Entscheidungsdatum: 13.04.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 306 69 361.5
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Richter am OLG Lehner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Zur Eintragung für die Waren
„Klasse 11: Waren aus Porzellan, nämlich Toilettengarnituren, Lampenvasen und Lampenfüße
Klasse 14: Uhrengehäuse; Broscheblättchen; Ringsteine; Münzen; Plaketten
Klasse 21: Geräte und Behälter für den Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Waren aus Porzellan, Ton, Glas, insbesondere Tafel-, Kaffee-, Tee-, Mokka-, Likör- und Konfektservice; Kunstporzellan, insbesondere Vasen, Dosen, Wandteller, Dessertschalen, Körbe, Figuren, Leuchter“
ist die Wortmarke 306 69 361.5
Europas Erstes Porzellan
angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, vollumfänglich zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für alle beanspruchten Waren die Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke werde im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nur als beschreibende Werbeaussage und nicht als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft verstanden. Maßgebliche Verkehrskreise seien nicht nur die Händler, Sammler und Liebhaber von edlen und traditionsreichen Porzellanwaren, sondern alle tatsächlichen und potentiellen Abnehmer der in der Anmeldung aufgeführten Waren. Dazu zählten auch Personen, die nicht über Kenntnisse der Geschichte der Porzellanherstellung verfügten. Dieser Personenkreis werde der angemeldeten Marke nur entnehmen, dass die mit ihr bezeichneten Waren das allerbeste, qualitativ hochwertigste Porzellan Europas seien. Dass in der kur-fürstlich-sächsischen Porzellanmanufaktur in Meissen tatsächlich das erste Mal in Europa Porzellan hergestellt worden sei, sei demgegenüber nicht geeignet, die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke zu begründen. Auch dass die angemeldete Marke als Hinweis auf das - zeitlich gesehen - erste Porzellan Europas verstanden werden könne, mache diese nicht in einer Weise mehrdeutig, dass daraus ihre Unterscheidungskraft hergeleitet werden könne. Vielmehr liege insoweit nur eine gewisse begriffliche Unbestimmtheit vor, die einer Schutzverweigerung prinzipiell nicht entgegenstehe. Dass aus wettbewerbsrechtlichen Gründen allein die Anmelderin die angemeldete Marke im geschäftlichen Verkehr benutzen dürfe, könne die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke ebenfalls nicht begründen, da für deren Beurteilung allein markenrechtliche und nicht wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte maßgeblich seien. Auch aus Zeitschriftenartikeln und sonstigen Berichten über die Anmelderin als erste Porzellanherstellerin in Europa lasse sich die originäre Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke nicht ableiten. Die Bekanntheit der Anmelderin als alte und qualitativ hochwertige Herstellungsstätte von Porzellanwaren könne nur im Rahmen der Prüfung der Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke Berücksichtigung finden, die die Anmelderin jedoch ausdrücklich nicht geltend gemacht habe.
Gegen die Zurückweisung ihrer Anmeldung wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die angemeldete Marke sei für die beanspruchten Waren nicht beschreibend, weshalb ihr auch nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle. Bei der Bezeichnung „Europas Erstes Porzellan“ handele es sich um eine mehrdeutige Aussage, die von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht in erster Linie als qualitative Beschreibung, sondern dahingehend verstanden werde, dass es sich um das zeitlich erste und somit um das älteste Porzellan Europas handele. Weltweit gebe es nur ein Unternehmen, das sich als Hersteller von Europas erstem Porzellan bezeichnen dürfe, nämlich die Anmelderin. Somit handele es sich bei der Bezeichnung „Europas Erstes Porzellan“ um einen unmissverständlichen Hinweis auf die Herkunft der Waren aus deren Unternehmen. Wettbewerbsrechtlich handele es sich um eine zulässige Spitzenstellungsbehauptung, die nur von der Anmelderin benutzt werden dürfe, was einen deutlichen Beleg für einen betrieblichen Herkunftshinweis und damit für eine unterscheidungskräftige Marke darstelle. Es handele sich rechtlich um den Sonderfall, dass eine unter dem Aspekt einer zeitlichen bzw. qualitativen Spitzenstellung mehrdeutige Marke nur von einem einzigen Unternehmen benutzt werden dürfe. Auch die Markenstelle habe zugestanden, dass Porzellanliebhaber wüssten, wann und wo in Europa zum ersten Mal Porzellan hergestellt worden sei. Wenn dieser Personenkreis die angemeldete Marke wahrnehme, assoziiere er mit dieser ausschließlich die Anmelderin. Aber auch wenn die maßgeblichen Verkehrskreise