Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 11.01.2012


BPatG 11.01.2012 - 26 W (pat) 556/10

Markenbeschwerdeverfahren – "WebMeeting" – Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
11.01.2012
Aktenzeichen:
26 W (pat) 556/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 029 153.5

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. Januar 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. August 2010 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren der Klasse 9 „Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate“ zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen

2

„Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-,  Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und  -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten,  Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und  Kontrollieren von Elektrizität; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Magnetaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Rechenmaschinen,  Datenverarbeitungsgeräte und Computer; bespielte  und unbespielte Datenträger aller Art (soweit in  Klasse 9 enthalten); Computerprogramme (gespeichert); elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar)

3

Klasse 38: Telekommunikation; Dienstleistungen von Presseagenturen; Vermietung von Telekommunikationsgeräten; Auskünfte über Telekommunikation

4

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche  Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und  Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware, -software und Datenbanken; Wartung von Software; technische  Beratung; elektronische Datenspeicherung; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Gestaltung von  Webseiten für Dritte“

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bestimmten Marke

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WebMeeting

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mit Beschluss vom 5. August 2010 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für diese Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

8

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, bei der angemeldeten Marke handele es sich um eine erkennbar aus den Wörtern „Web“ und „Meeting“ zusammengesetzte Kombination, die in ihrer Gesamtheit von den maßgeblichen deutschen Verkehrskreisen ohne Weiteres als Hinweis auf ein Treffen oder eine Zusammenkunft im oder mittels des Internet verstanden werde. Im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen handele es sich somit um eine unmittelbar beschreibende Bestimmungsangabe bzw. eine Inhaltsangabe. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Marke nicht isoliert, sondern regelmäßig im Kontext mit den Waren und Dienstleistungen betrachten, für die sie verwendet würde, so dass sich der beschreibende Sinngehalt der Marke ohne Weiteres erschließe, weil der Eindruck der Wortkombination nicht über die bloße Aneinanderreihung der beschreibenden Angaben hinausgehe.

9

Gegen diese Entscheidung der Markenstelle wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie macht zunächst geltend, dass es sich bei der angemeldeten Marke um einen lexikalisch nicht feststellbaren Gesamtbegriff ohne klare Bedeutung handele. Der Begriff „meeting“ lasse sich nicht ohne Weiteres mit dem Begriff „web“ kombinieren, weil Voraussetzung für ein Meeting die körperliche Anwesenheit von Menschen sei. Die Kombination mit dem Begriff „Web“, der als Hinweis auf das Internet gerade nicht geeignet sei, etwas Körperliches oder physikalisch Wahrnehmbares zu beschreiben, sei somit zunächst unlogisch. Vielmehr bedürfe die angemeldete Wortkombination der Auslegung und Interpretation durch den damit konfrontierten Verbraucher, so dass das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft schon dadurch gegeben sei. Die angemeldete Marke sei auch nicht geeignet, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben, weil der Begriff „Meeting“ eine Tätigkeit bezeichne, nicht aber eine Ware oder überhaupt einen Gegenstand. Als Dienstleistungen seien mit der Anmeldung nur solche beansprucht worden, für die der Begriff „WebMeeting“ nicht beschreibend sei.

10

Mit Bezug auf ein eventuelles Freihaltungsbedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG trägt die Anmelderin vor, dass die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen unmittelbar beschreibenden Inhalt aufweise und somit kein Bedürfnis für Dritte ersichtlich sei, die angemeldete Marke frei verwenden zu können. Schließlich beruft sich die Anmelderin auch auf Voreintragungen von Marken, die den Bestandteil „Web“ oder den Bestandteil „Meeting“ enthalten und sich nach Auffassung der Anmelderin in der rechtlichen Beurteilung nicht von den vorliegenden Wortkombinationen unterschieden.

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Die Anmelderin beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 5. August 2010 aufzuheben.

