Entscheidungsdatum: 18.04.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 060 308.7
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. April 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Reker und des Richters kraft Auftrags Schödel
beschlossen:
Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. April 2014 und vom 7. Mai 2015 werden aufgehoben.
I.
Das Wortzeichen
SNAP
ist am 20. November 2013 unter der Nummer 30 2013 060 308.7 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 38 und 41 angemeldet worden. Nach einer am 7. Januar 2014 beim DPMA eingegangenen Teilungserklärung soll das Anmeldezeichen in der hier verfahrensgegenständlichen abgeteilten Anmeldung für die Klassen 9 und 38 eingetragen werden.
Mit Beschlüssen vom 16. April 2014 und 7. Mai 2015, wovon letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 38 die Anmeldung teilweise wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen, nämlich für folgende Waren und Dienstleistungen der
Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger; CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; aufgezeichnete Daten; Computersoftware; Software zum Abspielen von Videodateien; Videobänder; Bilddateien zum Herunterladen; Videodateien zum Herunterladen; Multimedia-Dateien zum Herunterladen; Compact-Disks; Spielprogramme für Computer; optische Datenträger; elektronische Publikationen [herunterladbar]; Tonträger; USB-Sticks; herunterladbare Videos; herunterladbare Filme; herunterladbare Software;
Klasse 38: Telekommunikation; elektronische Anzeigenvermittlung [Telekommunikation]; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen zu einem weltweiten Computernetzwerk; Bereitstellung von Internet-Chatrooms; Telekommunikationsdienste; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; drahtlose Ausstrahlung; Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen; Ausstrahlung von Kabelfernsehprogrammen; Mobiltelefondienste; Nachrichten-, Bild- und Videoübermittlung mittels Computer; elektronische Nachrichtenübermittlung; Satellitenübertragung; Übermittlung digitaler Dateien, insbesondere Video- und Multimediadateien; Vermietung von Zugriffszeit auf globale Computernetzwerke; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; Bereitstellen von Internet-Plattformen zur Verbreitung analoger Programmformate; Bereitstellen von Internet-Plattformen zur Verbreitung digitaler Programmformate; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet; Bereitstellung von Chatrooms im Internet; Bereitstellung von Foren im Internet; Telekommunikation mittels und Bereitstellen eines Online-Portals, insbesondere mit Video-on-Demand-lnhalten, die den Nutzern als herunterladbare Dateien und/oder im Wege des Streamings bereitgestellt werden; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen in Form von Pay-TV; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen per Video-on-Demand; Einstellung von Daten in digitale Netze für Dritte; Verleih, Vermietung und Verpachtung in Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen sei die freihaltebedürftige Abkürzung für „Subnetwork Access Protocol“, ein IP-Protokoll der Sicherungsschicht, das zu IEEE 802.2 LLC gehöre. Die angemeldete Buchstabenfolge weise daher lediglich schlagwortartig darauf hin, dass die zurückgewiesenen Waren der Klasse 9 entweder selbst ein solches Protokoll oder Informationen zu einem solchen Protokoll enthielten. Die versagten Dienstleistungen der Klasse 38 könnten sich eines „Subnetwork Access Protocols“ bedienen. TCP/IP-Anwender könnten ihre Ethernet-II-Pakete dank „SNAP“ in ein IEEE-konformes Format bringen. TCP (Transmission Control Protocol) sei ein sehr weit verbreitetes Protokoll zur Datenübertragung und fast ausschließliches Transportmedium für das World Wide Web, E-Mail und viele andere populäre Netzdienste. Ethernet sei der am weitesten verbreitete Standard für lokale Netze. Die Normen des IEEE in der Arbeitsgruppe 802 dienten der weltweiten Standardisierung lokaler Netze. Da Telekommunikationsdienstleistungen auch über das Internet erbracht würden, könnten diese mit dem angemeldeten Zeichen ihrer Art nach beschrieben werden. Für die Dienstleistungen, die nicht unmittelbar Telekommunikationsdienste darstellten, wie z. B. Verleih, Vermietung und Verpachtung in Bezug auf die in der Anmeldung genannten Dienstleistungen, bestehe ein enger beschreibender Bezug. Ob die Anmelderin ein derartiges Protokoll tatsächlich verwende, sei für die markenrechtliche Betrachtung ohne Belang, weil es auf derzeitige Vermarktungsstrategien und subjektive Verwendungsabsichten nicht ankomme. Auch soweit es sich bei „SNAP“ nicht um ein Standardprotokoll handele und andere Protokolle womöglich gängiger seien, hindere dies die Annahme einer beschreibenden Verwendung nicht, weil das Schutzhindernis auch bei wirtschaftlich nebensächlichen Merkmalen anzunehmen sei. Es sei ferner ausreichend, wenn die Fachkreise anders als möglicherweise breite Verbraucherkreise mit dem Anmeldezeichen eine beschreibende Bedeutung verbänden. Sichere tatsächliche Feststellungen hierzu könnten zwar nicht getroffen werden, insoweit spreche aber die Nennung des angemeldeten Zeichens in verschiedenen Fachwörterbüchern für ein entsprechendes Verständnis der Fachkreise. Dass S.N.A.P. möglicherweise auch die Abkürzung für „Scaleable Node Access Protocol“, eine Marke des Unternehmens HTH, sein könne, bewirke keine Schutz begründende Mehrdeutigkeit, solange nur eine Bedeutungsvariante beschreibend sei. Aufgrund des beschreibenden Gehalts fehle dem Zeichen auch jegliche Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. April 2014 und 7. Mai 2015 aufzuheben.
