Entscheidungsdatum: 26.03.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 007 649.9
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 26. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Dr. Himmelmann
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. September 2011 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren „Klasse 11: „Wasserleitungsgeräte“ und für die Waren „Klasse 21: „Bürsten und Pinsel (ausgenommen für Malzwecke); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlwolle; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas)“ zurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I
Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren
„Klasse 11: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen
Klasse 20: Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen
Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und Schwämme; Bürsten und Pinsel (ausgenommen für Malzwecke); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlwolle; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“
bestimmten Wortmarke
OPULENCE
mit Beschluss vom 20. September 2011 gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie auf den vorangegangenen Beanstandungsbescheid vom 18. Juli 2011 Bezug genommen, in dem ausgeführt worden ist, bei der angemeldeten Marke handele es sich um ein englisches, für den deutschen Verkehr verständliches Wort mit der Bedeutung „Opulenz, Fülle, Reichtum, Überfluss. Üppigkeit, Wohlstand“, das geeignet sei, darauf hinzuweisen, dass die darunter angebotenen Waren Opulenz, Reichtum bzw. Wohlstand vermittelten und von den angesprochenen Verkehrskreisen auch nur in diesem beschreibenden Sinne, nicht aber als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren aufgefasst werde.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie führt unter Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen für eine Eintragungsversagung wegen eines entgegenstehenden Allgemeininteresses bzw. wegen fehlender Unterscheidungskraft aus, das als Marke angemeldete Wort „OPULENCE““ werde im Zusammenhang mit den in der Anmeldung aufgeführten Waren im üblichen Sprachgebrauch nicht zur Beschreibung verwendet und auch nicht beschreibend verstanden.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. September 2011 aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in dem aus Ziffer 1 des Beschlusstenors ersichtlichen Umfang teilweise begründet und führt insoweit zur Aufhebung des mit der Beschwerde angegriffenen Beschlusses der Markenstelle. Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch unbegründet, weil es sich bei der angemeldeten Marke in Bezug auf die übrigen Waren um eine zur Beschreibung ihrer Beschaffenheit geeignete, freihaltungsbedürftige Angabe handelt (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), der angesichts ihres beschreibenden Charakters für diese Waren zudem jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
1. Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist eine Marke vom Schutz ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der infrage stehenden Waren und Dienstleistungen, wie zum Beispiel ihrer Art oder Beschaffenheit, dienen können. Diese auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. C MarkenRL beruhende Vorschrift verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass beschreibende Zeichen oder Angaben im Sinne der Bestimmung von jedermann frei verwendet werden können (EuGH GRUR 1999, 723 – Chiemsee; GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BGHZ 167, 278 - FUSSBALL WM 2006). Hierfür ist es ausreichend, dass die angemeldete Marke in einer ihrer möglichen Bedeutungen ein Merkmal der betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH MarkenR 2008, 160, 16 - Hairtransfer). Unerheblich ist, ob die fragliche Marke in ihrer beschreibenden Bedeutung bereits im Verkehr bekannt ist oder beschreibend verwendet wird. Vielmehr reicht es aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr.; EuGH GRUR 2010, 534 – Pranahaus). Das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt auch keine die Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Angabe voraus. Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, können ebenfalls diesem Schutzhindernis unterfallen, sofern durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der Verkehr werde den beschreibenden Inhalt des Begriffs als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassen (BGH GRUR 2009, 960 - DeutschlandCard).
Die angemeldete Marke „OPULENCE“ ist, wie die Markenstelle zutreffend ermittelt und festgestellt hat, ein englischsprachiges Substantiv, das neben den von der Markenstelle im Beanstandungsbescheid aufgeführten Bedeutungen „Opulenz“, „Fülle“, „Überfluss“ und „Üppigkeit“ auch die Bedeutungen „Prunk“ und „Stattlichkeit“ hat (Collins, PONS-Großwörterbuch, 1. Auflage, S. 448). Die Bedeutung des als Marke beanspruchten englischen Wortes ist dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen inländischen Durchschnittsverbraucher der in der Anmeldung aufgeführten Waren ohne Weiteres verständlich, weil der englische Begriff „OPULENCE““ mit den korrespondierenden deutschen Begriffen „opulent“ und „Opulenz“ weitgehend übereinstimmt.
Der Begriff „OPULENCE“ kann dazu dienen, die Beschaffenheit von Waren dahingehend zu beschreiben, dass diese opulent, also mit großem Aufwand bzw. prunkvoll gestaltet sind. Eine solche aufwändige bzw. prunkvolle Gestaltung können die meisten der in der Anmeldung aufgeführten Waren aufweisen. Insbesondere Wohnungseinrichtungsgegenstände sowie Tafelgeschirre und -gläser, aber auch Haushalts- und Küchengeräte und –anlagen werden nicht selten danach ausgewählt, ob sie eine üppige Ausstattung aufweisen.
Dass das Wort „OPULENCE“ nur allgemein die Üppigkeit der Ausstattung von Waren bezeichnet, ohne die Form oder das Dekor der so bezeichneten Waren näher zu bezeichnen, steht seiner Eignung als beschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen. Die Annahme einer unmittelbar beschreibenden Sachangabe setzt zwar voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise einen konkreten und direkten Bezug zwischen der Marke und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen herstellen können. Jedoch schließt nicht jede begriffliche Unbestimmtheit den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus. Auch relativ vage und allgemeine Angaben können als verbraucherorientierte Sachinformationen zu bewerten sein, insbesondere wenn sie sich auf umfängliche und übergreifende Sachverhalte beziehen. Bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften erfassen zu können (BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2009, 952 – DeutschlandCard).
