Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.02.2016


BPatG 17.02.2016 - 26 W (pat) 37/13

Markenbeschwerdeverfahren – "POLLO REAL (IR-Marke)/real,- (Widerspruchsmarke zu 1), Wort-Bild-Marke)/real,- (Widerspruchsmarke zu 2), Gemeinschaftsbildmarke)" - zur Ähnlichkeit von Einzelhandelsdienstleistungen und den auf sie bezogenen Waren – zum Aufmerksamkeitsgrad des Verkehrs – zur Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit - zur Kennzeichnungskraft – zur Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
17.02.2016
Aktenzeichen:
26 W (pat) 37/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 5 Abs 1 MAbk Madrid
Art 6quinquies Abschn B Nr 1 PVÜ

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke IR 928 856

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Februar 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Reker und des Richters kraft Auftrags Schödel

beschlossen:

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. November 2010 und 4. März 2013 werden teilweise aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 002251130 hinsichtlich folgender Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:

Klasse 35: Retail trade services in stores and/or via global computer networks concerning all goods in classes 1 to 34.

Insoweit wird das DPMA angewiesen, der angegriffenen Marke den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu verweigern.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

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POLLO REAL

3

ist am 16. Februar 2007 unter der Nummer 928 856 international registriert worden für Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 18: Handbags, wallets, coin purses, document cases, hide or leather briefcases, leather and imitation leather, goods made of these materials not included in other classes, saddlery and leatherware not included in other classes;

5

Klasse 35: Retail trade services in stores and/or via global computer networks concerning all goods in classes 1 to 34.

6

Gegen die Schutzgewährung dieser Marke für Deutschland hat die Inhaberin beider Widerspruchsmarken Widerspruch erhoben

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1. aus der Wort-/Bildmarke (rot, blau, weiß)

Abbildung

8

die am 9. Februar 2005 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register unter der Nummer 304 60 276 eingetragen worden ist für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 17, 19 bis 34, 36 bis 45 und der

9

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren;

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Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

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2. und aus der Gemeinschaftsbildmarke

Abbildung

12

die am 4. November 2005 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) unter der Nummer 002251130 für Dienstleistungen der

13

Klasse 35: Betrieb eines Warenhauses; Einzelhandel mit Lebensmitteln und anderen Verbrauchsgütern sowie Gebrauchsgütern für Endverbraucher;

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Klasse 41: Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;

15

Klasse 42: Verpflegung; Beherbergung von Gästen

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eingetragen worden ist.

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Mit Beschlüssen vom 23. November 2010 und 4. März 2013, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 18 des DPMA beide Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei der Widerspruchsmarke zu 1.) liege für die Waren der Klasse 18 Identität vor, während die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen der Klasse 35 unähnlich seien. Bei der Widerspruchsgemeinschaftsmarke zu 2.) seien die Einzelhandelsdienstleistungen der Klasse 35 identisch, während im Übrigen Unähnlichkeit gegeben sei. Trotz Waren-/Dienstleistungsidentität werde der erforderliche erhebliche Markenabstand eingehalten. Die Widerspruchsmarken seien durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Für den Betrieb eines Warenhauses könne sogar von einer etwas gesteigerten Kennzeichnungskraft ausgegangen werden. Bei den Adressaten der fraglichen alltäglichen Waren und Dienstleistungen handele es sich um breite Verkehrskreise, die diese ohne besondere Sorgfalt erwerben bzw. in Anspruch nehmen würden. Da die jüngere Marke über den Bestandteil „POLLO“ verfüge, der den Widerspruchsmarken fehle, unterschieden sich die Vergleichsmarken in der Wortlänge, der Umrisscharakteristik, im Wortanfang, in der Silbenzahl, der Vokalfolge sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus. Die angegriffene Marke erscheine als zusammengehöriger Fantasiebegriff, weil die inländischen Verkehrskreise weder die Bedeutung „Huhn“ oder „Hühnchen“ für „POLLO“, noch die Gesamtbedeutung „reales“ oder „echtes Huhn“ erfassten. Für weitere Arten von Verwechslungsgefahren sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Eine etwaige Serienzeichenverwechslung scheide schon wegen der graphischen Gestaltung der Widerspruchsmarken aus.

