Entscheidungsdatum: 19.03.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 016 671.4
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 19. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Dr. Himmelmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren
„29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, ; Fleischextrakte; tiefgefrorenes, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und –fette
30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate einschließlich Zerealienriegel; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Pralinen mit und ohne Füllung, Schokoladewaren (soweit in dieser Klasse enthalten), Bonbons, Fruchtgummi, Kaugummi (ausgenommen für medizinische Zwecke) und andere Zuckerwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis
31: land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind; lebende Tiere; frisches Obst und Gemüse; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Futtermittel, Malz
32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken
35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“
bestimmten Marke
we make life more fruitful
mit Beschluss vom 12. Januar 2012 vollumfänglich zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Zur Begründung hat die Markenstelle unter Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen von Unterscheidungskraft ausgeführt, bei der angemeldeten Marke handele es sich um eine sloganartige Wortfolge, die sich sprachlich und begrifflich an in der Werbung bereits gebräuchliche, ähnliche Werbeslogans anlehne. Die als Marke angemeldete Wortfolge habe die Bedeutung „wir machen das Leben ersprießlicher (bzw. fruchtbarer, ergiebiger, erfolgreicher)“. Damit weise sie für die beanspruchten Waren zwar keine unmittelbar beschreibende Bedeutung auf. Daraus folge jedoch nicht zwangsläufig, dass sie über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge, denn auch anderen gebräuchlichen Wendungen in einer geläufigen Fremdsprache, die nur in ihrer ursprünglichen, nicht markenmäßigen Bedeutung verstanden würden, fehle die Fähigkeit, Waren bzw. Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und zu unterscheiden. Im Internet seien eine Vielzahl von mit den Worten „we make life more … “ beginnende Slogans feststellbar, die in nicht markenmäßiger, sondern beschreibender und anpreisender Form verwendet würden. Die angemeldete Marke werde deshalb vom Verkehr ebenfalls nur als ein Hinweis auf ein Angebot verstanden, das dazu bestimmt sei, dem Verbraucher das Leben zu erleichtern und ihn zufriedener zu stimmen. Um die angemeldete Marke in diesem Sinne zu verstehen, bedürfe es auch keiner sprachlichen Analyse oder eines besonderen gedanklichen Aufwands. Eine – von der Anmelderin angeführte – Mehrdeutigkeit der angemeldeten Marke sei allenfalls bei Waren gegeben, die aus Früchten oder Fruchtextrakten bestünden. Eine Übersetzung von „fruitful“ mit „fruchtvoll“ sei jedoch weder zutreffend noch sinnvoll.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, der angemeldeten Marke könne mangels eines im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalts die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Die Wortfolge „we make life more fruitful“ habe in ihren verschiedenen Bedeutungen keinerlei Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Sie informiere den Verbraucher nicht unmittelbar über eines der Merkmale dieser Waren und Dienstleistungen. Aus der Senatsentscheidung in dem Verfahren 26 W (pat) 69/98 vom 16. Dezember 1998 „FOR YOUR LIFE“ sei zudem zu entnehmen, dass bei einem nicht feststellbaren Freihaltungsbedürfnis als beschreibende Angabe die Anforderungen an die Unterscheidungskraft niedrig anzusetzen seien. Diesen Anforderungen genüge die angemeldete Marke.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Januar 2012 aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die Eignung einer Marke, Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2006, 233, 235 - Standbeutel; GRUR 2003, 604, 608 - Libertel). Die Eintragung eines Zeichens als Marke kommt nur in Betracht, wenn es diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397 - FUSSBALL WM 2006). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung in das Markenregister zu Gunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (EuGH GRUR 2008, 608, 61 - EUROHYPO). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger sachlicher beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann schließlich auch solchen Angaben und Zeichen fehlen, die aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sind, weil sie der Verkehr ausschließlich als Sachbegriffe in ihrer ursprünglichen Bedeutung und daher nicht als Unterscheidungsmittel verstehen wird (Ströbele/Hacker, 9. Aufl., § 8, Rn. 49 m. w. N.).
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von allgemeinen Werbeaussagen und Werbeslogans gelten die vorstehend dargestellten rechtlichen Maßstäbe in gleicher Weise (EuGH EuGH GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2010, 228, Nr. 36-38 - Vorsprung durch Technik). Zwar kann eine sloganartige Wortfolge Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweisen, obwohl sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird (EuGH a. a. O. - Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2010, 825 - Marlene-Dietrich-Bildnis II). Was jedoch im Verkehr ausschließlich als Werbung verstanden wird, stellt keine eintragungsfähige Marke dar (EuGH GRUR Int. 2011, 255, Nrn. 51 - 53 - BEST BUY).
