Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 06.05.2013


BPatG 06.05.2013 - 26 W (pat) 509/13

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
06.05.2013
Aktenzeichen:
26 W (pat) 509/13
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 068 578.6

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. Mai 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung des nach einer Einschränkung in der Beschwerdeschrift noch für die Waren

2

„Klasse 16: Aufkleber, Stickers (Papierwaren); sämtliche vorgenannten Waren zur Verwendung in Aquarien, Gartenteichen und Terrarien;

3

Klasse 17: Kunststofffolien zu Dekorationszwecken zur Verwendung in Aquarien, Gartenteichen und Terrarien;

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Klasse 19: Kies, Sand (ausgenommen Formsand), Kies und Steine als Dekorationsmaterial; sämtliche vorgenannten Waren zur Verwendung in Aquarien, Gartenteichen und Terrarien;

5

Klasse 20: Dekorationsmaterial und -gegenstände, soweit in Klasse 20 enthalten, Dekorationsmaterial und -gegenstände aus Kunststoff, soweit in Klasse 20 enthalten; Figuren aus Kunststoff ; sämtliche vorgenannten Waren zur Verwendung in Aquarien, Gartenteichen und Terrarien;

6

Klasse 26: Künstliche Pflanzen zur Verwendung in Aquarien, Gartenteichen und Terrarien“

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angemeldeten Wortzeichens

8

DecoArt

9

nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom 18. Dezember 2012 zurückgewiesen, weil es an dem für eine Eintragung als Marke erforderlichen Mindestmaß an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) fehle. Maßgebend sei letztlich allein die Tatsache, ob der Verkehr in der angemeldeten Marke in Bezug zu den beanspruchten Waren/Dienstleistungen einen Herkunftshinweis erblicke oder nicht. Den hiernach an die Unterscheidungskraft zu stellenden Anforderungen würde die angemeldete Bezeichnung bezüglich der angemeldeten Waren nicht gerecht. Die als sprachübliche Verkürzung des Begriffes „Dekorationskunst" anzusehende Anmeldemarke „DecoArt" vermittele im Hinblick auf die beanspruchten Waren die Sachinformation, dass es sich hierbei um Dekorationsartikel, -produkte usw. handele, die insbesondere entweder selbst „Kunst" oder zumindest für künstlerische Ausgestaltungen (Dekorationen) geeignet und/ oder bestimmt seien (oder sein könnten). Die angesprochenen Verkehrskreise würden im Zusammenhang mit Waren, die insbesondere auch der dekorativen/künstlerischen Gestaltung dienen könnten, in der Bezeichnung „DecoArt" lediglich eine im Vordergrund stehende Beschreibung des Zwecks bzw. der Eignung dieser Produkte sehen. Sofern die angemeldeten Waren nicht schon ausdrücklich als „Dekorationsmaterial" usw. bezeichnet seien, bestehe unzweifelhaft eine Eignung hierfür. „Aufkleber, Stickers (Papierwaren), Figuren aus Kunststoff, Künstliche Pflanzen" dienten in der Regel der Ausgestaltung der sie umgebenden Räume. Voreintragungen von (selbst identischen) Marken seien für die Beurteilung späterer Markenanmeldungen nicht maßgeblich.

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Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, die davon ausgeht, der angemeldeten Marke komme Unterscheidungskraft zu, da kein sachlich beschreibender Bezug zu den Waren bestehe und diese insbesondere selbst keine Kunstgegenstände seien. Auf die Beschwerdeschrift vom 25. Januar 2013 wird Bezug genommen. Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den angefochtenen Beschluss der Markenstelle vom 18. Dezember 2012 aufzuheben.

II

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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht, wie von der Markenstelle ausgeführt, das Fehlen der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft entgegen.

