Entscheidungsdatum: 18.04.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 007 154.1
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. April 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Reker und des Richters kraft Auftrags Schödel
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Mai 2015 wird aufgehoben.
I.
Die Wortfolge
Hookah Drink
ist am 15. Oktober 2014 unter der Nummer 30 2014 007 154.1 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 32 und 34 angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 11. Mai 2015 hat die Markenstelle für Klasse 34 des DPMA die Anmeldung teilweise wegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen, nämlich für die Waren der
Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Begriff „Hookah“ werde zwischenzeitlich nicht mehr nur in Ägypten, Indien, Pakistan oder den USA als Bezeichnung für „Wasserpfeife“ verwendet, sondern habe sich auch in Deutschland in diesem Sinn etabliert. Da im Sprachgebrauch Wortkombinationen wie „Sportgetränk, Partygetränk, Modegetränk“ und ähnliches gebräuchlich seien, verstünde der Verkehr unter dem Anmeldezeichen ein „Getränk für Hookahraucher“ oder „Getränke beim Hookahrauchen“ und damit als rein beschreibend. Dabei komme es nicht darauf an, ob es einen „Hookah Drink“ wirklich gebe, denn auch die Neuartig- oder Ungewöhnlichkeit einer Angabe schließe ihre sachbezogene Eigenschaft nicht aus. Der Verkehr sei durch die Werbepraxis an stets neue und insbesondere englischsprachige Produkte und Produktbezeichnungen gewöhnt. Gleichzeitig bestehe ein Freihaltebedürfnis zugunsten der Mitbewerber, da das Zeichen beschreibend auf die Warenart und –bestimmung der Getränke, Sirupe und Präparate hinweise.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Mai 2015 aufzuheben.
Er ist der Ansicht, nur ein geringer Teil des inländischen Verkehrs werde das Wort „Hookah“ spontan als Synonym für „Wasserpfeife“ erkennen. Zudem weise die deutsche Semantik bei einem zusammengesetzten Wort mit dem Bestandteil „…getränk“ stets auf den Verbraucher, niemals aber auf ein Lebens- oder Genussmittel hin, zu dem das Getränk genossen werde. Im vorliegenden Fall ergäbe eine solche Kombination auch keinen Sinn, da es kein Getränk gebe, welches zum Rauchen einer Wasserpfeife besonders gut passe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der Eintragung des Wortzeichens „Hookah Drink“ stehen für die beschwerdegegenständlichen Waren in Klasse 32 keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen nicht an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198, 1201 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 - Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 - Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 16 – for you).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 - grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872, 874 Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. - CELLTECH; BGH a. a. O. Rdnr. 16 - DüsseldorfCongress).
2. Diesen Anforderungen genügt das angemeldete Wortzeichen „Hookah Drink“, weil es weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch einen engen beschreibenden Bezug zu den beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 32 aufweist.
a) Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise sind die Endverbraucher und der Getränkefachhandel.
b) Die angemeldete Wortfolge setzt sich aus den beiden Wörtern „Hookah“ und „Drink“ zusammen.
aa) Das englische Substantiv „hookah“, das ursprünglich aus der indischen Sprache stammt, wird mit „Wasserpfeife“ übersetzt (vgl. www.wikipedia.org/wiki/Shisha, www.leo.org).
bb) Das Wort „drink“ gehört zum englischen Grundwortschatz. Es wird als Substantiv mit „Getränk“ und als Verb mit „trinken“ übersetzt (vgl. www.leo.org). In der verwendeten Großschreibung hat es mit der Bedeutung „meist alkoholisches [Mix]getränk“ auch Eingang in die deutsche Sprache gefunden (vgl. www.duden.de).
c) Der angemeldeten Wortfolge „Hookah Drink“ kommt daher die Gesamtbedeutung „Wasserpfeifengetränk“ oder „Getränk zur Wasserpfeife“ zu. Der größte Teil der angesprochenen inländischen Verkehrskreise wird diesen Sinngehalt jedoch nicht erfassen, denn das Wort „Hookah“ ist nicht Bestandteil des englischen Grundwortschatzes. Als Synonym für „Wasserpfeife“ ist in Deutschland allein das Substantiv „Shisha“ gebräuchlich. Eine Suche bei www.google.de unter dem Stichwort „Hookah“ ergab auf den ersten Seiten sehr viele Treffer, die sich auf den englischen Sprachraum, insbesondere die USA, beziehen. Vereinzelte Treffer für Deutschland belegen nur eine Verwendung des Begriffs „Hookah“ als Marke oder Geschäftsbezeichnung. Es konnte zudem festgestellt werden, dass selbst in Kreisen der Shisharaucher, die nur einen geringen Bruchteil der hier angesprochenen Verkehrskreise ausmachen, die Bedeutung des Wortes „Hookah“ nur wenigen bekannt ist und in Internetforen diskutiert wird. Die Mehrheit der inländischen Verkehrskreise wird das Anmeldezeichen daher für eine phantasievolle Bezeichnung eines Getränks halten.
3. Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht einer Eintragung der angemeldeten Wortfolge als Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren nicht entgegen.
Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für die sie eingetragen werden sollen. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH, GRUR 2004, 680, Rdnr. 35, 36, Campina Melkunie/HABM [BIOMILD]; GRUR 2004, 674, Rdnr. 54 u. 95 - Postkantoor; GRUR 2004, 146, Rdnr. 31 - Wrigley/HABM [DOUBLEMINT]).
„Hookah Drink“ beschreibt die beschwerdegegenständlichen Waren weder unmittelbar, noch ist die Anmeldung für diese Waren im Interesse der Mitbewerber freihaltebedürftig. Da beim Rauchen einer Wasserpfeife jede Getränkeart konsumiert werden kann, ist die angemeldete Bezeichnung nicht geeignet, ein Merkmal der beschwerdegegenständlichen Waren anzugeben.