18

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, hochgradige Ähnlichkeit bestehe auch zwischen den Einzelhandelsdienstleistungen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsdienstleistung „Verpflegung“ in Klasse 42 sowie den Widerspruchsdienstleistungen „Geschäftsführung“ und „Werbung“. Die Widerspruchsmarken besäßen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Das habe auch schon das HABM bestätigt (Entscheidung vom 3. November 2011, B 1106881 – real,-/REAL GOURMET BURGER). Die Widersprechende betreibe allein in Deutschland rund 320 Warenhäuser unter der bekannten Bezeichnung „real,-“. Bei der im August 2003 durchgeführten Verkehrsumfrage zur Bekanntheit der Bezeichnung „real“ hätten fast 70 % der Befragten diese Bezeichnung mit dem Lebensmittelgeschäft der Widersprechenden in Verbindung gebracht. Bei der Verkehrsumfrage im März 2012 hätten noch etwa 61 % das Wort „real“ Verbrauchermärkten bzw. einer Lebensmittel- oder Supermarktkette zugeordnet. Dieser enorme Bekanntheitsgrad strahle auf verwandte Waren und Dienstleistungen aus. Keinesfalls komme den Widerspruchsmarken ein beschreibender Inhalt zu, da es sich um Phantasiezeichen handele. Es sei eine hohe Zeichenähnlichkeit gegeben, weil der Bestandteil „POLLO“ in der jüngeren Marke als rein beschreibend in den Hintergrund trete. Darüber hinaus bestehe die Gefahr mittelbarer Verwechslung, da die Widersprechende Inhaberin einer Serie deutscher Marken mit dem Bestandteil „real“ sei, nämlich „real,- QUALITY“ (30764283), „real,- SELECTION“ (30764284), „real,- BIO“ (30764282), „real,- Junior Cup International Street Soccer“ (30511036), „real,- REISEN“ (30463716) und „real,- FANARENA“ (30603074). Ferner habe das HABM in neun Entscheidungen aufgrund prägender Eigenschaft des Bestandteils „real“ die Verwechslungsgefahr bejaht. Wegen der einzelnen Entscheidungen wird auf die Seiten 5 bis 7 der Beschwerdebegründung (Bl. 31 – 33 GA) Bezug genommen. Da der Bestandteil „real“ in der angegriffenen Marke eine selbständige kennzeichnende Stellung behalte, sei auch eine assoziative Verwechslungsgefahr gegeben.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 18 des DPMA vom 23. November 2010 und 4. März 2013 aufzuheben und der angegriffenen Marke den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland wegen der Widersprüche aus den Marken 304 60 276 und EU 002251130 zu verweigern.

21

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Im Amtsverfahren hat er die Auffassung vertreten, die Widerspruchsmarken seien kennzeichnungsschwach, weil das Wort „real“ nur zum Ausdruck bringe, dass die geschützten Dienstleistungen tatsächlich erbracht würden. Sie erhielten ihre Schutzfähigkeit nur durch das eine Preisangabe symbolisierende Komma mit Strich und die farbige Ausgestaltung. Da die angegriffene Marke von dem allein schutzfähigen Bestandteil „POLLO“ geprägt bzw. mitgeprägt werde, scheide eine Verwechslungsgefahr aus.

22

Mit gerichtlichem Schreiben vom 23. November 2015 sind die Verfahrensbeteiligten unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagenkonvolute 1 bis 3, Bl. 59 – 72 GA) auf die Rechtsauffassung des Senats hingewiesen worden.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

24

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Zwischen der angegriffenen Marke und der älteren Gemeinschaftsmarke 002251130 besteht hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 35 eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gemäß §§ 119 Abs. 1, 124, 114, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 PMMA, Art. 6quinquies B Nr. 1 PVÜ. Im Übrigen hat die Markenstelle die Verwechslungsgefahr zu Recht verneint.

