Entscheidungsdatum: 26.03.2014
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2011 007 650.2
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 26. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Dr. Himmelmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren
„Klasse 11: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen
Klasse 20: Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen
Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und Schwämme; Bürsten und Pinsel (ausgenommen für Malzwecke); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlwolle; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“
bestimmten Wortmarke
KOPENHAGEN
mit Beschluss vom 31. August 2011 gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie auf den vorangegangenen Beanstandungsbescheid vom 27. Juni 2011 Bezug genommen, in dem ausgeführt worden ist, bei der angemeldeten Marke handele es sich um den Namen der Hauptstadt von Dänemark, die ca. 477.000 Einwohner habe und eine bedeutende Hafenstadt sowie Kultur-, Handels- und Industriezentrum Dänemarks sei. Die angesprochenen Verkehrskreise würden in der angemeldeten Marke nur einen beschreibenden Hinweis darauf sehen, dass die so bezeichneten Waren von einer beliebigen Firma mit Sitz oder Tätigkeitsgebiet im Raum Kopenhagen hergestellt bzw. angeboten würden. An der angemeldeten Marke bestehe auch ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber, da „KOPENHAGEN“ zur Beschreibung der geografischen Herkunft der Waren dienen könne.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie führt unter Darlegung allgemeiner rechtlicher Voraussetzungen für eine Eintragungsversagung von geografischen Bezeichnungen aus, es sei Sache der Markenstelle gewesen nachzuweisen, dass die angemeldete Marke dem Verkehr als Bezeichnung eines Ortes bekannt sei. Der Ortsname „KOPENHAGEN“ werde im Zusammenhang mit den in der Anmeldung aufgeführten Waren nicht als geografische Herkunftsangabe verwendet. Auch sei nicht erkennbar, dass Mitbewerber ein Interesse daran hätten, die in der Anmeldung aufgeführten Waren mit dieser Ortsangabe zu versehen. Der Verkehr werde die angemeldete Marke auch nicht als beschreibende geografische Herkunftsangabe verstehen. Kopenhagen sei nicht als Herstellungsort oder -region von Möbeln bekannt oder berühmt.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. August 2011 aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet, weil es sich bei der angemeldeten Marke um eine Angabe handelt, die zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der beanspruchten Waren dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist eine Marke vom Schutz ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus einem Zeichen oder einer Angabe besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen, wie zum Beispiel ihrer Art, Beschaffenheit oder geografischen Herkunft, dienen kann. Diese auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. C MarkenRL beruhende Vorschrift verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass beschreibende Zeichen und Angaben im Sinne der Bestimmung von jedermann frei verwendet werden können (EuGH GRUR 1999, 723 – Chiemsee; GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BGHZ 167, 278 – FUSSBALL WM 2006). Unerheblich ist, ob die fragliche Marke in ihrer beschreibenden Bedeutung bereits im Verkehr bekannt ist oder beschreibend verwendet wird. Vielmehr reicht es aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr.; EuGH GRUR 2010, 534 – Pranahaus).
Namen von Städten und anderen geografischen Orten sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht nur dann von der Eintragung als Marke ausgeschlossen, wenn in dem fraglichen Ort aktuell bereits Unternehmen existieren, die solche Waren herstellen, wie sie in der Markenanmeldung beansprucht werden. Vielmehr steht die genannte Bestimmung der Eintragung einer Ortsangabe bereits dann entgegen, wenn eine beschreibende Verwendung der fraglichen Angabe vernünftigerweise in der Zukunft zu erwarten ist; denn das Verbot der Eintragung geografischer Herkunftsangaben setzt nicht voraus, dass ein konkretes, aktuelles oder ernsthaftes Freihaltungsbedürfnis besteht (EuGH a. a. O. – Chiemsee). Angezeigt ist insoweit eine realitätsbezogene Prognose, die nicht lediglich auf die gegenwärtigen Verhältnisse abstellt, sondern auch mögliche, nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegende zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt, welche eine beschreibende Verwendung der betreffenden Ortsangabe vernünftigerweise erwarten lassen (EuGH a. a. O. – Chiemsee; BGH GRUR 2003, 882, 883 - Lichtenstein; GRUR 2009, 994 – Vierlinden).
