Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 05.10.2011


BPatG 05.10.2011 - 26 W (pat) 512/11

Markenbeschwerdeverfahren – "WESER KURIER" - keine Unterscheidungskraft -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
05.10.2011
Aktenzeichen:
26 W (pat) 512/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 026 423.6

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 5. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen

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„Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften und Bücher;

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Klasse 35: Verbreitung von Werbeanzeigen im Internet;

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Klasse 38: Dienstleistungen im Internet, nämlich Sammlung, Bereitstellung und Übermittlung von Informationen, Texten, Zeichnungen und Bildern“

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bestimmten Bildmarke

Abbildung

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mit Beschluss vom 3. Dezember 2010 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für diese Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zur Begründung hat sie ausgeführt, auf Grund der beschreibenden Bedeutung der Wortbestandteile des Zeichens könnten diese dessen Schutzfähigkeit nicht begründen. Bei dem Wort „Kurier“ handele es sich um eine gebräuchliche Gattungsbezeichnung für Zeitungen, Zeitschriften und Informationsblätter, so dass die Bezeichnung „WESER KURIER“ lediglich auf solche Presseartikel mit Informationen aus den Regionen entlang der Weser hinwiesen. Bei einer Verwendung dieser Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen werde der Verkehr darin daher keinen Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb sehen, sondern diese lediglich als beschreibende Sachangabe verstehen. Auch die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke könne dieser nicht zur Unterscheidungskraft verhelfen. Die verwendeten bildlichen Elemente, nämlich die Typografie der Schrift, die Anordnung und Größe der Buchstaben sowie insbesondere das trapezförmige blaue Hintergrundbild könnten der angemeldeten Marke ebenfalls keine Unterscheidungskraft verleihen. Angesichts des beschreibenden Charakters der Wortelemente seien an die grafische Ausgestaltung der Marke vorliegend hohe Anforderungen zu stellen, um im Gesamteindruck eine unterscheidungskräftige Marke annehmen zu können. Einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes, an die der Verkehr gewöhnt sei, könnten die fehlende Unterscheidungskraft der Wortbestandteile nicht aufwiegen. Die in der angemeldeten Marke verwendete Schriftart sei werbeüblich und könne vom beschreibenden Begriffsgehalt des Wortbestandteils „WESER KURIER“ nicht wegführen. Auch bei der weiteren bildlichen und farblichen Gestaltung handele es sich um ein werbeübliches Stil- und Blickfangmittel, das nicht so hervorstechend sei, dass es die Funktion einer Betriebskennzeichnung erfüllen könne.

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Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dass der grafische Teil der angemeldeten Wort-Bild-Marke dieser zu dem erforderlichen Mindestmaß an Unterscheidungskraft verhelfe und auch ein etwaiges Freihaltungsbedürfnis an dem Wortbestandteil der Marke beseitige. Der Schutzbereich der angemeldeten Marke sei dann entsprechend gering. Die Anmelderin verweist ferner auf den spezifischen Markt für Tageszeitungen sowie deren Internetauftritte und vertritt die Auffassung, dass die Zeichen auf diesem Gebiet selten farbig und wenn, dann nur in roter Farbe gehalten und in Form eines klassischen Rechtecks hinterlegt seien.

8

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Dezember 2010 aufzuheben.

II

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Die gemäß §§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich als unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt, wie die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts zutreffend festgestellt hat, jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

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Dass der Wortbestandteil der angemeldeten Marke einen die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibenden Charakter aufweist, hat die Markenstelle in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss umfassend dargelegt. Die diesbezüglichen Ausführungen sind sachlich und rechtlich nicht zu beanstanden. Der Feststellung der Markenstelle, dass es sich bei dem Wortbestandteil der angemeldeten Marke um eine beschreibende Angabe handelt, ist auch die Anmelderin in der Beschwerdebegründung nicht entgegengetreten.

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Entgegen der Ansicht der Anmelderin verhilft aber auch die grafische Gestaltung dem angemeldeten Zeichen nicht zur Unterscheidungskraft.

