Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.02.2017


BPatG 13.02.2017 - 26 W (pat) 566/16

Markenbeschwerdeverfahren – "MFO Liegeleicht/Liegelind" – Warenidentität - zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
13.02.2017
Aktenzeichen:
26 W (pat) 566/16
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2013 069 261

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. Februar 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Reker und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

MFO Liegeleicht

3

ist am 19. Dezember 2013 unter der Nummer 30 2013 069 261 angemeldet und am 30. Januar 2014 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für Waren der

4

Klasse 6: Gitter- und Lattenroste aus Metall;

5

Klasse 20: Matratzen; Matratzenrahmen; Bettrahmen; Lattenroste für Betten; Möbel; Polstermöbel; Betten [Möbel]; Liegen; Bettzeug [ausgenommen Bettwäsche], insbesondere Kissen, Auflagen, soweit in Klasse 20 enthalten;

6

Klasse 24: Schonerdecken; Bettzeug [Bettwäsche], insbesondere Bettdecken, Steppdecken, Tagesdecken, Bettwäsche, Auflagen, soweit in Klassen 24 enthalten.

7

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 7. März 2014 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben aus der Wortmarke

8

Liegelind

9

die am 7. Dezember 2012 in das Register unter der Nummer 30 2012 007 888 eingetragen worden ist für Waren der

10

Klasse 12: Kinderwagen, Kinderwagenverdecke, Planen für Kinderwagen, Sicherheitskindersitze für Fahrzeuge;

11

Klasse 20: Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen; Accessoires, nämlich Mobiles [Dekorationsgegenstände] soweit sie in Klasse 20 enthalten sind aus vorgenannten Materialien, insbesondere für Kinder und Babys; Kinderhochstühle; Kinderlauflerngeräte; Laufställe für Kleinkinder; Nester für Kinderbetten oder Kinderwagen; Bettzeug [ausgenommen Bettwäsche]; Schlafsäcke für Campingzwecke; Wickelauflagen; alle genannten Waren, insbesondere für Kinder und Babys;

12

Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Bettdecken; Tischdecken; Bettwäsche; Tischwäsche; Textilhandtücher; Badewäsche [ausgenommen Bekleidungsstücke]; Schlafsäcke [zu Hüllen genähte Leintücher]; alle genannten Waren insbesondere für Kinder und Babys;

13

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Kinderbekleidung; Babybekleidung; Kinderwäsche; Babywäsche; Kinderstrumpfwaren; Babystrumpfwaren; Kinderschuhwaren; Babyschuhwaren; Kinderkopfbe-deckungen; Babykopfbedeckungen;

14

Klasse 28: Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck; Kinderspielwaren; alle genannten Waren insbesondere für Kinder und Babys.

