Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.03.2014


BPatG 26.03.2014 - 26 W (pat) 555/11

Markenbeschwerdeverfahren – "FACILE" – Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
26.03.2014
Aktenzeichen:
26 W (pat) 555/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 007 654.5

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 26. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren

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„Klasse 11: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen

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Klasse 20: Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen

4

Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und Schwämme; Bürsten und Pinsel (ausgenommen für Malzwecke); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlwolle; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“

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bestimmten Wortmarke

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FACILE

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mit Beschluss vom 19. September 2011 gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie auf den vorangegangenen Beanstandungsbescheid vom 14. Juli 2011 Bezug genommen, in dem ausgeführt worden ist, bei der angemeldeten Marke handele es sich um ein französisch- und italienischsprachiges, auch für den deutschen Verkehr verständliches Adjektiv mit der Bedeutung „einfach, leicht, mühelos, unkompliziert“, das geeignet sei, darauf hinzuweisen, dass die darunter angebotenen Waren einfach und unkompliziert zu bedienen oder zu handhaben seien bzw. eine einfache Funktionsweise oder einen einfachen Aufbau aufwiesen. Die angemeldete Marke werde von den angesprochenen Verkehrskreisen auch nur in diesem beschreibenden Sinne, nicht aber als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren aufgefasst.

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Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie führt unter Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen für eine Eintragungsversagung wegen eines entgegenstehenden Allgemeininteresses bzw. wegen fehlender Unterscheidungskraft aus, das als Marke angemeldete Wort „FACILE““ werde im Zusammenhang mit den in der Anmeldung aufgeführten Waren im üblichen Sprachgebrauch nicht zur Beschreibung verwendet und auch nicht beschreibend verstanden.

9

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. September 2011 aufzuheben.

II

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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet, weil es sich bei der angemeldeten Marke in Bezug auf die übrigen Waren um eine zur Beschreibung ihrer Beschaffenheit geeignete, freihaltungsbedürftige Angabe handelt (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

12

Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist eine Marke vom Schutz ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der infrage stehenden Waren und Dienstleistungen, wie zum Beispiel ihrer Art oder Beschaffenheit, dienen können. Diese auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. C MarkenRL beruhende Vorschrift verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass beschreibende Zeichen oder Angaben im Sinne der Bestimmung von jedermann frei verwendet werden können (EuGH GRUR 1999, 723 – Chiemsee; GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BGHZ 167, 278 - FUSSBALL WM 2006). Hierfür ist es ausreichend, dass die angemeldete Marke in einer ihrer möglichen Bedeutungen ein Merkmal der betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH MarkenR 2008, 160, 16 - Hairtransfer). Unerheblich ist, ob die fragliche Marke in ihrer beschreibenden Bedeutung bereits im Verkehr bekannt ist oder beschreibend verwendet wird. Vielmehr reicht es aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr.; EuGH GRUR 2010, 534 – Pranahaus). Das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt auch keine die Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Angabe voraus. Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, können ebenfalls diesem Schutzhindernis unterfallen, sofern durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der Verkehr werde den beschreibenden Inhalt des Begriffs als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassen (BGH GRUR 2009, 960 - DeutschlandCard).

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Die angemeldete Marke „FACILE“ ist, wie die Markenstelle zutreffend ermittelt und festgestellt hat, sowohl ein französischsprachiges als auch ein italienischsprachiges Adjektiv, das die von der Markenstelle im Beanstandungsbescheid aufgeführten Bedeutungen „einfach, mühelos, unkompliziert“ hat, was auch die Anmelderin nicht in Abrede stellt. In diesen Bedeutungen ist die angemeldete Marke, wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, dazu geeignet, die Beschaffenheit sämtlicher mit der Anmeldung beanspruchter Waren dahingehend zu beschreiben, dass diese – sei es bei ihrem Auf- oder Zusammenbau oder ihrer Inbetriebnahme oder aber auch bei ihrem täglichen Gebrauch - einfach und unkompliziert zu handhaben sind. Die angemeldete Marke ist damit objektiv geeignet, ein Merkmal der beanspruchten Waren zu bezeichnen.

