Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 30.03.2011


BPatG 30.03.2011 - 26 W (pat) 536/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Check & Fly! Ihr persönlicher Fluglotse (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
30.03.2011
Aktenzeichen:
26 W (pat) 536/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 33 684.0

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. März 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. Mai 2010 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 26. Mai 2010 hat die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung der Wort-/Bildmarke 307 33 684.0 / 38

Abbildung

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2

u. a. für die Dienstleistungen:

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„Öffentlichkeitsarbeit, Vermietung von Werbematerial, Verteilung von Werbematerial; Marktforschung einschließlich Meinungsforschung und Marktanalyse; Herausgabe von Werbetexten; Geschäftsführung und Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Buchführung; betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung und Koordination, insbesondere auf dem Gebiet der Datenverarbeitung; Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken, Vervielfältigung von Dokumenten; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich organisatorische Vorbereitung von Bauvorhaben; Franchising, nämlich Vermittlung und Weitergabe von organisatorischem und betriebswirtschaftlichem Know-how; Sponsoring, nämlich Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Dritte; Standortermittlung von Frachtfahrzeugen durch Computer; Vermietung von Bürogeräten; Anwerbung von Büropersonal; Veranstaltung von Messen und Ausstellungen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Vermietung von Personal für Hotlines und Callcenter, Bestellannahme; organisatorische Beratung für Kundenbindungsmaßnahmen; Entwicklung von Marketingmaßnahmen, welche die Gewährung von Prämien und ähnlichen geldwerten Vorteilen beinhalten; organisatorische Beratung zur Verkaufsförderung mittels Prämien-, Bonus- und Treueprogrammen; Dienstleistungen eines Einzelhandels mit Waren der Klassen 1 - 34; kommerzielle Verwaltung der Lizenzierung von Waren und Dienstleistungen für Dritte;

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Versicherungswesen; Finanzdienstleistungen, Geldgeschäfte; Immobiliendienstleistungen, insbesondere Facility-Management, nämlich die Verwaltung von Gebäuden jeder Art; Dienstleistungen eines Immobilienmaklers; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich finanzielle Vorbereitung von Bauvorhaben; Franchising, nämlich Vermittlung von finanziellem Know-how; Sponsoring in Form von finanzieller Unterstützung; Vermietung, Vermittlung, Verpachtung von Immobilien; Vermietung von Büros; Ausgabe von Kreditkarten;

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Vermietung von Telekommunikationsgeräten für Hotlines und Callcenter; alle vorgenannten Dienstleistungen, insbesondere im Reise- und Freizeitbereich;

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Vermietung von Taucheranzügen; Vermietung, Buchung und Vermittlung von Schiffen, insbesondere Ruder- und Motorbooten, Segelschiffen und Kanus; Vermietung, Buchung und Vermittlung von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern, Pferden, Taucherausrüstungen (soweit in Klasse 39 enthalten); Verpackung und Lagerung von Waren; Zustellung von Paketen; Austragen, Versenden und Zustellen von Zeitungen und Zeitschriften; Standortermittlung von Personenfahrzeugen mittels Computer;