Sie ist der Ansicht, das Anmeldezeichnen gebe weder die Art noch die Beschaffenheit der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen an. Sämtliche Telekommunikationsdienst-leistungen der Klasse 38 bedienten sich der Protokolle IP und TCP. Das Netzwerkprotokoll SNAP komme im Internet nicht zur Anwendung, sondern spiele ausschließlich in lokalen Netzwerken eine Rolle. Es werde zudem kaum noch genutzt. Für die ursprüngliche Zielsetzung des Protokolls, Daten von einem Absender auf mehrere Empfänger zu verteilen, werde heute vielmehr „Multicast“ verwendet. Für Dienstleistungen außerhalb lokaler Netze, wie z. B. für Video-on-demand-Dienste, könne „SNAP“ daher nicht beschreibend sein. Auch die versagten Waren der Klasse 9 würden nicht durch „SNAP“ charakterisiert. Software könne ein derartiges Protokoll nur innerhalb eines lokalen Netzwerkes implementieren, wobei dies üblicherweise im Netzwerk-Treiber des Betriebssystems geschehe. Die Abkürzung „SNAP“ lasse sich auch nicht als Beschreibung der Art oder Beschaffenheit von Datenträgern oder Dateien, nämlich ihrer dauerhaften Eigenschaft als Speichermedium oder Dateneinheit, verstehen. Auf den Datenträgern und in Dateien könnten Daten jeglicher Art fixiert werden, nicht nur Software, die ein bestimmtes Netzwerkprotokoll implementiere. Darüber hinaus kenne der durchschnittlich informierte Verbraucher das Netzwerkprotokoll SNAP in aller Regel nicht. Dies gelte auch für die beteiligten Fachkreise. Selbst für einen auf Netzwerkprotokolle spezialisierten Experten sei die Abkürzung „SNAP“ nicht eindeutig. Der beschreibende Charakter im Sinne von „Subnetwork Access Protocol“ lasse sich erst nach einer Reihe von Gedankenschritten ermitteln.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Eintragung des Wortzeichens „SNAP“ für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 38 stehen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen nicht an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198, 1201 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 - Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 - Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 16 – for you).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 - grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872, 874 Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT).
Auch Buchstaben und Buchstabenkombinationen kann die erforderliche Unterscheidungskraft fehlen, wenn sie gebräuchliche und für die angesprochenen Verkehrskreise verständliche Abkürzungen beschreibender Angaben darstellen. Es muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Annahme bestehen, dass derartige Buchstaben auf dem einschlägigen Gebiet als beschreibende Angaben benutzt und benötigt werden (vgl. BGH GRUR 2002, 262 - AC; GRUR 2003, 343, 344 - Buchstabe Z).
