Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 29.08.2016


BPatG 29.08.2016 - 26 W (pat) 27/15

Markenbeschwerdeverfahren – "Golden" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
29.08.2016
Aktenzeichen:
26 W (pat) 27/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 000 080.6

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. August 2016 unter Mitwirkung der Richter Reker, Schödel und Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. August 2014 und vom 5. Mai 2015 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

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Golden

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ist am 8. Januar 2014 unter der Nummer 30 2014 000 080.6 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren der Klasse 32 angemeldet worden.

4

Mit Beschlüssen vom 5. August 2014 und vom 5. Mai 2015, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 32 des DPMA die Anmeldung teilweise wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen, nämlich für die Waren

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„Biere; Fruchtsäfte; andere alkoholfreie Getränke“.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen bestehe nur aus dem englischen Grundwort „Golden“, das dem gleichlautenden deutschen Adjektiv entspräche. Es weise in werbeüblicher Form lediglich auf die Angabe „von goldener Farbe“ bzw. eine Qualitätsangabe im Sinne von „herausgehoben, im höchsten Maß als gut“ hin. Der angesprochene Verkehr werde bei einer Begegnung des Zeichens in Zusammenhang mit den so beworbenen Getränken dieses nicht als Hinweis auf ihre Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen, sondern nur dahingehend verstehen, dass die Getränke goldfarben bzw. von herausgehobener Qualität seien. Das Zeichen sei auch nicht mehrdeutig. Ähnliche Voreintragungen könnten ebenso wenig zu einer Eintragung des Anmeldezeichens führen.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, das Wort „Golden“ könne von den Verkehrskreisen als Farb- oder Qualitätsangabe verstanden werden. Aufgrund dieser Mehrdeutigkeit sei ihm nicht jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen. Zudem sei die bloß mittelbare oder abstrakte Anpreisung der Qualität einer Ware keine unmittelbare Beschreibung ihrer charakteristischen Eigenschaften. Auf dem Gebiet der beanspruchten Getränke sei die Farbe der Ware keine wesentliche oder für den Verkehr bedeutende Produkteigenschaft, für die ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestehe. Auf die Farbe der Getränke werde im Verkehr nicht besonders hingewiesen. Soweit diese in Glasflaschen abgefüllt würden, sei deren Farbe sowieso offensichtlich. Im Übrigen seien alle beanspruchten Waren nicht golden im Sinn von „goldfarben“, da es keine Getränke mit der Farbe des Edelmetalls Gold gebe. Ferner sei der Bezeichnung „Golden“ vom Bundespatentgericht in der Vergangenheit mehrfach die erforderliche Unterscheidungskraft zuerkannt worden.

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Auf entsprechenden Hinweis des erkennenden Senats mit Schreiben vom 25. November 2015 und vom 13. Juni 2016, denen zahlreiche Recherchebelege beigefügt waren (Anlagenkonvolute 1 bis 9, Bl. 33 – 48 und 63 – 77 GA), hat die Beschwerdeführerin das Warenverzeichnis eingeschränkt auf die Waren:

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„Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer, alkoholfreie Getränke, nämlich farblose Limonaden, Cola-Getränke, Tonic Water, Bitter Lemon, Litschischorle, roter Kinderpunsch, schwarzer und roter Johannisbeersaft/schorle, Melonensaft, Melonensaftschorle, Tomatensaft, roter Traubensaft, rote Traubensaftschorle, Rhabarbersaft, Rhabarbersaftschorle, Bananennektar, Erdbeersaft, Erdbeersaftschorle, Kirschsaft, Kirschsaftschorle, Sauerkirschsaft, Sauerkirschsaftschorle, Himbeersaft, Himbeersaftschorle, Blutorangensaft, Blut-orangensaftschorle, Birnennektar, Heidelbeersaft, Heidelbeersaftschorle, Kiwisaft, Kiwisaftschorle, Cranberrysaft, Cranberrysaftschorle, Limettensaft, Limettensaftschorle, Aroniasaft, Aroniasaftschorle, Granatapfelsaft, Granatapfelsaftschorle, Gojisaft, Gojisaftschorle, Brombeersaft, Brombeersaftschorle, Pflaumensaft, Pflaumensaftschorle, Zwetschgensaft, Zwetschgensaftschorle, Guavensaft, Guavensaftschorle, Feigensaft und Feigensaftschorle“.

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Sie beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. August 2014 und vom 5. Mai 2015 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig und, soweit darüber nach Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses durch den Anmelder noch zu entscheiden ist, auch begründet. Der Eintragung des Anmeldezeichens für die verbleibenden Waren stehen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen nicht an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198, 1201 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH, Beschl. v. 31. Mai 2016 – I ZB 39/15 Rdnr. 9 – OUI; GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 - Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 - Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 10 – OUI; a. a. O. Rdnr. 16 – for you).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 - grill meister).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872, 874 Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT).

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2. Diesen Anforderungen genügt das Wortzeichen „Golden“, weil es weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch einen engen beschreibenden Bezug zu den noch beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 32 aufweist.

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a) Bei den hier angesprochenen breiten Verkehrskreisen handelt es sich um die Verbraucher und den Getränkefachhandel.

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b) Das Anmeldezeichen besteht lediglich aus dem Adjektiv „Golden“, das nach der Recherche des Senats im Getränkebereich sowohl als Farbangabe als auch als anpreisender Hinweis auf die Qualität der Ware verwendet wird.

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aa) Nachdem die Beschwerdeführerin das Verzeichnis der beanspruchten Waren auf konkrete Getränke beschränkt hat, die keine goldene Farbe aufweisen können, kann das Anmeldezeichen nicht mehr als rein beschreibender Hinweis auf die Beschaffenheit der Ware verstanden werden.

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bb) Die Recherche des Senats hat ergeben, dass das Wort „Golden“ zwar auch als werbeübliche Anpreisung, jedoch nie in Alleinstellung, sondern stets in Kombination mit weiteren Wörtern oder eingebettet in einen Werbespruch verwendet wird. Insofern besitzt das Anmeldezeichen eine gewisse Vagheit und Unbestimmtheit, die noch zu der erforderlichen Unterscheidungskraft führt.

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3. Wegen der fehlenden Eignung zur unmittelbaren Beschreibung der noch beschwerdegegenständlichen Waren kann bei der angemeldeten Wortfolge auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.