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Zwar ist Voraussetzung für die Schutzversagung einer fremdsprachigen Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, dass die beteiligten inländischen Verkehrskreise im Stande sind, sofort und ohne weiteres Nachdenken die Bedeutung der fremdsprachigen Angabe zu erkennen und einen konkreten und direkten Bezug zwischen der Angabe und den beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen herzustellen (EuGH GRUR 2006, 411 – Matratzen Concord/Hukla; a. a. O. - PRANAHAUS; GRUR Int. 2010, 503 - Patentconsult). Die insoweit maßgeblichen Verkehrskreise definiert der Europäische Gerichtshof dabei als den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (BGH a. a. O. - Matratzen Concord/Hukla). Dieser Formulierung ist zu entnehmen, dass auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (BPatG MarkenR 2007, 527, 529 f. - Rapido). Die Verständnisfähigkeit des deutschen Verkehrs darf hinsichtlich fremdsprachiger Begriffe nicht zu gering veranschlagt werden, das sich seine Fremdsprachenkenntnisse vor allem auf Grund des gemeinsamen europäischen Markts laufend verbessern (Kurtz GRUR 2004, 32, 33).

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Angesichts der Tatsache, dass Frankreich der größte deutsche Außenhandelspartner ist und auch mit Italien umfangreiche Handelsbeziehungen bestehen, ist davon auszugehen, dass jedenfalls der deutsche Handel, aber auch ein wesentlicher Teil der deutschen Durchschnittsverbraucher die Bedeutung des Wortes „FACILE“ erkennt und versteht und dieser Begriff zur Beschreibung der leichten Handhabung der beanspruchten Waren im Inland geeignet ist.

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Dass das Wort „FACILE“ nur allgemein die einfache Handhabbarkeit der Waren bezeichnet, ohne näher zu bezeichnen, welche besondere Gestaltung die einfache Handhabung der Waren ermöglicht, steht seiner Eignung als beschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen. Die Annahme einer unmittelbar beschreibenden Sachangabe setzt zwar voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise einen konkreten und direkten Bezug zwischen der Marke und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen herstellen können. Jedoch schließt nicht jede begriffliche Unbestimmtheit den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus. Auch relativ vage und allgemeine Angaben können als verbraucherorientierte Sachinformationen zu bewerten sein, insbesondere wenn sie sich auf umfängliche und übergreifende Sachverhalte beziehen. Bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften erfassen zu können (BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2009, 952 – DeutschlandCard).

17

Entsprechend ist die Sachlage auch bei dem Begriff „FACILE“, der dazu dienen kann, ganz allgemein auf eine einfache Installation, Inbetriebnahme bzw. Handhabung im täglichen Gebrauch hinzuweisen. Dass ihm darüber hinaus nicht entnommen werden kann, welche Ausstattungs- und/oder Gestaltungsmerkmale dies ermöglichen, ist demgegenüber unschädlich und steht der Eignung der angemeldeten Marke, zur Bezeichnung einer Eigenschaft von Waren oder Dienstleistungen zu dienen, nicht entgegen.

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Auch die Tatsache, dass die Markenstelle eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung „FACILE“ nicht festgestellt hat, steht einer Eintragungsversagung nicht entgegen, denn auch bisher noch nicht als solche verwendete, aber gleichwohl verständliche beschreibende Sachaussagen werden vom Verkehr als solche erkannt und sind zur Beschreibung von Waren und Dienstleistungen geeignet und daher gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, der mit der Formulierung „dienen kann“ auf die Beschreibungseignung von Zeichen und Angaben abstellt, von der Eintragung als Marke ausgeschlossen. Die Beschwerde der Anmelderin kann daher keinen Erfolg haben.

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Da die angemeldete Marke bereits deshalb von der Eintragung ausgeschlossen ist, weil sie i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zur Beschreibung der beanspruchten Waren dienen kann, kann dahingestellt bleiben, ob ihr – wie von der Markenstelle angenommen - auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) fehlt.