2. Diesen Anforderungen genügt das Anmeldezeichen „SNAP“, weil es weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch einen engen beschreibenden Bezug zu den beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 9 und 38 aufweist.
a) Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise sind hinsichtlich der zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klasse 38 sowohl Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene sowie Fachkreise als auch die Endverbraucher sowie hinsichtlich der versagten Waren der Klasse 9 auch der Fachhandel.
b) Das Wort „SNAP“ entstammt der englischen Sprache und hat als Substantiv die Bedeutungen „Schnappen, Biss, Klicken, Knack(en), Knall“, während es als Verb mit „(zer)reißen, zerbrechen, knallen, blaffen, einrasten, fauchen, in gereiztem Ton sprechen, abbrechen, abreißen, brechen, knicken, zerspringen, zuschnappen lassen“ übersetzt wird (www.leo.org). Auch wenn es nicht zum englischen Grundwortschatz gehört, wird zumindest ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise wegen der Ähnlichkeit mit dem deutschen substantivierten Verb das Anmeldezeichen „SNAP“ mit „Schnappen“ übersetzen. Allerdings enthält diese Bedeutung für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 38 keine sinnvolle Aussage.
c) Es kann sich bei der Buchstabenfolge „SNAP“ aber auch um eine Abkürzung handeln.
aa) Das Kürzel „SNAP“ kann ausweislich der vom DPMA vorgelegten Abkürzungswörterbücher für „simplified numerical automatic programmer“ (genormter, automatischer Numerik-Programmgenerator für CAD), „subnetwork attachment point“ (Teilnetz-Anschlusspunkt), „systems network analysis program“ (Analyseprogramm für Systemnetz(entwurf)) oder „subnetwork access protocol“ (Teilnetz-Zugangsprotokoll) stehen (vgl. für alle vorgenannten Bedeutungen: Schulze, Computerkürzel, 1998, S. 369, Bl. 13 VA; nur für die Bedeutung „subnetwork access protocol“: Lipinski, Lexikon der Datenkommunikation, 2001, S. 449, Bl. 18 f. VA; Schulte, Fachverzeichnis Informationstechnologie von A-Z, Stand Oktober 2007, S. 942, Bl. 20 f. VA; Artikel im Lexikon www.itwissen.info, Bl. 22 VA). Allein die Aufnahme der Abkürzung „SNAP“ in entsprechende der Öffentlichkeit zugängliche Wörterbücher bietet noch keine hinreichende Grundlage für die Feststellung, dass diese Abkürzung dem gängigen Sprachgebrauch entspricht und deshalb vom angesprochenen Verkehr beschreibend aufgefasst wird (BGH GRUR 2015, 1127 Rdnr. 13 – ISET/ISETsolar). Hinzu kommt, dass die insgesamt vier dort angegebenen Bedeutungsmöglichkeiten, wenn überhaupt, nur einem sehr kleinen Kreis von IT-Experten, entweder Netzwerkexperten oder mit CAD befassten Numerikern, bekannt sind. Dabei ist CAD die Abkürzung für „Computer Aided Design“ mit der Bedeutung „computergestütztes Konstruieren bzw. Entwurf von Produkten mit computerunterstützter Grafikerstellung (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Defi-nition/cad.html).
bb) Im Vordergrund steht vorliegend die Bedeutung „subnetwork access protocol“, weil sie in den meisten der vorgenannten Wörterbücher als einzige genannt wird. Unter dem „subnetwork access protocol“ wird eine von der IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) standardisierte Protokollerweiterung im Rahmen der Norm IEEE 802.2 Logical Link Control (LLC) verstanden, die für den Zugang bzw. die Verteilung und Übertragung von Daten ausschließlich in lokalen Unternetzwerken (https://en.wikipedia.org/wiki/IEEE_802.2; https://en.wikipedia.org/wiki/Subnetwork_Ac-cess_Protocol) benutzt wurde, aber nicht für die Verbindung mit oder die Datenübertragung im Internet (weltweiter Verbund von Rechnernetzwerken, https://de.wikipedia.org/wiki/Internet) oder sog. WANs (Wide Area Networks). Dabei ist ein Protokoll eine Beschreibung, wie technische Geräte miteinander kommunizieren können. Das „subnetwork access protocol“ ist somit ein kleiner Bestandteil eines umfangreichen Normierungswerkes für eine bestimmte, lokale Netzwerkarchitektur, das im Hintergrund agiert und vom Anwender überhaupt nicht wahrgenommen wird.