25

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 45 f. - Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH, Beschluss vom 14. Januar 2016 - I ZB 56/14 Rdnr. 19 – BioGourmet m. w. N.).

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1. Widerspruch aus der Gemeinschaftsbildmarke 002251130 Abbildung (Widerspruchsmarke zu 2.)

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a) Ausgehend von der hier maßgeblichen Registerlage besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen teilweise Identität und teilweise weit unterdurchschnittliche Ähnlichkeit.

28

aa) Die Widerspruchsdienstleistungen der Klasse 35 „Betrieb eines Warenhauses; Einzelhandel mit Lebensmitteln und anderen Verbrauchsgütern sowie Gebrauchsgütern für Endverbraucher“ sind identisch in den von der angegriffenen Marke in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen „Retail trade services in stores and/or via global computer networks concerning all goods in classes 1 to 34“ identisch enthalten.

29

bb) Zwischen den Widerspruchsdienstleistungen der Klasse 35 „Betrieb eines Warenhauses; Einzelhandel mit Lebensmitteln und anderen Verbrauchsgütern sowie Gebrauchsgütern für Endverbraucher“ und den von der jüngeren Marke beanspruchten Waren der Klasse 18 Handbags, wallets, coin purses, document cases, hide or leather briefcases, leather and imitation leather, goods made of these materials not included in other classes, saddlery and leatherware not included in other classes“ ist nur eine weit unterdurchschnittliche Ähnlichkeit anzunehmen.

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Der Bundesgerichtshof (GRUR 2014, 378 Rn. 39 – OTTO CAP) hat zur Frage der Ähnlichkeit zwischen Einzelhandelsdienstleistungen und den auf sie bezogenen Waren unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung zur Branchenähnlichkeit nach § 15 Abs. 2 MarkenG (vgl. GRUR 2012, 635 Rdnr. 16 – METRO/ROLLER’s Metro) festgestellt, dass es für die Annahme einer Ähnlichkeit ausreicht, wenn sich die Dienstleistungen auf die entsprechenden Waren beziehen und die angesprochenen Verkehrskreise auf Grund dieses Verhältnisses annehmen, die Waren und Dienstleistungen stammten aus denselben Unternehmen. Davon ist für das Verhältnis zwischen Waren und den hierauf bezogenen Einzelhandelsdienstleistungen u. a. dann auszugehen, wenn große Handelshäuser in dem betreffenden Warensektor neben dem Verkauf fremder Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten.

31

Auch wenn Lederwaren in einem Warenhaus verkauft und als Gebrauchsgüter für den Endverbraucher angesehen werden, sind die vom BGH geforderten Voraussetzungen beim Einzelhandel mit Lederwaren der Klasse 18 nur vereinzelt gegeben, z. B. gibt es die Lederwareneigenmarke „GRANDIUS“ des Handelsunternehmens „Globus“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Handelsmarke). In diesem Bereich haben Handelsmarken nur sehr geringe Umsatzbedeutung (http://www.handelswissen.de/data/themen/Marktpositionierung/Sortiment/Markenprofil/Handelsmarken). Es kann daher nur von einer sehr geringen Ähnlichkeit ausgegangen werden.

32

Zwischen den angegriffenen Lederwaren und den Widerspruchsdienstleistungen der Klassen 41 und 42 besteht keine Ähnlichkeit.

33

b) Die maßgeblichen Verkehrskreise in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, die im Identitäts- und Ähnlichkeitsbereich zu den Widerspruchsdienstleistungen liegen, sind neben den jeweiligen Fachverkehrskreisen auch die Allgemeinheit der Verbraucher.

34

Auszugehen ist von dem angesprochenen inländischen Verkehr, der alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren und Dienste Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 65 - Henkel). Maßgeblich ist dabei nicht ein flüchtiger, sondern ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 RdNr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 - Chiemsee). Dabei kann der Aufmerksamkeitsgrad je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein.

