Entscheidungsdatum: 01.12.2010
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2008 054 973.4
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 1. Dezember 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit Beschluss vom 1.10.2009 hat die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Eintragung der unter anderem für die Waren und Dienstleistungen
„Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft und auf dem Wasser; Transportwesen; Beförderung von Personen und Gütern mit Schienen, Kraftfahrzeugen, Luftfahrzeugen und Schiffen; Gepäckträgerdienste, Gepäcksaufbewahrung; Vermietung von Parkplätzen mit Kraftwagen, auch mithilfe elektronischer Einrichtungen; Erteilung von Fahrplan- und Verkehrsauskünften, auch mithilfe elektronischer Einrichtungen, Platzreservierung, Veranstaltung und Vermietung von touristischen Dienstleistungen im Reiseverkehr (soweit in Klasse 39 enthalten), insbesondere Veranstaltung und Vermittlung von Jugend-, Freizeit-, Informations- und Bildungsreisen zu Wasser, zu Lande und in der Luft; Veranstaltung und Vermittlung von Schienenreisen einschließlich Reisebegleitung; Sendungsverfolgung im Transportwesen; Steuerung von Verkehrsleit-, Betriebsleit- und Sicherheitssystemen einer Schienenbahn-Infrastruktur als Hilfsdienstleistung auf dem Transportsektor (soweit in Klasse 39 enthalten); Reservierung von Plätzen in Zügen, Bussen und Schiffen, auch für Kraftfahrzeuge; Lagerung und Verpackung von Gütern, Vermietung von Schienenfahrzeugen, Kraftfahrzeugen und Schiffen“
angemeldeten Wortmarke 30 2008 054 973.4
Flinkster
für diese Waren und Dienstleistungen wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Als Superlativ-Form des Adjektivs „flink“ erschöpfe sich „Flinkster“ in einer allgemeinen Qualitätsberühmung. Das angemeldete Markenwort weise darauf hin, dass die beanspruchten Dienstleistungen besonders schnell erbracht würden und sich die in Rede stehenden Waren durch besondere Schnelligkeit auszeichneten. Als allgemeine schlagwortartige Anpreisung sei „Flinkster“ nicht geeignet, auf die betriebliche Herkunft der angemeldeten Waren und Dienstleistungen hinzuweisen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Mit der Begründung, der Superlativ des Adjektivs „flink“ laute „flinkester“, hält sie das angemeldete Zeichen für eine Wortneuschöpfung. Das Adjektiv „flink“ werde allenfalls im Zusammenhang mit Lebewesen verwendet und sei bislang nicht mit Fahrzeugen oder dem Transportwesen in Verbindung gebracht worden. „Flinkster“ stelle kein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache dar und verfüge nicht über einen klaren und ohne weiteres verständlichen beschreibenden Begriffsinhalt. Der durchschnittliche verständige Verbraucher werde den Begriff als Unternehmenskennzeichen wahrnehmen.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 01.10.2009 im Umfang der Zurückweisung aufzuheben.
Ergänzend wird auf die Akte des Deutschen Patent- und Markenamtes Az. 30 2008 054 973.4 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, denn seit dem 1.10.2009 ist dieser Rechtsweg gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1, 165 Abs. 3 MarkenG wahlweise auch unmittelbar gegen solche Beschlüsse der Markenstelle und Markenamtteilungen des DPMA eröffnet, die, wie hier, der Erinnerung unterliegen.
Die Beschwerde ist allerdings unbegründet. Für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen „Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft und auf dem Wasser; Transportwesen; Beförderung von Personen und Gütern mit Schienen, Kraftfahrzeugen, Luftfahrzeugen und Schiffen; Gepäckträgerdienste, Erteilung von Fahrplan- und Verkehrsauskünften, Sendungsverfolgung im Transportwesen; Lagerung und Verpackung von Gütern“ stellt „Flinkster“ eine beschreibende Angabe dar; zu den übrigen angemeldeten Waren und Dienstleistungen besteht ein enger sachlicher beschreibender Bezug des vom Verkehr zugleich in seiner Werbewirkung wahrgenommenen Markenwortes, so dass ihm insgesamt jegliche Unterscheidungskraft fehlt, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 - FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 - SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 – Libertel). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Das deutsche Adjektiv „flink“ wird mit dem Komparativ „flinker“ und dem Superlativ in seinen gleichermaßen grammatikalisch korrekten Formen „am flinksten“ oder „am flinkesten“ gesteigert. Dass das mittlere „e“ entfallen kann, ist die Folge einer allgemein im Verkehr festzustellenden sprachlichen Verkürzungstendenz. „Flink“ kann u. a. eine geschickte Bewegung, eine aufgeweckte, lebhafte Person oder ein schnelles Fahrzeug („flinker Flitzer“) bezeichnen und findet seine Entsprechung in dem Adverb „flink“ und seiner Bedeutung „schnell, behände, flott“. „Flinkster“ stellt das grammatikalisch korrekt gebildete Synonym zu „schnellster“ dar und lässt sich mit dieser Bedeutung lexikalisch nachweisen (vgl. deutsch-schwedisches Online-Wörterbuch http://www.schwedentor.de/woerterbuch/flinkster).
