Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 11.07.2012


BPatG 11.07.2012 - 26 W (pat) 502/12

Markenbeschwerdeverfahren – "energie von nebenan. (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
11.07.2012
Aktenzeichen:
26 W (pat) 502/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 045 496.2

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. Juli 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann

beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 2011 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke 30 2010 045 496.2

Abbildung

Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

2

ist für die Waren und Dienstleistungen

3

"Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus Papier oder Kunststoff; Spiele, Spielzeug; Gesellschaftsspiele; betriebswirtschaftliche Beratung auf dem Gebiet der Erzeugung, der Beschaffung, des Transports und/oder der Nutzung von Energie, Wärme und/oder Wasser; betriebswirtschaftliche Beratung, insbesondere betriebswirtschaftliche Beratung von Versorgungsunternehmen, von Gewerbetreibenden, Tarif- und/oder Sondervertragskunden; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Durchführung von finanziellen Dienstleistungen, nämlich Abrechnung von Energie-, Gas-, Wasser- und/oder Wärmelieferungen für Dritte; Aktualisierung und/oder Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Aufstellung von Kosten-Preisanalysen; Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten; Beratung bei der Organisation und/oder Führung von Unternehmen; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte (Erwerb von Waren und/oder Dienstleistungen für andere); Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht (Facility-Management); Ermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erstellen von Statistiken; Erstellung von Geschäftsgutachten; Marketing (Forschung); Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und/oder Werbezwecke; organisatorische Beratung; Preisvergleichsdienste; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Verbraucherberatung, insbesondere hinsichtlich der Nutzung und/oder Einsparung von Energie, Gas, Wärme und/oder Wasser; Vermietung von Werbeflächen, insbesondere im Internet; Vermietung von Werbezeit in Kommunikationsmedien; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren sowie über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung von Verträgen mit Strom-, Gas-, Wasser- und/oder Wärmelieferanten; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken, insbesondere auf dem Gebiet der Verbrauchsmessung von elektrischer und thermischer Energie, Gas und/oder Wasser; Versicherungswesen; Finanzwesen, insbesondere Handel mit Devisen, Rohstoffzertifikaten und/oder Co2-Zertifikaten; Emissionshandel (Finanzwesen); Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Vermittlung, Vermietung und/oder Verpachtung von Immobilien; Durchführung von finanziellen Dienstleistungen für Dritte, soweit in Klasse 36 enthalten; Vermittlung von Beteiligungen an Energieversorgungs- und/oder Energieerzeugungsunternehmen; finanzielle Beratung Dritter, insbesondere von Energieerzeugern und/oder Energieversorgern; Beratung Dritter auf dem Gebiet des Immobilien- und/oder Versicherungswesens, insbesondere Beratung von Energieerzeugern und/oder Energieversorgern; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich finanzielle Vorbereitung von Bauvorhaben; Dienstleistungen eines Immobilienmaklers; Einziehen von Außenständen (Inkassogeschäfte); Einziehen von Miet- und/oder Pachterträgen; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller Hinsicht (Facility-Management); Finanzanalysen; finanzielle