Entscheidungsdatum: 05.10.2011
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2010 014 000.3
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 5. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. November 2010 aufgehoben.
I.
Mit Beschluss vom 19. November 2010 hat die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts der Anmeldung der zuletzt in schwarz-weiß beanspruchten Wort-/Bildmarke 30 2010 014 000.3
für die Waren „Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Spirituosen, nämlich Heilkräutertrank (Kräuterlikör)“
die Eintragung mit der Begründung versagt, dass dem Zeichen das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. In der ohne weiteres verständlichen, rein sachbezogenen Bezeichnung „Kloster Beuerberger Naturkraft“ werde der Verkehr lediglich einen werblich anpreisenden Hinweis darauf sehen, dass die Waren geeignet oder dazu bestimmt seien, die der Natur innewohnende Kraft auszunutzen oder zu mobilisieren und diese Waren aus dem Kloster Beuerberg bzw. aus der Region um dieses Kloster stammten. Diese Deutung erfordere keine analysierende Betrachtung. Das Wort „Kloster“ und die freihaltebedürftige, adjektivisch verwendete Herkunftsangabe „Beuerberger“ wiesen lediglich auf das Kloster Beuerberg hin, ein ehemaliges Kloster der Augustiner-Chorherren und heutiges Kloster der Salesianerinnen in der Ortschaft Beuerberg, ein Ortsteil der Gemeinde Eurasburg im oberbayerischen Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Da seit alters her die Klöster Biere brauten und auch zur Therapie verschiedener Krankheiten alkoholische Getränke herstellten, werde der Verkehr in einer aus dem Begriff „Kloster“ und einer unmittelbar folgenden Ortsangabe kombinierten Kennzeichnung nur den Hinweis auf die geografische Herkunft der Waren erkennen. Mit dem weiteren Wortelement „Naturkraft“ werde auf „die der Natur innewohnende Kraft“ hingewiesen (vgl. Duden Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage 2006, S. 1197) und dem angesprochenen Verkehr ausschließlich die Sachinformation vermittelt, dass die so beworbenen Waren auf natürliche Art und Weise mit der ursprünglichen Kraft der Natur wirkten. Auch ihre graphische Gestaltung vermöge der angemeldeten Marke keine Unterscheidungskraft zu verleihen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Die angemeldete Wortkombination sei nicht beschreibend; auch fehle ein unmittelbarer konkreter Sachbezug. „Kloster Beuerberger“ sei ein als Name schutzfähiges Zeichen, jedoch keine geographische Herkunftsangabe; jedenfalls bestehe die Anmeldemarke nicht ausschließlich aus einer solchen. Dem angesprochenen Verkehr sei das Kloster Beuerberg überwiegend nicht bekannt. Er werde es in keinem Fall mit der Ware „Kräuterlikör“ in Verbindung bringen. Der Anmelder verweist auf eine Anzahl seiner Ansicht nach vergleichbarer Voreintragungen von Marken mit dem Wortbestandteil „Kloster“ in der Klasse 33.
Der Anmelder beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. November 2010 aufzuheben.
II.
Dem Anmeldezeichen fehlt nicht jede Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Zugleich ist es, - was die Markenstelle in ihrer Entscheidung geprüft, aber im Ergebnis offen gelassen hat, - in seiner konkreten Ausgestaltung nicht freihaltebedürftig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Allerdings wird sich die Markenstelle mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob einer Eintragung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG entgegensteht (vgl. BPatG GRUR 1995, 197 - 198 - ORIGINAL Klosterpforte).
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die Prüfung des Freihaltungsbedürfnisses an geografischen Herkunftsangaben richtet sich dabei vor allem nach den Beurteilungsmaßstäben, die der Europäische Gerichtshof in der „Chiemsee-Entscheidung" zu Art. 3 Abs. 1 lit. c) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 98/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988 vorgegeben hat. Diese Vorschrift liegt der inhaltsgleichen Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugrunde und ist für deren richtlinienkonforme Auslegung maßgeblich (EuGH GRUR 1999, 723). Bei der Prüfung des Freihaltungsbedürfnisses an Ortsangaben sind dementsprechend nicht nur die aktuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen, sondern es ist auch die Möglichkeit zu erörtern, ob eine entsprechende beschreibende Verwendung der fraglichen Angabe vernünftigerweise in der Zukunft zu erwarten ist (EuGH a. a. O. Ls. 1, TZ. 30; so auch BPatG GRUR 2000, 1050 - Cloppenburg).
Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht an der angemeldeten Marke kein Freihaltebedürfnis, weil es sich bei der Angabe „Kloster Beuerberger“ nicht um eine Angabe über den Ort der Herstellung und/oder des Vertriebs der Ware, sondern um eine von der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht erfassten Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten klösterlichen Betrieb handelt. In seiner durch die Markenstelle zutreffend ermittelten Bedeutung weist „Kloster Beuerberger Naturkraft“ auf den konkreten Bezug eines so gekennzeichneten alkoholischen Getränkes zu einem bestimmten Kloster, nämlich zum Kloster Beuerberg in Eurasberg als dessen klösterliche Herstellungsstätte, und darauf hin, dass die Wirkung des Getränkes durch die Kraft der Natur hervorgerufen wird.