35

Den Einzelhandelsdienstleistungen mit Lebensmitteln und Verbrauchsgütern werden die Verkehrskreise eher unterdurchschnittliche Aufmerksamkeit widmen, da es hier um den Erwerb alltäglicher Waren geht, der regelmäßig ohne größere Sorgfalt erfolgt, während sie höherpreisigen Gebrauchsgütern und Lederwaren eine leicht überdurchschnittliche Aufmerksamkeit entgegenbringen.

36

c) Die Widerspruchsmarke zu 2.) Abbildung verfügt über eine durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft.

37

aa) Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010, 1096 Rdnr. 31 - BORCO/HABM [Buchst. a]; BGH, Beschl. v. 14. Januar 2016 – I ZB 56/14 Rdnr. 31 - BioGourmet). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt (BGH WRP 2015, 1358 Rdnr. 10 - ISET/ISETsolar; BGH GRUR 2008, 905, 907 Rdnr. 16 - Pantohexal). Ist der Wortbestandteil einer Wort-Bild-Marke nicht unterscheidungskräftig, so kann dem Zeichen in seiner Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die graphischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht. Einfache, werblich übliche graphische Gestaltungen sind allerdings regelmäßig nicht hinreichend unterscheidungskräftig (vgl. BGH a. a. O. - BioGourmet).

38

bb) Das Markenwort „real“ ist ein Adjektiv mit der Bedeutung „in materieller Form vorhanden“, „auf die Wirklichkeit bezogen“ (vgl. www.wortbedeutung.info; www.duden.de) und wird synonym mit „echt“ oder „wirklich“ verwendet. In der Bedeutung „echt“, „wirklich“ besitzt das Zeichenwort in Alleinstellung keinen beschreibenden Begriffsinhalt. Unter Berücksichtigung der Grafik mit Komma und Gedankenstrich lehnt sich die Widerspruchsmarke zwar an eine Preisangabe an. Ein Verständnis der Widerspruchsmarke als werblich anpreisende Aussage dahingehend, dass die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu einem echten, guten Preis-Leistungsverhältnis zu erhalten sind bzw. in Anspruch genommen werden können, setzt aber eine analysierende Betrachtung voraus. Trotz der unterschwellig anklingenden Werbeanpreisung kommt daher eine verminderte Kennzeichnungskraft nicht in Betracht (vgl. BPatG 29 W (pat) 101/11 – cReal/real,-). Auch die farbliche Gestaltung der Wort-/Bildmarke trägt zu deren durchschnittlicher Kennzeichnungskraft bei.

39

d) Die Frage, ob die von der Widersprechenden zum Nachweis einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsgemeinschaftsmarke für den Lebensmitteleinzelhandel bzw. für eine Supermarktkette vorgelegten Unterlagen als ausreichend anzusehen sind, bedarf keiner näheren Erörterung, da die intensive Benutzung der Widerspruchsmarke im Inland für eine Supermarktkette im Bereich des Lebensmittel- und Gebrauchsgütereinzelhandels gerichtsbekannt ist. Der Widerspruchsmarke ist damit für die Dienstleistungen der Klasse 35 ein deutlich größerer Schutzumfang zuzubilligen.

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e) Sowohl ausgehend von einer deutlich erhöhten Kennzeichnungskraft bei gleichzeitig unterdurchschnittlicher Aufmerksamkeit des Verkehrs hinsichtlich der identischen Dienstleistungen der Klasse 35 als auch ausgehend von einer nur durchschnittlichen Kennzeichnungskraft bei leicht überdurchschnittlicher Aufmerksamkeit des Publikums hinsichtlich der entfernt ähnlichen Waren der Klasse 18 hält die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand zur Verneinung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr ein.

41

aa) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2004, 428, Rn. 53 – Henkel; BGH, GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, GRUR 2005, 1042, Rdnr. 28 f. - THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2012, 64, Rdnr. 14 - Maalox/Melox-GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. EuGH, GRUR 2006, 413, Rdnr. 19 - ZIRH/SIR; BGH a. a. O. Rdnr. 37 - BioGourmet).