Förderung; Immobilienverwaltung sowie Vermittlung, Vermietung und/oder Verpachtung von Immobilien (Facility-Management); Bauwesen, soweit in Klasse 37 enthalten; Installationsarbeiten auf den Gebieten der Energie-, Wärme-, Gas- und/oder Wasserversorgung sowie der Entsorgung; Reparaturwesen auf den Gebieten der Energie-, Wärme-, Gas- und/oder Wasserversorgung sowie der Entsorgung; Bau, Installation, Wartung und/oder Reparatur von Kraftwerken, insbesondere Blockheizkraftwerken sowie von Fernwärmeanlagen; Bau, Installation, Wartung und/oder Reparatur von Öl-, Gas-, Wasser- und/oder Energieleitungen; Bau, Installation, Wartung, Reparatur und/oder Reinigung von Schornsteinen; Entstörung in elektrischen Anlagen, insbesondere in Energieversorgungsanlagen; Installation, Wartung und/oder Reparatur von Abfallbehandlungsanlagen; Installation, Wartung und/oder Reparatur von Abwasser- und/oder Frischwasseranlagen und/oder -leitungen; Installation, Wartung und/oder Reparatur von Apparaten und/oder Anlagen zur Gewinnung von Sonnen- oder Windenergie, von Erdwärme sowie von Energie aus Wasserkraft, Grubengas und/oder Biogasen; Installation, Wartung und/oder Reparatur von Energienetzen; Installation, Wartung und/oder Reparatur von Heizungsanlagen sowie von Einrichtungen, Anlagen und/oder Geräten zur Energie-, Wärme-, Gas- und/oder Wasserversorgung; Installation, Wartung und/oder Reparatur von Messgeräten, insbesondere von Verbrauchsmessgeräten und/oder Zählern; Installation, Wartung und/oder Reparatur von sanitären Einrichtungen, Heizungs-, Lüftungs- und/oder Klimaanlagen; Installation, Wartung und/oder Reparatur von Strom- und Fernwärmeversorgungsanlagen, von Brennern und/oder Fernwärmeübergabepumpen; Reinigung von Gebäuden und/oder Straßen; Straßenreinigung; Telekommunikation; Bereitstellung des Zugriffs auf Daten in Computerdatenbanken, insbesondere betreffend den Verbrauch elektrischer und/oder thermischer Energie, von Gas und/oder Wasser; Auskünfte über Telekommunikation; Bereitstellung des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet; elektronischer Austausch von Nachrichten mittels Chatlines, Chatrooms und/oder Internetforen; Nachrichten- und/oder Bildübermittlung mittels Computer; Vermietung von Geräten und/oder Einrichtungen für die Telekommunikation; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Web-Messaging); Transport- und/oder Lagerwesen, soweit in Klasse 39 enthalten; Verteilung von Elektrizität, Gas, Wärme und/oder Wasser; Beförderung von Personen, insbesondere mit Omnibussen, Straßenbahnen, U-Bahnen; Deponierung von privatem oder gewerblichem Müll und/oder Abfall; Dienstleistungen eines Energieversorgungsunternehmens, nämlich Versorgung von Unternehmen und Haushalten mit elektrischer Energie, Heizwärme, Wasser und/oder Gas; Dienstleistungen eines Fuhrunternehmers (Güterbeförderung); Durchleitung, Transport und/oder Speicherung von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas und/oder Wasser; Heizungs- und/oder Beleuchtungscontracting, nämlich Lieferung von Wärme und/oder Licht; Lagervermietung; Mülltransport und -lagerung; Parkplatzdienste, insbesondere Vermietung von Parkplätzen; Transport mit Kraftfahrzeugen, Schiffen, Flugzeugen und/oder Eisenbahnen; Transport und/oder Lagerung von Abfall- und Recyclingstoffen; Vermietung von Lagercontainern; Vermietung von Energie-, Wärme- und/oder Wasserverteilungsnetzen und Verteilungseinrichtungen; Materialbearbeitung; Aufbereitung von Gas, insbesondere Erdgas und Erdölgas; Dienstleistungen eines Energieversorgungsunternehmens, nämlich Erzeugung von Energie und/oder Wärme; Entsorgung, nämlich