Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 28.07.2016


BPatG 28.07.2016 - 26 W (pat) 564/12

Markenbeschwerdeverfahren – "wendestein (Wort-Bild-Marke)/Wellensteyn" – teilweise Warenidentität – teilweise fehlende Warenähnlichkeit - zur Kennzeichnungskraft – teilweise klangliche Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
28.07.2016
Aktenzeichen:
26 W (pat) 564/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 066 489

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. Juli 2016 durch die Vorsitzende Richterin Kortge, den Richter Reker sowie den Richter kraft Auftrags Schödel

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. August 2012 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 305 62 316 gegen die Eintragung der Marke 30 2008 066 489 für Waren der

Klasse 18: Halsbänder und Bekleidungsstücke für Tiere, insbesondere aus Leder und Lederimitationen; Teile der vorgenannten Waren, soweit in Klasse 18 enthalten

zurückgewiesen worden ist.

Insoweit wird das Deutsche Patent- und Markenamt angewiesen, die Löschung der Marke 30 2008 066 489 wegen des Widerspruchs aus der Marke 305 62 316 anzuordnen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die Eintragung der am 17. Oktober 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldeten und am 9. Februar 2009 in das Markenregister für die Waren der

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Klasse 5: Bernstein und Waren daraus für medizinische Zwecke, nämlich Mittel zur Erleichterung des Zahnens, aus Bernstein gewonnene Öle für medizinische Zwecke, aus Bernstein gewonnene Heilmittel für medizinische Zwecke, mit Bernstein versetztes oder zubereitetes Wasser;

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Klasse 14: Schmucksteine, insbesondere aus Bernstein; Juwelierwaren; Schmuckwaren, insbesondere Bernsteinschmuck; Edelsteine;

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Klasse 18: Halsbänder und Bekleidungsstücke für Tiere, insbesondere aus Leder und Lederimitationen; Teile der vorgenannten Waren, soweit in Klasse 18 enthalten;

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Klasse 20: Bernstein und Waren daraus, soweit in Klasse 20 enthalten;

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Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen

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eingetragenen Wort-/Bildmarke 30 2008 066 489

Abbildung

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ist Widerspruch erhoben worden aus der am 19. Oktober 2005 beim DPMA angemeldeten und am 15. März 2006 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 14, 16, 18, 24, 25, 28, 29, 30, 32, 33, 34, 41 und 43 eingetragenen Wortmarke 305 62 316

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Wellensteyn

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die nach Ablauf der zehnjährigen Schutzdauer zum 31. Oktober 2015 nur teilweise, nämlich für die Waren der

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Klasse 9: Brillen- und Sonnenbrillen und Etuis dafür; Brillenkordeln; Skibrillen; Schutzhelme für Wintersportler, Reiter, Radfahrer und Motorradfahrer; Unfallschutzbekleidung, einschließlich Schuhe, Spezialbekleidung für Rettungszwecke, Gesichtsschutzschilder, Schutzbrillen oder Schutzmasken für Arbeiter;

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Klasse 18: Aktentaschen; Dokumentenmappen; Badetaschen; Bekleidungsstücke für Tiere; Brieftaschen; Campingtaschen; Chevreauleder (Ziegenleder), Dokumentenkoffer; Felldecken (Pelz); Felle (Pelze); Geldbörsen (Geldbeutel); Geldbörsen, nicht aus Edelmetall; Geschirre, Sattel und Zaumzeug für Tiere; Halsbänder für Tiere; Handtaschen; Häute (zugerichtet); Häute von Schlachttieren; Hüfttaschen (Wimmerl); Jagdtaschen; Kartentaschen (Brieftaschen); Klopfpeitschen; Kniegamaschen für Pferde; Koppelriemen; Kosmetikkoffer; Kunstleder; Leder, roh oder teilweise bearbeitet; Lederfäden; Ledergurte; Lederimitationen; Lederriemen; Lederschnüre; Lederzeug; Maulkörbe; Moleskin (Fellimitation); Möbelbezüge aus Leder; Möbelüberzüge aus Leder; Notenmappen; Peitschen; Pelze (Tierfelle); Pferdedecken; Regenschirme; Reisekoffer (Handkoffer); Reisekoffer; Reisenecessaires (Lederwaren); Reisetaschen; Rucksäcke für Bergsteiger; Rucksäcke; Satteldecken für Pferde; Sattelgurte; Sattlerwaren; Schlüsseletuis (Lederwaren); Schulranzen; Schultaschen; Sonnenschirme; Sättel für Pferde; Tierhäute; Tornister (Ranzen); Unterlagen für Reitsättel; Werkzeugtaschen aus Leder (leer); Wurstdärme; Ziegenleder; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Spazierstöcke; Pferdegeschirre;

