Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 08.10.2014


BPatG 08.10.2014 - 26 W (pat) 534/13

Markenbeschwerdeverfahren – "frescovision" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
08.10.2014
Aktenzeichen:
26 W (pat) 534/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 002 260.2

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 8. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Richters Reker als Vorsitzendem sowie der Richterin Eder und des Richters Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Der Anmelder hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Marke

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frescovision

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für die Waren

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„16: Bilder; Druckereierzeugnisse

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17: Bedruckte Folien aus Kunststoff zum Zwecke der Decken- oder Wanddekoration

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24: Bedruckte Textilstoffe für Dekorationszwecke von Zimmerdecken und Zimmerwänden; Decken- und Wandbekleidung aus textilem Material“

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beantragt.

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Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren die Unterscheidungskraft fehle (§§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

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Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Marke, die aus den zum Grundwortschatz der englischen Sprache zählenden Begriffen „fresco“ und „vision“ gebildet sei, werde vom deutschen Durchschnittsverbraucher der in der Anmeldung aufgeführten Waren ohne Weiteres verstanden, weil es in der deutschen Sprache die nahezu identisch geschriebenen und im Wesentlichen gleichbedeutenden Begriffe „Fresko“ und „Vision“ gebe. Das englische Wort „fresco“ bezeichne ebenso wie das entsprechende deutsche Wort „Fresko“ eine Wandmalerei. Im Zusammenhang mit den in der Anmeldung aufgeführten Waren werde der Verkehr die Bezeichnung „frescovision“ als Hinweis darauf verstehen, dass die so bezeichneten Produkte die Vorstellung von einer Wandmalerei der Zukunft vermittelten. Es handele sich bei der angemeldeten Marke in Bezug auf die fraglichen Waren um eine bloße werbliche Anpreisung, die als solche ohne gedankliche Analyse der Bezeichnung verstanden werde. Dies stehe der Annahme entgegen, dass der Verkehr der angemeldeten Marke auch einen betrieblichen Herkunftshinweis entnehme. Die angemeldete Marke sei auch nicht mehrdeutig und weise auch keine schutzbegründende Eigenart auf, da die Verbindung der die Marke bildenden Wörter weder ungewöhnlich noch phantasievoll sei. Auf Voreintragungen von vorgeblich vergleichbaren Marken könne sich der Anmelder nach ständiger Rechtsprechung nicht berufen. Die Frage, ob der Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, hat die Markenstelle dahingestellt gelassen.

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Gegen die Zurückweisung der Anmeldung wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Er ist der Ansicht, die angemeldete Marke weise für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Das angemeldete Markenwort sei lexikalisch nicht feststellbar. Die von der Markenstelle vorgenommene Zerlegung in die Bestandteile „fresco“ und „vision“ sei willkürlich und liege für den Verkehr nicht nahe. Man könne die angemeldete Marke auch in die Bestandteile „fres“ und „covision“ aufteilen. Die Schreibweise „fresco“ der ersten beiden Silben entspreche nicht der deutschen Schreibweise des Begriffs „Fresko“. Durch die in der angemeldeten Marke gewählte Schreibweise solle der Verkehr zu der englischen Aussprache „fres-ko-wi-schen“ veranlasst werden. Die angemeldete Marke weise auch weder einen beschreibenden Begriffsgehalt für die beanspruchten Waren noch einen engen Sachbezug zu diesen auf. Die Begriffe „fresco“ und „vision“ würden üblicherweise nicht zusammen verwendet. Ihre Kombination sei ungewöhnlich. Die Bedeutung der angemeldeten Marke erschließe sich nicht ohne vertiefte Gedankenschritte. Die von der Markenstelle angenommenen Bedeutungen der angemeldeten Marke wirkten gestelzt und wirklichkeitsfremd.

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Der Anmelder beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juli 2013 aufzuheben.

II

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Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit dem angegriffenen Beschluss zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass der angemeldeten Marke für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

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Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren und Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 – BioID; GRUR 2008, 60, 611 – EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2009, 949 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 - SAT 2; GRUR 2006, 411 412 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK; a. a. O. – BerlinCard; GRUR 2009, 952, 953 - DeutschlandCard) oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten-Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen auch solche Zeichen und Angaben keine Unterscheidungskraft, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar beschreiben, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006).

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Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Werbeaussagen und Werbeslogans auszugehen (EuGH GRUR 2010, 228, 231 - Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, 1029 f. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH a. a. O. - My World; GRUR 2009, 778, 779 - Willkommen im Leben; GRUR 2010, 935 - Die Vision). In jedem Fall ist zu prüfen, ob eine Werbeaussage oder ein Werbeslogan ausschließlich einen produktbeschreibenden oder werblich anpreisenden Inhalt hat oder ihr/ihm über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe, Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (EuGH a. a. O. – Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. – Die Vision). Selbst wenn Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (EuGH a. a. O. Nr. 56 - Vorsprung durch Technik). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH a. a. O. Nr. 57 - Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. – My World). Jedoch fehlt Werbeaussagen und -slogans, die ausschließlich als werbewirksame Anpreisungen, allgemeine Qualitätsversprechen oder auch nur als positiv besetzte Aussagen wirken und deshalb nicht (auch) als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen aufgefasst werden, jegliche Unterscheidungskraft (EuGH GRUR Int 2011, 255, Nr. 52 – BEST BUY; BGH GRUR 2009, 949, Nr. 27 – HOT).