Recycling oder Vernichtung von privatem oder gewerblichem Müll und/oder Abfall; Entsorgung von Abwasser, nämlich Reinigung oder Vernichtung von Abwasser; Luftauffrischung (Klimatisierung); Luftreinigung; Recycling von Müll und Abfall; Vermietung von Energieerzeugungseinrichtungen und/oder -anlagen; Vermietung von Heizungs- und/oder Beleuchtungsapparaten und/oder -anlagen, soweit in Klasse 40 enthalten; Wasserbehandlung, nämlich technische Aufbereitung von Frischwasser; Wasserbehandlung, nämlich technische Aufbereitung von Abwasser; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; wissenschaftliche und/oder technische Beratung auf dem Gebiet der Erzeugung, der Beschaffung, des Transports und/oder der Nutzung von Energie, Gas, Wärme und/oder Wasser; wissenschaftliche und technische Beratung von Versorgungsunternehmen; technische Betriebsführung von Anlagen, die der Erzeugung, Fortleitung und/oder Abgabe von Energie, Gas, Wärme oder Wasser dienen, für Dritte; Bauberatung (Architekturberatung); wissenschaftliche und/oder technische Beratung auf dem Gebiet der Energieeinsparung; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich technische Vorbereitungen von Bauvorhaben; Dienstleistungen eines technischen Mess- und Prüflabors; Dienstleistungen von Ingenieuren, insbesondere auf dem Gebiet der Verbrauchsmessung von elektrischer und thermischer Energie, Gas und/oder Wasser sowie auf dem Gebiet der Registrierung, Erfassung, Verarbeitung, Auswertung und Übertragung von Daten, insbesondere von Messdaten; Dienstleistungen von Ingenieuren, nämlich Durchführung und Auswertung von Thermographieaufnahmen; Durchführung von technischen Tests; Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in technischer Hinsicht (Facility-Management); Ermittlung und Messung des Energieverbrauchs für technische und/oder Forschungszwecke; Ermittlung von Emissionen und Schadstoffkonzentrationen; Erstellung von Computeranimationen; Erstellung von geologischen Gutachten; Erstellung von Gutachten zu wissenschaftlichen und/oder technischen Fragen in den Bereichen Energie, Gas, Wasser und/oder Wärme, insbesondere Erstellung von Energie-Gebäudepässen; Erstellung von technischen Gutachten; Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; geologische Forschungen; Kalibrierung und Funktionsprüfung von Messgeräten; Konstruktionsplanung; Materialprüfung; Qualitätsprüfung; Stadtplanung; technische Beratung bezüglich des Betriebs und/oder der Nutzung von Energie-, Gas-, Wasser- oder Wärmenetzen; technische Beratung und Planung von Energie-, Gas- und/oder Wassererzeugungsanlagen und/oder -verteilungsanlagen; technische Beratung von privaten und/oder gewerblichen Kunden über mit Öl, Gas, Elektrizität, Wasser-, Wind- oder Sonnenenergie und/oder mit Erdwärme betriebene Geräte und Anlagen; technische Beratungsdienstleistungen im Energiebereich; technische Planung von Abwasser- und/oder Frischwasseranlagen; technische Projektplanungen; technische Überprüfungen von Apparaten, Geräten und/oder Anlagen in den Bereichen Energie, Gas, Wasser und/oder Wärme; technische Überwachung des Energie-, Gas-, Wasser- und/oder Wärmetransports; technische Überwachung von Anlagen zur Energieerzeugung; technische Überwachung von Energieverteilungseinrichtungen und/oder Messgeräten; technisches Sicherheitsmanagement; Vermietung von Gas-, Wasser- und/oder Stromzählern; Vermietung von Mess- und/oder Kontrollgeräten, insbesondere für den Wasser-, Gas- und/oder Stromverbrauch; Werkstoffprüfung; wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Chemie, der Physik, der Technik und/oder des Maschinenbaus; Zertifizierungen"

