Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 11.05.2011


BPatG 11.05.2011 - 26 W (pat) 53/10

Markenbeschwerdeverfahren – "FOOD FRESH BAGS" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
11.05.2011
Aktenzeichen:
26 W (pat) 53/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 071 992.3

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. Mai 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamtes die u. a. für die Waren

2

„Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Klebstoff für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Beutel, Tüten oder Taschen für Lebensmittel; Aufbewahrungsbeutel, -tüten oder -taschen; Aufbewahrungsbeutel, -tüten oder -taschen für den Haushaltsgebrauch; Aufbewahrungsbeutel, -tüten oder -taschen für den Gebrauch in Küchen; Verpackungsmaterialien zur Lagerung von Lebensmitteln; Verpackungsmaterialien aus Kunststoff zur Lagerung von Lebensmitteln; Plastiktüten oder -beutel für den Haushaltsgebrauch; Plastiktüten oder -beutel für den Küchengebrauch; Aufbewahrungsbeutel aus Kunststoff für Lebensmittel für Haushaltszwecke (alle vorgenannten Waren soweit in Klasse 16 enthalten)

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Klasse 21: Geräte für Haushalt und Küche; Behälter für Haushalt und Küche, insbesondere für Lebensmittel“

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angemeldete Wortmarke 30 2008 071 992.3 / 21

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FOOD FRESH BAGS

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insoweit mit der Begründung zurückgewiesen, dass dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Wie sich aus den Recherchen der Markenstelle ergebe, bezeichne die sprachüblich zusammengesetzte Marke Lebensmittelfrischhaltebeutel und -taschen und werde im Deutschen durch die Verwendung von Grundwörtern der englischen Sprache von jedermann auch so verstanden. Die von der Zurückweisung umfassten Waren seien dafür geeignet und bestimmt, als Schutz für oder zum Aufbewahren von Lebensmitteln zum Zwecke der Frischhaltung zu dienen oder stünden damit in unmittelbarem Zusammenhang.

7

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie hält das Zeichen unter Berufung auf die „Baby-dry“-Entscheidung des EuGH vom 20. September 2001 (GRUR 2010, 1145) für unterscheidungskräftig und misst ihm eine andere Bedeutung, nämlich „ Essen frisch Taschen“ zu. Die Wortkombination sei nicht den Regeln der englischen Sprache folgend gebildet. Das englische Wort für Frischhaltebeutel sei „airtight bag“. Jedenfalls sei das englische Wort „BAGS“ in seiner Bedeutung „Tasche, Tüte“ nicht mit Klebstoffen, Containern und Boxen gleichzusetzen.

8

Die Anmelderin beantragt,

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die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Januar 2010 und 23. April 2010 aufzuheben.

II.

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Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil für das angemeldete Zeichen ein Freihaltebedürfnis besteht, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, und ihm zugleich jegliche Unterscheidungskraft fehlt, § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG.

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Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibender Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 – Postkantoor).

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Wie die Markenstelle bereits zutreffend ausgeführt hat, erschöpft sich die angemeldete Wortkombination in einer derart beschreibenden, sachbezogenen Angabe. "FOOD FRESH BAGS“ beschreibt objektiv und im Inland verständlich Säcke, Beutel oder Tüten zum Aufbewahren von Lebensmitteln (vgl. www.foodfreshbags.com). Damit beschreibt sie die von der Zurückweisung umfassten Waren überwiegend unmittelbar. Die angemeldeten „Klebstoffe“ der Klasse 16 können zum Verschluss derartiger Säckel, Beutel oder Tüten eingesetzt werden, daher besteht zu ihnen ein enger sachlicher beschreibender Bezug. Für die angemeldeten Waren der Klasse 21 ergibt sich ein solcher daraus, dass „Geräte für Haushalt und Küche“ wie beispielsweise Folienschweißgeräte zum Verschließen derartiger Beutel eingesetzt werden können. Bei „Behälter für Haushalt und Küche“ kann es sich um Behälter handeln, die zur Aufnahme von mit Lebensmitteln gefüllter Beutel oder Säckel dienen. Ein Beispiel stellen diejenigen Kunststoffbehälter dar, die als Hilfe zum Ausgießen verwendet wurden, als Milch noch in Plastikschläuchen verkauft wurde.

13

Zugleich fehlt "FOOD FRESH BAGS“ für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die von der Anmelderin zitierten Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs im so genannten „Baby-dry“ Urteil (GRUR 2001, 1145), die von Teilen der Literatur als Hinweis darauf verstanden wurden, dass eine nicht sprachübliche Zusammenfügung beschreibender Angaben in der Regel unterscheidungskräftig sei, haben in den nachfolgenden Entscheidungen dieses Gerichts keine Bestätigung gefunden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., Rn. 122 zu § 8 m. w. N.). So sind Verbindungen schutzunfähiger Wortelemente wie „Companyline“, „DOUBLEMINT“, „BIOMILD“, „STREAMSERVE“, „UNIVERSALTELEFONBUCH“, „UNIVERSALKOMMUNI-KATIONSVERZEICHNIS“, „BioID“, „MAP & GUIDE“, „HAIRTRANSFER“ und „EUROHYPO“ seitdem - teilweise auch als beschreibende Angaben - als schutzunfähig zurückgewiesen worden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rn. 122 zu § 8, Verzeichnis der Fundstellen der zu den genannten Markenwörtern ergangenen Entscheidungen dort unter Fn. 359 - 367). Den inzwischen maßgeblichen, deutlichen höheren Anforderungen an die Eintragungsfähigkeit von Wortneubildungen wird das hier zu beurteilende Markenwort „FOOD FRESH BAGS“ nicht gerecht.

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Die angesprochenen Endverbraucher werden dem Zeichen den genannten, im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. Das Markenwort stellt einen Ausdruck dar, der vom Verkehr - auch wegen der Verwendung entsprechend zusammengesetzter Begriffe in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH WRP 1999, 1169, 1171 - FOR YOU; WRP 1999, 1167, 1168 - YES; WRP 2000, 741 - LOGO; BGH WRP 2001, 35 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Der Verbraucher wird in „FOOD FRESH BAGS" in Verbindung mit den angemeldeten Waren nur einen Sachhinweis, aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen. In diesem Fall widerspricht es jedoch dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen mit seiner Eintragung in das Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2006, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 - SAT.2; EUGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - Libertel).

15

Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.