42

bb) Die Vergleichszeichen „POLLO REAL“ und Abbildung in ihrer Gesamtheit zeigen schriftbildlich, klanglich und begrifflich ausreichende Unterschiede.

43

aaa) Sowohl aufgrund der grafischen Ausgestaltung der Widerspruchsmarke als auch aufgrund des zusätzlichen Wortes „POLLO“ in der jüngeren Marke scheidet eine schriftbildliche Ähnlichkeit aus.

44

bbb) Auch in klanglicher Hinsicht bestehen erhebliche Unterschiede. Die angegriffene Marke verfügt über vier Silben, während die Widerspruchsmarke nur aus zwei Silben besteht. Die beiden dunklen Vokale „O“ am stärker beachteten Wortanfang unterscheiden sich deutlich von der hellen Silbenfolge „e-a“ der Widerspruchsmarke.

45

Die jüngere Marke wird auch nicht durch den Bestandteil „REAL“ geprägt. Die einzelnen Wortelemente werden von den angesprochenen Verkehrskreisen vielmehr als gleichgewichtig wahrgenommen. Der Gesamteindruck der Marke wird von „POLLO“ zumindest mitbestimmt.

46

Das Substantiv „POLLO“ wird in der spanischen und in der italienischen Sprache jeweils mit „Huhn“ oder „Hühnchen“ übersetzt. Das Adjektiv „real(e)“ bedeutet in beiden Sprachen „wirklich“ oder „echt“ bzw. „tatsächlich“, in der spanischen Sprache hat es noch die zusätzliche Bedeutung „königlich“ (vgl. www.leo.org). Die angegriffene Marke „POLLO REAL“ bedeutet somit „wirkliches Huhn“, „echtes Hühnchen“ oder „königliches Huhn“. Abgesehen davon, dass der inländische Durchschnittsverbraucher das Wort „POLLO“ und dessen Bedeutung nicht kennen wird, wird der Gesamtbegriff auch für den - die beiden Handelssprachen beherrschenden - Fachverkehr keinen Sinn machen, so dass „POLLO REAL“ als einheitlicher Fantasiebegriff aufgefasst werden kann.

47

cc) Aufgrund des fehlenden Sinngehalts der Vergleichsmarken ist auch eine begriffliche Ähnlichkeit zu verneinen.

48

f) Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens scheidet ebenfalls aus.

49

Diese Art der Verwechslungsgefahr greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet. Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt die Benutzung mehrerer Marken mit einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrskreise das gemeinsame Element kennen und mit der Zeichenserie in Verbindung bringen (vgl. EuGH GRUR 2008, 343 Rdnr. 64 - Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH GRUR 2013, 1239 Rdnr. 40 – Volkswagen/Volks.Inspektion).

50

Das ist hier nicht der Fall. Die angeführten Serienmarken der Widersprechenden Abbildung(30764283), Abbildung (30764284), Abbildung (30764282), Abbildung (30511036), Abbildung (30463716) und Abbildung (30603074) sind im Gegensatz zu jüngeren Marke alle Wort-/Bildmarken mit überwiegend auffallenden Bildelementen, bei denen zudem der Bestandteil „real“ stets vorangestellt und nicht wie bei der angegriffenen Marke nachgestellt ist. Die jüngere Marke reiht sich somit nicht in diese Zeichenserie der Widersprechenden ein.

51

g) Es kommt aber eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne unter dem Aspekt des gedanklichen In-Verbindung-Bringens in Betracht. Sie kann gegeben sein, wenn der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Zeichen erkennt, wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung aber von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen den Zeicheninhabern ausgeht. Eine solche Verwechslungsgefahr kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (BGH GRUR 2013, 1239 Rdnr. 45 – Volkswagen/Volks.Inspektion).

52

aa) Eine solche Verwechslungsgefahr ist gegeben, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042 Rdnr. 31 - THOMSON LIFE; GRUR 2010, 933 Rdnr. 34 Barbara Becker; BGH GRUR 2010, 646 Rdnr. 15 – OFFROAD; BGH GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz).

