Entscheidungsdatum: 16.07.2014
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2012 003 972
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 16. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Dr. Himmelmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit Beschluss vom 23. November 2012 hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamtes durch einen Beamten des gehobenen Dienstes nach vorangegangener Beanstandung die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 19: Transportable Bauten (nicht aus Metall), insbesondere Trennwände
Klasse 20: Möbel, Spiegel, Rahmen und Möbelteile, insbesondere Büromöbel und Wohnmöbel, Möbelsysteme, Raumeinrichtungen und Büroeinrichtungen
Klasse 42: Beratung-, Planungs- und Entwurfsdienstleistungen insbesondere bezüglich Möbeln, Möbelteilen, Möbeldesign, Möbelauswahl, Raumgestaltung, Raumeinrichtung, Büroeinrichtung und Wohnraumeinrichtung; Einrichtungsberatung, Dienstleistungen eines Innenarchitekten, Dienstleistungen eines Designers, insbesondere in Bezug auf Möbel, Möbelteile, Möbeldesign, Möbelauswahl, Raumgestaltung, Raumeinrichtung, Büroeinrichtung und Wohnraumeinrichtung
angemeldeten Wortmarke 30 2012 003 972
UNIT
zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, weil die Angabe "UNIT" nur ein betriebsneutraler Hinweis auf bestimmte Eigenschaften einer Sache, einer Ware oder Dienstleistung sei. Durch die Bezeichnung "UNIT" werde sofort und ohne weiteres Nachdenken ausschließlich ein konkreter und direkter Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen hergestellt. Dem Zeichen "UNIT" komme nur beschreibende Bedeutung zu. An beschreibenden Angaben bestehe ein Freihaltungsbedürfnis.
Die gegen diesen Beschluss gerichtete Erinnerung der Markenanmelderin vom 2. Januar 2013 hat die Markenstelle für Klasse 20 durch einen Beamten des höheren Dienstes mit Beschluss vom 30. Mai 2013 mit der Begründung zurückgewiesen, der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Sie enthalte allein eine sachbezogene, beschreibende Angabe, die vom Verkehr als solche verstanden und keinem bestimmten Unternehmen zugeordnet werde. Den Begriff "UNIT" werde der angesprochene Verkehr dahingehend verstehen, dass es um Waren gehe, die als Einheit angeboten würden, zu einer Einheit zusammengestellt werden könnten usw. und die Dienstleistungen der diesbezüglichen Beratung und Planung dienen würden. "UNIT" sei zwar ein fremdsprachiger Begriff, sei aber als Wort des englischsprachigen Grundwortschatzes für "Einheit" den angesprochenen breiten Verkehrskreisen auch ohne Englischkenntnisse ohne weiteres verständlich. Die angemeldete Marke weise nicht auf ein bestimmtes Unternehmen hin, sondern beschreibe Art und Bestimmungszweck der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen. Der Begriff "UNIT" sei ohne weiteres verständlich und für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen glatt beschreibend. Der angemeldete Begriff treffe eine sinnvolle Aussage, sei eindeutig und bedürfe keiner Interpretation. Der Begriff "UNIT" werde nicht nur von der Anmelderin für Einrichtungen, Möbel und Wohnraum verwendet, weshalb die Bezeichnung "UNIT" nicht zwingend auf die Anmelderin hinweise. Die angesprochenen Verkehrskreise würden zudem nicht davon ausgehen, dass nur ein Unternehmen Waren und Dienstleistungen anbiete, die als Einheiten zusammengestellt werden könnten bzw. der Beratung und Planung in dem Zusammenhang dienen würden. Ob auch ein Freihaltebedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestehe, könne dahingestellt bleiben.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markenanmelderin. Sie hat vorgetragen, der Marke käme für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen Unterscheidungskraft zu. Das angemeldete Zeichen als solches stelle nicht ausschließlich eine sachbezogene Angabe dar und sei nicht geeignet, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als solche oder eine konkrete Eigenschaft derselben unmittelbar zu beschreiben. Ein hinreichend konkreter Sachbezug bzw. ein "enger sachlicher Bezug" liege nicht vor, weshalb die Marke unterscheidungskräftig sei. Der englischsprachige Begriff "UNIT" lasse Übersetzungsmöglichkeiten zu, die keinen hinreichend engen Bezug zu Möbeln aufweisen würden. Der Begriff "Einheit", mit dem die Markenstelle die Marke "UNIT" übersetzt habe, sei abstrakt und weise keinen Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf. Es bleibe unklar, was eine "Einheit" hinsichtlich der angemeldeten Waren und Dienstleistungen darstellen solle, weshalb der angemeldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Auch die dem angegriffenen Beschluss beigefügten Auszüge aus dem Internet könnten die Auffassung der Markenstelle für Klasse 20 nicht stützen.
