Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 24.09.2014


BPatG 24.09.2014 - 26 W (pat) 533/13

Markenbeschwerdeverfahren – "Via Bus – Vorfahrt für Hamburg" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
24.09.2014
Aktenzeichen:
26 W (pat) 533/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 011 145.1

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 24. September 2014 unter Mitwirkung des Richters Reker als Vorsitzendem sowie der Richterin Eder und des Richters Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 13. Juni 2013 nach vorangegangener Beanstandung vom 22. Februar 2013 die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen

2

Klasse 9:

3

Computerprogramme, Software für elektronische Informations-, Reservierungs- und Verkaufssysteme, Software für vollautomatische und halbautomatische Verkehrsleit-, Betriebsleit- und Sicherheitssysteme

4

Klasse 35:

5

Dienstleistungen der Öffentlichkeitsarbeit

6

Klasse 39:

7

Beförderung von Personen, Transportdienstleistungen mit Kraftfahrzeugen, Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des öffentlichen Nahverkehr, Betreiben einer Straßeninfrastruktur für den öffentlichen Nahverkehr

8

bestimmten Wortmarke

9

Via Bus – Vorfahrt für Hamburg

10

zurückgewiesen, weil ihrer Eintragung für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegenstehe (§§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

11

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sei nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2003, 58 - COMPANYLINE). Die Unterscheidungskraft sei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen sei. Keine Unterscheidungskraft besäßen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordneten (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor), wobei eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft sei, sondern diese auch aus anderen Gründen fehlen könne (vgl. EuGH a. a. O. - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild). Diese Grundsätze würden gleichermaßen für Marken, die nur aus einem einzelnen Wort bestehen, wie auch für Werbeslogans bzw. sloganartige Wortfolgen gelten, ohne dass dabei an ihre Unterscheidungskraft unterschiedliche Anforderungen zu stellen seien (BGH, MarkenR 2002, 338 - Bar jeder Vernunft).

12

Von mangelnder Unterscheidungskraft sei vor allem bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Eine gewisse Originalität und Prägnanz oder auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage könne einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. - Gute Zeiten- Schlechte Zeiten; BGH a. a. O. - Bar jeder Vernunft). Nach diesen Grundsätzen fehle der angemeldeten Wortfolge für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft.

13

Bei der angemeldeten Marke "VIA BUS – Vorfahrt für Hamburg" handele es sich um einen schlagwortartigen Satz, der den Sinn vermittele, dass man mittels Bus in Hamburg Vorfahrt habe, was ohne Weiteres vom angesprochenen Allgemeinverkehr als werbliche Anpreisung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesehen werde. Die Schutzfähigkeit ergebe sich nicht aus einer nach Auffassung der Anmelderin vorliegenden Unschärfe oder Vieldeutigkeit der Wortfolge durch den Begriff "Via". "Via" stelle ein aus dem Lateinischen stammendes, allgemein bekanntes Wort mit der Bedeutung "durch, per, mittels" dar und werde in Verbindung mit Namen oder allein stehenden Substantiven verwendet. In Verbindung mit dem Substantiv "Bus" könne es nur die Bedeutung von "durch, per, mittels" haben. Hamburg sei als eine Großstadt mit üblicherweise starkem Verkehr bekannt, der auch die dort verkehrenden Buslinien betreffe. Um eine Beschleunigung der Buslinien zu bewirken, sei es in der Regel erforderlich, Ampeln umzubauen oder auszutauschen, Software und Computerprogramme für die Steuerung dieser Ampeln im Zusammenhang mit der Annäherung von Bussen zu regeln, Sonderspuren anzulegen sowie Kreuzungen und Haltestellen umzubauen und natürlich auch die Öffentlichkeit mit diesen Maßnahmen vertraut zu machen und den hierdurch errungenen Vorteil für ein öffentliches Verkehrsmittel herauszustellen.

14

Vor diesem Hintergrund werde der Verkehr in der angemeldeten Wortfolge nur eine werbeübliche Sachaussage sehen. Sie beschreibe zwar nicht unmittelbar Merkmale oder Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, gebe aber einen Hinweis auf die Bestimmung und den Einsatzbereich der Waren und Dienstleistungen. Da das angemeldete Zeichen nicht isoliert zu betrachten, sondern bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit zwingend in Bezug zu den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu setzen sei, konkretisiere sich der Begriffsinhalt von "Via Bus - Vorfahrt für Hamburg" in oben genanntem Sinne, so dass sich dem Verkehr ohne gedankliche Zwischenschritte und ohne Nachdenken ein Verständnis der angemeldeten Marke als werbeüblich gebildete schlagwortartige Anpreisung mit Hinweis auf Bestimmung, Inhalt, Thema und Gegenstand der Waren und Dienstleistungen aufdränge und kein individualisierendes Betriebskennzeichen darstelle.

15

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Juni 2013 aufzuheben.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt einschließlich der Akte des Deutschen Patent- und Markenamtes Bezug genommen.

II

18

Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen steht, wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt, das Fehlen der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft entgegen.

19

Dies hat die Markenstelle in dem angefochtenen Beschluss vom 13. Juni 2013 in Verbindung mit dem Amtsbescheid vom 22. Februar 2013 eingehend und mit zutreffenden Erwägungen dargelegt. Der Senat schließt sich diesen zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung an.

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Auch der Senat ist der Überzeugung, dass das Wort "Via" im Zusammenhang mit den vorliegend beanspruchten Waren und Dienstleistungen in erster Linie die Bedeutung "mittels" hat und daneben auf die weitere Bedeutung "Straße/Weg" anspielt, ohne dass dies die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke begründen könnte, was auch die Markenstelle zutreffend erkannt und belegt hat. Die weiteren Aussagen der Wortbestandteile sind ebenso wenig erläuterungs- oder analysebedürftig, weshalb die Lesart der Markenstelle, die sloganartige Wortfolge weise unmittelbar und in erster Linie darauf hin, dass man per Bus in Hamburg Vorfahrt habe, keinen Bedenken ausgesetzt ist. Der Verkehr wird den beschreibenden Begriffsgehalt der angemeldeten Marke sofort erfassen und ihn als bloße Warenanpreisung, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen.

21

Da die Anmelderin ihre Beschwerde auch weder innerhalb der ihr dafür gesetzten Frist noch danach bis zur Entscheidung des Senats begründet hat, ist nicht ersichtlich, unter welchen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gesichtspunkten sie die ergangene Entscheidung sonst für angreifbar erachtet. Daher konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.