nicht wüssten, wer in Europa zuerst Porzellan hergestellt habe, sähen sie in der angemeldeten Marke stets einen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen, und selbst dann, wenn diese Verkehrskreise in der angemeldeten Marke einen Werbeslogan in Bezug auf die Qualität der angebotenen Produkte sähen, sei die angemeldete Marke unterscheidungskräftig, weil sie jedenfalls eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit aufweise. Dass die Mehrdeutigkeit von Marken deren Schutzfähigkeit begründen könne, sei in der Rechtsprechung anerkannt, wie sich aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu Marken wie „Bar jeder Vernunft“ (GRUR 2002, 1070, 1071), „LOGO“ (GRUR 2000, 722, 723), „ LOOK “ (GRUR 2001, 1150) und „Radio von hier“ (GRUR 2000, 321, 322) ergebe. Im Falle der angemeldeten Marke bestehe ein deutlicher begrifflicher Unterschied zwischen den Verständnismöglichkeiten des Markenbestandteils „Erster“ i. S. v. „Ältester“ bzw. i. S. v. „Bester“. Diese begriffliche Mehrdeutigkeit und Interpretationsfähigkeit rege den Verkehr zum Nachdenken an und spreche für die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke. Dagegen sei diese nicht, wie von der Markenstelle angenommen, begrifflich unbestimmt, weil sie in jeder der möglichen Verständnisrichtungen eine eindeutige Bedeutung aufweise, weshalb die der Zurückweisung von der Markenstelle zugrunde gelegten Entscheidungen im vorliegenden Fall nicht einschlägig seien. Entgegen der Ansicht der Markenstelle sei auch die wettbewerbsrechtliche Stellung der Anmelderin im Rahmen der Prüfung der Unterscheidungskraft nicht unmaßgeblich. Aus der Tatsache, dass jede Anmeldung der Bezeichnung „Europas Erstes Porzellan“ durch einen Dritten gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG i. V. m. den einschlägigen Bestimmungen des UWG zurückzuweisen sei, folge denknotwendig, dass diese Angabe ein eindeutiger und unmissverständlicher Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Porzellanwaren aus dem Unternehmen der Anmelderin sei. Da absolute Schutzhindernisse nicht gegeben seien, komme es auf die Durchsetzung der Marke für die Anmelderin nicht an, weshalb diese auch nicht geltend gemacht werde.
Die Anmelderin beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Mai 2007 und 28. Mai 2008 aufzuheben.
Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
II
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der angemeldeten Marke fehlt für die beanspruchten, in der Anmeldung im Einzelnen aufgeführten Waren der Klassen 11, 14 und 21 die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist nur dort Raum, wo eine Angabe geeignet ist, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO).
Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; GRUR Int. 2004, 631, 633 - Dreidimensionale Tablettenform). Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - markt-frisch; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ).
Ausgehend von diesen rechtlichen Voraussetzungen fehlt der angemeldeten Marke entgegen der Ansicht der Anmelderin die Eignung, die in der Anmeldung aufgeführten Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und zu unterscheiden und damit die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die angemeldete Marke ist ausschließlich aus Bestandteilen gebildet, die Eigenschaften der beanspruchten Waren beschreiben und stellt auch insgesamt nur eine diese Waren beschreibende Angabe dar. Der Markenbestandteil „Porzellan“ bezeichnet die Art bzw. die Beschaffenheit der Waren dahingehend, dass diese aus dem Material „Porzellan“ bestehen. Der Markenbestandteil „Europas“ ist die Genitivform der geografischen Angabe „ EUROPA “ und bezeichnet die geografische Herkunft der Waren. Auch der Markenbestandteil „Erstes“ weist einen beschreibenden Begriffsgehalt auf. Er wird bei einer Verwendung in Alleinstellung zwar zunächst und vor allem anderen als Bezeichnung für ein in zeitlicher Hinsicht erstes Ereignis gebraucht und verstanden. Im Einzelnen kommt ihm im Sachzusammenhang aber auch die von der Markenstelle der Zurückweisung der Anmeldung zugrunde gelegte Bedeutung „Bestes“ im Sinne einer Qualitätsbezeichnung zu. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen findet der Begriff „Erstes“ (bzw. auch „Erste“ oder „Erster“) Verwendung, um auf die qualitative Spitzenstellung einer Ware oder Dienstleistung hinzuweisen. Beispielhaft wird insoweit auf Bezeichnungen wie „Erste Wahl“ oder „Erstes Haus am Platz“ verwiesen. Gleiches gilt für Bezeichnungen wie „No. 1“ oder - im Englischen „First“ (vgl. insoweit PAVIS PROMA BPatG, 29 W (pat) 161/99, 29.11.2000 - Radio No. 1, und BPATG, 27 W (pat) 216/00, 06.03.2001 - 1stBavarianOnlineshop.com).