53

Zwar nimmt die angegriffene Marke die Widerspruchsmarke Abbildung durch den Wortbestandteil „REAL“ in zumindest ähnlicher Form auf, aber das Wortelement „POLLO“ ist weder ein Unternehmenskennzeichen noch ein Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke.

54

bb) Dennoch besteht hinsichtlich der identischen Dienstleistungen der Klasse 35 eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne aufgrund einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Bestandteils „REAL“ in der angegriffenen Marke.

55

Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft des in das jüngere Gesamtzeichen übernommenen älteren Zeichens kann eine solche selbständig kennzeichnende Stellung bewirken. Weist ein Zeichen Ähnlichkeiten mit einer bekannten Marke auf, wird das angesprochene Publikum wegen der Annäherung an die bekannte Marke häufig annehmen, zwischen den Unternehmen, die die Zeichen nutzten, lägen wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen vor (BGH a. a. O. Rdnr. 47 - Volkswagen/Volks.Inspektion).

56

In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des BGH ist anerkannt, dass Marken mit gesteigerter Kennzeichnungskraft über einen weiten Schutzbereich verfügen (vgl. EuGH GRUR Int. 2000, 899 Rdnr. 41 - Marca/Adidas; BGH a. a. O. Rdnr. 47 - Volkswagen/Volks.Inspektion). Intensiv genutzten Marken kommt eine erhöhte Schutzbedürftigkeit zu. Je bekannter eine Marke ist, desto größer ist die Zahl der Wettbewerber, die ähnliche Zeichen benutzen möchten (EuGH GRUR 2008, 503 Rdnr. 36 - adidas/Marca Mode; BGH a. a. O. Rdnr. 47 - Volkswagen/Volks.Inspektion).

57

Aufgrund der gesteigerten Kennzeichnungskraft und Bekanntheit der Widerspruchsmarke für die identischen Dienstleistungen der Klasse 35 behält der Bestandteil „REAL“ in der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung, die die von diesen Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise annehmen lässt, zwischen den Unternehmen bestünden wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen. Dabei ist unschädlich, dass der übernommene Zeichenteil „real“ ohne Komma, Gedankenstrich und Farbe nicht völlig identisch, sondern nur ähnlich mit der Widerspruchsmarke ist (vgl. BGH GRUR 2006, 859, 860 – Malteserkreuz).

58

2. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke 304 60 276 Abbildung (Widerspruchsmarke zu 1.)

59

a) Ausgehend von der Registerlage besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen teilweise Identität und teilweise Unähnlichkeit.

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aa) Zwischen den für die angegriffene Marke „POLLO REAL“ beanspruchten Waren der Klasse 18 „Handbags, wallets, coin purses, document cases, hide or leather briefcases, leather and imitation leather, goods made of these materials not included in other classes, saddlery and leatherware not included in other classes“ besteht Identität mit den für die Widerspruchswort-/Bildmarke Abbildung in Klasse 18 eingetragenen Waren „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; … Reise- und Handkoffer; … Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren“.

61

bb) Zwischen den Einzelhandelsdienstleistungen der Klasse 35 der angegriffenen Marke „Retail trade services in stores and/or via global computer networks concerning all goods in classes 1 to 34“ und den Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ besteht keine Ähnlichkeit.

62

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren oder Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (vgl. EuGH GRUR 2006, 582 Rdnr. 85  VITAFRUIT; BGH a. a. O. Rdnr. 21 - BioGourmet). Angesichts der fehlenden Körperlichkeit von Dienstleistungen ist für die Beurteilung ihrer Ähnlichkeit in erster Linie Art und Zweck, also der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistungen sowie die Vorstellung des Verkehrs maßgeblich, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortlichkeit erbracht werden. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (BGH a. a. O. - BioGourmet).

