Entscheidungsdatum: 17.12.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 010 724.9
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 17. Dezember 2014 unter Mitwirkung des Richters Reker als Vorsitzendem sowie des Richters Schmid und des Richters Dr. Himmelmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Marke
für die Waren
„Klasse 24: Stoffe
Klasse 22: Zelte, Planen, Segel und Bänder, soweit sie nicht aus Metall sind
Klasse 16: Photographien und Zubehör“
in das Markenregister beantragt.
Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 4. Juli 2012 teilweise, nämlich für die Waren „Stoffe, Planen, Segel“ zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für diese Waren die Unterscheidungskraft fehle (§§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die dagegen gerichtete Erinnerung der Anmelderin ist erfolglos geblieben.
Zur Begründung der Teilzurückweisung der Marke hat die Markenstelle unter Bezugnahme auf die maßgebliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesgerichtshofs sowie des Bundespatentgerichts ausgeführt, der in der angemeldeten Marke enthaltene Wortbestandteil „stoff4you“ werde vom Verkehr im Sinne von „Stoff für Dich“ verstanden, da die Verwendung der Ziffer 4 an Stelle des englischen Wortes „for“ werbeüblich sei. In dieser Bedeutung stelle der Wortbestandteil der Marke eine produktbeschreibende Angabe dar, weshalb er vom Verkehr nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werde. Auch die Ausgestaltung des Schriftbildes sowie der Bildbestandteile der Marke könnten die Unterscheidungskraft nicht begründen. Die Ausgestaltung des Schriftbildes bleibe im Rahmen des Hergebrachten. Der Bildbestandteil der angemeldeten Marke beschränke sich auf die Abbildung der versagten Waren. Stoffe, Planen und Segel könnten sämtlich in aufgerollter Form angeboten werden. Charakteristische Merkmale, die über warentypische oder dekorative Elemente hinausgehen, weise der Bildbestandteil nicht auf. Insbesondere sei auch der Wellenschlag am losen Ende der abgebildeten Stoffrolle typisch und unterscheide diese lediglich von einer Papierrolle.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die angemeldete Marke weise in ihrem maßgeblichen Gesamteindruck Unterscheidungskraft auf. Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft einer Marke sei ein großzügiger Maßstab anzulegen. Bei Anlegung eines solchen großzügigen Maßstabs könne der angemeldeten Marke die Eignung, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen, nicht abgesprochen werden. Die Gestaltung und Verzierung des Schriftbilds des Markenbestandteils „stoff4you“ sei grafisch und farblich weder einfach noch gebräuchlich. Die Verwendung einer ausgerollten Stoffrolle mit dem Aufdruck „stoff4you“ sei in dieser Kombination nicht nachweisbar und auch nicht verkehrsüblich. Die Verbindung der Wort- und Bildbestandteile der angemeldeten Marke erschöpfe sich nicht in deren bloßer Summierung, sondern gehe darüber hinaus und werde vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juli 2012 und 30. November 2012 aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt aus den in den angegriffenen Beschlüssen der Markenstelle dargelegten, zutreffenden Gründen für die Waren „Stoffe, Planen, Segel“ jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die demgegenüber mit der Beschwerde von der Anmelderin vorgebrachten Argumente sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die Eignung einer Marke, Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2006, 233, 235 - Standbeutel; GRUR 2003, 604, 608 - Libertel). Die Eintragung eines Zeichens als Marke kommt nur in Betracht, wenn es diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397 - FUSSBALL WM 2006). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung in das Markenregister zu Gunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (EuGH GRUR 2008, 608, 61 - EUROHYPO). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger sachlicher beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann schließlich auch solchen Angaben und Zeichen fehlen, die aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sind, weil sie der Verkehr ausschließlich als Sachbegriffe in ihrer ursprünglichen Bedeutung und daher nicht als Unterscheidungsmittel versteht (Ströbele/Hacker, 10. Aufl., § 8, Rn. 49 m. w. N.).