II

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Die Beschwerde der Anmelderin ist gemäß §§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 u. 2 MarkenG zulässig, jedoch nur insoweit begründet, als der angemeldeten Marke die Eintragung für die Waren der Klasse 9 „Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate“ versagt worden ist. Im Übrigen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weil der angemeldeten Marke für die übrigen Waren und Dienstleistungen, wie die Markenstelle insoweit zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt hat, jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Ihrer Eintragung steht insoweit zudem das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, weil es sich bei der angemeldeten Marke um eine Angabe handelt, die zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder Bestimmung oder zur Bezeichnung eines sonstigen Merkmals dieser Waren und Dienstleistungen dienen kann.

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Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist eine Marke vom Schutz ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der infrage stehenden Waren und Dienstleistungen, wie zum Beispiel ihrer Art oder Beschaffenheit, dienen können. Diese auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. C MarkenRL beruhende Vorschrift verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass beschreibende Zeichen oder Angaben im Sinne der Bestimmung von jedermann frei verwendet werden können (EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25 – Chiemsee; GRUR 2004, 674, Rn. 54 – Postkantoor; BGHZ 167, 278, Rn. 35 – FUSSBALL WM 2006). Hierfür ist es ausreichend, dass die angemeldete Marke in einer ihrer möglichen Bedeutungen ein Merkmal der betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH MarkenR 2008, 160, 162, Rn. 35 - Hairtransfer). Unerheblich ist, ob die fragliche Marke in ihrer beschreibenden Bedeutung bereits im Verkehr bekannt ist oder beschreibend verwendet wird. Vielmehr reicht es aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr.; EuGH GRUR 2010, 534, Nr. 52 – Pranahaus). Das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt auch keine die Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Angabe voraus. Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, können ebenfalls diesem Schutzhindernis unterfallen, sofern durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der Verkehr werde den beschreibenden Inhalt des Begriffs als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfassen (BGH GRUR 2009, 960 – DeutschlandCard).

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Die angemeldete Marke ist aus den Begriffen „Web“ und „Meeting“ in sprachregelgerechter Form zusammengesetzt. Das Wort „Web“ ist, wie die Anmelderin zugesteht, die längst auch im deutschen Sprachgebrauch geläufige Kurzform für den Begriff „World Wide Web“, der korrekten  Bezeichnung für das Internet (vgl. insoweit auch PAVIS PROMA BPatG, 25 W (pat) 76/06 – webCenter). Aufgrund der den Alltag zunehmend durchdringenden Präsenz des Internets werden Gegenstände oder Aktivitäten immer öfter über das Internet dargestellt bzw. abgewickelt. Zur Beschreibung einer Internetaktivität bzw. der Darstellung oder des Angebots einer Ware oder Dienstleistung im Internet wird häufig das ursprüngliche, die Aktivität bzw. den Gegenstand bezeichnende deutsche Wort mit dem Zusatz „Web“ verwendet, z. B. in Wortverbindungen wie Webseite, Webauftritt und Webtelefonie. Zusammengesetzte Begriffe mit dem Bestandteil „Web“ und einem weiteren deutschen Wort sind daher nicht mehr ungewöhnlich, sondern weithin geläufig, und zwar sowohl bei Fachleuten auf dem Gebiet der Informationstechnologie als auch bei den heutzutage in hohem Maß mit der Informationstechnologie (internetfähige Computer, Smartphones, etc.) vertrauten Durchschnittsverbrauchern. Der weitere Markenbestandteil „Meeting“ bezeichnet, wie bereits die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, ein Treffen oder eine Zusammenkunft (vgl. Duden – Deutsches Universalwörterbuch; 6. Aufl., Dudenverlag 2007).