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Klasse 24: Badewäsche (ausgenommen Bekleidungsstücke); Ballonstoffe (gasundurchlässig); Barchent; wasserdichte und atmungsaktive Stoffe; laminierte Stoffe; Baumwollstoffe; Bettdecken; Bettwäsche; Brokate; Chenille (Stoff); Cheviotstoffe; Cottonade; Crepon; Damast; Drell; Droguet; Drucktücher aus textilem Material; Duschvorhänge aus textilem Material oder aus Kunststofffolie; Etiketten aus Textilstoffen; Fahnen, Wimpel (nicht aus Papier); Federbettdecken; Filtermaterial (Textilstoffe); Filz; Flachsstoffe; Flanell; Fries (Wollgewebe); Futterstoffe für Schuhwaren; Futterstoffe; Gardinen aus Textilien oder aus Kunststoff; Gardinenhalter aus Textilstoffen; Gewebe für textile Zwecke; Glasfaserstoffe für Textilzwecke; Glasseidengewebe (Reinigungstücher); Grobgewebe (Sackleinen); Gummitücher, ausgenommen für Schreibwaren; Hanfdrillich; Hanfleinwand; Hanfstoffe; Haushaltswäsche; Heimtextilien; Hutfutterstoffe; Indiennes (bedruckte Baumwollstoffe); Jerseystoffe; Jutestoffe; Kanevas für Teppiche und Stickereien; Karaffenuntersetzer (Tischwäsche); Kattun; Kissenbezüge; Kopfkissenbezüge; Kreppstoffe; Kunstseidenstoffe; Käsetücher; Lederimitationsstoffe; Leinwand; Marabu (Stoff); Matratzentuch (Inlett); Matratzenüberzüge; Moleskin (Stoff); Moskitonetze; Möbelbezüge aus Kunststoff; Möbelstoffe; Möbelüberzüge aus Textilien; Platzdeckchen (Sets) (nicht aus Papier); Portieren (Vorhänge); Ramiestoffe; Reisedecken; Rollos aus textilem Material; Samt; Scheibengardinen; Schlafsäcke (soweit in Klasse 24 enthalten); Seidenstoffe; Steifleinen; Steppdecken; Tagesdecken für Betten; Stoffe; Strickstoffe; Taft; Textilersatzstoffe aus Kunststoff; Textilhandtücher; Textilservietten; Textilstoffe für Schuhwaren; Textilstoffe; Textiltapeten; Textiltaschentücher; Tischdecken (nicht aus Papier); Tischdecken (rund) (nicht aus Papier); Tischwäsche (nicht aus Papier); Toilettendeckelüberzüge; Tücher (Laken); Waschhandschuhe; Webstoffe (elastisch); Webstoffe; Webstoffe mit vorgezeichneten Stickmustern; Wollstoffe; Wäschestoffe (verarbeitet); Wäschestoffe; Zephir (Webstoffe), Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten;