4

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluss vom 27. Oktober 2011 nach vorangegangener Beanstandung vom 16. November 2010 teilweise mit der Begründung zurückgewiesen, dass dem Zeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von

5

"Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus Papier oder Kunststoff; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten; Beratung bei der Organisation und/oder Führung von Unternehmen; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Ermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erstellung von Geschäftsgutachten"

6

jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, es handele sich entgegen der Annahme der Anmelderin bei der angemeldeten Wort-/Bildmarke Abbildung

Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
um einen für einen Großteil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dem Markenschutz nicht zugänglichen verkaufsfördernden Sachhinweis. Die aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache gebildete, kurze und schlichte Aussage "energie von nebenan." vermittele in Bezug auf die zurückgewiesenen Dienstleistungen, die sämtlich dem Bereich Energieerzeugung, -gewinnung, -versorgung, -verteilung und -vermarktung zugehörig seien bzw. in einem engen Sachzusammenhang damit stünden und bei denen es sich um die üblichen Angebote und Leistungen eines Energieversorgungsunternehmens handele, inhaltlich nur einen werbenden Sachhinweis auf physikalische Energie, welche ganz aus der Nähe stamme bzw. dort gewonnen/bearbeitet/geliefert würde. Bei der Wortfolge handele es sich lediglich um eine anpreisende Redewendung, die dem Verbraucher in werbetypischer Form den Eindruck vermitteln solle, dass der Anbieter dem Kunden ein Angebot an/von Energie aus nächster Nachbarschaft bieten könne, wobei die begriffliche Weite offensichtlich gewollt sei. Soweit die Bezeichnung "energie von nebenan" einen gewissen Bedeutungsspielraum in sich trüge, müsse berücksichtigt werden, dass nicht nur solche Ausdrücke von Markenschutz ausgeschlossen sind, die das Angebot mit größter sprachlicher Genauigkeit beschreiben (vgl. BPatG 30 W (pat) 162/05 - Gelenk-Aktiv, zusammengefasst veröffentlicht auf CD-ROM PAVIS PROMA), sondern auch solche, die eine gewisse Unschärfe in sich tragen oder einen allgemeinen Sinngehalt aufweisen. Schließlich sei die konkrete Ausgestaltung der angemeldeten Marke nicht geeignet, als Betriebskennzeichen für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen zu wirken, da sie keine charakteristische, aus dem üblichen Rahmen herausfallende Gestaltung erkennen ließe. Die gestalterischen Mittel beschränkten sich auf die Darstellung des Schriftzuges in unterschiedlichen Schriftgrößen und -bildern gängiger Schriftarten, die Verwendung von Kleinbuchstaben sowie eine kreisförmige Unterlegung des Anfangsbuchstabens "e". Hierbei handele es um die Kombination grafischer Stilmittel einfachster Art.

7

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie hält das Zeichen auch für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen  für schutzfähig, da es - wie auch die Markenstelle feststelle - eine begriffliche Weite aufweise, die allein analysiert betrachtet beschreibend sein könne. Im Übrigen sei die graphische Ausgestaltung anspruchsvoll und das Gesamtzeichen nicht freihaltebedürftig. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Beschwerdebegründung vom 26. April 2012 und die Beanstandungsentgegnung vom 15. Dezember 2010. Die Anmelderin beantragt,

8

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 2011 im Umfang der Zurückweisung aufzuheben.

II

9

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich als begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht auch für die versagten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht entgegen.

10

Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 25/97, GRUR 2000, 502, 503 = WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl; Beschl. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, GRUR 2000, 720, 721 = WRP 2000, 739 - Unter Uns). Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - Rs. C-39/97, Slg. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922, 924 Tz. 28 - Canon; BGH, Beschl. v. 8.10.1998 - I ZB 35/95, GRUR 1999, 245, 246 = WRP 1999, 196 - LIBERO; GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH, Beschl. v. 11.5.2000 - I ZB 22/98, GRUR 2001, 162, 163 = WRP 2001, 35 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind. Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - I ZB 34/98, WRP 2001, 692, 693 = MarkenR 2001, 209 -                                                                                 Test it; BGH GRUR 2001, 1043 Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2012, 270 Link Economy).

11

Für Werbeslogans gilt nach ständiger Rechtsprechung (z. B. BGH GRUR 2000, 321 - Radio von hier), dass der Verkehr zwar auch eine Werbeaussage annehmen wird, die nicht in erster Linie der Identifizierung der Herkunft des Produktes, sondern ausschließlich seiner Beschreibung dient (vgl. Ingerl/Rohnke a. a. O. § 8 Rdn. 36). Dies rechtfertigt es aber nicht, von unterschiedlichen Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Werbeslogans gegenüber anderen Wortmarken auszugehen. Denn bei einer Marke schließen sich die Identifizierungsfunktion und die Werbewirkung nicht gegenseitig aus (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 12/6581, S. 82 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 76). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob der Werbeslogan einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob ihm über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. Fezer a. a. O. § 8 Rdn. 97a). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb auch bei Werbeslogans lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein und diese damit zu einem eingängigen und aussagekräftigen Werbeslogan machen. Auch die Mehrdeutigkeit und daher Interpretationsbedürftigkeit der Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung der Unterscheidungskraft von Werbeslogans nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (BGH, GRUR 1997, 308 - Wärme fürs Leben).

