Entscheidungsdatum: 20.07.2011
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2009 052 814.4
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 20. Juli 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann, den Richter Reker und die Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Dienstleistungen
"35 Vermittlung von Verträgen mit Stromlieferanten
39 Verteilung von Energie
40 Erzeugung von Strom"
bestimmten Wortmarke
Energiewerke Filder
mit Beschluss vom 10. Februar 2010 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für die beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Verkehr sehe in der Bezeichnung "Energiewerke Filder" bei einer Verwendung für die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen nur einen unmittelbar beschreibenden Hinweis darauf, dass diese Dienstleistungen von einem Energieunternehmen im Gebiet der Filder, einer Hochebene südlich von Stuttgart, angeboten und/oder erbracht würden, jedoch keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Soweit sich die Anmelderin demgegenüber auf Voreintragungen berufe, rechtfertigten diese keine andere Beurteilung der angemeldeten Marke.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie macht geltend, dass es für den Begriff "Energiewerk" fünf Voreintragungen gebe, die im Verbund mit den Begriffen "Mail", "Brief", "Messe" und "Kongress" erfolgt seien. Auch der Begriff "Filder" sei in verschiedenen Marken, wie z. B. "Hausarztpraxis Filder", "Filder-Spitzbüble" oder "Filderperle", bereits eingetragen worden. Die Anmelderin verlange nicht mehr und nicht weniger, als mit anderen Anmeldern gleichbehandelt zu werden.
Die Anmelderin beantragt,
den angegriffenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
II
Die Beschwerde der Anmelderin ist gemäß § 64 Abs. 6 i. V. m. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt aus den von der Markenstelle angeführten, zutreffenden Gründen für die in der Anmeldung angegebenen Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft § 8 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne der zuvor genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Die notwendige Unterscheidungskraft weist eine Marke dann auf, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr., vgl. z. B. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rn. 74 m. w. N.). Werden zwei beschreibende Begriffe miteinander verbunden, so bleibt der entstehende Gesamtbegriff - ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung - von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender, weitergehender Sinngehalt ergibt (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 680, 682, EG 43 - biomild).
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen kann der angemeldeten Wortfolge "Energiewerke Filder" keine Unterscheidungskraft beigemessen werden. Wie die Anmelderin selbst bereits in ihrem an die Markenstelle gerichteten Schriftsatz vom 17. Dezember 2009 eingeräumt und die Markenstelle mit dem dem Beanstandungsbescheid vom 4. November 2009 beigefügten Auszug aus dem Internetlexikon "Wikipedia" nachgewiesen hat, handelt es sich bei dem in der angemeldeten Marke enthaltenen Wort "Filder" um eine geografische Bezeichnung, mit der die Hochebene im Süden Stuttgarts bezeichnet wird, auf der sich auch die Anmelderin befindet, und mit der eine Vielzahl von Unternehmen und anderen Institutionen bereits seit längerem die regionale Herkunft ihrer Waren und Dienstleistungen aus diesem Gebiet kennzeichnet. Der diesem Wort in der angemeldeten Marke vorangestellte weitere Begriff "Energiewerke" bezeichnet Unternehmen, die Energie erzeugen und/oder im Verkehr anbieten. Insgesamt weist die angemeldete Marke somit ihrem Begriffsgehalt nach auf (irgend)ein im Gebiet der Filder tätiges Energieunternehmen hin, ist darüber hinaus von Haus aus jedoch nicht geeignet, auf ein bestimmtes im Filderraum tätiges Unternehmen der energieerzeugenden und/oder -vermarktenden Branche hinzuweisen, weshalb ihm die Eignung fehlt, die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche betriebliche Herkunftsfunktion zu erfüllen.
Soweit sich die Anmelderin gegenüber dieser Beurteilung der angemeldeten Marke auf Voreintragungen von Marken beruft, die entweder den Bestandteil "Energiewerk" oder den Bestandteil "Filder" enthalten, vermag dies weder einen Anspruch auf Eintragung der angemeldeten Marke noch eine vom Vorstehenden abweichende, für die Anmelderin günstigere Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke zu begründen. Voreintragungen von Marken führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern ein Rechtsfrage ist (EuGH MarkenR 2008, 163, 167, Nr. 39 - Terranus; GRUR 2004, 674 ff., Nr. 43 f. - Postkantoor; BGH GRUR 2008, 1093, 1095, Nr. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis). Insoweit ist die entsprechende Feststellung im angegriffenen Beschluss der Markenstelle rechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen ist im Hinblick auf die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen festzustellen, dass es sich nicht um Eintragungen identischer Marken handelt und es sich, soweit es Voreintragungen von Marken betrifft, die den Bestandteil "Energiewerk" enthalten, um solche handelt, die für andere Dienstleistungen als die der Energieerzeugung bzw. -vermarktung erfolgt sind, während im Fall der vorliegenden Anmeldung sämtliche beanspruchten Dienstleistungen die Erzeugung und Verteilung von Energie bzw. die Belieferung mit Energie zum Gegenstand haben, weshalb keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen. Insoweit liegt die Schutzversagung durch die Markenstelle Marke auf der Linie der aktuellen, ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. insoweit BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 38/07 - Energie Bensheim).
Ob die Voreintragungen der von der Anmelderin angeführten Marken mit dem Bestandteil "Filder" zu Recht erfolgt sind, ist nicht Gegenstand der Prüfung im vorliegenden Eintragungsverfahren, weshalb sich insoweit rechtliche Ausführungen verbieten. Die Beschwerde der Anmelderin konnte danach keinen Erfolg haben.