15

Mit Beschluss vom 30. Mai 2016hat die Markenstelle für Klasse 20 des DPMA den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Vergleichsmarken könnten sich im Bereich identischer und hochgradig ähnlicher Waren im Bereich der Möbel, Betten, Bettrahmen, des Bettzeugs und der Bettwäsche begegnen. Die Widerspruchsmarke verfüge originär über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Zwar könne der Bestandteil „Liege...“ mit der Bedeutung „eine waagerechte Lage einnehmen“, und dem Bezug zum Liegen einen Sinngehalt und damit einen beschreibenden Bezug zu zumindest einem Teil der geschützten Waren haben. Die Verbindung mit dem Element „...lind“, das in Bezug auf Luft „angenehm mild, nicht rau oder kalt“ und bezüglich Wind „sanft, zart“ bedeute, sei aber für die geschützten Waren sprachunüblich und hinreichend phantasievoll. Der erforderliche Markenabstand werde eingehalten. Die angegriffene Marke werde von der Buchstabenfolge „MFO“ geprägt. Hierbei handele es sich zwar um den erkennbaren Firmennamen der Markeninhaberin, der im Regelfall nicht präge, es sei denn, der andere Markenteil sei wie hier kennzeichnungsschwach. Das Element „Liegeleicht“ setze sich aus den gebräuchlichen Wörtern „Liege“ und „leicht“ zusammen und informiere den Verbraucher darüber, dass die so gekennzeichneten Waren ein leichtes bzw. angenehmes und entspanntes Liegen ermöglichten. Hinsichtlich Betten und Bettwaren stelle dies eine verkehrswesentliche und zur Bewerbung geeignete Eigenschaft dar. Somit stünden sich beim Zeichenvergleich die prägenden Elemente „MFO“ und „Liegelind“ gegenüber, bei denen eine phonetische, schriftbildliche und begriffliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könne. Dies gelte selbst dann, wenn man zugunsten der Widersprechenden unterstelle, dass das gering kennzeichnungskräftige Element „Liegeleicht“ vom Verkehr nicht gänzlich vernachlässigt werde und zum Gesamteindruck der Widerspruchsmarke beitrage. Auch dann ergäben sich deutliche Unterschiede in Wortlänge, Sprechrhythmus, Silbengliederung und -anzahl sowie Schriftbild. Besonders deutlich sei der Unterschied am Beginn der Marken, dem regelmäßig erhöhte Aufmerksamkeit zukomme. Eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der selbständig kennzeichnenden Stellung komme aus Rechtsgründen nicht in Betracht, weil der angeblich in ähnlicher Weise in die jüngere Marke übernommene Bestandteil „Liegelind“ auf einen bloß beschreibenden Sinngehalt zurückzuführen sei.

16

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, der Widerspruchsmarke komme eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu, da mit ihr gekennzeichnete Waren von der Firma NKD, einer der größten Textileinzelhändler, in 1.800 Filialen in Deutschland vertrieben würden. Die angegriffene Marke werde von dem Bestandteil „Liegeleicht“ geprägt, zumindest habe er eine selbständig kennzeichnende Stellung, da der Verkehr in dem Bestandteil „MFO“ unschwer das Firmenschlagwort der Markeninhaberin erkenne. Die Widerspruchsmarke ähnele dem Bestandteil „Liegeleicht“ in der jüngeren Marke in begrifflicher und schriftbildlicher Hinsicht. Die Adjektive „leicht“ und „lind“ könnten synonym verwendet werden und der Bestandteil „Liege...“ am stärker beachteten Wortanfang sei in beiden Marken identisch vorhanden.

17

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

18

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des DPMA vom 30. Mai 2016 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 30 2012 007 888 anzuordnen.

19

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Im Amtsverfahren hat sie die Auffassung vertreten, eine Ähnlichkeit bestehe allenfalls im Hinblick auf die Waren der Klasse 20 „Möbel; Polstermöbel; Bettzeug [ausgenommen Bettwäsche]“ und der Klasse 24 „Bettwäsche“. Die Marken stimmten allein in dem beschreibenden Bestandteil „Liege...“ überein und unterschieden sich erheblich in Länge, Sprachrhythmus und Betonung sowie am besonders relevanten Zeichenanfang. Prägend sei das Element „MFO“. Der Bestandteil „Liegeleicht“ sei für die geschützten Waren der Klassen 6, 20 und 24 unmittelbar beschreibend, weil er zum Ausdruck bringe, dass der Verbraucher hierauf „leicht liegen“ könne und daher nur auf deren Komfort hinweise. Deshalb könne er auch keine selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb des Gesamtzeichens einnehmen.

20

Mit gerichtlichem Schreiben vom 23. Dezember 2016 sind die Verfahrensbeteiligten unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 2, Bl. 34 – 39 GA) auf die Rechtsauffassung des Senats hingewiesen worden.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

22

Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

23

Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht keine Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

24

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 45 f. - Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2016, 382 Rdnr. 19 – BioGourmet m. w. N.).

25

Auszugehen ist dabei von dem angesprochenen inländischen Verkehr, der alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren und Dienste Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 65 - Henkel). Maßgeblich ist dabei nicht ein flüchtiger, sondern ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 - Chiemsee). Dabei kann der Aufmerksamkeitsgrad je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein.

