Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.07.2011


BPatG 27.07.2011 - 26 W (pat) 57/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Schlehdorn" – keine Unterscheidungskraft – Täuschungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
27.07.2011
Aktenzeichen:
26 W (pat) 57/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 058 515.3

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. Juli 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann, den Richter Reker und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der nach einer einschränkenden Neuformulierung des Warenverzeichnisses nunmehr für die Waren

2

„Alkoholfreie Getränke, nämlich entalkoholisierte Weine und Schaumweine, Sekte; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere sowie aus Schlehen gewonnene oder mit Schlehen hergestellte Getränke), insbesondere Weine und Schaumweine, Sekte, weinhaltige Getränke“

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bestimmten Wortmarke

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Schlehdorn

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mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, vollumfänglich zurückgewiesen, weil der Eintragung der angemeldeten Marke für die Waren der Klasse 32 „Alkoholfreie Getränke, nämlich entalkoholisierte Weine und Schaumweine, Sekte“ angesichts des beschreibenden Charakters der angemeldeten Marke die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstünden und der Eintragung für die Waren der Klasse 33 „alkoholische Getränke (ausgenommen Biere sowie aus Schlehen gewonnene oder mit Schlehen hergestellte Getränke), insbesondere Weine und Schaumweine, Sekte, weinhaltige Getränke“ das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG entgegenstehe.

6

Zur Begründung hat sie ausgeführt, „Schlehdorn“ sei ein gängiger Begriff der deutschen Sprache, der einen Strauch bzw. einen kleinen Baum bezeichne, dessen Früchte zur Herstellung von Marmeladen und Säften verwendet würden. Der Durchschnittsverbraucher werde deshalb bei der Verwendung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren der Klasse 32 an einen entsprechenden Inhaltsstoff oder eine Geschmacksrichtung denken, jedoch nicht auf den Gedanken kommen, dass es sich dabei um einen Hinweis auf den Herstellungsbetrieb handele. Im Hinblick auf die beanspruchten Waren der Klasse 33 sei die angemeldete Marke geeignet, das Publikum über die Art und Beschaffenheit dieser Waren zu täuschen. Bei einer Bezeichnung dieser Waren mit dem Wort „Schlehdorn“ werde der überwiegende Teil der inländischen Durchschnittsverbraucher erwarten, ein alkoholisches Getränk zu erwerben, das zumindest Anteile von Schlehdorn enthalte. In dieser Erwartung werde der Verkehr ersichtlich getäuscht, da die im Warenverzeichnis enthaltenen Waren der Klasse 33 keinen Schlehdorn enthielten. Dass sich dies aus dem auf der Flasche aufgebrachten Zutatenverzeichnis entnehmen lasse, sei unerheblich, weil die Täuschungsgefahr allein an Hand der beanspruchten Marke zu beurteilen sei. Zudem stehe dem Verbraucher ein solches Zutatenverzeichnis bei einer Bestellung alkoholischer Getränke in Gaststätten im Allgemeinen nicht zur Verfügung.

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Dagegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Er ist der Ansicht, die Markenstelle habe bei ihrer Beurteilung der Marke zu sehr auf alkoholfreie Getränke im Allgemeinen und zu wenig auf die allein beanspruchten Spezialwaren der entalkoholisierten Weine, Schaumweine und Sekte abgestellt. Die Durchschnittsverbraucher dieser Spezialwaren seien nicht daran gewöhnt, Getränke aus immer neuen Arten von Früchten bzw. immer neue Geschmacksrichtungen angeboten zu bekommen, sondern gingen davon aus, dass Weine aus Trauben gewonnen würden. Der betreffende Durchschnittsverbraucher werde gar nicht auf die Idee kommen, dass ein mit „Schlehdorn“ bezeichneter Wein aus oder unter Verwendung von Schlehen hergestellt worden sei. Er sehe in dieser Bezeichnung deshalb auch keine beschreibende Angabe, sondern eine phantasievolle Kennzeichnung. Deshalb bestehe an der angemeldeten Marke auch kein Freihaltungsbedürfnis. In Bezug auf die Waren der Klasse 33 seien Täuschungen dadurch ausgeschlossen, dass im Warenverzeichnis klargestellt worden sei, dass die so gekennzeichneten Produkte nicht aus Schlehen oder unter Verwendung von Schlehen hergestellt worden seien. Gegebenenfalls könne in Bezug auf diese Waren im Warenverzeichnis auch noch das Wort „insbesondere“ durch ein „nämlich“ ersetzt werden.

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Der Anmelder beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Oktober 2009 und 22. April 2010 aufzuheben.