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 Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Waren oder Dienstleistung eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Unterscheidungskraft ist hierbei zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, wobei es auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen ankommt. Bei zusammengesetzten Wortkreationen fehlt die Unterscheidungskraft, wenn aufgrund der Bekanntheit der einzelnen Wortelemente, ihrer sprachüblichen Zusammenfügung und der einfachen Erfassbarkeit des Gesamtwortes sich für die Verbraucher in Bezug auf die begehrten Waren und Dienstleistungen unmittelbar eine beschreibende Sachaussage oder ein entsprechender Sinngehalt ergibt. Eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, hat selbst einen die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter im Sinne der Vorschrift, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (EUGH GRUR 2004, 680 - Biomild). Dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung auf Grund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht (EUGH a. a. O.). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).

14

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte weist das angemeldete Kennzeichen in seiner Gesamtheit in Verbindung mit den beanspruchten Waren in unmittelbar beschreibender Weise darauf hin, dass es sich dabei um Dinge handelt, mit welchen Aquarien, Gartenteiche oder Terrarien gestaltet bzw. dekoriert werden können und dabei kunstvolle Ergebnisse ermöglicht werden.

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Die Markenstelle hat die Bedeutung der Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens zutreffend ermittelt, was auch die Anmelderin auf Seite 3 der Beschwerdeschrift einräumt. Die Kurzform „Deco“ verweist auf Dekoration, das geläufige englische Wort „art“ auf Kunst, womit die sprachüblich gebildete Kombination Dekorationskunst im weitesten Sinn bedeutet. Die beanspruchten Waren können sich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher als auch an den Fachverkehr/Handel richten.

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Für die maßgeblichen inländischen Verkehrskreise erschöpft sich das Zeichen daher erkennbar in Bezug auf die angemeldeten Waren in einer sprach- und werbeüblich gebildeten Beschaffenheits- und Bestimmungsangabe. Denn entgegen der Ansicht der Anmelderin kommt es nicht darauf an, ob die fraglichen Waren selbst Kunstgegenstände sind, was zweifelhaft sein könnte. Der beschreibende Aussagegehalt geht dahin, dass mittels der beanspruchten Waren Aquarien, Gartenteiche oder Terrarien anspruchsvoll und dekorativ gestaltet werden können. Insoweit vermag auch die Einschränkung des Warenverzeichnisses nichts daran zu ändern, dass der beschreibende Sinn des zusammengesetzten Wortes im Vordergrund steht und sich aufdrängt: Material zur kunstvollen Gestaltung von dekorativen Aquarien, Gartenteichen und Terrarien.

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Ergänzend kann auf die zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen in der Begründung des Beschlusses der Markenstelle vom 18. Dezember 2012 und der Beanstandung vom 25. März 2011 Bezug genommen werden, die rechtliche Fehler nicht erkennen lassen.

18

Auch der Hinweis der Anmelderin auf Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil "-art“ kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Voreintragungen selbst identischer Marken sind für die Beurteilung späterer Markenanmeldungen nicht maßgeblich. Ihnen kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, so dass auch keine Veranlassung besteht, sich bei der Prüfung einer Markenanmeldung im Einzelnen mit solchen Voreintragungen auseinanderzusetzen (EuGH GRUR 2009,667, Nr. 15-18 - Bild.T-Online u. ZVS; BGH GRUR 2010, 230, Nr. 12 – SUPERgirl). Die Prüfung einer angemeldeten Marke ist ausschließlich auf diese Marke selbst zu beziehen (EuGH GRUR Int. 2011, 400, Nr. 77 – Zahl 1000). Auch Feststellungen zu anderen Markeneintragungen sind rechtlich nicht geboten (BPatG GRUR 2009, 1175, 1179 f. – Burg Lissingen). Eine auf Voreintragungen beruhende anspruchsbegründende Selbstbindung scheidet auch aus allgemeinen verfahrensrechtlichen Erwägungen aus, weil weder das Amt noch das Gericht bei der Entscheidung über die Eintragungsfähigkeit einer angemeldeten Marke einen Ermessensspielraum haben, sondern es sich bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Marke um eine der freien Ermessensausübung unzugängliche Rechtsfrage handelt (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 229, Nr. 47 – BioID).

19

Weitere Tatsachen, die die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke begründen könnten, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Die Beschwerde der Anmelderin konnte daher keinen Erfolg haben.