26

1. Ausgehend von der Registerlage werden die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung identischer Waren in Klasse 24 verwendet.

27

a) Die Produkte „Bettdecken“ und „Bettwäsche“ sind in beiden Verzeichnissen identisch enthalten. Die übrigen von der jüngeren Marke beanspruchten „Schonerdecken; Bettzeug [Bettwäsche], insbesondere Steppdecken, Tagesdecken, Auflagen, soweit in Klassen 24 enthalten“ werden von dem für die Widerspruchsmarke geschützten Warenoberbegriff „Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“ umfasst.

28

b) Der Grad der Warenähnlichkeit im Übrigen kann dahingestellt bleiben, weil selbst bei identischen Waren mangels Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr zu verneinen ist.

29

2. Die identischen Waren der Vergleichsmarken in Klasse 24 richten sich an breite Verkehrskreise, nämlich sowohl an den Durchschnittsverbraucher als auch an den Textilfachhandel, die den für das Bett bestimmten Textilwaren, die auch zu verhältnismäßig niedrigen Preisen erworben werden können, mit maximal durchschnittlicher Aufmerksamkeit begegnen werden.

30

3. Der Widerspruchsmarke „Liegelind“ kommt eine durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft zu.

31

a) Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010, 1096 Rdnr. 31 - BORCO/HABM [Buchst. a]; BGH a. a. O. Rdnr. 31 - BioGourmet). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt (BGH WRP 2015, 1358 Rdnr. 10 - ISET/ISETsolar; GRUR 2008, 905, 907 Rdnr. 16 - Pantohexal).

32

b) Die Widerspruchsmarke setzt sich aus den beiden deutschen Wörtern „Liege“ und „lind“ zusammen.

33

aa) Neben vielen anderen Bedeutungen hat das Verb „liegen“ den Sinngehalt „eine waagerechte Lage einnehmen“ (www.duden.de, Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis). Die Widerspruchsmarke verwendet es in der Form des Imperativs.

34

bb) Das Adjektiv „lind“ bedeutet „angenehm mild, nicht rau oder kalt“, selten auch „sanft, zart“ (www.duden.de, Anlage zur Beschwerdebegründung). Es findet nur in gehobener oder dichterischer Sprache Verwendung und ist entsprechend selten (vgl. http://wortschatz.uni-leipzig.de, Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis).

35

cc) In der Gesamtheit enthält die Widerspruchsmarke die Aufforderung „Nimm eine angenehm milde/sanfte waagerechte Lage ein!“. Dabei ist schon die Verwendung des Adjektivs „lind“ als Adverb sprachregelwidrig. Aber auch die Kombination des Verbs „liegen“ mit dem selten gebrauchten Adjektiv „lind“ bzw. mit „angenehm mild oder sanft“ ist sprachunüblich und ungewöhnlich. Denn „mild“ wird nur im Zusammenhang mit Temperaturen, Licht, Speisen, Chemikalien und zur Beschreibung des Wesens eines Menschen benutzt. Auch „sanft“ oder „zart“ können nur Nahrungsmittel sein oder eine Charaktereigenschaft angeben (www.duden.de). Web- und Textilwaren werden weder mit „angenehm mild“ noch mit „sanft“ beschrieben. Es bedarf daher schon mehrerer analysierender Gedankenschritte, um dieser Bezeichnung den Sachhinweis zu entnehmen, dass die Produkte der Klasse 24 dazu bestimmt sind, das angenehme Liegen im Bett zu ermöglichen oder zu fördern. Selbst diese Bedeutung enthält für „Tischdecken; Tischwäsche; Textilhandtücher“ und „Badewäsche“ keinen beschreibenden Sinngehalt.

36

c) Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann nicht festgestellt werden.