Die Zubereitung von Kräuterlikören durch Ordensleute innerhalb ihrer von der Außenwelt abgeschlossenen Wohnstätte (vgl. zur Definition eines „Klosters“ Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 2. Aufl. Berlin 1993, S. 673) hat in deutschen Klöstern ebenso wie das Pflanzen und Kultivieren von Heilkräutern eine lange Tradition (vgl. etwa BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 22/06 - Klostergarten/Klostergarten). So sind beispielsweise Kloster Ettal und Kloster Andechs auch heute noch nicht nur für eine unternehmerische Tätigkeit von Klöstern im Sinne der dort wohnenden Menschen im Allgemeinen, sondern insbesondere auch für die unternehmerische Zubereitung von Kräuterlikören bekannt. Wer den gem. § 3 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 12 BGB grundsätzlich schutzfähigen Namen eines Klosters (vgl. OLG München MarkenR 2007, 560 - Kloster Andechs, Der Andechser; Hanseat. OLG Hamburg, WRP 1998, 76 - Kloster, Klosterbrauerei) zur Kennzeichnung der hier beanspruchten Waren der Klasse 33 verwendet, weist daher nicht lediglich auf die räumliche Nähe irgendeines Klostergebäudes zu seinem Herstellungsbetrieb (vgl. hierzu Hanseat OLG HH, GRUR 1998, 420 - Klosterbrauerei, Klosterbräu) oder darauf hin, dass er sich zur Herstellung seiner Produkte eines ursprünglich von den Mönchen oder Nonnen entwickelten Rezeptes bedient. Vielmehr stellt er einen konkreten Bezug seiner Waren zu einer bestimmten klösterlichen Herstellungsstätte (vgl. BGH GRUR 2003, 628 - 631 Rn. 102 – Klosterbrauerei; OLG Hamburg WRP 1998, 76 – Kloster, Klosterbrauerei; OLG Nürnberg, ZLR 2000, 764 – Kloster Pilsener; OLG Frankfurt, ZLR 2000, 774 – Eschweger Klosterbräu je zur Herstellung einer Verbindung zwischen einer den Wortbestandteil „Kloster“ enthaltenen Bierbezeichnung und einer klösterlichen Brauerei durch den angesprochenen Verkehr) und damit zu einem bestimmten Unternehmer her. Inwieweit ein solcher konkreter Bezug zur klösterlichen Herstellungsstätte auch in Fällen fortbesteht, in denen moderne Herstellungsmethoden einen ursprünglich engen räumlichen Zusammenhang zum Klostergebäude gelockert oder Ordensleute die ursprünglich ihnen obliegende Verantwortung für den Herstellungsprozess an Dritte delegiert haben, bedarf in diesem Verfahren keiner Erörterung, denn entscheidend ist, dass das Anmeldezeichen entgegen der von der Markenstelle geäußerten Rechtsansicht auf ein bestimmtes verantwortliches Unternehmen, nämlich das Kloster Beuerberg als Herkunftsbetrieb alkoholischer Getränke hinweist.
Der frühere Augustinerchorherrenstift „Kloster Beuerberg“ in Eurasberg wird seit 1846 bis heute von Salesianerinnen betrieben. Ein zweites Kloster dieses Namens existiert in Deutschland nicht. Insoweit kommt den heute das Kloster Beuerberg betreibenden Salesianerinnen zugleich eine langjährige, gegenwärtig noch bestehende und künftig nicht ohne weiteres in Frage zu stellende Monopolstellung für die Produktion von Waren aus diesem klösterlichem Herstellungsort sowie unter der unternehmerischen Verantwortung des Klosters zu. Denn nur sie können diese Waren selbst oder durch von ihnen autorisierte Dritte im Kloster Beuerberg herstellen (lassen). Ein Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit des Namens des Klosters zur Kennzeichnung der beanspruchten Waren ist daher weder aktuell gegeben, noch liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis vor (vgl. BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 187/04 – Burg Eltz).
Dass in diesem Verfahren nicht das Kloster Beuerberg oder sein Träger Anmelder der Marke ist und bisher auch sonst keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich sind, dass der Anmelder zur Anmeldung einer Marke ermächtigt worden oder aus anderen Gründen berechtigt sein könnte, die die Bezeichnung „Kloster Beuerberger“ enthält, steht einer Verneinung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen. Denn ihrem Schutzzweck entsprechend soll diese Vorschrift die in ihr genannten Angaben lediglich der Allgemeinheit zur ungehinderten beschreibenden Verwendung durch jedermann offen halten. Der individuelle marken- oder firmenmäßige Gebrauch einer derartigen Angabe unterliegt dagegen keinem relevanten Allgemeininteresse (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl. Rn. 229 zu § 8).
Somit besteht weder ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hinsichtlich der Waren der Klasse 33 an der Gesamtbezeichnung „Kloster Beuerberger Naturkraft“ noch an dem angemeldeten Gesamtzeichen in seiner konkreten – für sich genommen nicht schutzbegründenden – graphischen Gestaltung.
2. Der angemeldeten Marke kommt für die beanspruchten Waren auch das für einen bundesweiten Markenschutz erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu.
Unterscheidungskraft i. S. dieser Bestimmung bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 - FUSSBALL WM 2006, m. w. N.).
Da den angesprochenen allgemeinen Endverbrauchern Klöster von jeher auch als Herstellungsstätten für die Zubereitung von Kräuterlikören und anderen alkoholischen Getränken bekannt sind, werden sie unabhängig davon, ob sie bereits zuvor vom Kloster Beuerberg in Eurasberg gehört haben, einen Bezug zu einer bestimmten, ihnen wenn auch bislang unbekannten klösterlichen Herstellungsstätte herstellen, sofern die angemeldeten Getränke mit „Kloster Beuerberger Naturkraft“ gekennzeichnet sind.
Aus diesen Gründen war der Beschwerde stattzugeben.
3. Allerdings wird die Markenstelle nunmehr noch zu prüfen haben, ob der Eintragung der angemeldeten Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG entgegensteht. Denn der Anmelder hat bislang nicht vorgetragen, von den Betreibern des Klosters Beuerberg zur Anmeldung der Marke 30 2010 014 000.3 ermächtigt worden zu sein.