Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 06.05.2013


BPatG 06.05.2013 - 26 W (pat) 44/12

Markenbeschwerdeverfahren – "e werk SACHSENWALD (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
06.05.2013
Aktenzeichen:
26 W (pat) 44/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 021 240.6

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. Mai 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Dienstleistungen

2

„37: Reparaturwesen/Instandhaltung von Straßenlampen

3

39: Durchleitung und Transport von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser, Versorgung von Verbrauchern durch Anlieferung von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser, Verteilung von Energie, Verteilung von Gas, Verteilung von Wasser

4

40: Erzeugung von Energie, Erzeugung von Strom

5

42: Beratung auf dem Gebiet der Energieeinsparung“

6

bestimmten Marke

Abbildung

7

mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, letztlich wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

8

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die Wortbestandteile der angemeldeten Marke werde der Verkehr nur als Angaben über die Art des Unternehmens und die geografische Herkunft der Dienstleistungen bzw. den Sitz des Unternehmens verstehen. Der Wortbestandteil „e werk“ sei die bekannte und verkehrsübliche Abkürzung des Wortes „Elektrizitätswerk“, das eine Stromerzeugungsanlage bzw. ein Unternehmen bezeichne, das sich mit der Produktion, der Verteilung und/oder Abrechnung von elektrischer Energie befasse. Der weitere Wortbestandteil „SACHSENWALD“ bezeichne ein östlich von Hamburg gelegenes Waldgebiet in Schleswig-Holstein, das als Erbringungsort der beanspruchten Dienstleistungen in Betracht komme. In Verbindung mit diesen Dienstleistungen würden maßgebliche Teile des angesprochenen Verkehrs „e werk SACHSENWALD“ als Hinweis auf irgendein Unternehmen in dem gemeindefreien Gebiet „Sachsenwald“ verstehen, das sich um die Grundversorgung der Bevölkerung, insbesondere mit Strom, kümmere, nicht jedoch als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Auch die graphische und farbliche Ausgestaltung der angemeldeten Marke könne ihre Unterscheidungskraft nicht begründen, weil sie sich auf einfache Gestaltungsmittel beschränke, an die der Verkehr aus der Werbung gewöhnt sei.

9

Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Angabe „e werk“ nicht für sämtliche Dienstleistungen um eine beschreibende Angabe handele. Auch die von der Markenstelle angeführten Belege würden stets nur die Bereiche „Energie“, „Strom“ und allenfalls noch „Erdgas“, nicht aber den Bereich „Wasser“ erfassen. Die Markenstelle habe die Bezeichnung „e werk“ in unzutreffender Weise mit dem Begriff „Stadtwerk“ gleichgesetzt. Während es sich bei einem „Stadtwerk“ um ein kommunales oder gemeindenahes Unternehmen handele, das die Grundversorgung der Bevölkerung mit Strom, Wasser und Gas abdecke, handele es sich bei einem „Elektrizitätswerk“ lediglich um ein Versorgungsunternehmen für Strom bzw. Energie. Elektrizitätswerke lieferten in der Regel kein Gas und schon gar kein Wasser, weshalb die angemeldete Marke für diese Dienstleistungsbereiche nicht der Unterscheidungskraft entbehre.

10

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

11

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. August 2011 und 27. Januar 2012 aufzuheben.

II

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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht für alle in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

13

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet ist, zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (BGH GRUR 2006, 850 - FUSSBALL WM 2006).

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Weist eine angemeldete Wortmarke einen beschreibenden Begriffsgehalt auf, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist ihr die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen (EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Aber auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar beschreiben, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn sie einen engen sachlichen Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen aufweisen und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr wegen dieses Sachbezugs in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die betriebliche Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952 - DeutschlandCard). Die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt ferner solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (EuGH GRUR 2004, 680 - Postkantoor; GRUR Int. 2011, 400 - Zahl 1000).

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Bei Anlegung dieses rechtlichen Maßstabs fehlt der angemeldeten Marke für die beanspruchten Dienstleistungen die Fähigkeit, sie ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und zu unterscheiden und damit die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

16

Das angemeldete Wort-/Bildzeichen „e werk SACHSENWALD“ besteht aus der Kombination der für den Begriff „Elektrizitätswerk“ gebräuchlichen Kurzbezeichnung „e werk“ und der geografischen Angabe „SACHSENWALD“ in einer besonderen grafischen und farblichen Gestaltung. Der Wortbestandteil „SACHSENWALD“ bezeichnet - wie die Markenstelle im angegriffenen Beschluss zutreffend festgestellt hat - ein gemeindefreies Gebiet in Schleswig-Holstein und mit knapp 70 km² Schleswig-Holsteins größtes zusammenhängendes Waldgebiet. Dies stellt auch die Anmelderin nicht in Abrede. Dieses unweit der norddeutschen Küsten gelegene Gebiet kommt insbesondere für die Erzeugung elektrischer Energie, z. B. durch Aufstellung und Betrieb von Windkraftanlagen in Betracht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich in der Region des Sachsenwaldes, die auch die angrenzenden Gemeinden einschließt, künftig (weitere) Unternehmen ansiedeln werden, die elektrische Energie und andere Energieträger, aber auch Wasser aus Quellen oder Brunnen im oder am Sachsenwald vermarkten und auch sonstige im Zusammenhang damit stehende Dienstleistungen, wie sie im Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldung aufgeführt sind, anbieten.

