Wortes „Flatterich“ nicht begründen, denn sie hat weder vorgetragen, dass „Flatterich“ ebenfalls eine bestimmte Einwohnerbezeichnung ist, noch passen Einwohnerbezeichnungen in den Gesamtzusammenhang der Liedzeile, in der es im Hinblick auf das am Schluss genannte Bier ausschließlich um Getränke geht.

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(3.2.3) Eine markenmäßige Verwendung zeigt auch die von der Markenabteilung in Bezug genommene Rezept-„Empfehlung des Restaurants Kocherperle“ der Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin (Anlage 2 zum angegriffenen Beschluss), weil neben der Angabe „1/2 l Rotwein“ in der Zutatenliste empfohlen wird, „(am besten Forchtenberger Flatterich)“ zu nehmen.

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(3.3) Die Antragstellerin hat auch für ihre Behauptung, „Flatterich“ sei das im hohenlohischen Dialekt gebräuchliche Wort für Wein, nicht belegt. Der Senat hat das auch nicht feststellen können. Als Hohenlohisch wird die fränkische Mundart im nordöstlichen Baden-Württemberg bezeichnet (https://de.wikipedia.org/wiki/ Hohenlohisch# Einzelne_Wörter).

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ccc) Da die Unterscheidungskraft schon im Hinblick auf den Wortbestandteil „Flatterich“ gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob auch die grafische Ausgestaltung der Wort-/Bildmarke Abbildungschutzbegründend ist.

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b) Mangels eines eindeutigen, beschreibenden Sinngehalts des Wortelements „Flatterich“ in Bezug auf die Ware „Wein“ ist auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben.

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c) Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist ebenfalls zu verneinen.

64

aa) § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG schließt zwar im Gegensatz zu den Schutzhindernissen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG auch Angaben und Zeichen vom Schutz aus, die lediglich im regionalen Allgemeingebrauch stehen, z. B. weil ein Begriff sich in der Region eingebürgert hat und einen verkehrsüblichen Hinweis allgemeiner Art in Bezug auf die fraglichen Waren und Dienstleistungen vermittelt. Da eine Markeneintragung zu einem bundesweiten Ausschließlichkeitsrecht führt, steht ihr auch ein regional begrenztes Schutzhindernis entgegen (BPatG 29 W (pat) 521/16 – Schanzer Autohaus; GRUR 2013, 379, 380 – Gehendes Ampelmännchen; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 498; Kur/v. Bomhard/Albrecht, Markenrecht, § 8 Rdnr. 534; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rdnr. 573; Schrader, WRP 2000, 69, 76). Aber auch eine regionale Bekanntheit des Wortes „Flatterich“ für eine Weinlage oder einen bestimmten Wein hat der Senat nicht feststellen können.

65

bb) Schon aufgrund des unsubstantiierten und teilweise widersprüchlichen Vortrages der Antragstellerin zu den verschiedenen angeblich regionalen Bedeutungen des Wortelements „Flatterich“ kommt eine Beweisaufnahme zur Behauptung, jeder Forchtenberger nenne den Flatterberg umgangssprachlich „Flatterich, durch Vernehmung der fünf von ihr benannten, in Forchtenberg sesshaften Zeugen nicht in Betracht. Aber selbst wenn die Zeugen diese Behauptung bestätigten, könnte daraus noch nicht geschlossen werden, dass es sich um die regionale Bezeichnung einer Weinlage handelt.

66

cc) Von einem regionalen Allgemeingebrauch kann auch deshalb nicht gesprochen werden, weil es sich bei der Stadt Forchtenberg nicht um eine Region handelt. Eine Region ist ein „durch bestimmte Merkmale (z. B. Klima, wirtschaftliche Struktur) geprägtes, größeres Gebiet“ (www.duden.de). Forchtenberg ist aber eine Stadt im Hohenlohekreis im fränkisch geprägten Nordosten Baden-Württembergs mit nur 5.022 Einwohnern und gehört zur Region Heilbronn-Franken (https://de.wikipedia.org/wiki/Forchtenberg).

67

dd) Ferner konnte nicht festgestellt werden, dass es sich bei „Flatterich“ um die beschreibende Angabe eines konkreten Weins in einer bestimmten, hier der fränkischen Region handelt. Keiner der 19 verschiedenen Rotweine, darunter fünf Rotwein-Cuvées, auf der Speisekarte der vom benannten Zeugen W… betriebenen Weinstube in Forchtenberg ist mit „Flatterich“ bezeichnet (Auszug aus der mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Speisekarte, Bl. 53 f. GA).

68

Allein aus dem Umstand, dass es in einem an den Rebenhof F1… gerichteten

69

Anwaltsschriftsatz der Antragsgegnerin vom 18. Juni 2014 wegen Verletzung ihrer Wortmarke „Flatterich“ (Anlage B 3, Bl. 42 GA) heißt: „Der markenrechtlich geschützte Begriff bezeichnet Wein aus Forchtenberg“ kann ebenfalls nicht auf einen regionalen Allgemeingebrauch geschlossen werden.

