Entscheidungsdatum: 06.11.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 037 633.6
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des DPMA vom 22. Dezember 2011 aufgehoben, soweit die Anmeldung für "Biere und Biermischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten" zurückgewiesen worden ist.
I
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse 32: Biere und Biermischgetränke soweit in Klasse 32 enthalten; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken
Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten
Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“
bestimmten Marke
Origin of Beer
teilweise, nämlich für „Biere und Biermischgetränke soweit in Klasse 32 enthalten; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten“, wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Marke stelle eine aus Wörtern des englischen Grundwortschatzes sprachlich korrekt gebildete, sloganartige Wortfolge dar, deren Bedeutung, nämlich „Entstehung/Ursprung/ Herkunft des Bieres“, von den maßgeblichen inländischen Durchschnittsverbrauchern der versagten Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres verstanden werde. Sie weise in beschreibender bzw. anpreisender Weise darauf hin, dass das Thema der Ausbildung, der Unterhaltung bzw. der kulturellen Aktivitäten die Entstehung, der Ursprung und/oder die Herkunft des Bieres sei. In Bezug auf Biere und Biermischgetränke besage die angemeldete Marke, dass diese Getränke von einem Unternehmen stammten, das auf eine lange Tradition bei der Bierherstellung zurückblicken könne. Der Verkehr werde die angemeldete Marke nur in diesem beschreibenden und anpreisenden Sinne, nicht jedoch als betriebliche Herkunftskennzeichnung verstehen. Auch Voreintragungen ähnlich gebildeter Marken rechtfertigten keine abweichende Beurteilung der Unterscheidungskraft.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, bereits das Wort „Origin“ allein sei für die versagten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend. Das Gleiche gelte für die angemeldete Marke insgesamt. Sie verweist ergänzend u. a. auf die Eintragung der Gemeinschaftsmarke 010539955 „Origin of Beer“ sowie der weiteren Gemeinschaftsmarken 006464939 und 002205979 „Ursprung des Bieres“ sowie die eingetragenen deutschen Marken 306 59 190 und 301 28 028 „Ursprung“.
Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage hat die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung die Anmeldung für die versagten Dienstleistungen „Ausbildung, Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten“ zurückgenommen. Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Dezember 2011 aufzuheben, soweit die Anmeldung für die Waren „Biere und Biermischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten“ zurückgewiesen worden ist.
II
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nach teilweiser Rücknahme der Anmeldung für die versagten Dienstleistungen in vollem Umfang begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die Waren „Biere und Biermischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten“ stehen die Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
Dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine solche handelt, die ein Merkmal der zuvor genannten Waren der Klasse32 bezeichnet, hat die Markenstelle in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss nicht festgestellt. Tatsächlich stellt die angemeldete Marke auch keine solche Merkmalsbeschreibung dar, denn sie beschreibt die fraglichen Waren weder ihrer Art und Beschaffenheit noch ihrer Bestimmung oder geografischen Herkunft nach und bezeichnet auch sonst kein Merkmal der Waren selbst.
Der angemeldeten Marke fehlt entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Ansicht für die Waren „Biere und Biermischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten“ auch nicht jegliche Unterscheidungskraft.
Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2010, 640 Rn. 10 – hey!; EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Vorsprung durch Technik). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten.
Einer Marke fehlt die Eignung zur Identifizierung der Herkunft einer Ware oder Dienstleistung namentlich bei Sachaussagen, die sich ausschließlich in der Beschreibung der Ware oder Dienstleistung erschöpfen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Verständliche Sachaussagen fasst der Durchschnittsverbraucher als solche und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auf (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage 2012, § 8 Rn. 107). Eine Marke ist indes nicht schon dann unterscheidungskräftig, wenn sie nicht beschreibend ist, weil sie – um schutzfähig zu sein – stets auf die Herkunft der angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen hinweisen muss (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 70, 86 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rn. 19 – BIOMILD; GRUR 2008, 608 Rn. 61, 62 - EUROHYPO; GRUR Int. 2011, 400 Rn. 46 – Zahl 1000).
Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2009, 411 Rn. 8 - STREETBALL).
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich, wie zuvor bereits festgestellt, nicht um eine die beanspruchten „Biere und Biermischgetränke“ unmittelbar beschreibende Angabe. Sie stellt vielmehr eine allgemeine Werbeaussage dar. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Werbeaussagen dürfen keine anderen rechtlichen Maßstäbe angelegt werden als bei sonstigen Marken. Für die Beurteilung ihrer Unterscheidungskraft ist zudem zu berücksichtigen, dass sich Herkunftsfunktion und Werbefunktion nicht gegenseitig in der Weise ausschließen, dass der werbende Charakter einer Angabe ausschließt, dass diese zugleich auch als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird (EuGH GRUR 2010, 228 - Vorsprung durch Technik). Eine nicht unmittelbar beschreibende Werbeaussage kann deshalb neben ihrer Werbefunktion grundsätzlich auch eine betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen. Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kommt es aber nur darauf an, ob die Werbeaussage die betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen kann, die aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise nicht völlig zurücktreten darf. Was im Verkehr ausschließlich als Werbung verstanden wird, stellt keine eintragungsfähige Mark dar (EuGH GRUR Int. 2011, 255 – BEST BUY). Indizien für eine Bejahung der Unterscheidungskraft stellen Kürze, Originalität und Prägnanz einer Werbeaussage dar. Nicht unterscheidungskräftig sind dagegen vor allem Werbeaussagen, die sich in sachbezogenen Angaben erschöpfen, sowie Wortfolgen und Slogans, die ausschließlich als werbewirksame Anpreisungen bzw. positive Aussagen verstanden werden (BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER).
Die angemeldete Werbeaussage weist zwar einen gewissen sachlichen Bezug zu Bieren, zugleich aber eine gewisse Unschärfe in der Aussage auf, indem sie zwar erkennen lässt, dass das so beworbene Getränk in irgendeiner Beziehung zum Ursprungsort oder der Ursprungsstätte des Bieres steht, jedoch nichts darüber aussagt, ob mit dem Ursprung der geografische Ort oder die Betriebsstätte der Anmelderin oder ein anderer örtlicher oder zeitlicher Bezugspunkt gemeint ist. Der sachliche Aussagegehalt ist insoweit vage und unbestimmt. Andererseits handelt es sich bei der angemeldeten Marke um eine kurze und einprägsame Wortfolge. Beides zusammen genommen lässt nach Überzeugung des Senats erwarten, dass der inländische Durchschnittsverbraucher von Bieren und Biermischgetränken, der ein Zeichen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und nicht zu einer gedanklichen Analyse seiner Bedeutung neigt (EuGH GRUR Int. 2005, 135 – Maglite; BGH GRUR 2001, 240, 241 - SWISS-ARMY), die angemeldete Marke noch als einen Hinweis auf die Herkunft dieser Waren aus einem bestimmten Unternehmen auffasst, weshalb ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann.
Der Beschwerde der Anmelderin war daher stattzugeben.