12

Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen kann dem angemeldeten Zeichen in seiner konkreten Ausgestaltung ausreichende Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

13

Das gilt zur Überzeugung des Senates auch für die zurückgewiesenen, im weitesten Sinn (elektro-)energiebezogenen Waren und Dienstleistungen. Der angefochtene Beschluss stellt insoweit zwar zutreffend fest, dass die Wortfolge "energie von nebenan" keine schutzbegründende interpretative Mehrdeutigkeit aufweist, da es sich lediglich um eine anpreisende Redewendung handelt, die dem Verbraucher in werbetypischer Form den Eindruck vermitteln soll, dass der Anbieter dem Kunden 'Energie' aus nächster Nachbarschaft liefern kann.

14

Seine Unterscheidungseignung und damit Unterscheidungskraft erlangt das Anmeldezeichen für sämtliche von der Zurückweisung durch die Markenstelle umfassten Waren und Dienstleistungen allerdings durch seine besondere grafische Gestaltung. Zwar enthält auch dieses Zeichen seiner Typologie nach übliche Druckbuchstaben sowie Schriftgrößenvariationen, an die der Verkehr gewöhnt ist. Die grafische Gestaltung des Anfangsbuchstabens "e" allerdings, das nicht mittig, sondern seitlich versetzt in einer dunklen Kreisfläche eingebracht ist und in der rechten Hälfte die Kreiskontur aufnimmt, entspricht jedoch nicht der typischen Gestaltung eines Buchstaben. Insoweit ist auch auf die zutreffenden Ausführungen der Anmelderin unter B 2. der Beschwerde zu verweisen. Der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, der das Gesamtzeichen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, bedarf eines wenn auch kleinen gedanklichen Schrittes, um im Gesamtgefüge des Zeichens den Buchstaben "e" am Wortanfang wahrzunehmen. Die gewählte graphische Darstellung verhindert, dass das Gesamtzeichen ohne analysierende Betrachtungsweise - die sich bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens verbietet (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 60, Nr. 24 - Companyline; EuGH GRUR Int. 2004, 635, 638 f., Nr. 44 - Dreidimensionale Tablettenform II; GRUR Int. 2005, 135, 137, Nr. 20 - Maglite; ebenso die st. Rspr. in Deutschland, z. B. BGH GRUR 1995, 269, 270 - U-KEY; BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; BGH GRUR 2001, 162, 163  - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) - ausschließlich im Sinne einer Addition von Sachbezeichnung und Grafik verstanden wird. Eine Reduzierung der angemeldeten Marke ausschließlich auf ihren Wortbestandteil wird dem besonderen Charakter der angemeldeten Marke nicht gerecht (vgl. hierzu auch BPatG PAVIS PROMA, 27 W (pat) 92/97 - PRO Comfort; BPatG PAVIS PROMA, 25 W (pat) 145/04 - saTVision; BGH GRUR 2008, 1002 Rn. 29 - Schuhpark).

15

Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht der Eintragung des Zeichens für die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen ebenfalls nicht entgegen. Das Zeichen besteht nicht ausschließlich aus beschreibenden Angaben, da jedenfalls die besondere graphische Gestaltung von einer reinen Sachangabe wegführt. In seiner konkreten Ausgestaltung, auf die sich allerdings der Schutzumfang beschränkt, ist es daher nicht freihaltebedürftig.

16

Aus diesen Gründen war der angefochtenen Beschluss aufzuheben.