Entscheidungsdatum: 22.08.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2009 004 376.0
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 22. August 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren
"Klasse 10: Therapiegeräte
Klasse 20: Möbel, insbesondere Sitz- und Ruhemöbel
Klasse 28: Turn- und Sportgeräte, Geräte für Körperübungen"
bestimmten Wortmarke
"von jeder Bewegung profitieren"
mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie unter Bezugnahme auf die zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle für sämtliche beanspruchten Waren die Unterscheidungskraft, weil sie zumindest einen engen beschreibenden Bezug zu diesen Waren aufweise. Bei der angemeldeten Wortfolge handele es sich um einen in sprachlicher Hinsicht unauffälligen und leicht verständlichen Slogan werbeüblicher Art, dessen einzelne Wortbestandteile keiner besonderen Erläuterung bedürften. Sie suggeriere dem Verkehr, bei dem es sich sowohl um Fachverkehr als auch um das allgemeine Publikum handele, in unmissverständlicher Weise, dass die so bezeichneten Waren von ihrer Art, Beschaffenheit und Bestimmung her so konzipiert und ausgeführt seien, dass diejenige, der sie benutze, aus jeder Bewegung, die er auf oder mit ihnen ausführe, einen gesundheitlichen oder andersartigen Nutzen ziehe. Die angemeldete Marke möge zwar eine gewisse Prägnanz und Kürze aufweisen. Im Vordergrund der Wahrnehmung stehe jedoch die ihr ohne weiteres entnehmbare, allgemein beschreibende Werbeaussage, die eine Wertung als betrieblicher Herkunftshinweis durch einen unbefangenen Verbraucher nicht erwarten lasse.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie macht zum einen geltend, aus dem von der Markenstelle zitierten BGH-Beschluss "FUSSBALL WM 2006" (GRUR 2006, 850) sei zu entnehmen, dass ein enger beschreibender Bezug einer Angabe zu den angemeldeten Waren nur dann gegeben sei, wenn die angemeldete Angabe Verkaufs- oder Vertriebsmodalitäten in Bezug auf diese Waren bezeichne. Die angemeldete Wortfolge enthalte jedoch keine Aussage zu solchen Verkaufs- oder Vertriebsmodalitäten. Die angemeldete Marke weise für die beanspruchten Waren der Klasse 20 "Möbel, insbesondere Sitz- und Ruhemöbel" zudem einen fantasievollen Überschuss auf, weil zwischen den Begriffen "Bewegung" und "Sitz- und Ruhemöbel" eine innere Spannung und ein Widerspruch bestehe, der eine Interpretation der angemeldeten Marke erforderlich mache. Ergänzend verweist die Anmelderin darauf, dass sie Inhaberin der eingetragenen Wortmarken „Bioswing - von jeder Bewegung profitieren“ und "Bioswing - von Bewegung profitieren" sei. Durch diese Voreintragungen, die eine Markenfamilie bildeten, werde die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren maßgeblich gesteigert.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 2009 und vom 9. Februar 2011 aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt, wie die Markenstelle in den angegriffenen Beschlüssen zutreffend festgestellt hat, für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die von der Anmelderin mit der Beschwerde demgegenüber vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke. Die angemeldete Wortfolge "von jeder Bewegung profitieren" weist zu allen mit der Anmeldung beanspruchten Waren entgegen der Ansicht der Anmelderin zumindest einen engen beschreibenden Bezug auf.
Die Merkmale des "engen beschreibenden Bezugs" sind nicht absolut und generalisierend festzustellen, sondern hängen von den Umständen des Einzelfalls ab, nämlich von dem Bedeutungsgehalt der angemeldeten Marke und den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Maßgeblich ist dabei, ob die beteiligten Verkehrskreise den sachbezogenen Begriffsgehalt einer Angabe als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassen und deshalb in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die betriebliche Herkunft der betroffenen Waren und Dienstleistungen sehen (BGH GRUR 2005, 417, 419 - BerlinCard; a. a. O. – FUSSBALL WM 2006). Je bekannter ein solcher sachbezogener Begriffsgehalt ist, desto eher wird der Verkehr ihn auch als solchen und damit nicht als Herkunftshinweis verstehen, wenn ihm die Angabe im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen entgegentritt (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Werbeslogans sind insoweit nicht anders als andere Wortmarken zu behandeln, unterliegen also weder strengeren noch geringeren Schutzvoraussetzungen (EuGH GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2010, 228 – Vorsprung durch Technik). Deshalb sind auch Werbeslogans nicht unterscheidungskräftig, die sich in sachbezogenen Angaben erschöpfen.