37

Für die Annahme einer gesteigerten Verkehrsbekanntheit bedarf es hinreichend konkreter Angaben zum Marktanteil, zu Intensität, geographischer Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unternehmens inklusive Investitionsumfangs zur Förderung der Marke und zur dadurch erreichten Bekanntheit in den beteiligten Verkehrskreisen. Im Allgemeinen lassen am ehesten objektive Statistiken oder demoskopische Befragungen zuverlässige Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit einer Marke zu (vgl. BGH, GRUR 2008, 903, Rdnr. 13 - SIERRA ANTIGUO).

38

Die alleinige Behauptung, mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Waren seien in 1.800 Filialen von der Firma NKD, einer der größten Textileinzelhändler, in Deutschland angeboten worden, genügt hierfür nicht. Die Widersprechende hat nicht einmal vorgetragen, wann welche konkreten Waren in welchen Stückzahlen oder mit welchem Umsatz verkauft, in welcher Art und Höhe Werbeaufwendungen getätigt und welche Marktanteile damit erreicht worden sind.

39

4. Trotz identischer Waren der Klasse 24, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und eines höchstens durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrades der angesprochenen Verkehrskreise hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand noch ein.

40

a) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (BGH, GRUR 2013, 833, Rdnr. 30 – Culinaria/Villa Culinaria), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2004, 428, Rdnr. 53 – Henkel; BGH, GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, GRUR 2005, 1042, Rdnr. 28 f. - THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2012, 64, Rdnr. 14 - Maalox/Melox-GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. EuGH, GRUR 2006, 413, Rdnr. 19 - ZIRH/SIR; BGH a. a. O. Rdnr. 37 - BioGourmet).

41

Einem beschreibenden Markenbestandteil kann in der Regel keine prägende Kraft zugemessen werden, weil er von den angesprochenen Verkehrskreisen regelmäßig nur als Sachhinweis zur Unterrichtung des Publikums und nicht als Hinweis auf den Hersteller verstanden wird (BGHZ 139, 59, 65 = GRUR 1998, 930 - Fläminger). Markenelemente, die für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibend sind, treten für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurück, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (EuGH GRUR 2007, 700 Rdnr. 41 – HABM/Shaker [Limoncello]; EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2009, 772 Rdnr. 57 – Augsburger Puppenkiste; a. a. O. Rdnr. 18 – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2007, 888 Rdnr. 22 u. 31 – Euro Telekom).

42

b) Die angegriffene Marke besteht aus der Buchstabenfolge „MFO“ und dem Bestandteil „Liegeleicht“.

43

aa) Da die Buchstabenfolge „MFO“ das Firmenschlagwort der Markeninhaberin ist und keine geläufige Abkürzung im Bereich der Textilwaren darstellt, handelt es sich um ein kennzeichnungskräftiges Element.

44

bb) Der Bestandteil „Liegeleicht“ setzt sich aus der Imperativform des Verbs „liegen“ und dem geläufigen Adjektiv „leicht“ zusammen.

45

aaa) Das Verb „liegen“ bedeutet „eine waagerechte Lage einnehmen“.

46

bbb) „Leicht“ hat die Bedeutungen „von geringem Gewicht“, „einfach, unkompliziert“, „von geringem Ausmaß“, bei Speisen „bekömmlich gut verträglich“ und bei Personen „heiter, unbeschwert“ (www.duden.de).

47

cc) Auch wenn das Adjektiv „leicht“ hier als Adverb verwendet wird, kann die Wortzusammensetzung „Liegeleicht“ von den angesprochenen Verkehrskreisen in Bezug auf die in Klasse 24 registrierten Waren, wie Bettdecken, Bettzeug, Bettwäsche und Auflagen, dahingehend verstanden werden, dass diese Produkte entweder aufgrund ihres geringen Gewichts oder aus anderen Gründen ein einfaches und unkompliziertes Liegen im Bett ermöglichen. Aufgrund dieser die Waren beschreibenden Aussage tritt der Bestandteil „Liegeleicht“ in den Hintergrund, so dass die jüngere Marke von der Buchstabenfolge „MFO“ geprägt wird.