cc) Bei einer Recherche des Senats im Online-Archiv des Computermagazins „c't“, das zu den auflagenstärksten Computerzeitschriften Deutschlands gehört und sich gleichermaßen an ambitionierte und fortgeschrittene Computeranwender und Profis wendet (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/C’t), fand sich unter dem Stichwort „subnetwork access protocol“ kein Treffer. Die auf der Seite www.heise.de zu diesem Stichwort gefundenen 18 Treffer vor dem Anmeldezeitpunkt zitieren ausschließlich das nur für Netzwerkspezialisten relevante Normierungswerk IEEE 802.2 Logical Link Control (LLC), in dem das mit „SNAP“ abgekürzte „subnetwork access protocol“ eine untergeordnete Rolle spielt.
d) Es kann daher davon ausgegangen werden, dass weder der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher noch der überwiegende Teil der betroffenen Fachkreise die möglichen Bedeutungen des Zeichens „SNAP“, insbesondere auch als Abkürzung für „subnetwork access protocol“ (Teilnetz-Zugangsprotokoll), kennen wird.
e) Aber selbst spezialisierte Netzwerkexperten würden die Abkürzung „SNAP“ nicht als beschreibenden Begriff für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen wahrnehmen.
aa) Es kann nicht angenommen werden, dass SNAP mit der im Vordergrund stehenden Bedeutung „subnetwork access protocol“ (Teilnetz-Zugangsprotokoll) den maßgeblichen thematischen Inhalt der in Klasse 9 versagten Waren „Magnetaufzeichnungsträger; CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; aufgezeichnete Daten; Computersoftware; Software zum Abspielen von Videodateien; Compact-Disks; elektronische Publikationen [herunterladbar]; USB-Sticks; herunterladbare Software“ bilden kann. Noch weniger kann es Gegenstand der Produkte „Videobänder; Bilddateien zum Herunterladen; Videodateien zum Herunterladen; Multimedia-Dateien zum Herunterladen; Spielprogramme für Computer; optische Datenträger; Tonträger; herunterladbare Videos; herunterladbare Filme“ sein.
bb) Da SNAP die Abkürzung für einen kleinen Bestandteil eines umfangreichen Normierungswerkes für eine bestimmte lokale Netzwerkarchitektur darstellt, kann dem Anmeldezeichen auch kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt für die in Klasse 38 zurückgewiesenen Telekommunikationsdienstleistungen
„Telekommunikation; elektronische Anzeigenvermittlung [Telekommunikation]; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen zu einem weltweiten Computernetzwerk; Bereitstellung von Internet-Chatrooms; Telekommunikationsdienste; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; drahtlose Ausstrahlung; Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen; Ausstrahlung von Kabelfernsehprogrammen; Mobiltelefondienste; Nachrichten-, Bild- und Videoübermittlung mittels Computer; elektronische Nachrichtenübermittlung; Satellitenübertragung; Übermittlung digitaler Dateien, insbesondere Video- und Multimediadateien; Vermietung von Zugriffszeit auf globale Computernetzwerke; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; Bereitstellen von Internet-Plattformen zur Verbreitung analoger Programmformate; Bereitstellen von Internet-Plattformen zur Verbreitung digitaler Programmformate; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet; Bereitstellung von Chatrooms im Internet; Bereitstellung von Foren im Internet; Telekommunikation mittels und Bereitstellen eines Online-Portals, insbesondere mit Video-on-Demand-lnhalten, die den Nutzern als herunterladbare Dateien und/oder im Wege des Streamings bereitgestellt werden; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen in Form von Pay-TV; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen per Video-on-Demand; Einstellung von Daten in digitale Netze für Dritte; Verleih, Vermietung und Verpachtung in Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten“
entnommen werden, zu deren Wesensgehalt die Datenübertragung in globalen Netzen bzw. WANs gehört.
cc) Selbst bei Kenntnis der Bedeutung bedarf es somit einer Vielzahl gedanklicher Zwischenschritte, um eine auch nur irgendwie geartete Verbindung zwischen dem Zeichen „SNAP“ und den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen zu konstruieren. Eine solche analytische Betrachtungsweise ist aber im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft unzulässig, weil sich daraus keine in den Vordergrund drängende, für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres ersichtliche Beschreibung des Inhalts von Waren oder Dienstleistungen ergibt (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 12 – Link economy; GRUR 2012, 1143 Rdnr. 10 – Starsat; GRUR 2014, 483 Rdnr. 11 – test).
3. Wegen der fehlenden Eignung zur unmittelbaren Beschreibung der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen kann bei dem angemeldeten Wortzeichen auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.