Die Markenanmelderin beantragt zuletzt sinngemäß, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. November 2012 und 30. Mai 2013 aufzuheben und die Eintragung der Marke zu verfügen.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2010, 640 Rn. 10 – hey!; EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Vorsprung durch Technik). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2009, 411 Rn. 8 – STREETBALL).
Wortmarken besitzen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2001, 735 - Test it; EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Rn. 38 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Darüber hinaus besitzen auch solche Zeichen keine Unterscheidungskraft, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (BGH GRUR 2012, 1143, 1144 Rn. 9 - Starsat; GRUR 2010, 1100, 1102 Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855 Rn. 28 f. - FUSSBALL WM 2006; Ströbele, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage 2012, § 8 Rn. 68).
Eine Marke ist nicht schon dann unterscheidungskräftig, wenn sie nicht beschreibend ist, weil sie – um schutzfähig zu sein – stets auf die Herkunft der angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen hinweisen muss (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 70, 86 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rn. 19 – BIOMILD; GRUR 2008, 608 Rn. 61, 62 – EUROHYPO; GRUR Int. 2011, 400 Rn. 46 – Zahl 1000; Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 68).
Die Eintragung eines in der Sprache eines EU-Staates nicht unterscheidungskräftigen Wortes als nationale Marke in einem anderen Mitgliedstaat kann nur dann ausgeschlossen werden, wenn die beteiligten Verkehrskreise in dem Staat, in dem die Eintragung begehrt wird, im Stande sind, die eine betriebliche Herkunftsunterscheidung ausschließende Bedeutung dieses Wortes zu erkennen. Die insoweit maßgeblichen beteiligten Verkehrskreise sind der Handel und/oder der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24, 32 – Matratzen Concord/Hukla; Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 129). Unmittelbar sachbezogenen oder ausschließlich werbemäßigen Ausdrücken fehlt die Unterscheidungskraft, wenn sie aus geläufigen Ausdrücken einer Welthandelssprache oder der einschlägigen Fachsprache gebildet sind (BGH GRUR 2009, 411 Rn. 12 – STREETBALL; GRUR 2009, 949 Rn. 16-20 - My World; Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 130 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen in Fußn. 373).
Die angemeldete Marke "UNIT" ist ein Begriff der englischen Sprache, der von dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen deutschen Durchschnittsverbraucher als Einheit, Maßeinheit, Element, Stück bzw. Teil verstanden wird. Zu den für die Marke angemeldeten Waren der Klassen 19 und 20, also insbesondere Möbel, Möbelsysteme sowie Raum- und Büroeinrichtungen besteht ein enger beschreibender Bezug. Auch wenn die angemeldete Marke "UNIT" diese Waren nicht unmittelbar beschreibt, wird zwischen der Marke und diesen Waren ein enger beschreibender Bezug deshalb hergestellt, weil der Durchschnittsverbraucher den allgemeinen sachbezogenen Begriffsgehalt des angemeldeten Zeichens "UNIT" ohne weiteres und ohne Unklarheiten als Einheit bzw. Maßeinheit von Möbelsystemen und Raumeinrichtungen begreift.
Die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 beschreibt die angemeldete Marke "UNIT" unmittelbar. Denn Ziel von Beratungs-, Planungs- und Entwurfsdienstleistungen bezüglich Möbeln und Raumeinrichtungen ist es namentlich, eine harmonische Einheit herzustellen. Weil die angemeldete Marke die beanspruchten Dienstleistungen inhaltlich beschreibt, kann sie diese nicht nach ihrer betrieblichen Herkunft individualisieren, weshalb der Marke auch insoweit jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Insgesamt betrachtet erkennt der Durchschnittsverbraucher in der angemeldeten Marke kein Unterscheidungsmittel für die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, sondern einen engen beschreibenden bzw. unmittelbaren Bezug auf diese. Aus diesem Grund fehlt der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, weshalb die Beschwerde der Markenanmelderin gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Mai 2013 zurückzuweisen ist.
Darauf, ob der Eintragung der Marke auch das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.