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von allgemeinen Werbeaussagen und Werbeslogans gelten die vorstehend dargestellten rechtlichen Maßstäbe in gleicher Weise (EuGH EuGH GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2010, 228, Nr. 36 38 - Vorsprung durch Technik). Zwar kann eine sloganartige Wortfolge Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweisen, obwohl sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird (EuGH a. a. O. - Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2010, 825 - Marlene-Dietrich-Bildnis II). Was jedoch im Verkehr ausschließlich als Werbung verstanden wird, stellt keine eintragungsfähige Marke dar (EuGH GRUR Int. 2011, 255, Nrn. 51 - 53 - BEST BUY).
Bei Zugrundelegung dieses rechtlichen Maßstabs erweist sich die angemeldete Marke zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung und -unterscheidung für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren als ungeeignet. Auch die Anmelderin stellt nicht die Feststellung der Markenstelle in Abrede, dass der Wortbestandteil „stoff4you“ der angemeldeten Marke die Bedeutung „stoff for you“ hat und vom inländischen Durchschnittsverbraucher der versagten Waren „Stoffe, Planen, Segel“ in der Bedeutung „Stoff für dich“ verstanden wird. Die Ziffer „4“ wird seit langem allgemein als Kürzel i. S. d. Wortes „for“ verwendet und entsprechend verstanden (BPatG BlPMZ 1996, 134 – 4YOU; PAVIS PROMA 27 W (pat) 066/02, 22.10.2002 – all4printer). Das englische Wort „you“ ist Teil des englischen Grundwortschatzes und wird vom normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren „Stoffe, Planen, Segel“, der über Grundkenntnisse der englischen Sprache verfügt, ohne weiteres in seiner Bedeutung „du“ bzw. in Verbindung mit dem voranstehenden Begriff „for“ i. S. v. „für dich“ verstanden. Insgesamt stellt die Angabe „stoff4you“ nur eine werbeübliche Warenanpreisung dar und wird auch von dem zuvor benannten Durchschnittsverbraucher der versagten Waren nur als eine solche verstanden. Werbeüblichen und werbewirksamen Anpreisungen, die vom Verkehr nur als solche verstanden werden, fehlt aber regelmäßig die Unterscheidungskraft (EuGH a. a. O. - BEST BUY; BGH GRUR 2009, 778 – Willkommen im Leben; BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 38/97, 23.06.1998 – SHOE4YOU; 29 W (pat) 70/01, 11.09.2002. – The best for you).
Entgegen der Ansicht der Anmelderin vermag auch der Bildbestandteil der angemeldeten Marke deren Unterscheidungskraft nicht zu begründen. Zwar kann durch eine besondere grafische, bildliche und/oder farbige Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile grundsätzlich ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis erreicht werden (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2008, 710 – VISAGE). Allerdings vermögen geringe Veränderungen, z. B. durch einfache grafische Ausgestaltungen von Schriftzügen, umso weniger die erforderliche Unterscheidungskraft zu begründen, je deutlicher ein sachlicher Bezug des dargestellten Begriffs zu den beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen erkennbar ist (BGH GRUR 2001, 1153 – antiKALK; GRUR 2009, 954 - Kinder III; GRUR 2010, 640 – hey!). Somit muss die Ausgestaltung eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (EuGH a. a. O. - BEST BUY; BGH a. a. O. – antiKALK; a. a. O. - Kinder III). Diese Voraussetzung können aber einfache und gebräuchliche Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes nicht erfüllen (BGH a. a. O. - antiKALK; a. a. O. - VISAGE). Dies gilt insbesondere für werbeübliche Schriftformen, die sich nicht wesentlich von Standardschriftarten unterscheiden (BPatG GRUR-RR 2009, 426, 427 – Yoghurt-Gums).
