Entscheidungsdatum: 05.02.2014
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2011 052 798
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann und der Richter Reker und Dr. Himmelmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamtes nach vorangegangener Beanstandung die Anmeldung der für die Waren
Klasse 20:
Möbel; Polstermöbel
Klasse 24:
Möbelstoffe; Möbelbezüge, insbesondere Stoffbezüge für Möbel
angemeldeten Wortmarke 30 2011 052 798
lounge handmade
zurückgewiesen, weil dem angemeldeten Wortzeichen als Marke in Bezug auf die angemeldeten Waren jedenfalls die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehle (§§ 37 Abs. 1 i. V. m. 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Zur Begründung der Zurückweisung hat die Markenstelle ausgeführt, der angemeldeten Marke „lounge handmade“ fehle die Eignung zur Identifizierung der betrieblichen Herkunft der beanspruchten Waren. Bei dem angemeldeten Zeichen handele es sich um die sprachregelgerecht gebildete Kombination einfacher Wörter des englischen Sprachgebrauchs.
Der aus dem Englischen stammende Begriff „Lounge“ bedeute so viel wie „Halle, Diele, Gesellschaftsraum in einem Hotel o. Ä. bzw. Abflug-, Wartehalle auf einem Flughafen“. Im Zusammenhang mit Hotels bzw. Flughäfen sei der Ausdruck „Lounge“ schon seit längerem auch in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen und weit verbreitet. Zudem habe der Begriff „Lounge“ mittlerweile auch eine Bedeutungserweiterung erfahren und werde als allgemeine Bezeichnung für Etablissements der verschiedensten Art verwendet, in denen auf eine angenehme, heimelige bzw. private Atmosphäre Wert gelegt werde.
Durch das nachgestellte Wort „handmade“, welches ohne weiteres im Sinne von „Hand gemacht, handgefertigt“ verstanden werde, erfahre der Markenbestandteil „Lounge“ eine Konkretisierung in sachlicher Hinsicht dahingehend, dass es sich um einen Aufenthalts- oder Verpflegungsraum handele, welcher mit hochwertigen, handgefertigten Waren ausgestattet sei oder aber, dass die Waren in einer als Lounge bezeichneten Angebots- oder Präsentationsfläche angeboten oder käuflich erwerbbar seien.
Hinsichtlich der von der Anmeldung umfassten Waren weise das Gesamtzeichen „Lounge handmade“ damit lediglich daraufhin, dass diese individuell „von Hand gefertigt“, also nicht maschinell und/oder industriell als Massenprodukt gefertigt seien und für so genannte Lounges bestimmt oder geeignet seien oder aber in Lounges Verwendung fänden.
Das angemeldete Zeichen weise keine ungewöhnliche Sprachform bzw. unübliche Zusammenstellung auf, die dem Verkehr besonders komplexe Gedankengänge abverlangen würde und daran hindern könnte, „Lounge handmade“ als Sachangabe zu verstehen. Denn auch die Nachstellung von Adjektiven in Begriffskombinationen sei unabhängig von den grammatikalischen Regeln sprach- und werbeüblich und ein übliches, die Eigenschaften der Dienstleistungen oder Waren herausstellendes und anpreisendes Stilmittel, das sich insbesondere für eine griffige und ansprechende Art der Produktinformation eigne. Zudem seien dem angesprochenen Verkehr eine Vielzahl vergleichbar gebildeter Wortkombinationen bekannt, wobei die jeweilige nachgestellte Themenangabe regelmäßig das Wort „Lounge“ in sachlicher Hinsicht konkretisiere.