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Klasse 25: Anzüge; Babywäsche; Badeanzüge; Badehosen; Bademäntel; Bademützen; Badesandalen; Badeschuhe; Bandanas (Tücher für Bekleidungszwecke); Baskenmützen; Bekleidung aus Lederimitat; Bekleidung für Autofahrer; Bekleidungsstücke; Bekleidungsstücke aus Papier; Boas (Bekleidung); Bodysuits (Teddies, Bodies); Büstenhalter; Camisoles; Chasubles; Damenkleider; Duschhauben; Einlegesohlen; Einstecktücher; Faschings-, Karnevalskostüme; Fausthandschuhe; Fischerwesten (Anglerwesten); Fußballschuhe; Gabardinebekleidung; Geldgürtel (Bekleidung); Gymnastikbekleidung; Gymnastikschuhe; Gürtel (Bekleidung); Halbstiefel (Stiefeletten); Halstücher; Handschuhe (Bekleidung); Hausschuhe; Hemd-Höschenkombinationen (Unterbekleidung); Hemdblusen; Hemden; Hosen; Hüftgürtel; Hüte; Jacken; Jerseykleidung; Joppen (weite Tuchjacken); Kapuzen; Kleidereinlagen (konfektioniert); Kleidertaschen (vorgefertigt); Konfektionsbekleidung; Kopfbedeckungen; Korsetts; Krawatten; Krawattentücher; Käppchen (Kopfbedeckungen); Lederbekleidung; Leibwäsche; Livreen; Lätzchen, nicht aus Papier; Manschetten (Bekleidung); Mantillen; Mieder; Morgenmäntel; Muffe (soweit in Klasse 25 enthalten); Mäntel; Mützen; Mützenschirme; Oberbekleidungsstücke; Ohrenschützer (Bekleidung); Overalls; Parkas; Pelerinen; Pelze (Bekleidung); Petticoats; Pullover; Radfahrerbekleidung; Regenmäntel; Röcke; Sandalen; Saris; Schals, Schärpen; Schlafanzüge; Schnürstiefel; Schuhe (Halbschuhe); Schuhrahmen; Schuhsohlen; Schuhvorderkappen; Schuhwaren; Schweißblätter; Schürzen (Bekleidung); Skischuhe; Slips; Socken; Sportschuhe; Sportschuhe (Halbschuhe); Stiefel; Stirnbänder (Bekleidung); Stoffschuhe (Espadrillos); Stolen; Stollen für Fußballschuhe; Strandanzüge; Strandschuhe; Strumpfbänder; Strumpffersen; Strumpfhalter; Strumpfhosen; Strümpfe; Sweater; T-Shirts; Togen (Bekleidungsstücke); Trikotkleidung; Trikots; Turbane; Uniformen; Unterhosen, Unterwäsche; Wadenstrümpfe; Wasserskianzüge; Westen; Wirkwaren (Bekleidung); Zylinderhüte; Überzieher

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am 23. Mai 2016 (EDV-Erfassungstag beim DPMA) mit Wirkung zum 1. November 2015 verlängert worden ist.