Für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen „Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft und auf dem Wasser; Transportwesen; Beförderung von Personen und Gütern mit Schienen, Kraftfahrzeugen, Luftfahrzeugen und Schiffen Gepäckträgerdienste, Erteilung von Fahrplan- und Verkehrsauskünften, Sendungsverfolgung im Transportwesen; Lagerung und Verpackung von Gütern“ stellt „Flinkster“ ungeachtet seiner Großschreibung ein glatt beschreibendes Adjektiv bzw. Adverb dar. Für Transport- und Logistikdienstleistungen kann „Flinkster“ in werbeüblicher Weise herausstellen, dass die so bezeichneten im Vergleich mit ähnlichen Dienstleistungen der Wettbewerber besonders schnell und geschickt erbracht werden. So kann beispielsweise die Schlagzeile eines Zeitungsberichtes über einen Qualitätswettbewerb unter Gepäckträgerdiensten oder Kurierdiensten lauten: „Flinkster Gepäckträgerdienst/Kurierdienst ausgezeichnet“.
Zu den übrigen von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen besteht ein enger sachlicher beschreibender Bezug. Im Zusammenhang mit den angemeldeten Reisedienstleistungen kann „Flinkster“ den Kunden werbewirksam suggerieren, dass er mit dem gewählten Reiseveranstalter gegenüber Wettbewerbern ohne Umwege über Direktverbindungen als schnellster ans Reiseziel gelangt, weil dieser in der Kombination, Buchung, Vermittlung oder im Einkauf verschiedener Reisedienstleistungen besonderes Geschick beweist. Zwischen „Flinkster“ und den angemeldeten Vermietungs- und Reservierungsdienstleistungen besteht ebenso wie zu „Steuerung von Verkehrsleitsystemen einer Schienenbahn-Infrastruktur“ ein enger funktionaler beschreibender Bezug, weil es sich jeweils um dazugehörige Dienstleistungen auf dem Transportsektor handelt, für dessen im vorhergehenden Absatz genannte zentrale Dienstleistungen „Flinkster“ beschreibend verwendet werden kann.
Mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen werden die allgemeinen Endverbraucher angesprochen. Dem aufmerksamen Durchschnittsverbraucher sind vergleichbare beschreibende Werbeschlagworte wie „erster“ oder „schnellster“ geläufiger als das in der Umgangssprache nicht und in der Schriftsprache deutlich seltener als diese verwendete Adjektiv „flinkster“. Gleichwohl wird er bei Verwendung der angemeldeten Marke „Flinkster“ in Verbindung mit Transport-, Logistik- und Reisedienstleistungen auch unter Berücksichtigung ihrer Großschreibung am Wortanfang zumindest den Wortstamm „flink“ mit seiner oben beschriebenen, werbewirksam auf die Schnelligkeit der Beförderungsleistung hinweisenden Bedeutung erkennen (vgl. hierzu auch EuG, T-226/07 - RANAHAUS, veröffentlicht unter http://curia.europa.eu; ihn bestätigend EuGH MarkenR 2010, 85 ff. - PRANAHAUS). Die tatsächliche Verwendung eines Markenwortes im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist für die Frage seiner Unterscheidungskraft nicht maßgeblich (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 945 – SAT.2).
Mit dem bezeichneten Bedeutungsgehalt stellt „Flinkster“ für die Verbraucher gleichzeitig einen werbeüblich formulierten allgemeinen Hinweis darauf dar, dass die angemeldeten Waren und Dienstleistungen gegenüber Konkurrenzprodukten vorzugswürdig seien. Als häufig verwendetes Werbemittel ist der Verkehr seit langem an derartige Aussagen gewöhnt, wobei ihm bewusst ist, dass mit ihnen die Aufmerksamkeit auf die beworbenen Produkte oder Leistungen gelenkt werden soll. Zwar lässt der Umstand, dass eine Wortfolge von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbemittel wahrgenommen wird, nicht schon für sich genommen den Rückschluss auf ihre fehlende Unterscheidungskraft zu (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Rdn. 41 f. - Vorsprung durch Technik). Vielmehr schließt es ein werbemäßig anpreisender Sinngehalt nicht von vornherein aus, dass eine solche Wortmarke (auch) als betriebsbezogener Hinweis wahrgenommen werden kann (vgl. EuGH, a. a. O., Rdn. 45; sowie EuGH GRUR 2004, 1027, Rdn. 41 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949, Rdn. 12 - My World). „Flinkster“ erschöpft sich jedoch in einer für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden, gewöhnlichen Werbemitteilung. Von einer in markenrechtlicher Hinsicht unterscheidungskräftigen Marke kann daher nicht ausgegangen werden.
Weil einer Eintragung des angemeldeten Zeichens für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen aus diesen Gründen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, hat die Beschwerde der Anmelderin im Ergebnis keinen Erfolg.