Das „Lounge“ neben seiner ursprünglichen Bedeutung für „Gesellschaftsraum oder Aufenthaltsraum oder –diele“ auch mit „faulenzen“ oder „fläzen“ in das Deutsche übersetzt werde, führe zu keiner schutzfähigen Mehrdeutigkeit. Eine solche Mehrdeutigkeit könne die Schutzfähigkeit eines Begriffs nicht begründen, wenn sich Deutungsmöglichkeiten zur Erfüllung der Herkunftsfunktion als ungeeignet erwiesen. Für die Verneinung der Unterscheidungskraft sei es bereits ausreichend, wenn die Verkehrskreise der Marke von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibendem Charakter entnehmen könnten und/oder die beteiligten Verkehrskreise den beschreibenden und sachbezogenen Begriffsinhalt einer Angabe als solchen unmittelbar und ohne weiteres erfassten und deshalb in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sehen würden.
Vor diesem Hintergrund würden die angesprochenen Verkehrskreise die Kennzeichnung „Lounge handmade“ nur als Bezeichnung des Ortes, an dem die beanspruchten Waren angeboten bzw. für den die angeboten Waren bestimmt oder geeignet seien, verstehen und sich nicht bewusst sein, wer, das heißt welches Unternehmen hinter diesen Waren stehe. Der angemeldeten Marke fehle damit für die angemeldeten Waren die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche markenrechtliche Unterscheidungskraft. Ob darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestehe, könne dahingestellt bleiben.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat vorgetragen, dem Wortkennzeichen „lounge handmade“ komme für die beanspruchten Waren Unterscheidungskraft zu. Das Kennzeichen „lounge handmade“ sei für die beanspruchten Waren nicht beschreibend.
Dem englischen Wortzeichen „lounge handmade“ komme eine Mehrzahl von Bedeutungen zu. Der Schwerpunkt des Verständnisses der Bezeichnung „lounge“ liege in der „Entspannung, dem Faulenzen, der heimeligen Atmosphäre“, gerade in Verbindung mit der entsprechenden Musik. Die Bezeichnung „lounge handmade“ sei für die Waren „Möbel, Polstermöbel, Möbelstoffe, Möbelbezüge, insbesondere Stoffbezüge für Möbel“ angemeldet. Insofern handele es sich nicht um ein rein beschreibendes Zeichen, auch wenn der Begriff „handmade“ im Sinne von „Hand gemacht“ verstanden werde. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten nicht zuordnen, welche Waren oder Dienstleistungen „handgemacht“ sein sollten. Die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens ergebe sich aus der Mehrdeutigkeit des Begriffs „lounge handmade“.
Weil dem Begriff „Lounge“ unterschiedliche Bedeutungen zukommen würden, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr diesen Begriff als Hinweis auf eine Räumlichkeit verstehe. Ein derartiges Begriffsverständnis setze mehrere analysierende Gedankenschritte voraus, die sich verbieten würden.
Die Bezeichnung „lounge handmade“ sei keine sprachregelgerechte Kombination einfacher Wörter der englischen Sprache, die sich in einer bloßen Sachangabe erschöpfen würde. Dem Verkehr sei die Kombination von „lounge“ mit einem Adjektiv unbekannt. Hierbei handele es sich um eine neue Begriffskombination. Bei nicht beschreibenden Zeichen spreche eine etwaige Mehrdeutigkeit in der Regel für deren Unterscheidungskraft.
Dem Zeichen „lounge handmade“ stehe auch kein Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, weil die Bezeichnung zu unbestimmt sei, um konkrete Eigenschaften der hier beanspruchten Waren erkennbar zu machen.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. Dezember 2011 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt einschließlich der Akte des Deutschen Patent- und Markenamtes Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2010, 640 Rn. 10 – hey!; EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Vorsprung durch Technik). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2009, 411 Rn. 8 – STREETBALL).
Wortmarken besitzen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2001, 735 - Test it; EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Rn. 38 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Darüber hinaus besitzen auch solche Zeichen keine Unterscheidungskraft, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, 1144 Rn. 9 - Starsat; GRUR 2010, 1100, 1102 Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855 Rn. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
Einer Marke fehlt die Eignung zur Identifizierung der Herkunft einer Ware oder Dienstleistung namentlich bei Sachaussagen, die sich ausschließlich in der Beschreibung der Ware oder Dienstleistung erschöpfen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Verständliche Sachaussagen fasst der Durchschnittsverbraucher als solche und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auf (Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage 2012, § 8 Rn. 107).
