Entscheidungsdatum: 29.02.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2008 072 898.1
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 29. Februar 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und des Richters am Landgericht Hermann
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Februar 2010 aufgehoben.
I
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Dienstleistungen
"Klasse 37: Installation von Kücheneinrichtungen; Montage von Möbeln;
Klasse 39: Auskünfte über Transportangelegenheiten; Erteilung von Auskünften über Lagerhaltung; Dienstleistungen einer Spedition (Güterbeförderung); Durchführung von Umzügen, Transport von Gütern, Möbeln und Wertsachen; Einpacken, Lagerung sowie Einlagerung von Waren und Möbeln; Logistik-Dienstleistungen auf dem Transportsektor; Transport mit Kraftfahrzeugen und Lastkraftwagen; Vermietung von Fahrzeugen, Gepäckträgern für Fahrzeuge, Lagercontainern sowie Lagern; Vermietung von Verpackungsmaterial; Abtransport und Lagerung von Abfall- und Recyclingstoffen;
Klasse 45: Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Vergabe von Lizenzen für Franchising-Konzepte"
bestimmten Wort-Bild-Marke
mit Beschluss vom 23. Februar 2010 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für diese Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Wortbestandteile der angemeldeten Marke stellten in ihrer Gesamtheit für die beanspruchten Dienstleistungen nur eine beschreibende Sachinformation dar. Der Verkehr werde ihnen lediglich den unmittelbar beschreibenden Hinweis entnehmen, dass die so bezeichneten Dienstleistungen Umzugsdienstleistungen seien, die rund um die Uhr angeboten und mittels Eiltransport durchgeführt würden. Bei "Trans" handele es sich um die gebräuchliche Kurzbezeichnung für "Transport" und die Zahl "24" sei das bekannte Synonym für "24 h", mit dem üblicherweise auf ein rund um die Uhr verfügbares Dienstleistungs- bzw. Warenangebot hingewiesen werde. Auch durch ihre grafische Ausgestaltung erhalte die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft. Die farbige Ausgestaltung von Wörtern, die Wiedergabe von Buchstaben in handschriftlicher Anmutung und ein Haken, der symbolisiere, dass die angebotenen Leistungen in Ordnung seien, seien allgemein übliche Gestaltungselemente, denen der Verkehr nicht die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises beimesse. Im Bereich des Transportgewerbes sei auch die Abbildung rotierender Lkw-Räder weithin üblich. Deren Darstellung in der angemeldeten Marke sei außerdem so klein und unscheinbar angebracht, dass der Verkehr sie nicht als das eigentliche Kennzeichen auffasse. Außerdem stelle dieser Bildbestandteil nur eine Verdeutlichung des in der Marke enthaltenen Begriffs "Eiltrans" dar. Insgesamt werde die als Marke angemeldete Darstellung damit den hohen Anforderungen an Eigenart und Prägnanz einer bildlichen Ausgestaltung nicht gerecht.
Dagegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er ist der Auffassung, die angemeldete, aus einer komplexen Kombination von Wort- und Bildelementen bestehende Marke weise die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Bereits die Kombination der Wörter "Umzug" und "Eiltrans" mit der Zahl "24 "sei ungewöhnlich und auffallend. Abgesehen davon verliehen jedoch insbesondere die in der Marke enthaltenen Bildelemente dieser das erforderliche Maß an Originalität und kennzeichnender Eigenart. Vor allem das aus der Kombination der Zahl "24" mit darunter gesetzten rotierenden Rädern eines dreiachsigen LKWs bestehende Bildelement sei nicht verkehrsüblich, sondern originell. Es sei auch nicht so klein, dass es - wie von der Markenstelle behauptet - vom Verkehr übersehen werden könne. Ergänzend verweist der Anmelder auf eine Anzahlung von voreingetragenen Marken, die entweder die Zahl "24" oder verschiedene Bildelemente enthalten.