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Ausbildung und Fortbildung sowie Erziehungsberatung; Unterricht, insbesondere Fernunterricht und Sprachunterricht; Unterhaltung, Film- und Videofilmproduktion; Produktion von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Film- und Videoverleih, Film- und Videovorführungen; Künstlervermittlung; Künstlerdienste (Unterhaltung); Musikdarbietungen; Zirkusdarbietungen; Volksbelustigungen; Theateraufführungen; Organisation und Durchführung von Kinderbetreuungsdienstleistungen (Unterhaltung, Erziehung außerhalb der Schule); Veranstaltung und Durchführung von Sport- und Sprachunterricht sowie Filmvorführungen und Musikdarbietungen; Betrieb von Gesundheitsclubs (soweit in Klasse 41 enthalten), Trainingsclubs, Fitnessstudios, Golfplätzen, Tennisplätzen, Reitanlagen, Kindergärten (Erziehung, Unterhaltung), Kinos, Diskotheken, Museen, Spielhallen, Sportcamps, Sportanlagen und Vergnügungsparks; Vermietung und Vermittlung von Sporttaucherausrüstungen; Veranstaltung sportlicher Wettbewerbe; Organisation und Veranstaltung kultureller und sportlicher Ereignisse; Reservierungsdienste (soweit in Klasse 41 enthalten) für sportliche, wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen; Betrieb von Internetcafés (soweit in Klasse 41 enthalten), insbesondere zum Zweck der Unterhaltung und Weiterbildung; online angebotene Spieldienstleistungen; Vermietung von bespielten Datenträgern (Filme, Musik, Spiele), Projektionsapparaten und deren Zubehör (soweit in Klasse 41 enthalten); Vermietung von Zeitungen und Zeitschriften, Veröffentlichung von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Druckereierzeugnissen auch in Form von elektronischen Medien einschließlich CD-ROMs; Herausgabe von Druckschriften, insbesondere von Büchern, Zeitschriften, Katalogen und Zeitungen, einschließlich in elektronischer Form auch im Internet; Aufzeichnung von  Videobändern, Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Dienstleistungen eines Freizeit- und Vergnügungsparks auf dem Gebiet der Erziehung und Unterhaltung; Dienstleistungen eines Dolmetschers und eines Übersetzers; Photographieren; Rundfunkunterhaltung, Fernsehunterhaltung; Beratung mittels Hotline oder Callcenter auf dem Gebiet der Erziehung und Unterhaltung; Informationen über Unterhaltung und Unterhaltungsveranstaltungen via Onlinenetzen und Internet;

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Verpflegung von Gästen in Internetcafés“ mit der Begründung zurückgewiesen, dass dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr.  1 MarkenG. Der Bestandteil „Check & Fly!“ werde vom überwiegenden Teil der inländischen Verbraucher im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen mit „prüfen, begutachten und fliegen“ übersetzt werden. Der weitere Wortbestandteil „Ihr persönlicher Fluglotse“ weise lediglich auf eine individuelle Hilfestellung durch einen Fluglotsen hin. Die angesprochenen Verkehrskreise würden das angemeldete Zeichen, dessen graphische Gestaltung nicht schutzbegründend wirke, in seiner Gesamtheit lediglich als beschreibenden Sachhinweis des Inhalts „prüfe die Angebote mittels eines persönlichen Fluglotsen und fliege“ wahrnehmen.

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Gegen diese Entscheidung richtet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. „Check & Fly!“ sei nicht als bloße Beschreibung einer vermeintlich angebotenen Dienstleistung, sondern als Aufforderung eines Unternehmens zu verstehen, nicht unnötig zu verharren, sondern mit der Zeit zu gehen und nicht den Anschluss zu verpassen. Im Hinblick auf die ungewöhnliche Verbindung der eigentlich im Hintergrund ausgeübten Tätigkeit eines Fluglotsen mit einer im persönlichen und direkten Kontakt zu erbringenden Dienstleistung weise das angemeldete Zeichen einen fantasievollen Überschuss auf. Das Wechselspiel der Wortbestandteile werde im angemeldeten Zeichen farblich und durch die graphische Darstellung eines Flugzeugs unterstrichen. Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin das Dienstleistungsverzeichnis auf die im Tenor genannten Dienstleistungen beschränkt.

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Die Anmelderin beantragt nunmehr,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 vom 26. Mai 2010 aufzuheben.

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Ergänzend wird auf den Inhalt der Akte des Amtes 307 33 684.0 Bezug genommen.

II.