II

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Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist unbegründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen die von der Markenstelle der Zurückweisung zugrunde gelegten Schutzhindernisse entgegen. Bei dem Wort „Schlehdorn“ handelt es sich entgegen der vom Anmelder geäußerten Ansicht auch in Bezug auf die im Warenverzeichnis der Anmeldung aufgeführten, im Einzelnen näher bezeichneten alkoholfreien Getränke um eine Angabe, die zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit der Ware dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) und vom Verkehr auch ohne weiteres in diesem beschreibenden Sinne verstanden wird, weshalb ihr für diese Waren auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

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Dass es sich bei dem Schlehdorn - u. a. auch noch bekannt unter dem Namen „Schlehe“ - um einen Strauch bzw. einen kleinen Baum handelt, dessen Früchte zur Herstellung von Marmeladen und Fruchtsäften verwendet werden, hat die Markenstelle im angegriffenen Beschluss im Einzelnen dargelegt und nachgewiesen. Dies hat auch der Anmelder nicht in Abrede gestellt, so dass sich insoweit ergänzende Ausführungen erübrigen. Aus diesem Umstand folgt zwangsläufig, dass das dem normal informierten deutschen Durchschnittsverbraucher bekannte Wort auch dazu geeignet ist, auf die bei der Herstellung so bezeichneter Getränke verwendete Art der Früchte und damit zugleich die Geschmacksrichtung dieser Getränke hinzuweisen.

12

Die dagegen gerichtete Argumentation des Anmelders, der Verkehr werde das Wort „Schlehdorn“ deshalb nicht als beschreibende Angabe verstehen, weil er beim Erwerb eines Weines, Schaumweines oder Sekts stets ein Getränk erwarte, das aus Trauben erzeugt worden sei, vermag die Eignung des Wortes „Schlehdorn“ als beschreibende Angabe für diese Getränke nicht zu beseitigen, weil außer acht gelassen wird, dass die Warenbegriffe „entalkoholisierte Weine und Schaumweine, Sekte“ auch auf der Basis von anderen Obstsorten als Trauben erzeugte Weine, Schaumweine und Sekte umfassen und im Handel neben Traubenweinen seit langem auch viele Arten von verschiedenartigen Obstweinen und -sekten angeboten werden, die ihrer Art und Geschmacksrichtung nach unter Angabe der bei ihrer Herstellung verwendeten Frucht bezeichnet werden. In Bezug auf die im Warenverzeichnis enthaltenen Waren der Klasse 32 kann die angemeldete Marke deshalb zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit dieser Getränke hinsichtlich der Art der verwendeten Früchte dienen, weshalb der Eintragung insoweit - wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat - § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und - weil der unmittelbar beschreibende Charakter der angemeldeten Marke für die angesprochenen Verkehrskreise auf der Hand liegt und sie deshalb die Funktion einer betrieblichen Herkunftskennzeichnung nicht erfüllen kann - auch § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.

13

Auch die Zurückweisung der angemeldeten Marke für die Waren der Klasse 33 wegen ersichtlicher Täuschungsgefahr (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG) ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil der Verkehr bei einem unter der Bezeichnung „Schlehdorn“ vertriebenen alkoholischen Getränk ein solches erwartet, das aus oder unter Verwendung von Schlehdorn hergestellt worden ist, was jedoch nach der Fassung des Warenverzeichnisses ausdrücklich ausgeschlossen ist. Der Verkehr wird deshalb bei einer Verwendung der angemeldeten Bezeichnung für die im Warenverzeichnis der angemeldeten Marke aufgeführten alkoholischen Getränke, die nicht aus Schlehen gewonnen oder unter Verwendung von Schlehen hergestellt worden sind, stets in seiner berechtigten Erwartung getäuscht werden, ein auf der Grundlage von Schlehen erzeugtes und nach diesen schmeckendes Produkt zu erhalten, weshalb die Eignung zur Täuschung auch ersichtlich i. S. d. § 37 Abs. 3 MarkenG ist.

14

An dem ersichtlich irreführenden Charakter der angemeldeten Bezeichnung für Getränke, die nicht aus oder unter Verwendung von Schlehdorn-Früchten hergestellt worden sind, vermag der entsprechende Ausnahmevermerk im Warenverzeichnis der Anmeldung schon deshalb nichts zu ändern, weil dieser Ausnahmevermerk dem potentiellen Käufer der fraglichen Getränke nicht bekannt ist. Darauf, dass auch ein klarstellendes Zutatenverzeichnis nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. BPatGE 45, 1, 3 - Kombucha) auf einem Flaschenetikett die Gefahr der Irreführung nicht auszuschließen vermag, hat bereits die Markenstelle hingewiesen.

15

Auch die vom Anmelder ins Auge gefasste Ersetzung des Wortes „insbesondere“ durch ein „nämlich“ bei den Waren der Klasse 33 würde aus dem Bereich der ersichtlichen Täuschungsgefahr nicht hinausführen, weil sich dadurch nichts daran ändern würde, dass aus Schlehen oder mit Schlehen hergestellte Getränke vom Warenverzeichnis der Klasse 33 ausgeschlossen bleiben. Es war deshalb rechtlich weder geboten noch sonst sachdienlich, dem Anmelder vor der Entscheidung des Senats Gelegenheit zu einer solchen Umformulierung des Warenverzeichnisses zu geben. Vielmehr war die Beschwerde aus den zuvor dargelegten Gründen zurückzuweisen.