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Nach diesen Grundsätzen ist die angemeldete Bezeichnung „frescovision“ entgegen der Ansicht des Anmelders auch unter Berücksichtigung seines Beschwerdevorbringens nicht geeignet, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Es handelt sich bei ihr – worauf bereits die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat – um eine Verbindung der beiden englischsprachigen Begriffe „fresco“ und „vision“. Die Zugehörigkeit der angemeldeten Marke zur englischen Sprache wird dem Verkehr dabei durch den kleinen Anfangsbuchstaben des Substantivs „fresco“ sowie durch die Verwendung des Buchstabens „c“ in diesem Markenbestandteil nahegelegt. Dies räumt auch der Anmelder in seinem Beschwerdevorbringen ein.

17

Soweit der Anmelder es für willkürlich hält, bei der angemeldeten Marke von einer Kombination der beiden englischsprachigen Begriffe „fresco“ und „vision“ auszugehen, weil auch eine Aufteilung der angemeldeten Marke in die Bestandteile „fres“ und „covision“ möglich sei, ist dem entgegenzuhalten, dass eine solche Aufteilung schon deshalb äußerst fernliegt, weil der inländische Durchschnittsverbraucher die Zusammensetzung der angegriffenen Marke aus den Bestandteilen „fresco“ und „vision“ sofort und ohne gedankliche Analyse erfassen kann, da diese Bestandteile den deutschsprachigen Begriffen „Fresko“ und „Vision“ schriftbildlich nahezu vollständig gleichen, während sich bei der vom Anmelder angenommenen Aufteilung der Bezeichnung „frescovision“ in „fres“ und „covision“, jedenfalls was den ersten Teil betrifft, kein begrifflich sinnvoller Bestandteil ergibt. Mit einer solchen, zwar theoretisch möglichen, aber gekünstelt wirkenden Aufteilung der angemeldeten Marke durch den inländischen Verkehr ist daher nicht zu rechnen.

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Bei einer mehrteiligen Kombinationsmarke kommt es nicht auf die Schutz(un)fähigkeit der Markenteile, sondern auf die Schutz(un)fähigkeit der Marke in ihrer Gesamtheit an, weshalb aus dem beschreibenden Charakter der einzelnen Bestandteile nicht ohne weiteres auch für die Kombinationsmarke ein Schutzhindernis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hergeleitet werden kann (EuGH GRUR 2004, 943 – SAT.2; GRUR 2008, 608 – EUROHYPO). Dieser Grundsatz schließt jedoch nicht aus, dass die einzelnen Markenteile zunächst getrennt geprüft werden (EuGH a. a. O. – SAT.2; GRUR 2006, 229 – BioID; MarkenR 2007, 204 - CELLTECH). Es stellt daher keine unzulässige zergliedernde Betrachtungsweise dar und ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Markenstelle in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss zunächst die Bedeutung der einzelnen Markenteile „fresco“ und „vision“ geprüft und dargestellt hat.

19

Zutreffend hat die Markenstelle festgestellt, dass die Bedeutung des Markenteils „fresco“ dem in der deutschen Sprache gebräuchlichen Wort „Fresko“ entspricht, womit eine Wandmalerei bezeichnet wird. Weiterhin ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass der weitere Markenteil „vision“ in der englischen Sprache eine dem deutschen Begriff „Vision“ entsprechende Bedeutung hat. Als „Vision“ wird zum einen, wie in dem angegriffenen Beschluss der Markenstelle ausgeführt ist, ein „in jemandes Vorstellung besonders in Bezug auf Zukünftiges entworfenes Bild“ bezeichnet (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Auflage, S. 1681 re. Sp.). Das Wort „Vision“ hat – im Deutschen wie im Englischen – aber auch die Bedeutungen „Das Sehen, der Anblick, die Erscheinung“ (Duden a. a. O.). In diesem Sinne wird der Begriff „Vision“ z.B. in dem dem deutschen Allgemeinverkehr allgemein bekannten Begriff „Television“, aber auch in anderen weithin bekannten Wortverbindungen, wie z. B. „Eurovision“, verwendet.