Bei Zugrundlegung dieses rechtlichen Maßstabs fehlt der angemeldeten Marke die Fähigkeit, die mit der Anmeldung beanspruchten Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und zu unterscheiden und damit jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die aus geläufigen deutschen Wörtern gebildete angemeldete Marke wird – wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat – bei einer Benutzung im Zusammenhang mit den in der Anmeldung aufgeführten Waren von den angesprochenen Fachverkehrs- und Endabnehmerkreisen ohne weiteres dahingehend verstanden, dass der Verwender dieser Waren von jeder Bewegung, die er auf oder mit ihnen vollzieht, gesundheitlich profitiert. Zur Erfassung dieses Hinweises auf die positive Wirkung der Waren auf den Benutzer bedarf es entgegen der Ansicht der Anmelderin weder einer gedanklichen Analyse der angemeldeten Marke noch ist diese mehrdeutig oder unbestimmt. Auch die Anmelderin hat nicht darlegen können, in welchem anderen, nicht beschreibenden Sinne die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren vom Verkehr verstanden werden könnte.
Die von der Anmelderin behauptete Kürze und Prägnanz der angemeldeten Marke vermag dieser in Bezug auf die in der Anmeldung aufgeführten Waren hier nicht zur Unterscheidungskraft zu verhelfen, weil der ohne weiteres erfassbare sachlich beschreibende und anpreisende Aussagegehalt der angemeldeten Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren einem Verständnis als betrieblicher Herkunftshinweis entgegensteht.
Soweit die Anmelderin einen fantasievollen Überschuss der angemeldeten Marke aufgrund einer "inneren Spannung" zwischen den Begriffen "Bewegung" und den Waren "Sitz- und Ruhemöbel" sieht, vermag auch dies nicht zu überzeugen, denn diese Argumentation lässt außer Betracht, dass zu den Sitz- und Ruhemöbeln auch Sessel und Liegen mit eingebauter (elektrischer) Massagefunktion gehören, von deren massierenden Bewegungen der Verwender eines solchen Sessels oder einer solchen Liege profitieren kann.
Soweit die Anmelderin ferner die Ansicht vertritt, einen engen beschreibenden Bezug im Sinne der Rechtsprechung des BGH wiesen nur Angaben auf, die Verkaufs- oder Vertriebsmodalitäten bezeichneten, beruht diese Annahme auf einem unzutreffenden Verständnis der einschlägigen BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH GRUR 1998, 465, 467 – BONUS).
Vielmehr ist ein enger beschreibender Bezug im Sinne der BGH-Entscheidung WM 2006 - GRUR 2006, 850, 856 erforderlich, der nach diesen Grundsätzen in Verbindung mit den Waren ohne weiteres gegeben ist. Auch die Voreintragung der Marken "Bioswing - von jeder Bewegung profitieren" und "Bioswing - von Bewegung profitieren" erlaubt es nicht, hieraus auf die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke zu schließen, da im Rahmen der Prüfung der Schutzfähigkeit dieser Marken nur die Marken in ihrer Gesamtheit beurteilt worden sind, wozu auch deren Bestandteil "Bioswing“ zählt, den die angemeldete Marke nicht aufweist. Eine Vergleichbarkeit der Marken ist damit nicht gegeben. Die Voreintragung dieser Marken sowie der Umstand, dass diese Marken zusammen mit der angemeldeten Marke eine Markenfamilie bilden sollen, kann die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke ebenfalls nicht begründen. Allenfalls könnte eine langjährige und umfangreiche Vorbenutzung dieser Marken eine Verkehrsdurchsetzung auch des darin enthaltenen, mit der angemeldeten Marke identischen Bestandteils „von jeder Bewegung profitieren“ begründen. Eine solche Verkehrsdurchsetzung hat die Anmelderin jedoch wieder behauptet noch diesbezügliche Tatsachen dargelegt und glaubhaft gemacht, so dass auch für eine Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zur Prüfung der Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke keine Veranlassung besteht. Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.