63

Nach diesen rechtlichen Grundsätzen besteht zwischen den hier maßgeblichen beiderseitigen Dienstleistungen keine Ähnlichkeit. Die Dienstleistungen der Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung und die Erledigung von Büroarbeiten werden als selbständige geschäftliche Tätigkeit für Dritte regelmäßig nicht von Einzelhandelsunternehmen erbracht. Einzelhandelsunternehmen erbringen ihrerseits für Dritte regelmäßig auch keine Werbungs-, Geschäftsführungs-, Unternehmensverwaltungsdienstleistungen und erledigen keine Büroarbeiten für Dritte. Diese Dienstleistungen weisen auch in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, also in der Art und dem Zweck der Leistung sowie dem Nutzen für den Empfänger der Dienstleistung, erhebliche und für den Durchschnittsverbraucher dieser Leistungen auf den ersten Blick erkennbare Unterschiede zu Einzelhandelsdienstleistungen auf, so dass es an ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten dafür fehlt, der Durchschnittsverbraucher werde eine gleiche betriebliche Herkunft der Dienstleistungen annehmen (BPatG 26 W (pat) 530/13 – Bildmarke/Sportarena; 29 W (pat) 547/13 – GOURMET Bio/BioGourmet).

64

Mangels Ähnlichkeit scheidet eine Verwechslungsgefahr für die sich in Klasse 35 gegenüberstehenden Dienstleistungen daher aus. Ob und in welchem Grad eine Ähnlichkeit zwischen den weiteren Vergleichswaren bzw. –dienstleistungen besteht, kann dahingestellt bleiben, da eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne aufgrund selbständig kennzeichnender Stellung, wie sie bei der Widerspruchsmarke zu 2.) festgestellt wurde, ohnehin nur bei im Identitätsbereich liegenden Waren und Dienstleistungen angenommen werden kann.

65

b) Die von den Waren der Klasse 18 angesprochenen Verkehrskreise sind sowohl die Endverbraucher als auch der Lederfachhandel. Sie werden diesen Waren in der Regel mit leicht überdurchschnittlicher Aufmerksamkeit begegnen, da es sich um Waren handelt, die für einen längeren Zeitraum angeschafft werden und damit mit gewisser Sorgfalt ausgesucht werden.

66

c) Die Widerspruchsmarke Abbildung, die nur in Farbnuancen von der Widerspruchsgemeinschaftsmarke Abbildung(002251130) abweicht, verfügt daher aus den gleichen Gründen über eine durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft. Sie enthält auch für Lederwaren keine beschreibende Aussage.

67

Die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für Dienstleistungen der Klasse 35 vermag deren originäre Kennzeichnungskraft für Lederwaren jedoch nicht zu erhöhen. Denn der erweiterte Schutzumfang einer Marke beschränkt sich grundsätzlich auf diejenigen Waren und Dienstleistungen, für die eine durch Benutzung gesteigerte Verkehrsgeltung anzuerkennen ist. Sie vermag zwar im Einzelfall auf eng verwandte Waren oder Dienstleistungen auszustrahlen (BGH GRUR 2012, 930 Rdnr. 71 – Bogner B/Barbie B). Vorliegend fehlt es aber an einer solchen engen Verwandtschaft zwischen Einzelhandelsdienstleistungen und Lederwaren, sie sind, wie bereits eingangs erörtert, nur sehr gering ähnlich.

68

d) Ausgehend von Warenidentität, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft und einem leicht überdurchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad hält die angegriffene Marke den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke ein. Die Vergleichszeichen zeigen (schrift-)bildlich, klanglich und begrifflich, wie oben bereits ausgeführt, ausreichende Unterschiede. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist daher zu verneinen. Das gilt auch, wie bereits bei der Widerspruchsmarke zu 2.) eingehend dargelegt, für eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens.

69

e) Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne aufgrund selbständig kennzeichnender Stellung scheidet aus, weil es an der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Waren der Klasse 18 fehlt.

III.

70

Für eine Auferlegung der Verfahrenskosten auf eine der Verfahrensbeteiligten aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) gibt weder die Sach- und Rechtslage noch das Verhalten der Beteiligten Anlass.