Bei Zugrundelegung dieses rechtlichen Maßstabs erweist sich die angemeldete Marke zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung und -unterscheidung als ungeeignet. Die Wortfolge „we make life more fruitful“ hat die von der Markenstelle angeführte Bedeutung „wir machen das Leben erfolgreicher bzw. fruchtbarer“. Zwar beschreibt sie in diesem Sinne nicht unmittelbar eine Eigenschaft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Dies ist jedoch entgegen der Ansicht der Anmelderin auch nicht erforderlich. Es bedeutet zudem nicht zwangsläufig, dass die angemeldete Marke damit die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist, da auch nicht unmittelbar warenbeschreibende und auch sonst nicht unmittelbar auf die Waren und Dienstleistungen bezogene sloganartige Wortfolgen der Unterscheidungskraft entbehren können, wenn die angesprochenen Verkehrskreise, wobei es sich um die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren handelt, die Wortfolge lediglich als eine werbewirksame Anpreisung der Ware verstehen (EuGH a. a. O. – BEST BUY; BGH GRUR 2009, 778 – Willkommen im Leben), ohne dass sie hierfür einen Denkprozess auslösen bzw. ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand aufwenden müssen (BGH GRUR 2001, 1047, 1049 – LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; BPatG GRUR 1998, 715 - MIT UNS KOMMEN SIE WEITER; BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 177/01 - Wir beraten Erfolg).
Auch den angemeldeten Slogan wird der Durchschnittsverbraucher der in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen von Haus aus, d. h. ohne dass er sich im Verkehr durchgesetzt hat, ausschließlich als werbewirksame Anpreisung, aber nicht als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel verstehen, weil er an entsprechend gebildete, mit der angemeldeten Marke unmittelbar vergleichbare Werbeaussagen bereits in erheblichem Maße aus der Werbung für Waren und Dienstleistungen unterschiedlicher Art gewöhnt ist. Bereits die Markenstelle hat unter Vorlage des Ergebnisses einer mit dem angegriffenen Beschluss übersandten Internet-Recherche darauf hingewiesen, dass das Werbeversprechen „we make life more …“ unter Anfügung unterschiedlicher Adverbien, wie z. B. „comfortable“, „simple“, „peaceful“, „beautiful“, „secure“, in der Werbung umfangreich benutzt wird. Die angemeldete Marke reiht sich zwanglos in die Reihe dieser Werbeanpreisungen ein und weist keine Besonderheit auf, die den Verkehr veranlassen könnte, in ihr in Kenntnis ähnlich gebildeter Werbeversprechen einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen. In Folge der Verwendung vergleichbar gebildeter Werbeanpreisungen fehlt es ihr an Originalität. Zur Erfassung ihres werbenden Begriffsgehalts bedarf es auch keiner gedanklichen Analyse und/oder Interpretation.
Dass die angemeldete Marke in Bezug auf Früchte und fruchthaltige Waren vom inländischen Verkehr ggf. – in unrichtiger Übersetzung – im Sinne von „wir machen das Leben fruchtvoller bzw. fruchthaltiger“ verstanden werden könnte, kann ihre Unterscheidungskraft nicht begründen; denn die Mehrdeutigkeit einer Angabe führt ebenfalls nicht zu deren Unterscheidungskraft, wenn sich in Bezug auf die angemeldeten Waren/Dienstleistungen alle möglichen Deutungen nur als Werbeaussagen erweisen, was bei der angemeldeten Marke, die allenfalls bei Früchten und fruchthaltigen Waren in diesem weiteren Sinne verstanden werden kann, in Bezug auf diese Waren zweifelsfrei der Fall ist.
Auch die Berufung der Anmelderin auf die Senatsentscheidung in Sachen der Marke FOR YOUR LIFE – 26 W (pat) 69/98 – vermag der angemeldeten Marke nicht zur Eintragung zu verhelfen, da sich seit dieser Senatsentscheidung sowohl die rechtlichen Grundsätze für die Bewertung der Unterscheidungskraft von Werbeslogans auf Grund zwischenzeitlicher Urteile des EuGH (a. a. O. – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; a. a. O. – BEST BUY) erheblich verändert haben und auch die Werbegewohnheiten sich verändert und weiterentwickelt haben, was dazu geführt hat, dass zwischenzeitlich bereits eine erhebliche Zahl von mit der angemeldeten Marke ähnlichen Marken von verschiedenen Senaten des Bundespatentgerichts und anderen Gerichten wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden sind (vgl. z. B. BPATG PAVIS PROMA 25 W (pat) 177/01 – Wir beraten Erfolg; 28 W (pat) 127/09 – We Are Pioneering Solutions; SchweizBG sic! 2007, 899 – We make ideas work). Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Beschwerde der Anmelderin keinen Erfolg haben.