Eine Marke ist nicht schon dann unterscheidungskräftig, wenn sie nicht beschreibend ist, weil sie – um schutzfähig zu sein – stets auf die Herkunft der angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen hinweisen muss (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 70, 86 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rn. 19 – BIOMILD; GRUR 2008, 608 Rn. 61, 62 – EUROHYPO; GRUR Int. 2011, 400 Rn. 46 – Zahl 1000).
Die Prüfung der Unterscheidungskraft einer Marke, die aus Worten oder aus einem Wort und einer Zahl zusammengesetzt ist, hängt von der Prüfung der Gesamtheit der Zeichen, die sie bilden, ab, auch wenn zunächst eine eventuelle Unterscheidungskraft teilweise für jeden ihrer Begriffe oder ihrer Bestandteile getrennt geprüft werden kann (EuGH GRUR 2004, 943 Rn. 28 – SAT.2; GRUR 2006, 229 Rn. 31 – BioID; MarkenR 2007, 204 Rn. 79 – CELLTECH; GRUR 2010, 534 Rn. 42 – PRANAHAUS). Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer komplexen Marke ist also stets auf die Gesamtwahrnehmung der Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise abzustellen (EuGH GRUR 2006, 229 Rn. 29 - BioID).
Indes bleibt regelmäßig die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst für diese Merkmale beschreibend. Die bloße Aneinanderreihung solcher Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, kann nur zu einer Marke führen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der genannten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Einer solchen Kombination kann jedoch der beschreibende Charakter fehlen, sofern der von ihr erweckte Eindruck hinreichend weit von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenfügung ihrer Bestandteile entsteht. Handelt es sich um eine Wortmarke, die sowohl gehört als auch gelesen werden soll, so muss eine solche Voraussetzung sowohl in Bezug auf den akustischen als auch den visuellen Eindruck von der Marke erfüllt sein. Somit hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht; dies setzt entweder voraus, dass das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der seinen Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht, oder dass das Wort in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen ist und dort eine ihm eigene Bedeutung erlangt hat, so dass es nunmehr gegenüber seinen Bestandteilen autonom ist. Im letztgenannten Fall ist noch zu prüfen, ob das Wort, das eine eigene Bedeutung erlangt hat, nicht selbst beschreibend im Sinne der genannten Bestimmung ist (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 98-100 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rn. 39-41 – BIOMILD; GRUR 2010, 931 Rn. 61-62 - COLOR EDITION).
Maßgeblich für die Bejahung oder Verneinung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise im entscheidungserheblichen Zeitpunkt. Nach neuerer Rechtsprechung des BGH (GRUR 2013, 1143 - Aus Akten werden Fakten) ist für die im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Satz 1 MarkenG) vorzunehmende Prüfung, ob einem Zeichen für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt und es daher von der Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausgeschlossen ist, auf das Verkehrsverständnis im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens abzustellen (Aufgabe von BGH, Beschluss vom 15. Januar 2009, I ZB 30/06, GRUR 2009, 411 - STREET-BALL; Beschluss vom 9. Juli 2009, I ZB 88/07, GRUR 2010, 138 - Rocher-Kugel; Anschluss an EuGH, Beschluss vom 23. April 2010, C-332/09, MarkenR 2010, 439 - HABM/Frosch Touristik [FLUGBÖRSE]). Als beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen zeitigen kann, wobei eine an den objektiven Merkmalen der beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen orientierte Betrachtung angezeigt ist. Maßgebliche Verkehrskreise sind der Handel und/oder der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher (Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 29 f., 100 ff. mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen).