70

d) Etwaige Zweifel an den vorgenannten Tatsachenfeststellungen gehen nach ständiger Rechtsprechung (BGH GRUR 1965, 146, 151 – Rippenstreckmetall II; GRUR 2009, 669 Rdnr. 31 – POST II; a. a. O. Rdnr. 47, 48 – ROCHER-Kugel; a. a. O. – test) zu Lasten der Antragstellerin, die im Löschungsverfahren die alleinige Feststellungslast für die Löschung der Marke trifft.

71

e) Das Wortelement „Flatterich“ stellt auch keine täuschende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG dar.

72

aa) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen.

73

Bei der Beurteilung, ob ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG besteht, geht es um die Täuschung durch den Zeicheninhalt selbst und nicht um die Prüfung, ob das Zeichen bei einer besonderen Art der Verwendung im Geschäftsverkehr geeignet sein kann, irreführende Vorstellungen zu wecken. Ist für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen eine Markenbenutzung möglich, bei der keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG insoweit nicht vor (vgl. BGH GRUR 2017, 186 Rdnr. 21 – Stadtwerke Bremen).

74

Irreführende Angaben zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen, die nicht aus dem Inhalt oder der Aussage der Marke selbst folgen, sondern sich erst in Verbindung mit der Person oder dem Unternehmen des Markenanmelders ergeben, sind grundsätzlich nicht zur Täuschung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG geeignet. Der Markeninhaber kann das nicht an einen bestimmten Geschäftsbetrieb gebundene Zeichen nicht nur selbst benutzen, sondern es gemäß § 30 Abs. 1 MarkenG lizenzieren oder nach § 27 Abs. 1 MarkenG auf einen Dritten übertragen. Eine in der angemeldeten Marke enthaltene unternehmensbezogene Angabe kann allenfalls zur Täuschung geeignet sein, wenn sie in Bezug auf den Geschäftsbetrieb sowohl des Markeninhabers als auch eines jeden Dritten irreführend ist (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 22 – Stadtwerke Bremen).

75

bb) Eine Täuschungseignung ist hier zu verneinen.

76

aaa) Es konnte schon nicht festgestellt werden, dass „Flatterich“ eine Lage oder einen bestimmten Wein bezeichnet.

77

bbb) Aber selbst wenn es eine Weinlagen- oder Weinbezeichnung wäre, bliebe eine nicht irreführende Verwendung möglich. Denn auch wenn die Inhaberin der angegriffenen Marke derzeit über keine eigenen Rebflächen verfügt, ist nicht ausgeschlossen, dass sie von dort stammende Weine vertreiben, entsprechende Flächen noch erwerben oder die Marke an einen ortsansässigen Produzenten lizenzieren oder übertragen kann.

78

f) Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke vor.

79

aa) Eine bösgläubige Markenanmeldung wird angenommen, wenn die anmeldende Person in Kenntnis eines fremden, durch Vorbenutzung entstandenen, bundesweit schutzwürdigen Besitzstandes ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung oder Unterbindung dieses Besitzstandes als Kennzeichen eintragen lässt, wenn sie die mit der Eintragung entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen will oder wenn sie die Markenanmeldung allein zu dem Zweck beabsichtigt, den Marktzutritt einer anderen Person zu verhindern, ohne die Marke selbst benutzen zu wollen (EuGH GRUR 2009, 763 Rdnr. 44 – Lindt & Sprüngli/Hauswirth; BGH GRUR 2016, 380 Rdnr. 17 – GLÜCKSPILZ m. w. N.; BGH GRUR 2016, 378 Rn. 18 ff. – LIQUIDROM).

80

bb) Einen markenrechtlich relevanten schutzwürdigen Besitzstand eines Dritten, in den die Anmeldung der angegriffenen Marke eingreift, hat die Antragstellerin nicht einmal behauptet.

81

cc) Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin die mit der Eintragung der Streitmarke entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen wollte.

82

Mangels Beschreibungseignung hat sich die Antragsgegnerin mit der Anmeldung ihrer Marke kein ungerechtfertigtes Monopol an einer allgemein üblichen Gattungsbezeichnung gesichert. Der bloße Umstand, dass sie das Weingut F1… in Forchtenberg wegen Verletzung ihrer Wortmarke „Flatterich“ abgemahnt und vor dem Landgericht Stuttgart – 41 O 44/14 KfH – ein Markenverletzungsverfahren eingeleitet hat, ist als angemessene Rechtsverteidigung von der gesetzlich geschützten Rechtsposition gedeckt und kann für sich genommen keinesfalls als Indiz für unlautere Absichten gewertet werden. Dies umso weniger, als die Streitmarke von der Rechtsvorgängerin, der K… e.G., zumindest bis zur Markeneintragung als Kennzeichen für einen Rotwein benutzt worden ist. Der erforderliche Benutzungswille setzt zudem nicht zwingend eine Verwendung der Marke durch den Anmelder selbst voraus, sondern umfasst auch die nicht ausschließbare Absicht, die Marke einer Benutzung durch Dritte zuzuführen.