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Die Markenstelle für Klasse 20 des DPMA hat den Widerspruch mit Beschluss vom 17. August 2012 zurückgewiesen, weil zwischen den beiderseitigen Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, auch unter Berücksichtigung der teilweisen Identität der Waren halte die angegriffene Marke gegenüber der Widerspruchsmarke, bei der von einer von Haus aus normalen, nachträglich nicht weiter gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen sei, den markenrechtlich gebotenen Abstand in jeder Richtung ein. Die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, eine über das Normale hinausgehende Erhöhung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen. Auf Grund der eingereichten Unterlagen sei davon auszugehen, dass der behauptete Umsatz in Höhe von rund 30 Millionen Euro jährlich überwiegend mit Jacken erzielt worden sei. Lege man der Beurteilung zugrunde, dass das deutsche Bekleidungsgewerbe nach öffentlich zugänglichen Quellen im Jahre 2010 einen Umsatz von mindestens 6 Milliarden Euro erzielt habe, der im Jahre 2011 noch deutlich gestiegen sei, könne von einem überdurchschnittlichen Marktanteil der Widerspruchsmarken auf dem Bekleidungssektor nicht gesprochen werden. Auch die von der Widersprechenden behaupteten Werbemaßnahmen ließen nicht auf eine erhöhte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke schließen. Die beiderseitigen Marken wiesen ausreichende klangliche, schriftbildliche und begriffliche Unterschiede auf. In schriftbildlicher Hinsicht falle ins Auge, dass der Bestandteil „wende“ des Wortes „wendestein“ in Fettschrift dargestellt sei. Das die  angegriffene Marke bildende Wort „wendestein“ weise zwar die gleiche Silbenzahl und die gleiche Vokalfolge wie die Widerspruchsmarke auf. Auch seien die Schlusssilben „stein“ bzw. „steyn“ klanglich identisch und schriftbildlich sehr ähnlich. Die beiderseitigen Marken wiesen jedoch insgesamt einen unterschiedlichen Begriffsgehalt auf. Unter der Bezeichnung „Wellensteyn“ könne ein von Wellen bearbeiteter Stein oder ein Stein in Wellenform verstanden werden, während das Wort „wendestein“ einen Stein bezeichne, der gewendet werden könne oder an einem Wendepunkt positioniert werde. Dieser unterschiedliche Begriffsgehalt trage zu einer Verminderung der Verwechslungsgefahr in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht bei.

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Dagegen wendet sich der Widersprechende mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, der Beschluss der Markenstelle weise einen Begründungsmangel auf. Die Markenstelle habe bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auf Quellen Bezug genommen, die ihrem Beschluss nicht beigefügt worden und auch nicht allgemein zugänglich seien. Die zitierten Angaben von der Internetseite „de.statista.com“ seien nur für Abonnenten des Informationsdienstes einsehbar. Den Verfahrensbeteiligten sei es deshalb verwehrt, zu beurteilen, ob die von der Markenstelle getroffenen Feststellungen zutreffend seien. Hinzu komme, dass sich die von der Markenstelle angegebenen Branchenumsatzzahlen widersprächen. So sei im angegriffenen Beschluss zunächst ausgeführt, der deutsche Bekleidungssektor weise einen jährlichen Umsatz von 6 Mrd. Euro auf. Im Widerspruch dazu stehe die von der Markenstelle ebenfalls zitierte Meldung des Bundesverbandes des Deutschen Textileinzelhandels, wonach sich die geschätzten Umsatzzahlen im Jahre 2011 auf 29 Mrd. Euro belaufen hätten.

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Die Markenstelle habe zu Unrecht eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke verneint. Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft einer Marke seien alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Hierzu zählten bei der Widerspruchsmarke, dass die mit ihr gekennzeichneten Jacken im oberen Preissegment angesiedelt seien und dass die Widerspruchsmarke seit Jahren konstant sowohl in den großen, deutschlandweit vertretenen Kaufhäusern als auch im Fachhandel und in eigenen „Wellensteyn Collection Stores“ vertreten sei und in Fachmagazinen als „Spitzenlabel“ hervorgehoben werde. Die Widerspruchsmarke werde vom Widersprechenden und den Einzelhändlern auch gegenüber dem Endverbraucher beworben. Die Markenstelle habe bei der Beurteilung des Marktanteils der Widerspruchsmarke auch zu Unrecht auf den gesamten Bekleidungssektor bzw. den gesamten Bekleidungsfachhandel abgestellt. Das maßgebliche Marktumfeld bestimme sich aber nach den Eigenschaften der betreffenden Waren. Vorliegend sei deshalb auf den Outdoor-Bekleidungsmarkt, den Bereich Fashion Sportswear oder auf das Bekleidungssegment „Jacken“ abzustellen gewesen. Letztlich habe die Markenstelle auch die von der Widersprechenden glaubhaft gemachten Werbemaßnahmen nicht umfassend gewürdigt. Unter Vorlage weiterer Glaubhaftmachungsunterlagen trägt der Widersprechende vor, die Widerspruchsmarke habe im Bereich der Outdoor- bzw. Sport-Jacken zu den zehn beliebtesten Outdoor-Labels für Männer im Jahre 2011 gehört. Mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Jacken würden deutschlandweit außer in 30 „Wellensteyn Collection Stores“ über große Warenhausketten vertrieben, die ihrerseits die Produkte der Widersprechenden umfangreich beworben hätten. Über die Erfolgsgeschichte der Widerspruchsmarke habe im November 2010 auch die „Financial Times Deutschland“ berichtet. Dass die Widerspruchsmarke über eine durch intensive Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft verfüge, habe auch die Markenstelle für Klasse 18 des DPMA in einem zum Aktenzeichen 30 2011 013 700 ergangenen Beschluss vom 6. September 2012 bestätigt.