Auch insgesamt stellt die angemeldete Marke von Haus aus nur eine die verschiedenen Eigenschaften der beanspruchten Waren der Sache nach bezeichnende Angabe dar, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen auch so - und nur so - verstanden werden wird. Als maßgebliche Abnehmer der beanspruchten Waren sind, wovon auch die Markenstelle im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgegangen ist, nicht nur ausgesprochene Kenner und Liebhaber erlesener und teurer Porzellanwaren anzusehen. Vielmehr stellen angesichts der Fassung des Warenverzeichnisses, das eine Beschränkung auf Sammlerstücke nicht enthält, alle tatsächlichen und potentiellen Käufer von Porzellanwaren die für die Beurteilung der Verkehrsauffassung maßgeblichen Verkehrskreise dar. Da Porzellanwaren letztlich in jedem Haushalt benötigt und als Gebrauchs- bzw. Dekorationsgegenstände eingesetzt werden, ist somit letztlich das Verständnis des Allgemeinverkehrs maßgeblich. Ein normal informierter und angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher von Waren aus Porzellan verfügt aber im Allgemeinen nicht über Kenntnisse von der Geschichte der Porzellanherstellung in Europa und weiß im Allgemeinen nicht, von welchem Unternehmen innerhalb Europas zum ersten Mal Porzellan hergestellt worden ist. Ein solcher Durchschnittskäufer von Porzellanwaren wird die angemeldete Marke somit allein ihrem ursprünglichen Wortsinn nach entweder dahingehend verstehen, dass es sich um Europas bestes Porzellan handelt, oder auch im Sinne eines Hinweises auf das - in zeitlicher Hinsicht gesehen - erste in Europa erzeugte Porzellan verstehen. In beiden Verständnismöglichkeiten geht der begriffliche Inhalt der angemeldeten Marke nicht über den Rahmen einer die Art und Beschaffenheit, die geografische Herkunft und die Qualität bzw. den zeitlichen Ursprung der Waren bezeichnende Angabe hinaus und enthält aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise keinen weitergehenden, auf den Ursprung der Waren aus einem bestimmten Unternehmen hinweisenden Bestandteil.
Dass die angemeldete Marke vom Verkehr in zwei verschiedenen Richtungen verstanden werden kann, vermag ihr entgegen der Ansicht der Anmelderin im vorliegenden Fall nicht zur Unterscheidungskraft zu verhelfen. Auch verschiedene gleichwertige Bedeutungen einer Marke sprechen nicht für deren Unterscheidungskraft, wenn sich in Bezug auf die angemeldeten Waren alle Deutungsmöglichkeiten als sachbezogen oder sonst als zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet erweisen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ; GRUR 2008, 900, 901, Nr. 15 - SPA II). So liegt der Fall auch hier, weil beide ernsthaft in Betracht kommenden Verständnismöglichkeiten der angemeldeten Marke von Haus aus ausschließlich sachbezogen sind.
Dass nach Angaben der Anmelderin aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nur sie allein dazu befugt ist, die angemeldete Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Waren zu benutzen, ist ebenfalls nicht dazu geeignet, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden und der angemeldeten Marke zur Eintragung zu verhelfen. Ein wettbewerbsrechtlich begründeter Schutz des Anmelders muss im markenrechtlichen Eintragungsverfahren schon wegen der jeweils unterschiedlichen Schutzvoraussetzungen und Rechtspositionen unberücksichtigt bleiben (BGH GRUR 1995, 732, 734 - Füllkörper). Die Tatsache, dass ein Anmelder wettbewerbsrechtlich allein dazu berechtigt ist, eine Angabe zu benutzen, impliziert nämlich nicht die Kenntnis der maßgeblichen Verkehrskreise von der wettbewerbsrechtlichen Alleinstellung des Anmelders und sagt insbesondere nichts über die Kenntnis des Verkehrs darüber aus, wem die fragliche beschreibende Angabe betrieblich zuzurechnen ist. Sie kann daher die originäre Unterscheidungskraft einer Marke i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht begründen.
Da der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Waren aus den vorstehend dargestellten Gründen die Unterscheidungskraft fehlt, kommt es auf die Frage, ob ihrer Eintragung auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, nicht an.
Für die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Raum, weil auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Anmelderin nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war und auch nicht von der Rechtsprechung anderer Senate oder Gerichte abgewichen wurde, sondern auf der Grundlage der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Einzelfallentscheidung zu treffen war.