48

Der Umstand, dass die Buchstabenfolge „MFO“ gleichzeitig das Firmenschlagwort und die vorangestellte Abkürzung des Unternehmenskennzeichens der Markeninhaberin ist, steht der Prägung nicht entgegen, weil dem Bestandteil „Liegeleicht“ nur beschreibender Charakter beigemessen wird.

49

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass bei zusammengesetzten Zeichen ein Bestandteil, der für den Verkehr erkennbar Unternehmenskennzeichen ist, im Allgemeinen in der Bedeutung für den Gesamteindruck zurücktritt, weil der Verkehr die eigentliche Produktkennzeichnung in derartigen Fällen im anderen Bestandteil erblickt (BGH GRUR 2001, 164, 166 – Wintergarten). Dieser Erfahrungssatz besagt aber nicht, dass die tatrichterliche Würdigung des Einzelfalls unter Heranziehung aller Umstände nicht zu einem abweichenden Ergebnis führen kann (BGH GRUR 1998, 1014, 1015 – ECCO II; GRUR 2002, 167, 169 – Bit/Bud; GRUR 2008, 258 Rdnr. 27 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 905 Rdnr. 27 – Pantohexal). Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn der weitere Markenbestandteil beschreibenden Charakter hat, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade die Verwendung beschreibender Wörter neben einem Stammbestandteil den Verkehr veranlasst, sich bezüglich der Produktherkunft in erster Linie an dem Stammbestandteil zu orientieren (BGH, GRUR 1998, 927, 929 - COMPO-SANA; GRUR 2002, 342, 344 - ASTRA/ESTRA-PUREN; BPatG 25 W (pat) 202/09 - SOJA FIT/BERIEF SOJA FIT). So liegt der Fall hier.

50

Somit steht der Widerspruchsmarke „Liegelind“ allein der Bestandteil „MFO“ der angegriffenen Marke gegenüber, die in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht unähnlich sind, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausscheidet.

51

5. a) Aber selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellte, dass der beschreibende Bestandteil „Liegeleicht“ vom Verkehr nicht völlig außer Acht gelassen wird, wäre eine unmittelbare Verwechslungsgefahr wegen unterdurchschnittlicher Zeichenähnlichkeit zu verneinen.

52

Denn in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht wären die Vergleichsmarken nur gering ähnlich, weil die Buchstabenfolge „MFO“ am stärker beachteten Markenbeginn einen erheblichen Unterschied ausmachen würde.

53

Auch in begrifflicher Hinsicht würden sie nur im beschreibenden Element „Liege“ übereinstimmen, weil „lind“ nicht mit „leicht“ gleichgesetzt werden kann. Synonyme für „lind“ sind nur „freundlich, lau, mild, schön“ und „warm“ (www.duden.de).

54

b) Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne wäre ebenfalls zu verneinen.

55

aa) Eine solche Verwechslungsgefahr ist gegeben, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042 Rdnr. 31 - THOMSON LIFE; GRUR 2010, 933 Rdnr. 34 Barbara Becker; BGH GRUR 2010, 646 Rdnr. 15 – OFFROAD; BGH GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz).

56

bb) Zwar enthält die Marke „MFO Liegeleicht“ das Firmenschlagwort und die Abkürzung des Unternehmenskennzeichens der Inhaberin der jüngeren Marke „MFO“, aber zum einen wäre die mit normalem Schutzumfang versehene Widerspruchsmarke „Liegelind“ weder identisch noch hinreichend ähnlich in die angegriffene Marke übernommen worden, zum anderen würde der Bestandteil „Liegeleicht“ aufgrund seines beschreibenden Charakters nur als Sachangabe und nicht als selbständig kennzeichnend wahrgenommen. Damit läge der Fall anders als bei „THOMSON LIFE“.

III.

57

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht gegeben.