Die zurückgewiesene Marke ist eine Wortmarke, die aus den Bestandteilen „lounge“ und „handmade“ zusammengesetzt ist. Bei der Bezeichnung „lounge“ handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der englischen Sprache, das mit den Begriffen „Aufenthaltsraum, Gesellschaftsraum, Hotelhalle, Sitzecke, Sofa, Wohnzimmer“ ins Deutsche übersetzt wird. Der Begriff „lounge“ hat sich inzwischen auch im deutschen Sprachraum eingebürgert und bedeutet nach dem Rechtschreibduden, dem Standardwerk der deutschen Sprache, „Gesellschaftsraum in einem Hotel o. Ä.; Hotelhalle; Bar, Klub mit anheimelnder Atmosphäre; luxuriös ausgestatteter Aufenthaltsraum auf Flughäfen, in Bahnhöfen, großen Stadien o. Ä.“. Als Synonyme für den Begriff „lounge“ nennt der Rechtschreibduden „Lobby; Eingangshalle, Empfangshalle, Foyer, Hotelhalle, Vorhalle, Vorraum, Wandelgang, Wandelhalle; Vestibül“. Als Lounges werden insbesondere exklusive Warteräume für Reisende in Flughäfen und Bahnhöfen sowie exklusive Bereiche, sog. VIP-Lounges, bei Sportveranstaltungen (Formel 1, Fußball, Tennis) bezeichnet (s. BPatG 25 W (pat) 69/10, Beschluss vom 16. Juni 2011 – Tea Lounge). Die mit Blick auf die für die angemeldeten Waren maßgebenden Verkehrskreise verstehen den zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörenden und inzwischen auch im deutschen Sprachraum üblichen Begriff „lounge“ stets nur in seinem unmittelbaren Wortsinn, aber weder als Unterscheidungsmittel noch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der für die Wortmarke „lounge handmade“ angemeldeten Waren.
„Handmade“ wird im Deutschen mit den Begriffen „von Hand gemacht, handgemacht, handgearbeitet“ übersetzt. Das englische Wort „handmade“ gehört zum Grundwortschatz der englischen Sprache und ist dem inländischen Verkehr, dem in vielen Bereichen des Alltags englische Begriffe begegnen, geläufig. Hinsichtlich der beanspruchten Waren (Möbel, Möbelstoffe) weist der Begriff „handmade“ einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt auf. Denn dieser Begriff wird häufig zur Beschreibung hochwertiger, nämlich von Hand gemachter und nicht industriell gefertigter Möbel und Möbelstoffe benutzt.
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke „lounge handmade“ ist auf die Gesamtwahrnehmung, also die Gesamtheit der Zeichen, die sie bilden, durch die maßgeblichen Verkehrskreise abzustellen.
Zwar mag der Begriff „lounge handmade“ neu und wohl von der Anmelderin „erfunden“ worden sein, weil er überwiegend von ihr benutzt wird. Doch begründet die Neuheit einer Marke keine hinreichende Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Der Durchschnittsverbraucher fasst die für ihn verständliche Sachaussage „lounge handmade“ nur als solche und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auf die hier angemeldeten Waren auf. Der hinsichtlich dieser Waren durchschnittliche Verbraucher wird den Begriff „lounge handmade“ als „handgemachten exklusiven Aufenthaltsraum“ oder als „handgemachtes Sofa“ verstehen. Der Begriff „lounge handmade“ verweist auf eine entspannte und exklusive Atmosphäre, für die die für dieses Zeichen angemeldeten Waren Möbel und Möbelstoffe eine zentrale Rolle spielen. Insofern beschreibt das Zeichen „lounge handmade“ die Waren, nämlich Möbel und Möbelstoffe, für die das Zeichen als Marke angemeldet ist.