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Insgesamt bezeichnet die aus geläufigen Begriffen der deutschen Sprache in sprachüblicher Form zusammengesetzte Wortverbindung "WebMeeting" eine Zusammenkunft im Internet. Das unter einem Meeting grundsätzlich eine tatsächliche, körperliche Zusammenkunft von Menschen verstanden wird, hindert im Hinblick auf die bekannte Tatsache, dass virtuelle Aktivitäten reale Aktivitäten zumindest teilweise ersetzen können, das unmittelbare Verständnis der angemeldeten Gesamtbezeichnung „WebMeeting“ im Sinne einer virtuellen Zusammenkunft im oder mittels des Internet entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht. Die angemeldete Marke kann in Bezug auf alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen, mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren der Klasse 9, dazu dienen, darauf hinzuweisen, dass es sich bei ihnen um solche handelt, die eine Zusammenkunft im Internet technisch ermöglichen bzw. eine solche Internetzusammenkunft zum Gegenstand haben oder zumindest mit umfassen. Die in der Klasse 9 beanspruchten Apparate und Instrumente sowie Programme und Datenträger können darauf ausgerichtet sein oder es zumindest ermöglichen, dass deren Verwender im Internet mittels dieser Waren zusammenkommen können, zum Beispiel um gemeinsam zu forschen oder sonst zu arbeiten oder Forschungs- oder Arbeitsergebnisse zusammenzuführen oder auszutauschen. Insbesondere bei Geräten, die Daten verarbeiten, übertragen und/oder wiedergeben sind Funktionen, Webmeetings – auch als "Webkonferenzen" bezeichnet – anstelle von tatsächlichen Zusammenkünften ermöglichen, heutzutage ein wesentliches, von den Abnehmern dieser Waren vorausgesetztes oder zumindest erwünschtes Ausstattungselement. Die Klasse 9 beanspruchten Computerprogramme können speziell darauf ausgerichtet sein, ein Webmeeting zu ermöglichen. Im Hinblick auf elektronische Publikationen stellt der Begriff "Webmeeting" eine mögliche Inhaltsangabe dar. Die Klasse 38 beanspruchten Telekommunikationsdienstleistungen haben bereits ihren eigentlichen Wortsinne nach Ferngespräche zum Inhalt. Werden solche Ferngespräche über das Internet geführt, so stellt der Begriff "Webmeeting" nur ein anderes, gleichbedeutendes Wort für eine solche Verbindung dar.

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Auch für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 stellt die angemeldete Marke eine unmittelbar beschreibende Bestimmungsangabe dar. Sie kann dazu dienen, den Gegenstand und den Bestimmungszweck dieser Dienstleistungen dahingehend zu bezeichnen, dass sie auf die Entwicklung und den Betrieb von Gegenständen, Programmen und sonstigen Leistungen ausgerichtet sind, die ein virtuelles Treffen im Internet ermöglichen oder verbessern sollen. Bei dieser Sachlage erfüllt die angemeldete Marke in Bezug auf die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen, mit Ausnahme der im Beschlusstenor genannten Waren, das für eine Schutzversagung maßgebliche Kriterium, für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit Bezug auf die Waren/Dienstleistungen zu beschreiben (BGH GRUR 2000, 231, 232 - FÜNFER).

18

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich entgegen der Ansicht der Anmelderin auch nicht um eine neuartige, für den Verkehr ungewohnte Bezeichnung, sondern um eine in den allgemeinen Verkehrskreisen für die Darbietung von Informationen im Internet allgemein gebräuchliche beschreibende Angabe (vgl. z. B. die Ausführungen unter dem Stichwort "Web-Meeting" in der Wikipedia-Enzyklopädie), was ein gewichtiges Indiz für ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber an dieser Angabe darstellt. Die tatsächlich bereits erfolgte Verwendung des Begriffs "Webmeeting" im Verkehr widerlegt zugleich die Behauptung der Anmelderin, dieser Begriff sei inhaltlich widersprüchlich und schon deshalb zur beschreibenden Verwendung im Verkehr nicht geeignet.