17

Der weitere Wortbestandteil der angemeldeten Marke, nämlich „e werk“, bezeichnet - ebenso wie die dieser Kurzform zugrundeliegende Angabe „Elektrizitätswerk“ - ursprünglich einerseits eine Stromerzeugungsanlage, andererseits aber auch das gesamte sich mit der Vermarktung, Verteilung und Abrechnung des Stromes befassende Unternehmen (vgl. Duden - Wörterbuch der Abkürzungen, 5. Auflage 1999). Im Rahmen der allgemeinen Tendenz zu einer Erweiterung und Diversifizierung der Angebote bieten Elektrizitätswerke ihren Kunden neben selbst erzeugter bzw. eingekaufter elektrischer Energie heute seit der Öffnung des Gasmarktes in zunehmendem Maße auch die Versorgung mit Gas und damit zusammenhängende Dienstleistungen sowie - soweit es sich um kommunale Elektrizitätswerke handelt - auch die Versorgung mit Wasser an. Dabei treten sie im Verkehr entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht nur unter der Bezeichnung „Stadtwerke“ auf, sondern auch unter der Bezeichnung „Elektrizitätswerk“, weil ihr ursprünglicher Tätigkeitsbereich auf die Erzeugung und Verteilung von Strom ausgerichtet war (vgl. insoweit beispielhaft den Internetauftritt des „E-Werk Goldbach-Hösbach“ unter http://www.ew-goldbach-hoesbach.de/, in dem sich das vorstehend bezeichnete Unternehmen als lokaler Energieversorger bezeichnet und mit folgender Aussage wirbt: „Wir beliefern unsere Kunden zuverlässig mit Strom, Erdgas und Wasser.“).

18

Aber auch unabhängig hiervon handelt es sich bei dem Wortbestandteil „e werk“ um eine im Verkehr und in der Werbung als Bezeichnung für eine bestimmte Art eines Unternehmens verwendete Angabe, der der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher keinen Hinweis auf die Herkunft von Dienstleistungen aus einem einzelnen Unternehmen entnehmen wird.

19

Die Wortfolge „e werk Sachsenwald“ ist ebenfalls nicht geeignet, die mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Sie ist - wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat - insbesondere nicht geeignet, die Dienstleistungen der Anmelderin von denen anderer Unternehmen, die ebenfalls in der Region des Sachsenwaldes Elektrizität und andere Energieträger und/oder Wasser gewinnen und/oder in dieser Region bzw. von dieser Region aus anbieten, ihrer betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden.

20

Auch die grafische Gestaltung der angemeldeten Marke vermag deren Unterscheidungskraft nicht zu begründen. Zwar kann durch eine besondere bildliche, grafische und/oder farbige Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile im Einzelfall ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis erreicht werden. Die Ausgestaltung muss jedoch hierzu eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; GRUR 2009, 954 - Kinder III), weshalb sie charakteristische, über einfache und gebräuchliche Gestaltungen hinausgehende Merkmale aufweisen muss (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2008, 710 - VISAGE). Unterschiedlich große und farblich unterschiedlich gestaltete Einzelbuchstaben und Wörter, wie sie in der angemeldeten Marke enthalten sind, stellen keine solchen charakteristischen Merkmale dar, weil sie werbeüblich sind und vom Verkehr deshalb nur dem Bemühen um eine ansprechende Gestaltung des Schriftbildes zugeschrieben, nicht aber als eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werden (BGH a. a. O. - antiKALK; vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, Kommentar zum Markengesetz, 10. Auflage, § 8 Rdn. 151 ff. m. w. N.).

21

Das Gleiche gilt sinngemäß auch für die vergrößerte Darstellung des Buchstabens „e“ am Beginn der Marke, die ohne weiteres als Teil des folgenden Wortes „werk“ erkannt und als bloßes Hervorhebungsmittel verstanden werden wird.

22

Bei dieser Sachlage kann nicht festgestellt werden, dass die angemeldete Marke für die beanspruchten Dienstleistungen über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft verfügt, so dass der Beschwerde der Erfolg versagt bleiben muss.