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Gemäß § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde erweist sich nach Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses als begründet. Einer Eintragung der angemeldeten Wort-/Bildmarke „Check & Fly! Ihr persönlicher Fluglotse“ für die nunmehr allein noch beanspruchten Dienstleistungen steht weder das von der Markenstelle angenommene Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, noch besteht insoweit ein Freihaltebedürfnis, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 - FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen mit seiner Eintragung in das Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2006, 608, 610 Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 - SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, , 604, 608, Rdn. 60 - Libertel). Da die Frage der Unterscheidungskraft stets konkret für die jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist, vermag eine Marke für bestimmte Waren und Dienstleistungen unterscheidungskräftig zu sein, während ihr für andere die Unterscheidungskraft fehlt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 677, Rdn. 73 bis 78 - Postkantoor; GRUR 2007, 425, 426, Rdn. 32 - MT&C/BMW). Um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden, reicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft aus (vgl. z. B. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 - FUSSBALL WM 2006).

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Für die beanspruchten Dienstleistungen kann der Wort-/Bildmarke „Check & Fly! Ihr persönlicher Fluglotse“ das hiernach erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Das angemeldete Zeichen beschreibt weder die Art, Bestimmung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale dieser Dienstleistungen, noch weist es einen engen sachlichen beschreibenden Bezug zu ihnen auf.

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Die nach der Beschränkung verbleibenden, vornehmlich an Geschäftskunden gerichteten Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 38 sowie diejenigen der Klasse 39 werden weder typischerweise zusammen mit den Funktionen von Internetsuchmaschinen angeboten, noch sind sie zum Betrieb derartiger Suchmaschinen erforderlich. Sie zählen auch nicht unmittelbar selbst zu den Flugreiseleistungen. Die Dienstleistung der Klasse 39 „Vermietung von Kraftfahrzeugen“ wird zwar häufig in Verbindung mit anderen Flugreisedienstleistungen und vor Ort am Flughafen angeboten. Ohne weitere gedankliche Schritte lässt sich jedoch kein hinreichend enger Bezug herstellen (vgl. PAVIS PROMA, BPatG 26 W (pat) 153/05 - Easy Rückflug Check-in).

17

Die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 und 43 können zwar im Rahmen einer Pauschalreise zusätzlich zur Flugreiseleistung angeboten werden. Ein solches Angebot erweiterter Dienstleistungen ist jedoch kein typisches Charakteristikum, das geeignet wäre, Flugreisen von Pauschalreisen mit anderen Verkehrsmitteln zu unterscheiden. Insbesondere „Film- und Videovorführungen“ werden Reisenden zwar auf Flügen angeboten. Seitdem zahlreiche, auch öffentliche Verkehrsmittel mit Bildschirmen ausgestattet sind, unterscheidet dieser Umstand Flugreisen jedoch nicht mehr von einer Personenbeförderung mit anderen Verkehrsmitteln.

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In Bezug auf die oben unter I. genannten Dienstleistungen ist die beanspruchte Wortfolge daher nichts sagend und in diesem - engen - Rahmen geeignet, vom Verkehr als betriebskennzeichnende Angabe angesehen zu werden. Der angemeldete Marke kann daher für diese Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

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Ebenso wenig besteht insoweit ein Freihaltebedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es sind nach dem oben Gesagten keine Umstände ersichtlich, derentwegen die Bezeichnung „Check & Fly! Ihr persönlicher Fluglotse“ als konkret beschreibende Angabe zugunsten der Mitbewerber der Anmelderin für diese Dienstleistungen freigehalten werden müsste.

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Da weitere Eintragungshindernisse nicht ersichtlich sind, war der Beschwerde der Anmelderin nach Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses aus diesen Gründen stattzugeben.

21

Nach Maßgabe des angefochtenen Beschlusses enthält diese Entscheidung keine Klassenbezeichnungen. Auch nach Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses entspricht die Anmeldung bislang nicht in allen Punkten der Nizza-Klassifikation. Insoweit noch erforderliche Korrekturen bleiben dem Eintragungsverfahren vorbehalten.