Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 25.01.2012


BPatG 25.01.2012 - 26 W (pat) 37/10

Markenbeschwerdeverfahren – "FINDE DEIN PROJEKT" - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
25.01.2012
Aktenzeichen:
26 W (pat) 37/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 008 142.5

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 vom 19. August 2008 und vom 26. Februar 2010 aufgehoben.

Gründe

I

1

In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und  Markenamts der u. a. für die Waren

2

Klasse 6: Befestigungsmaterialien aus Metall, Schlosserwaren und  Kleineisenwaren; Dübel aus Metall;

3

Klasse 20:  Befestigungsmaterialien (nicht aus Metall); Dübel aus  Kunststoff; Mehrkomponenten-Kunstsstoffmaterialien zur Herstellung von Verbundankern“

4

angemeldeten Wortmarke 30 2009 008 142.5

5

FINDE DEIN PROJEKT

6

die Eintragung mit der Begründung versagt, dass dem gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltebedürftigen Zeichen zugleich jede Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Bei der angemeldeten Wortkombination handele es sich um eine schutzunfähige, schlagwortartige Werbeaussage, deren Bedeutungsgehalt einen lediglich beschreibenden Hinweis darauf darstelle, sich irgendeinem beliebigen Projekt zuzuwenden.

7

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. In der mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2012 hat sie das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf die zuvor genannten Waren beschränkt.

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Sie beantragt,

9

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. August 2008 und 26. Februar 2010 aufzuheben.

II

10

Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen für die Waren, auf die die Anmelderin das ursprünglich weiter gefasste Waren- und Dienstleistungsverzeichnis beschränkt hat, die Schutzhindernisse des § 8 MarkenG nicht entgegen. Der angemeldeten Marke fehlt für diese Waren entgegen den angefochtenen Beschlüssen der Markenstelle auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr.  1 MarkenG.

11

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f., Nr. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr.  17 - FUSSBALL WM 2006). Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., Rn. 143 zu § 8 m. w. N.). Allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, reicht - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Nr. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan verstanden wird, kann deren Schutzfähigkeit in Betracht kommen, wenn sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (EuGH a. a. O., Nr. 45 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK).

12

Wie bei anderen Markenkategorien auch, ist bei Slogans die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn der Verkehr einer Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnet (BGH a. a. O., Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O., Nr. 17 - FUSSBALL WM 2006).

13

Hiervon ausgehend kann der angemeldeten Wortfolge „FINDE DEIN PROJEKT“ für die noch beanspruchten Waren der Klassen 6 und 20 nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Sie stellt für diese Waren keine Angabe über die Art, Beschaffenheit oder Bestimmung der Waren dar und bezeichnet auch keine sonstigen Eigenschaften der Waren. Auch einen engen sachlichen Bezug lässt die angemeldete Marke bei einer Verwendung im Zusammenhang mit den fraglichen Waren nicht ohne gedankliche Auseinandersetzung mit ihrem begrifflichen Inhalt erkennen. Ihr Aussagegehalt in Bezug auf diese Waren ist vielmehr bei erster Wahrnehmung unklar und vage. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist aber davon auszugehen, dass der Verkehr ein als Marke angemeldetes Zeichen i. d. R. so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR Int 2005, 135, Nr. 20 - Maglite; BGH GRUR 1995, 269, 270 - U-KEY). Ein der Annahme der Unterscheidungskraft entgegenstehender Aussagegehalt der Marke muss deshalb so deutlich und unmissverständlich hervortreten, dass er für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist, was bei der angemeldeten Marke in Bezug auf die verbliebenen Waren der Klassen 6 und 20 nicht festgestellt werden kann, weil es sich bei ihr um eine bisher nicht verkehrsübliche, kurze und prägnante Aufforderung handelt, die beim Durchschnittsverbraucher der beanspruchten Waren einen Denkprozess auslösen wird, was im Allgemeinen dafür spricht, dass ein Slogan oder eine Aufforderung neben der Werbefunktion auch die erforderliche Herkunftsfunktion erfüllen kann (EuGH a. a. O., Nr. 57 ff. - Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2009, 778, Nr. 12 - Willkommen im Leben).

14

Da die angemeldete Marke nach den obigen Feststellungen keine unmittelbar beschreibende Angabe für die im Warenverzeichnis verbliebenen Waren der Klassen 6 und 20 ist, steht ihrer Eintragung insoweit auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen. Daher war der Beschwerde stattzugeben.