Bei der Schriftform, in der der Wortbestandteil der angemeldeten Marke dargestellt ist, handelt es sich um eine verkehrsübliche, leicht nach rechts geneigte Druckschrift, in der der Verkehr deshalb keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen wird. Gleiches gilt für die Wiedergabe der Zahl „4“ in etwas größerer und fetterer Schrift, die lediglich die Unterscheidung und Erfassung der einzelnen Wort- und Zahlelemente der Abfolge „stoff4you“ erleichtert.
Auch die bildliche Ausgestaltung der angemeldeten Marke mit der Abbildung einer Stoffrolle kann die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke nicht begründen. Die Fähigkeit, schutzbegründend zu wirken, fehlt insbesondere in Fällen, in denen sich die bildliche Gestaltung in rein dekorativen Hervorhebungsmitteln erschöpft oder ausschließlich die sachbezogenen Aussagen der anderen Markenteile illustriert (BPatG GRUR 2004, 873, 874 - FRISH – Hinzufügung des Piktogramms „Messer und Gabel“ bei Dienstleistungen im Gastronomiebereich; EuG GRUR Int. 2009, 244 – Intelligent Voltage Guard – zusätzliche Abbildung des Grundtyps eines elektrischen Messgeräts). Auch die Abbildung einer Stoffrolle illustriert lediglich die Art der angebotenen Waren „Stoffe, Planen, Segel“ und wird deshalb von den Verkehrskreisen, die von diesen Waren angesprochen werden, nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern als Hinweis auf die Art der angebotenen Waren verstanden. Der Bildbestandteil der angemeldeten Marke weist entgegen der Ansicht der Anmelderin auch keine schutzbegründenden Besonderheiten auf. Vielmehr handelt es sich bei der leicht seitlichen Ansicht einer teilweise abgerollten Stoffrolle mit innenliegendem Rollenstab um eine naturgetreue, fotografische Wiedergabe, die keine darüber hinausgehenden Besonderheiten aufweist, die es dem Verkehr ermöglichen würden, darin einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen.
Letztlich verleiht auch die farbige Gestaltung der angemeldeten Marke nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Eine schutzbegründende Wirkung könnte der farbigen Ausgestaltung nur dann zukommen, wenn die Farbgebung neben den schutzunfähigen Bestandteilen als eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst würde. Davon kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Farbe weder technisch noch funktional bedingt noch lediglich auf ein ästhetisch ansprechendes Äußeres ausgerichtet ist, sondern als vom Üblichen abweichende, charakteristische Ausgestaltung erscheint, was aber nur unter außergewöhnlichen Umständen angenommen werden kann. Keine schutzbegründende Wirkung kommt insbesondere Farbgestaltungen zu, die lediglich dekorative Effekte vermitteln (BGH a. a. O. – antiKALK). Dies gilt auch für die farbige Wiedergabe nicht unterscheidungskräftiger Wörter oder Gegenstände (BGH a. a. O. - VISAGE; a. a. O. – Kinder III; a. a. O. – hey!). Die farbige Ausgestaltung der angemeldeten Marke beschränkt sich auf eben diese farbige Wiedergabe der Stoffrolle in gelber Farbe, was vom Verkehr als Abbildung eines gelben Stoffes verstanden wird, sowie auf die Wiedergabe des Wortelements „stoff4you“ in blauer Schrift.
Auch die Art der Verbindung der Wort- und Bildelemente ist nicht ungewöhnlich, da es durchaus werbeüblich ist, Wortbestandteile einer Wort-Bild-Kombination in die Abbildung der beworbenen Waren einzusetzen. Der durch die Verbindung der Wort- und Bildelemente bewirkte Gesamteindruck müsste über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgehen und dürfte sich nicht in deren bloßer Summenwirkung erschöpfen, um ein unterscheidungskräftiges Gesamtzeichen zu ergeben (EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor). Daran fehlt es bei der angemeldeten Marke, die keine über die verkehrs- und werbeübliche Zusammenfügung der Wort- und Bildelemente hinausgehenden Besonderheiten aufweist, die den Verkehr veranlassen könnten, darin von Haus aus ein betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungskennzeichen mit Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu sehen. Daher kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.