Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 11.07.2012


BPatG 11.07.2012 - 26 W (pat) 546/11

Markenbeschwerdeverfahren – "PART OF YOUR WAY" – Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
11.07.2012
Aktenzeichen:
26 W (pat) 546/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 027 212.3

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. Juli 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und des Richters am Landgericht Hermann

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. September 2011 aufgehoben.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen

2

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computersoftware; Druckereierzeugnisse; Zeitungen; Zeitschriften; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen"

3

bestimmten Wortmarke 30 2011 027 212.3

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PART OF YOUR WAY

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mit dem angefochtenen Beschluss nach vorangegangener Beanstandung vom 22. Juni 2011 zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Bei der angemeldeten Marke handele es sich um einen grammatikalisch korrekt gebildeten englischen Werbeslogan, der wörtlich übersetzt "Teil Deines/Ihres Weges" bedeute und ohne weiteres vom angesprochenen breiten Verkehr als werbliche Anpreisung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesehen würde. Der Verkehr erkenne einen Hinweis, dass die Waren und Dienstleistungen ihn bei Erwerb für einen Teil seines Weges begleiten und gute Dienste leisten werden. Die Schutzfähigkeit ergebe sich auch nicht aus einer Unschärfe oder Vieldeutigkeit der Wortfolge, da es allgemeiner Lebenserfahrung entspreche, dass erworbene Produkte oder Dienstleistungen einen  zumindest für einen Teil seines (Lebens-) Weges begleiteten. In der Bedeutung "Teil Deines/ Ihres Weges" beschreibe die angemeldete Wortfolge zwar nicht unmittelbar Merkmale und Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, gebe aber einen Hinweis auf die Bestimmung und den Einsatzbereich der Waren bzw. auf damit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen, da der Spruch die Produkte, die den Kunden für ein Stück seines Lebens begleiten sollen, letztlich als zeitlich befristete  Begleiter anpreise.

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Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, das von der Markenstelle angeführte Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG läge in Bezug auf die versagten Waren und Dienstleistungen nicht vor. Dem angemeldeten Zeichen komme für diese Waren und Dienstleistungen insbesondere die erforderliche Unterscheidungskraft zu. Die Wortfolge sei mehrdeutig und als Herkunftshinweis zu verstehen. Die Markenstelle überspanne die Anforderungen und stelle dabei analytische Erwägungen an. Die Anmelderin beantragt,

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den angegriffenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

II

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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich als begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht für die versagten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht entgegen.

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Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 25/97, GRUR 2000, 502, 503 = WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl; Beschl. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, GRUR 2000, 720, 721 = WRP 2000, 739 - Unter Uns). Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - Rs. C-39/97, Slg. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922, 924 Tz. 28 - Canon; BGH, Beschl. v. 8.10.1998 - I ZB 35/95, GRUR 1999, 245, 246 = WRP 1999, 196 - LIBERO; GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH, Beschl. v. 11.5.2000 - I ZB 22/98, GRUR 2001, 162, 163 = WRP 2001, 35 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen (hier einer Redensart) auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind. Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (vgl. BGH, WRP 2001, 692, 693 - Test it; BGH GRUR 2001, 1043 Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).

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Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen kann dem angemeldeten Zeichen "PART OF YOUR WAY" eine ausreichende Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Denn wie die Beschwerde zutreffend ausführt handelt es sich bei der Redewendung gerade nicht allein um eine allgemeine Werbeaussage oder Kaufaufforderung, sondern um eine sloganartige Wortfolge mit verschiedenen Bedeutungen.

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Für Werbeslogans gilt nach ständiger Rechtsprechung (z. B. BGH GRUR 2000, 321 - Radio von hier), dass der Verkehr zwar auch eine Werbeaussage annehmen wird, die nicht in erster Linie der Identifizierung der Herkunft des Produktes, sondern ausschließlich seiner Beschreibung dient (vgl. Ingerl/Rohnke a. a. O. § 8 Rdn. 36). Dies rechtfertigt es aber nicht, von unterschiedlichen Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Werbeslogans gegenüber anderen Wortmarken auszugehen. Denn bei einer Marke schließen sich die Identifizierungsfunktion und die Werbewirkung nicht gegenseitig aus (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 12/6581, S. 82 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 76). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob der Werbeslogan einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob ihm über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. Fezer MarkenG, 4. Aufl., § 8 Rdn. 97a). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb auch bei Werbeslogans lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein und diese damit zu einem eingängigen und aussagekräftigen Werbeslogan machen. Auch die Mehrdeutigkeit und daher Interpretationsbedürftigkeit der Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung der Unterscheidungskraft von Werbeslogans nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (vgl. zur Frage der wettbewerblichen Eigenart im Rahmen des § 1 UWG: BGH GRUR 1997, 308, 310 - Wärme fürs Leben).

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Diesen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG an die Unterscheidungskraft zu stellenden Anforderungen genügt die Wortfolge "PART OF YOUR WAY". Sie enthält schon keinen beschreibenden Sinngehalt für die begehrten Waren und Dienstleistungen. Die Wendung ist prägnant und steht entgegen der Ansicht des Prüfers im angefochtenen Beschluss für verschiedene Bedeutungen, wie in der Beanstandungserwiderung vom 23. August 2011 zutreffend aufgeführt ist (dort S. 5). Die aus der angefochtenen Entscheidung sich ergebende Auffassung bemüht eine mögliche Übersetzung in einer gedanklich analysierenden Weise, die üblicherweise gerade für das Vorliegen von Unterscheidungskraft spricht. Die Wortfolge hat für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen eindeutigen Begriffsinhalt, ist vielmehr vage und unklar. Ergänzend kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der Anmelderin in ihrer Beschwerdeschrift unter I 2 c) Bezug genommen werden, die sich der Senat zu eigen macht.

14

Der angemeldeten Marke kann der zur Überwindung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Grad an Unterscheidungskraft demnach nicht abgesprochen werden, weshalb der Beschwerde der Anmelderin stattzugeben war.