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Auch die Beurteilung der Markenähnlichkeit durch die Markenstelle sei rechtlich unzutreffend. Die Marken seien in bildlicher Hinsicht ähnlich, weil sie den identischen Wortanfang „We“ sowie die weitgehend übereinstimmenden Bestandteile „stein“ bzw. „steyn“ enthielten. In klanglicher Hinsicht seien die Silbenzahl sowie der Sprachrhythmus identisch. Die Buchstaben „i“ und „y“ in den Schlusssilben würden identisch ausgesprochen. Begrifflich stimmten beide Markenwörter in den Wortbestandteilen „stein“ bzw. „steyn“ überein. Insgesamt wiesen sie keinen sinnvollen Begriffsgehalt auf. Die von der Markenstelle angenommenen Bedeutungen der Markenwörter seien weder lexikalisch nachweisbar noch im Verkehr üblich oder bekannt. Der Verbraucher werde die Markenwörter auch keiner interpretatorischen Analyse unterziehen.

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Der Widersprechende beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des DPMA vom 17. August 2012 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 305 62 316 anzuordnen.

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Die Markeninhaberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie ist der Ansicht, der angefochtene Beschluss sei zu Recht ergangen und weise keine rechtlichen Fehler auf. Dass ihm eine der von der Markenstelle zitierten Quellen nicht beigefügt worden sei, sei unerheblich, weil sich die Umsatzzahlen des deutschen Bekleidungsfachhandels im Jahre 2011 auch aus einer weiteren von der Markenstelle zitierten Internetquelle ergäben, die in der Begründung vollständig zitiert und für jedermann online abrufbar und damit allgemein zugänglich sei. Die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch die Markenstelle sei rechtlich zutreffend. Auch die vom Widersprechenden mit der Beschwerdebegründung ergänzend vorgelegten Unterlagen reichten nicht aus, um eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen. Der vom Widersprechenden zitierte Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 sei nicht rechtskräftig und auch sonst für das vorliegende Verfahren ohne Belang. Selbst bei Zugrundelegung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reichten die klanglichen, schriftbildlichen und begrifflichen Unterschiede der Marken aus, um Verwechslungen zwischen den Marken auszuschließen.

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Der Senat hat mit Schreiben vom 16. März 2016 unter Übersendung einer Anzahl von Recherchebelegen auf seine vorläufige Rechtsauffassung hingewiesen, eine einvernehmliche Einigung der Parteien angeregt sowie den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat daraufhin mit Schriftsatz vom 14. April 2016, eingegangen bei Gericht am 18. April 2016, auf den Schutz ihrer Marke für die Waren der Klasse 25 verzichtet.

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Eine gütliche Einigung der Parteien ist innerhalb der vom Senat dafür gesetzten Fristen nicht zustande gekommen.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

29

Die Beschwerde des Widersprechenden ist zulässig und insoweit begründet, als er sich mit seinem Widerspruch gegen die Eintragung der Marke 30 2008 066 489 für Waren der Klasse 18 wendet, im Übrigen jedoch mangels Ähnlichkeit der in den Warenverzeichnissen nach den erfolgten Teillöschungen verbliebenen Waren unbegründet.