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Je deutlicher der beschreibende Charakter einer Angabe in den Vordergrund rückt, desto größer muss der Grad der bildlich-grafischen Besonderheit sein, um einer Marke einen unterscheidungskräftigen Gesamteindruck zu verleihen, weil sonst die sachbezogene Aussage im Vordergrund steht (BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; GRUR 2009, 954, Nr. 17 - Kinder III; GRUR 2010, 640, Nr. 17 - hey!). Die Ausgestaltung muss eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (EuGH GRUR Int. 2011, 255, Nr. 56 - BEST BUY; BGH a. a. O., Nr. 16 - Kinder III), die vom maßgeblichen Durchschnittsverbraucher auch ohne nähere analysierende Betrachtungsweise festgestellt werden kann (BPatG BlPMZ 2000, 423, 425 - COOL MINT). Hierfür bedarf es charakteristischer Merkmale (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN). Einfache und gebräuchliche Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes (BGH a. a. O. - Kinder III) und dekorative Hervorhebungsmittel (BPatG BlPMZ 2000, 302, 303 - Fünf Sterne Bäckerei) können die erforderliche Unterscheidungskraft in der Regel nicht herbeiführen. Dies gilt auch für farbliche Gestaltungen, die nur dann die Unterscheidungskraft einer Marke zu begründen vermögen, wenn sie nicht nur auf ein ästhetisch ansprechendes Äußeres ausgerichtet sind, sondern als vom Üblichen abweichende, charakteristische Ausgestaltung wahrgenommen werden, was angesichts der Vielzahl der aus der Werbung bekannten Gestaltungselemente aber nur unter außergewöhnlichen Umständen anzunehmen ist (BGH a. a. O. - antiKALK). Der bloßen farbigen Unterlegung schutzunfähiger Angaben kommt eine schutzbegründende Bedeutung im Allgemeinen nicht zu (BGH a. a. O. - Kinder III; GRUR 2008, 710, Nr. 20 f. - VISAGE).

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Die bildliche Gestaltung der angemeldeten Marke erschöpft sich in einer in blau gehaltenen trapezförmigen Fläche, die den zweizeilig wiedergegebenen Wortbestandteil „WESER KURIER“ unterlegt. Diese Gestaltung bewegt sich sowohl was ihre einzelnen Elemente als auch ihre Zusammenstellung betrifft im Rahmen der im Verkehr und speziell in der Werbung üblichen Gestaltungsformen. Die farbliche Hinterlegung und Ausschmückung von beschreibenden Wörtern ist allgemein üblich. Rechtecke und Trapeze gehören zu den geometrischen Grundformen. Darüber hinausgehende charakteristische Merkmale, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen könnte (vgl. z. B. BGH GRUR 2004, 331, 332 - Westie-Kopf; GRUR 2004, 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel; GRUR 2005, 257, 258 - Bürogebäude), weist die angemeldete Marke nicht auf. Ihre Gestaltungselemente vermögen keine hinreichend eigenständige bildhafte Wirkung zu begründen. Die verwendete blaue Farbe lässt sich allenfalls als ein Hinweis auf das Wasser des Flusses Weser interpretieren und unterstreicht in dieser Funktion nur die für sich genommen schutzunfähige geografische Herkunfts- bzw. Verbreitungsangabe. Der beschreibende Wortbestandteil „WESER KURIER“ dominiert mithin im maßgeblichen Gesamteindruck, während die Bildbestandteile nur als ästhetische Gestaltung wirken.

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Der Hinweis der Anmelderin darauf, dass die farbliche Ausgestaltung für den Zeitungsmarkt eher ungewöhnlich sei, führt zu keiner anderen rechtlichen Wertung; denn die hier beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 und die unter dem weiten Oberbegriff „Druckereierzeugnisse“ beanspruchten Waren der Klasse 16 betreffen gerade nicht ausschließlich den Zeitungsmarkt, sondern jede Form von Werbung und Übermittlung von Informationen im Internet und durch Printmedien aller Art. Die Beschwerde der Anmelderin musste daher erfolglos bleiben.

16

Da der angemeldeten Marke aus den vorstehend dargelegten Gründen von Haus aus jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), kann die Frage, ob es sich bei ihr auch um eine Angabe handelt, die zur Beschreibung der in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen dienen kann und deshalb für die Allgemeinheit freigehalten werden muss (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), weiterhin dahingestellt bleiben.