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen begegnet die Zurückweisung der angemeldeten Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die angemeldete Marke „KOPENHAGEN“ ist, wie die Markenstelle zutreffend ermittelt und festgestellt hat, der Name der Hauptstadt Dänemarks. Dass dies dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen inländischen Durchschnittsverbraucher der in der Anmeldung aufgeführten Waren bekannt ist, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden, weil das deutsche Nachbarland Dänemark und seine Hauptstadt dem inländischen Allgemeinverkehr einerseits auf Grund des Geografieunterrichts und andererseits auf Grund von Reisen nach Skandinavien bekannt sind und „Kopenhagen“ deshalb sofort und ohne gedankliches Analysieren als geografische Angabe verstanden wird.
Dass die Markenstelle keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und ggf. welche der in der Anmeldung aufgeführten Waren in Kopenhagen hergestellt werden, kann die Eignung des Wortes „Kopenhagen“ als geografische Herkunftsangabe für diese Waren nicht in Frage stellen, da das Vorhandensein entsprechender Gewerbebetriebe in dem fraglichen Ort keine notwendige Voraussetzung für die Bejahung des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt (EuGH a. a. O. – Chiemsee; BGH a. a. O. – Lichtenstein). Vielmehr kommt es darauf an, ob angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Ortes und der Infrastruktur der umliegenden Region die Möglichkeit der Eröffnung solcher Betriebe im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung vernünftigerweise zu erwarten oder auszuschließen ist (EuGH a. a. O. – Chiemsee). Während nach früherer deutscher Spruchpraxis besondere Feststellungen erforderlich waren, um von einer künftigen Verwendbarkeit als geografische Herkunftsangabe ausgehen zu können, bedarf es nunmehr nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs umgekehrt besonderer Anhaltspunkte dafür, dass eine Ortsbezeichnung ausnahmsweise nicht geeignet ist, im Verkehr als Angabe über die geografische Herkunft der betroffenen Waren und/oder Dienstleistungen zu dienen (EuGH a. a. O. – Chiemsee). Bei Namen von Ländern, Regionen und Großstädten oder sonst wirtschaftlich bedeutenden Örtlichkeiten besteht eine grundsätzliche Vermutung dafür, dass sie als geografische Herkunftsangaben für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen ernsthaft in Betracht kommen (BGH GRUR 1994, 905, 907 – Schwarzwald-Sprudel; BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 107/04 – Monte Carlo; 26 W (pat) 209/01 - Baden-Baden; 28 W (pat) 279/04 – FES; 27 W (pat) 517/10 - Gizeh; EuG GRUR 2004, 148 - OLDENBURGER). Eine Eignung, als geografische Herkunftsangabe zu dienen, kommt nämlich insbesondere den Namen bekannter Orte zu, bei denen nicht unwahrscheinlich ist, das die beteiligten Verkehrskreise eine Verbindung zu den beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen – unter Umständen auch nur durch positiv besetzte Vorstellungen – herstellen können (EuGH a. a. O. - Chiemsee; EuG a. a. O. - OLDENBURGER).
Kopenhagen ist, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, nicht nur die Hauptstadt Dänemarks, sondern zugleich die bei weitem größte und bekannteste Stadt dieses Landes und ihr wirtschaftliches Zentrum. Mit dem internationalen Flughafen und einem Überseehafen verfügt Kopenhagen zudem über alle Voraussetzungen für die Herstellung von und den Handel mit Waren aller Art. Bei dieser Sachlage muss, sofern sie nicht sogar tatsächlich bereits existieren, mit der Ansiedlung von Unternehmen, die Waren der in der Anmeldung aufgeführten Art herstellen und international vertreiben jederzeit gerechnet werden. Zumindest lässt sich die Ansiedlung solcher Unternehmen in Kopenhagen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, da sämtliche Rohstoffe und Halbfertigprodukte, die zur Herstellung der mit der Anmeldung beanspruchten Waren benötigt werden, leicht mittels Wasser-, Luft- und Landtransporten unmittelbar nach Kopenhagen angeliefert werden können. Auch die Anmelderin hat keine Tatsachen vorgetragen, die eine Herstellung der von ihr mit der Anmeldung beanspruchten Waren in Kopenhagen aktuell oder zukünftig ausschließen oder ernsthaft in Frage stellen könnten. Die Eignung des Wortes „Kopenhagen“ als Angabe über die geografische Herkunft der beanspruchten Waren ist bei dieser Sachlage von der Markenstelle zu Recht bejaht worden.
Da der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Waren somit bereits das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann die Frage, ob der angemeldeten Marke insoweit auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) fehlt, dahingestellt bleiben.