Entscheidungsdatum: 21.03.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2009 058 137
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 21. März 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und des Richters am Landgericht Hermann
beschlossen
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Wortmarke
NOTION
für Waren der Klasse 20 „Möbel“ in das Register eingetragen worden.
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der prioritätsälteren international registrierten Marke 965 828 „Lista Office MOTION“, die Schutz genießt für die Waren der Klasse 20 „Möbel und Möbelteile, insbesondere Büromöbel (außer Bürostühle)“.
Durch Beschluss vom 14. September 2011 hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, eine Verwechslungsgefahr sei entgegen der Ansicht der Widersprechenden nicht gegeben, weil im Gesamteindruck der Bestandteil „MOTION“ der Widerspruchsmarke nicht prägend sei, zumal dieser Bestandteil des Zeichens aufgrund seiner beschreibenden Aussage eine erheblich reduzierte Kennzeichnungskraft aufweise. Von dem Dreiwortzeichen der Widerspruchsmarke unterscheide sich das jüngere Einwortzeichen der angegriffenen Marke schriftbildlich, begrifflich und phonetisch, was unter Berücksichtigung insbesondere des Begriffsgehalts einen ausreichenden Abstand schaffe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die insbesondere darauf hinweist, dass der Bestandteil „Lista Office“ der Widerspruchsmarke neben dem dritten Wort „MOTION“ zurücktrete und sich daher im wesentlichen aus identischen Buchstaben zusammengesetzte Zeichen gegenüberstünden. Außerdem sei „MOTION“ für Möbel nicht beschreibend und daher durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Der erforderliche Abstand sei nicht eingehalten, weshalb die Widersprechende beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. September 2011 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der IR.-Marke Nr. 965 828 anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich nicht geäußert.
Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Amtsakte der Marke 30 2009 058 137.1 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG), in der Sache erweist sie sich jedoch als unbegründet, da eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken im Sinne von § 9 MarkenG nicht gegeben ist.
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind die miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Markenähnlichkeit sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen (vgl. BGH EUGH GRUR 98, 992 - CANON), wobei ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EUGH GRUR 98, 387 - SABEL/PUMA). Grundsätzlich ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher im Bereich der betreffenden Warenart abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Ware unterschiedlich ist.
Anders als beim Kauf von Massenartikeln und Produkten des täglichen Bedarfs wird der Verbraucher regelmäßig bei hochwertigen bzw. teureren Waren eingehendere Überlegungen und Prüfungen der Marktlage vornehmen. Die hierbei maßgeblichen Marken werden in die Überlegungen einbezogen, so dass deren Unterschiede eher ins Bewusstsein gelangen, was zu einer Verringerung der Verwechslungsgefahr führt (EUGH GRUR 2006, 237 - PICASSO/PICADO).
Bei den hier in Rede stehenden, identischen Waren „Möbel“ handelt es sich um keine Produkte des täglichen Bedarfs. Es handelt sich für den Verbraucher auch im Bereich der Büroausstattung um langfristige Investitionen, weshalb vor der Kaufentscheidung größere Aufmerksamkeit aufgewendet wird als bei Waren des täglichen Bedarfs und daher Markenunterschiede aufgrund der größeren Aufmerksamkeit eher beachtet werden. Angesichts dessen halten die sich gegenüberstehenden Zeichen den hier wegen der Identität der Waren erforderlichen höheren Abstand ein, worauf die Markenstelle zutreffend erkannt hat.
Es ist insoweit mit der Markenstelle davon auszugehen, dass die zweizeilige Dreiwortmarke der Widersprechenden „Lista Office MOTION“ nicht in der von der Widersprechenden angenommenen Weise vom Verkehr verkürzt wird. Denn „Motion“ allein ist für Möbel, wie die Markenstelle zurecht angenommen hat, kennzeichnungsschwach, da dieses Zeichen einen beschreibenden Sinngehalt aufweist. Der Widersprechenden kann nicht darin gefolgt werden, dass das Wort „MOTION“ nicht auf die besondere Mobilität der Einrichtungsgegenstände hinweisen würde. Im Übrigen verwendet auch die Widersprechende, soweit ersichtlich, das Wort „MOTION“ allein nicht, sondern kennzeichnet ihre einzelnen Produktlinien mit der Marke „Lista Office“ sowie dem Zusatz eines dritten, die Produktlinien bezeichnenden Wortes wie hier „MOTION“. Soweit im Zusammenhang mit Preislisten und dergleichen allein von „MOTION“ bzw. den anderen Bezeichnungen von Produktlinien in Alleinstellung die Rede ist, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass es sich um Produktlinien von „Lista Office“ handelt, u. a. eben „MOTION“. Von daher ist die von der Widersprechenden angenommene Verkürzung der Marke durch den Verkehr nicht naheliegend. Demgemäß kann nicht davon ausgegangen werden, dass „MOTION“ den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke allein prägt.
Daher war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen, wobei für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 MarkenG kein Anlass Bestand.