19

Auch der Vortrag der Anmelderin zur angeblichen Mehrdeutigkeit und Unbestimmtheit der angemeldeten Marke ist nicht geeignet, deren Eignung als beschreibende Angabe für die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen infrage zu stellen; denn eine Angabe, die jedenfalls mit einer Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Waren/Dienstleistungen dienen kann, ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schutzunfähig, unabhängig davon, ob ihr noch andere - nicht beschreibende – Bedeutungen zukommen (EuGH GRUR 2004, 146, Nr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900, Nr. 15 – SPA II).

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Der angemeldeten Marke fehlt für die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen, mit Ausnahme der Waren "Klasse 9: Verkaufsautomaten Mechaniken für geldbetätigte Apparate" außerdem jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

21

Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die konkrete Eignung eines Zeichens, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2004, 428, 431, Nr. 48 - Henkel); denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 806, Nr. 35 - Philips; GRUR 2008, 608, 610, Nr. 59 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Was nicht individualisiert, kann nicht Gegenstand eines Individualrechts werden, sondern soll Gemeingut bleiben und der freien Verwendung offenstehen. Nur soweit die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion bejaht werden kann, besteht eine Rechtfertigung dafür, die allgemeine Wettbewerbsfreiheit dadurch einzuschränken, dass eine Angabe oder ein Zeichen der ungehinderten allgemeinen Verwendung vorenthalten und zu Gunsten eines Einzelnen monopolisiert wird (EuGH GRUR Int. 2004, 631, 634, Nr. 48 – Dreidimensionale Tablettenform I).

22

Die Unterscheidungskraft fehlt insbesondere Zeichen, die für die fraglichen Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Bedeutung haben oder einen sachlichen beschreibenden Bezug zu diesen aufweisen (BGH a. a. O., Nr. 32 – FUSSBALL WM 2006). Bei derartigen Angaben gibt es nämlich keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard).Die erforderliche Unterscheidungskraft kann schließlich auch Angaben und Zeichen fehlen, die – ohne die Waren/Dienstleistungen unmittelbar zu beschreiben oder einen engen beschreibenden Bezug zu diesen aufzuweisen – aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sind. Dies gilt insbesondere für gebräuchliche Wörter oder Wendungen der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, wenn sie nur als solche in ihrer ursprünglichen, nicht markenmäßigen Bedeutung und deshalb nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2003, 1050, 1051 – Cityservice; a. a. O., Nr. 19 und 45 – FUSSBALL WM 2006).

23

Die angemeldete Marke weist, wie zuvor im einzelnen dargelegt worden ist, den für den durchschnittlich informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres ersichtlichen beschreibenden Begriffsgehalt „Internetzusammenkunft“ bzw. „Internettreffen“ auf. Mit diesen Bedeutungen stellt sie für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen, mit Ausnahme der im Beschluss Tenor ausdrücklich aufgeführten Waren der Klasse 9, eine unmittelbar beschreibende Angabe dar. Diesbezüglich wird auf die vorstehende Begründung zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Bezug genommen. Angesichts ihres beschreibenden Begriffsgehalts sowie nicht zuletzt auch deshalb, weil es sich bei ihr bereits um eine im Verkehr als beschreibende Bezeichnung gebräuchliche Angabe handelt, wird der Verkehr in der angemeldeten Marke, die auch sonst keine semantischen oder syntaktischen Besonderheiten aufweist, nur einen beschreibenden Hinweis auf die Eignung und Bestimmung der versagten Waren und Dienstleistungen zur Entwicklung, Initiierung oder Durchführung einer virtuellen Internetzusammenkunft, nicht jedoch einen Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen.