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A. Die angegriffene Marke hält den markenrechtlich gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein, soweit mit ihr Schutz für die Waren der Klasse 18 „Halsbänder und Bekleidungsstücke für Tiere, insbesondere aus Leder und Lederimitationen; Teile der vorgenannten Waren, soweit in Klasse 18 enthalten“ beansprucht wird. Zwischen den Marken besteht insoweit Verwechslungsgefahr.

31

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 45 f. - Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2016, 382 Rdnr. 19 – BioGourmet m. w. N.).

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1. Die in der Klasse 18 für die angegriffene Marke beanspruchten „Halsbänder und Bekleidungsstücke für Tiere, insbesondere aus Leder und Lederimitationen“ sind mit den im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke weiterhin enthaltenen Waren „Halsbänder für Tiere“ und „Bekleidungsstücke für Tiere“ identisch. Die weiterhin in Klasse 18 des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke enthaltenen, auf die voranstehenden Bekleidungsstücke und Halsbänder für Tiere bezogenen weiteren Waren „Teile der vorgenannten Waren, soweit in Klasse 18 enthalten“ weisen eine sehr hohe Ähnlichkeit mit Bekleidungsstücken und Halsbändern für Tiere auf, da es sich insoweit um ergänzende Waren bzw. Ersatzteile handelt, die regelmäßig von denselben Unternehmen hergestellt und vertrieben werden, die auch Bekleidungsstücke und Halsbänder für Tiere anbieten.

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2. a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „Wellensteyn“ ist von Haus aus durchschnittlich. Sie stellt für die hier maßgeblichen Waren der Klasse 18, soweit ersichtlich, keine beschreibende Angabe dar und weist auch keine beschreibenden Anklänge auf. Weitere Anhaltspunkte für eine unterdurchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft sind nicht ersichtlich.

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b) Ob die vom Widersprechenden vorgetragenen Tatsachen zur Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke, die sich allerdings sämtlich nur auf eine Bekanntheit der Marke für Bekleidungsstücke der Klasse 25 beziehen, geeignet sind, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für diese Waren glaubhaft zu machen, kann einerseits deshalb dahingestellt bleiben, weil sich die im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke nach dem von der Inhaberin der angegriffenen Marke erklärten Teilverzicht verbliebenen Waren nicht im Identitäts- oder Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchswaren der Klasse 25 bewegen. Tatsachen dafür, dass die Widerspruchsmarke auch für andere Waren eine erhöhte Kennzeichnungskraft aufweist, hat der Widersprechende weder glaubhaft gemacht noch vorgetragen. Die Ausstrahlung einer erhöhten Kennzeichnungskraft könnte zudem nur auf eng verwandte Waren erfolgen. Eine derart enge Ähnlichkeit zwischen Bekleidung für Menschen in Klasse 25 sowie Halsbänder und Bekleidungsstücke für Tiere in Klasse 18 besteht jedoch nicht.

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Die Frage, ob die Widerspruchsmarke für andere Waren als Bekleidungsstücke der Klasse 25 eine erhöhte Kennzeichnungskraft erworben hat, kann andererseits auch deshalb unentschieden bleiben, weil auch bei Zugrundelegung einer normalen Kennzeichnungskraft die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken auf identischen und hochgradig ähnlichen Waren besteht.

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3. Die angegriffene Marke weist mit der Widerspruchsmarke zumindest in klanglicher Hinsicht eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit auf.

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a) Die für die markenrechtliche Ähnlichkeitsprüfung maßgeblichen Wörter „wendestein“ und „Wellensteyn“ sind in klanglicher Hinsicht, bei der die teilweise Fettschrift der angegriffenen Marke keine Bedeutung hat, weil sie nicht mitgesprochen wird, überdurchschnittlich ähnlich.