Der Begriff „lounge handmade“ ist auch nicht so ungewöhnlich, dass der Gesamteindruck der angemeldeten Marke über die Zusammenfügung der beschreibenden Elemente „lounge“ und „handmade“ derart hinausgeht, dass die angemeldete Marke auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren hinweisen könnte. Ein merklicher Unterschied zwischen der Neubildung „lounge handmade“ und der Summe seiner Bestandteile „lounge“ und „handmade“ lässt sich nicht erkennen. Der Gesamtbegriff „lounge handmade“ hat keinen, den beschreibenden Charakter der Einzelbestandteile „lounge“ und „handmade“ aufhebenden Gehalt, weil er keine phantasievolle, von der Sachaussage wegführende Bedeutung aufweist. Eine schutzbegründende Unklarheit ist nicht gegeben. Der Begriff „lounge handmade“ kann damit auch nicht als phantasievolle Begriffsneubildung angesehen werden.
Insoweit ist nicht ersichtlich, woran sich für die angesprochenen Verkehrskreise eine über das beschriebene Verständnis hinausgehende Vorstellung einer individuellen betrieblichen Herkunft so gekennzeichneter Waren knüpfen könnte. Die Marke kann damit ihre Hauptfunktion, nämlich dem Verkehr die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren zu garantieren, nicht erfüllen. Aufgrund des ohne Weiteres erkennbaren und deutlich im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalts der angemeldeten Marke fehlt dieser die Fähigkeit, die beanspruchten Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, und damit jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Auf die Eintragungen möglicherweise vergleichbarer Marken kommt es nicht an (BGH GRUR 2012, 276, 277 Rn. 18 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft m. w. N.). Denn Voreintragungen identischer Marken sind für die Beurteilung späterer Markenanmeldungen nicht maßgeblich. Ihnen kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, so dass auch keine Veranlassung besteht, sich bei der Prüfung einer Markenanmeldung im Einzelnen mit solchen Voreintragungen auseinanderzusetzen (EuGH GRUR 2009, 667, Nr. 15-18 - Bild.T-Online u. ZVS; BGH GRUR 2010, 230, Nr. 12 – SUPERgirl). Die Prüfung einer angemeldeten Marke ist ausschließlich auf diese Marke selbst zu beziehen (EuGH GRUR Int. 2011, 400, Nr. 77 – Zahl 1000). Auch Feststellungen zu anderen Markeneintragungen sind rechtlich nicht geboten (BPatG GRUR 2009, 1175, 1179 f. – Burg Lissingen). Eine auf Voreintragungen beruhende anspruchsbegründende Selbstbindung scheidet auch aus allgemeinen verfahrensrechtlichen Erwägungen aus, weil weder das Deutsche Patent- und Markenamt noch das Bundespatentgericht bei der Entscheidung über die Eintragungsfähigkeit einer angemeldeten Marke einen Ermessensspielraum haben, sondern es sich bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Marke um eine der freien Ermessensausübung unzugängliche Rechtsfrage handelt (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 229, Nr. 47 - BioID). Insofern ist der Vortrag der Widersprechenden zu dem Beschluss des 25. Senats des BPatG (25 W (pat) 47/10, Beschluss vom 10. Februar 2011 - Autopack) schon aus diesem Grunde irrelevant. Zudem lässt sich aus dem Umstand, dass der 25. Senat des BPatG die Bezeichnung „Autopack“ für Waren der Klasse 30 („Süßwaren, Zuckerwaren, Schaumzuckerwaren, Marshmallows, süßer Speck, Zuckerwarengelees, Karamellen, Bonbons, Kaubonbons, Kaugummi für nichtmedizinische Zwecke, Fruchtgummi, Weingummi, Konfekt, Lakritz, Lakritzerzeugnisse, Schokolade und Schokoladewaren, Pralinen“) für nicht beschreibend angesehen hat, nicht schließen, dass der Begriff „lounge handmade“ nicht beschreibend für die hier angemeldeten Waren der Klassen 20 (Möbel; Polstermöbel) und 24 (Möbelstoffe; Möbelbezüge, insbesondere Stoffbezüge für Möbel) sein kann.
Weil der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bereits die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, konnte die Frage, ob ihrer Eintragung auch ein Freihaltungsbedürfnis im Allgemeininteresse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, offen bleiben.