Der Anmelder beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Februar 2010 aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen stehen weder das von der Markenstelle angenommene Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung u. a. der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Bei einer mehrteiligen Kombinationsmarke kommt es nicht auf die Schutzfähigkeit der Markenteile, sondern auf die Schutzfähigkeit der Marke in ihrer Gesamtheit an. Dieser Grundsatz entbindet zwar nicht von einer Prüfung der einzelnen Markenteile. Jedoch darf aus dem beschreibenden Charakter der einzelnen Bestandteile nicht ohne weiteres auch für die Kombinationsmarke ein Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hergeleitet werden (EuGH GRUR 2004, 943, Nr. 28, 35 - SAT.2; BGH GRUR 2011, 65, Nr. 10 - Buchstabe T mit Strich). Die Schutzfähigkeit von Kombinationsmarken kann auch und insbesondere durch bildliche Ausgestaltungen begründet werden. Das setzt allerdings voraus, dass sie besondere Gestaltungselemente aufweisen, die sie nicht nur als ausschließlich aus beschreibenden Angaben bestehend erscheinen lassen (BPatG 33, 167, 169 f. - KAMILL; GRUR-Prax 2011, 80 - Premium Ingredients International), und dass sich ihre bildliche Gestaltung nicht allein in rein dekorativen Hervorhebungsmittel erschöpft, auf die allein der Schutz der eingetragenen Marke nicht reduziert werden könnte.
Bei Zugrundelegung dieses rechtlichen Prüfungsmaßstabs besteht die angemeldete kombinierte Wort-Bild-Marke nicht ausschließlich aus beschreibenden Angaben und Zeichen. Zwar sind die in ihr enthaltenen Wort- und Zahlenbestandteile sowohl einzeln als auch in ihrer Kombination für die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen der Klassen 37 und 39 unmittelbar beschreibende Angaben. Die in der Marke enthaltene Kombination der Zahl "24" mit der stilisierten zeichnerischen Darstellung von drei Lkw-Achsen stellt jedoch kein einfaches und im Verkehr übliches grafisches Gestaltungs- oder Hervorhebungselement dar, sondern weist aufgrund der besonderen Kombinationsform einen gewissen Fantasiegehalt auf und ist angesichts ihrer Stellung innerhalb der Zeichenmitte sowie angesichts der farbigen Darstellung der Zahl "24" entgegen der Ansicht der Markenstelle genügend auffällig, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass dieses Markenelement von dem maßgeblichen, angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher übersehen wird oder sonst unbeachtet bleiben wird. Bei dieser Sachlage bestehen auch keine rechtlichen Probleme, den Schutz der Marke im Kollisionsfall auf die konkrete Form des Bildbestandteils zu beschränken.
Entgegen der Ansicht der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Auch für die Beurteilung der Unterscheidungskraft kommt es bei einer mehrteiligen Kombinationsmarke nicht auf die Schutzfähigkeit der einzelnen Markenteile, sondern auf die Schutzfähigkeit der Marke in ihrer Gesamtheit an. Dabei ist für die Beurteilung maßgeblich, ob sich aus der - möglicherweise subjektiven - Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die Kombinationsmarke in der bloßen Aneinanderreihung nicht unterscheidungskräftiger Angaben erschöpft oder einen darüber hinausreichenden herkunftshinweisenden Gesamteindruck vermittelt. Beim Zusammentreffen schutzfähiger mit schutzunfähigen Markenbestandteilen ist nicht erforderlich, dass der schutzfähige Teil in der Marke dominiert oder deren Gesamteindruck prägt. Der schutzbegründende Markenteil muss allerdings tatsächlich so hervortreten, dass er noch als eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werden kann (EuGH GRUR 2006, 229, Nr. 72 ff. - BioID). Die Marke muss charakteristische Gestaltungselemente aufweisen, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen kann (BGH GRUR 2008, 710, Nr. 20 - VISAGE; BPatG a. a. O - KAMILL).
Wie zuvor bereits zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgeführt worden ist, stellt die Kombination eines stark vereinfacht wiedergegebenen Lkw-Fahrwerks mit einer darauf gesetzten, den Lkw-Aufbau quasi ersetzenden Zahl "24" insgesamt kein einfaches, im Verkehr übliches Hervorhebungs- oder Gestaltungsmittel dar, sondern weist ein ausreichendes Maß an Eigentümlichkeit auf, weshalb zu erwarten ist, dass sie von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht nur als bloße Illustration der sachbezogenen Aussagen der Wortelemente der Marke, sondern als betriebliches Kennzeichnungs- und Unterscheidungsmittel verstanden wird. Der Beschwerde des Anmelders war daher stattzugeben.