38

Für den phonetischen Gesamteindruck einer Marke kommt es weniger auf einzelne Laute als vielmehr auf die Silbenzahl, die Silbengliederung und die Vokalfolge an. In dieser Hinsicht stimmen die Markenwörter nahezu vollständig überein. Die Wörter „wendestein“ und „Wellensteyn“ sind jeweils dreisilbig und weisen die identische Vokalfolge „e-e-ei“ auf. Sie stimmen zudem im Anfangskonsonanten „W“ sowie in den Konsonanten der Endsilbe - „st“ und „n“ - überein. Die Endsilben der beiderseitigen Marken sind damit klanglich identisch, da das „ey“ in „Wellensteyn“ als „ei“ ausgesprochen wird. Die einzigen klanglichen Unterschiede der Markenwörter finden sich in einzelnen Konsonanten der jeweils ersten und zweiten Silbe. Dabei handelt es sich jedoch sämtlich um klangschwache Gaumenlaute, die sich noch dazu im Wesentlichen in der unbetonten Mittelsilbe der Marken finden und zur Verringerung der phonetischen Ähnlichkeit der Marken deshalb nicht entscheidend beitragen können. Insgesamt überwiegen die klanglichen Übereinstimmungen damit deutlich gegenüber den Unterschieden.

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b) Entgegen der von der Markenstelle und der Inhaberin der angegriffenen Marke vertretenen Auffassung weisen die Markenwörter auch keinen Begriffsgehalt auf, der ihre klangliche Ähnlichkeit soweit reduziert, dass eine Verwechslungsgefahr verneint werden könnte.

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aa) Unabdingbare Voraussetzung für eine Reduzierung der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Begriffsgehalt ist, dass dieser vom Verkehr auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erfasst wird und sein Verständnis keinen weitergehenden Denkvorgang erfordert (EuGH, Beschl. v. 15. Januar 2010 – C-579/08 Rdnr. 57 – Ferromix/FERROMAXX). Es genügt also nicht, dass es sich lediglich um verständliche Begriffe handelt. Vielmehr müssen diese in der alltäglichen Vorstellungswelt der jeweils angesprochenen Verkehrskreise so geläufig sein, dass sich die Erinnerung an ihre Bedeutung auch dann aufdrängt, wenn sie als abstrakte Kennzeichnungsmittel für Waren und/oder Dienstleistungen isoliert und schlagwortartig auftreten (BGH GRUR 1995, 50, 52 – Indorektal/Indohexal; GRUR 2004, 600, 601 – d-c-fix/CD-FIX). Von einem derart ausgeprägten Begriffsgehalt kann erst recht nicht bei Wortverbindungen ausgegangen werden, in denen nur einzelne Bestandteile einen Begriffsgehalt aufweisen (BGH GRUR 1967, 246, 247 – Vitapur; GRUR 2008, 803 Rdnr. 23 – HEITEC).

41

bb) Bei den Markenwörtern „wendestein“ und „Wellensteyn“ handelt es sich nicht um geläufige Begriffe der alltäglichen Vorstellungswelt, sondern um auch lexikalisch nicht feststellbare und für die hier maßgeblichen Waren nicht verkehrsübliche Begriffe. Die Bedeutung der Wörter „wendestein“ und „Wellensteyn“ erschließt sich für den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher nicht sofort, da er sich unter den Markenwörtern auf Anhieb nichts Konkretes vorzustellen vermag. Dass ihre Wortbestandteile „wende“ und „Wellen“ einen abweichenden Begriffsgehalt aufweisen, ist für eine entscheidungserhebliche Reduzierung der klanglichen Ähnlichkeit der Gesamtmarken nicht ausreichend, denn auch insoweit gilt, dass die markenrechtliche Beurteilung nicht von einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise bestimmt werden darf (BGH a. a. O. – HEITEC; GRUR 2004, 240, 241 – MIDAS/medAS). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Markenwörter mit den Bestandteilen „stein“ bzw. „steyn“ auch begrifflich identische Bestandteile aufweisen.