24

Ob es sich bei der angemeldeten Marke - wie von der Anmelderin behauptet - um einen erfundenen Gesamtbegriff handelt, was angesichts der von der Markenstelle bereitgestellten Recherchenergebnisse, der feststellbaren umfangreichen beschreibenden Verwendung im Internet durch eine Vielzahl Dritter sowie der Aufnahme als beschreibende Sachangabe in die Wikipedia- Enzyklopädie zumindest sehr zweifelhaft erscheint, kann dahingestellt bleiben; denn aus der Neuheit einer Wortkombination kann nichts über deren Unterscheidungskraft hergeleitet werden (siehe z. B. EuGH GRUR 2004, 1027, Rn. 37-47 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

25

Letztlich kann auch die Berufung der Anmelderin auf angeblich vergleichbare Voreintragungen von zusammengesetzten Wörtern, die den Bestandteil „Web“ bzw. den Bestandteil „Meeting“ enthalten, generell nicht deren Schutzfähigkeit im Allgemeinen und deren Unterscheidungskraft im Besonderen begründen. Es ist zwar richtig, dass die Eintragungsbehörde im Rahmen der Prüfung einer Marke auf das Vorliegen absoluter Schutzhindernisses tatsächliche oder rechtliche Erkenntnisse bezüglich etwaiger relevanter Voreintragungen beachten muss. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des EuGH und des BGH sind jedoch - selbst identische - Voreintragungen weder für sich genommen noch in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes geeignet, einen Eintragungsanspruch zu begründen noch sonst für die Beurteilung nachfolgender Markenanmeldungen verbindlich oder maßgeblich (EuGH GRUR 2009, 667, Rn. 15-18 – Bild.T-Online.de u. ZVS; GRUR Int. 2011, 40, Nr. 76 – Zahl 1000). Die Prüfung einer angemeldeten Marke ist vielmehr ausschließlich auf diese Marke selbst zu beziehen (BGH GRUR 2010, 230, Nr. 12 - SUPERgirl; MarkenR 2011, 66, Nr. 12 - Freizeit Rätsel Woche) Rechtliche Feststellungen zu anderen Markeneintragungen sind weder geboten noch zulässig (BPatG GRUR 2010, 425, 429 - Volksflat).

26

Bei den von der Anmelderin angeführten Voreintragungen handelt es sich im Übrigen nicht um solche, die mit der hier angemeldeten Marke identisch sind, sondern nur um solche, die entweder den Bestandteil „Web“ oder den Bestandteil „Meeting“ enthalten. Aus der Eintragung dieser Marken kann jedoch keinesfalls entnommen werden, dass alle sonstigen Bezeichnungen, die einen dieser Bestandteile enthalten, für Waren der Klasse 38 eintragungsfähig sind. Vielmehr hat jede Anmeldung Einzelfallcharakter (BPatG GRUR 2007 333,336 – Papaya). Prüfungsgegenstand der Anmeldung ist das konkrete Zeichen in Verbindung mit den jeweils konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen und nicht die Voreintragung anderer Marken, auch wenn sie als Belege für die vermeintliche Schutzfähigkeit der Anmeldung in das Verfahren eingeführt werden (BPatG 25 W (pat) 76/06 – webCenter).

27

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Beschwerde der Anmelderin in Bezug auf die meisten beanspruchten Waren in Bezug auf sämtliche beanspruchten Dienstleistungen keinen Erfolg haben.

28

Der Beschwerde der Anmelderin war jedoch insoweit stattzugeben, als die Markenstelle die Anmeldung auch für die Waren der Klasse 9 „Verkaufsautomaten Mechanikern für geldbetätigte Apparate" zurückgewiesen hat. Insoweit hat weder die Markenstelle Feststellungen dazu getroffen, dass diese Waren dazu geeignet oder bestimmt sein können, eine Zusammenkunft im Internet zu ermöglichen, noch hat der Senat bei nochmaliger Überprüfung Tatsachen ermitteln können, die auch insoweit einen beschreibenden Charakter der angemeldeten Marke nachweisen oder nahe legen könnten. Daher war der angegriffene Beschluss aufzuheben, soweit der angemeldeten Marke in Bezug auf diese Waren die Eintragung versagt worden ist.