Entsprechend ist die Sachlage auch bei dem Begriff „OPULENCE“, der dazu dienen kann, ganz allgemein auf eine opulente Formgestaltung und/oder Ausstattung von Waren hinzuweisen. Dass ihm darüber hinaus nicht entnommen werden kann, welche Ausstattungs- und/oder Gestaltungsmerkmale den opulenten Charakter der Ware ausmachen, ist demgegenüber unschädlich und steht der Eignung der angemeldeten Marke, zur Bezeichnung einer Eigenschaft von Waren oder Dienstleistungen zu dienen, nicht entgegen.
Auch die Tatsache, dass die Markenstelle eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung „OPULENCE“ nicht festgestellt hat, steht einer Eintragungsversagung nicht entgegen, denn auch bisher noch nicht als solche verwendete, aber gleichwohl verständliche beschreibende Sachaussagen werden vom Verkehr als solche erkannt und sind zur Beschreibung von Waren und Dienstleistungen geeignet und daher gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, der mit der Formulierung „dienen kann“ auf die Beschreibungseignung von Zeichen und Angaben abstellt, von der Eintragung als Marke ausgeschlossen.
Bei der Feststellung der Beschreibungseignung einer angemeldeten Marke ist aber auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen abzustellen (EuGH GRUR 2003, 514 – Linde, Winward u. Rado; a. a. O. – Postkantoor). Für die im konkreten Fall beanspruchten Waren bedeutet dies, dass eine Eignung der angemeldeten Marke „OPULENCE“ zur Beschreibung der Stilrichtung der Waren nur insoweit bejaht werden kann, als diese Waren eine üblicherweise eine stilistische Ausgestaltung durch eine äußere Formgebung oder durch ein aufgebrachtes Dekor aufweisen. Dies ist bei den unter Nr. 1 des Beschlusstenors aufgeführten Waren nicht feststellbar und auch nicht zu erwarten, weil es sich insoweit um Rohprodukte und/oder Halbfertigerzeugnisse, um ausschließlich außerhalb des Wohnbereichs verbaute technische Geräte bzw. um Reinigungsartikel handelt, bei denen die Formgebung keine Rolle spielt.
Bei den übrigen Waren der Anmeldung handelt es sich dagegen um solche, bei denen Ausstattung im Allgemeinen und Formgebung und Dekor im Besonderen von Bedeutung sein können, weil sie in den Wohn- und Arbeitsbereichen eines Hauses bzw. einer Wohnung installiert bzw. aufgestellt werden können und der Verkehr bei solchen Waren auch deren äußerer Gestaltung eine für den Kauf maßgebliche Rolle zumisst. Diese Waren weisen daher üblicherweise eine ästhetisch ansprechende Form- und Dekorgestaltung auf, die auch in opulenten Formen und Motiven bestehen kann. Deshalb hat die Markenstelle die Beschreibungseignung der angemeldeten Marke für die Waren „Klasse 11: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungsgeräte“, „Klasse 20: Möbel, Spiegel, Bilderrahmen, Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen“ sowie „Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und Schwämme; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“ zu Recht bejaht.
2. Für die zuvor genannten Waren fehlt der angemeldeten Marke auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die konkrete Eignung eines Zeichens, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2004, 428, 431 - Henkel); denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Philips; GRUR 2008, 608, 610 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Was nicht individualisiert, kann nicht Gegenstand eines Individualrechts werden, sondern soll Gemeingut bleiben und der freien Verwendung offenstehen. Nur soweit die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion bejaht werden kann, besteht eine Rechtfertigung dafür, die allgemeine Wettbewerbsfreiheit dadurch einzuschränken, dass eine Angabe oder ein Zeichen der ungehinderten allgemeinen Verwendung vorenthalten und zu Gunsten eines Einzelnen monopolisiert wird (EuGH GRUR Int. 2004, 631, 634 - Dreidimensionale Tablettenform I). Die Unterscheidungskraft fehlt insbesondere Zeichen, die für die fraglichen Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Bedeutung haben oder einen sachlichen beschreibenden Bezug zu diesen aufweisen (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Bei derartigen Angaben gibt es nämlich keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).
Die angemeldete Marke weist für die Waren, für die mit diesem Beschluss die Zurückweisung der Anmeldung bestätigt wird, eine unmittelbar beschreibende Bedeutung auf, was im Einzelnen bereits zuvor in Bezug auf das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dargelegt worden ist. Die beschreibende Bedeutung des Wortes „OPULENCE“ erkennt und versteht der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige inländische Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren wegen der weitgehenden Übereinstimmung mit den deutschen Wörtern „Opulenz“ bzw. „opulent“ auch ohne Weiteres. Angesichts dieses beschreibenden Verständnisses steht nicht zu erwarten, dass er in der angemeldeten Marke einen betrieblichen Herkunftshinweis und ein Unterscheidungsmittel gegenüber entsprechenden Waren anderer Anbieter sehen wird.
Bei den übrigen, in Nr. 1 des Beschlusstenors aufgeführten Waren liegt eine opulente Formgebung oder Ausstattung bzw. das Aufbringen eines opulenten Dekors aus den zuvor bereits dargelegten Gründen fern, so dass insoweit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen anzunehmen, dass der angemeldeten Marke für diese Waren jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Der mit der Beschwerde angegriffene Beschluss der Markenstelle war daher in Bezug auf die in Nr. 1 des Beschlusstenors aufzuheben. Im Übrigen konnte die Beschwerde jedoch keinen Erfolg haben.