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4. Angesichts der Identität bzw. sehr hohen Ähnlichkeit der Waren der Klasse 18, der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der überdurchschnittlichen phonetischen Ähnlichkeit besteht zwischen den Marken auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei den maßgeblichen Waren nicht um Massenartikel oder Produkte des täglichen Bedarfs handelt, eine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG; denn der Verkehr – hier der Fachverkehr und der Endverbraucher – nimmt die beiderseitigen Marken erfahrungsgemäß regelmäßig nicht gleichzeitig  nebeneinander wahr und kann sie deshalb nicht miteinander vergleichen. Vielmehr gewinnt er seine Auffassung nur auf Grund einer meist undeutlichen Erinnerung an eine der verschiedenen Marken (EuGH GRUR Int. 1999, 734 Rdnr. 26 – Lloyd; GRUR Int. 2007, 718 Rdnr. 60 – TRAVATAN II; BGH GRUR 2003, 1047, 1049 – Kellog’s/Kelly’s; GRUR 2004, 235, 237 – Davidoff II). Dabei reichen die vorhandenen Unterschiede angesichts der weitreichenden Übereinstimmungen der Marken für deren sicheres Auseinanderhalten nicht aus.

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B. Soweit die angegriffene Marke für die Waren der

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Klasse 5: Bernstein und Waren daraus für medizinische Zwecke, nämlich Mittel zur Erleichterung des Zahnens, aus Bernstein gewonnene Öle für medizinische Zwecke, aus Bernstein gewonnene Heilmittel für medizinische Zwecke, mit Bernstein versetztes oder zubereitetes Wasser;

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Klasse 14: Schmucksteine, insbesondere aus Bernstein; Juwelierwaren; Schmuckwaren, insbesondere Bernsteinschmuck; Edelsteine;

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Klasse 20: Bernstein und Waren daraus, soweit in Klasse 20 enthalten

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eingetragen ist, hält sie den markenrechtlich gebotenen Abstand gegenüber der Widerspruchsmarke ein.

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1. Die Waren der Klassen 9, 18, 24 und 25, für die die Widerspruchsmarke nach ihrer nur teilweisen Verlängerung ab dem 1. November 2015 noch Schutz genießt, weisen zu den vorstehend aufgeführten Waren der Klassen 5, 14 und 20, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, keine Ähnlichkeit im markenrechtlichen Sinne auf.

49

a) Warenähnlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung nur gegeben, wenn die sich gegenüberstehenden Waren unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblicher Faktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH, GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 65 – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH, GRUR 2014, 488 Rdnr. 12 – DESPERADOS/ DESPERADO; GRUR 2015, 176 Rdnr. 16 - ZOOM).

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b) Derart enge Berührungspunkte weisen die zuvor genannten beiderseitigen Waren nicht auf. Sie werden von Unternehmen verschiedener Branchen – einerseits pharmazeutischen, schmuckerzeugenden und -verarbeitenden Betrieben, andererseits Unternehmen der Bekleidungsbranche, lederverarbeitenden und optischen Betrieben – aus unterschiedlichen Materialien hergestellt und in verschiedenen Fachgeschäften vertrieben. Sie weisen auch keine nennenswerten Berührungspunkte in ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung auf. Andere rechtlich für eine Ähnlichkeit der maßgeblichen Vergleichswaren sprechende Umstände hat auch der Widersprechende nicht dargelegt. Sie sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

51

2. Da eine gänzlich fehlende Ähnlichkeit der Waren selbst bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922 Rdnr. 22 - Canon; GRUR Int. 2009, 911 Rdnr. 34 - Waterford Wedgwood/HABM [WATERFORD STELLENBOSCH]; BGH a. a. O. - DESPERADOS/DESPERADO; a. a. O. Rdnr. 10 - ZOOM), hat die Beschwerde des Widersprechenden nach der nur teilweisen Schutzverlängerung der Widerspruchsmarke keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Eintragung der angegriffenen Marke für die Waren der Klassen 5, 14 und 20 richtet.

III.

52

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht gegeben.