20

Die angemeldete Marke insgesamt stellt eine sprachregelgerechte Verbindung der beiden Substantive „fresco“ und „vision“ dar, die die Bedeutung „Wandmalereivision“ aufweist. Sowohl der am Handel mit den beanspruchten Waren beteiligte Fachverkehr als auch der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren wird hierin ausschließlich einen sachbezogenen Hinweis auf die Beschaffenheit der maßgeblichen Waren dahingehend sehen, dass die so bezeichneten Bilder, Druckereierzeugnisse, bedruckten Folien und Textilstoffe sowie Decken- und Wandverkleidungen mit Ansichten real existierender und/oder visionärer Wandmalerei bedruckt sind.

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Die angemeldete Marke weist entgegen der Ansicht des Anmelders zu sämtlichen beanspruchten Waren der Klassen 16, 17 und 24 einen unmittelbaren, ein solches Verständnis nahelegenden Sachbezug auf; denn diese Waren sind Druckerzeugnisse bzw. bedruckte Kunststofffolien bzw. bedruckte textile Stoffe, die regelmäßig mit unterschiedlichsten Bildern, Zeichnungen, Mustern und Motiven versehen werden. Zu diesen Motiven können Abbildungen von Fresken aus den unterschiedlichen vergangenen Zeiträumen ebenso gehören wie moderne Fresken, die zukünftige und ggf. auch visionäre Themen zum Gegenstand haben. Bei Waren der beanspruchten Art, wozu beispielsweise auch Kunstdrucke und Tapeten zählen, ist es zudem üblich, die Ware unter Angabe des Druckmotivs zu bezeichnen. Bei dieser Sachlage ist es für die maßgeblichen Verkehrskreise fernliegend, in der angemeldeten Marke etwas anderes als einen beschreibenden und werblich anpreisenden Hinweis auf die Art des aufgedruckten Motivs und damit auf die Beschaffenheit der Ware zu sehen, wenn sie für mit Drucken versehene Waren verwendet wird.

22

Dass die angemeldete Marke sowohl im Sinne von „Wandmalereiansicht“ als auch im Sinne von „zukünftige Vorstellung von Wandmalerei“ verstanden werden kann, ist entgegen der Ansicht des Anmelders nicht geeignet, ihre Unterscheidungskraft zu begründen; denn Angaben, die jedenfalls mit einer ihrer Bedeutungen die beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen beschreiben, fehlt die Unterscheidungskraft unabhängig davon, ob sie noch andere, nicht beschreibende Bedeutungen haben können (BGH a. a. O. – DeutschlandCard; GRUR 2014, 569 – HOT). Erst recht begründet die Mehrdeutigkeit einer Angabe nicht deren erforderliche Unterscheidungskraft, wenn sich – wie im Fall der vorliegend angemeldeten Marke – in Bezug auf die angemeldeten Waren/Dienstleistungen alle Deutungsmöglichkeiten als sachbezogen oder sonst zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet erweisen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2013, 522 – Deutschlands schönste Seiten). Der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand des Verkehrs reicht für die Bejahung der Unterscheidungskraft nicht aus (BGH a. a. O. – HOT).

23

Ebenso wenig reicht es für die Bejahung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke aus, dass es sich bei ihr um eine lexikalisch noch nicht verzeichnete, möglicherweise neue Wortverbindung handelt. Für die Annahme des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nämlich weder ein lexikalischer noch ein sonstiger Nachweis erforderlich, dass die als Marke begehrte Angabe bereits im Verkehr geläufig ist oder verwendet wird (EuGH a. a. O. – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2008, 1002 – Schuhpark; GRUR 2010, 640 – hey!); denn der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen übermittelt werden sollen (BGH GRUR 2012, 272 – Rheinpark-Center Neuss).

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Die angemeldete Wortverbindung weist auch weder begriffliche noch grammatikalische Besonderheiten auf, die es dem Verkehr nahelegen könnten, in ihr mehr als einen die Waren beschreibenden bzw. werblich anpreisenden Begriffsgehalt zu sehen, und ist auch sonst nicht ungewöhnlich. Vielmehr ist sie sprachlich korrekt gebildet. Ihr Gesamteindruck geht nicht über die Zusammenfügung zweier beschreibender Elemente hinaus. Sie ist auch nicht zu vage und unbestimmt, sondern wird, ohne dass es dafür einer gedanklichen Analyse bedarf, ohne weiteres und sofort in ihrer die beanspruchten Waren betreffenden Bedeutung und in ihrem sachlichen Aussagegehalt in Bezug auf diese Waren verstanden. Da das, was vom Verkehr als Information über Art oder Eigenschaften von Waren/Dienstleistungen aufgefasst wird, nicht als ein Hinweis auf deren betriebliche Herkunft verstanden wird, fehlt der angemeldeten Marke für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren die Fähigkeit, sie ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden, und damit jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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Die Beschwerde des Anmelders konnte daher keinen Erfolg haben. Angesichts der festgestellten fehlenden Unterscheidungskraft kann die Frage, ob der Eintragung der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, weiterhin dahingestellt bleiben.